VI. Abschnitt: Ordnungsnormen
2. Unterabschnitt: Gesellschaftsrecht
§ 26b. Interne Modelle der Marktrisikobegrenzung
(1) Kreditinstitute, die § 22b Abs. 2 nicht anwenden, können das Eigenmittelerfordernis für
1. das allgemeine und das spezifische Positionsrisiko in Schuldtiteln (§ 22g, § 22h Abs. 2 Z 9, § 22h Abs. 3 Z 6),
2. das allgemeine und spezifische Positionsrisiko in Substanzwerten (§ 22i Abs. 3, § 22j Abs. 2),
3. Rohstoffpositionen und
4. Devisenpositionen (§ 26 Abs. 1)
auch nach einem vom Kreditinstitut gewählten Modell, das Risikopositionen („value at risk”) ermittelt, berechnen, sofern stetig so verfahren wird und die Berechnung täglich erfolgt.
(2) Das Eigenmittelerfordernis gemäß Modell entspricht dem höheren Wert gemäß Z 1 und 2:
1. Risikoposition des Vortages,
2. arithmetisches Mittel der täglichen Risikopositionen der letzten 60 Geschäftstage, multipliziert mit einem Faktor, der vom Bundesminister für Finanzen für jedes Kreditinstitut im Intervall von drei bis vier festzulegen ist; hierbei hat der Bundesminister für Finanzen die Ergebnisse der Rückvergleiche des vom Kreditinstitut gewählten Modells zu berücksichtigen.
Wird eine Kombination von Modellen und den Standardverfahren angewendet, so sind die jeweils errechneten erforderlichen Eigenmittel zu summieren.
(3) Die Berechnung des Eigenmittelerfordernisses nach einem vom Kreditinstitut gewählten Modell bedarf der besonderen Bewilligung des Bundesministers für Finanzen. Beabsichtigt ein Kreditinstitut ein solches Modell einzusetzen, so hat es über ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen zu verfügen, das über die Marktanforderungen, deren Abbildung in der Modellstruktur und die Anforderungen gemäß Abs. 5 Z 2 und 3 befindet. Der Bundesminister für Finanzen hat im Verfahren eine gutachtliche Äußerung der Oesterreichischen Nationalbank einzuholen, die über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 bis 4 befindet und über die Höhe des Faktors gemäß Abs. 2 Z 2 abspricht. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn
1. das Modell ordnungsgemäß in das Risikoerfassungssystem des Kreditinstitutes eingebunden ist,
2. die Anforderungen des Abs. 5 Z 1 bis 3 erfüllt sind,
3. das Kreditinstitut über Personen verfügt, die in den Organisationsbereichen Handel, Risikokontrolle, interne Revision und Back Office ausreichende Kenntnisse über das Modell und dessen Anwendung besitzen, und
4. das Modell sich nachweislich durch Risikomessungen in Form von Rückvergleichen bewährt hat.
(4) Ist das Kreditinstitut oder das übergeordnete Kreditinstitut in mehreren Staaten über Zweigstellen oder über gruppenangehörige Institute in maßgeblichem Umfang tätig, so hat der Bundesminister für Finanzen die zuständigen Behörden über die beabsichtigte Anwendung des vom Kreditinstitut gewählten Modells zu unterrichten und bei Bedarf mit diesen Behörden zusammenzuarbeiten. Verwenden Institute der Kreditinstitutsgruppe in Konsolidierung der Positionen des Abs. 1 Modelle, die von einer zuständigen Behörde oder einer Behörde eines Drittlandes, das im Basler Ausschuß für Bankenaufsicht vertreten ist, bewilligt wurden, so kann der Bundesminister für Finanzen die Prüfung dieser Modelle auf die Einbindung in die Kreditinstitutsgruppe beschränken. Er hat hierzu ein Gutachten der Oesterreichische Nationalbank einzuholen. Bestehen Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfassung der Risikopositionen, kommt das Verfahren gemäß Abs. 3 zur Anwendung.
(5) Der Bundesminister für Finanzen hat durch Verordnung diejenigen Kriterien gemäß Z 1 bis 6 festzulegen, die eine ordnungsgemäße Risikoerfassung durch ein vom Kreditinstitut gewähltes Modell gewährleisten. Die ordnungsgemäße Risikoerfassung ist jedenfalls als gewährleistet anzusehen, wenn diese Kriterien den Verpflichtungen der Republik Österreich aus dem Beitritt zur Europäischen Union entsprechen, und diese Verpflichtungen ausreichend bestimmt sind. Sind diese Verpflichtungen nicht ausreichend bestimmt, so gilt die ordnungsgemäße Risikoerfassung dann als gewährleistet, wenn die Kriterien dem Stand der internationalen Rechtsentwicklung hinsichtlich der Erfassung von Bankgeschäftsrisiken entsprechen. Die Kriterien haben zu umfassen:
1. Qualitative Standards, wie insbesondere
a) die Organisation und die Festlegung der Aufgabenbereiche einer vom Handel unabhängigen Risikokontrolle,
b) die Durchführung von Krisentests und von Rückvergleichen und die Meldung von deren Ergebnissen an den Bundesminister für Finanzen und an die Oesterreichische Nationalbank,
c) die Einbindung der Geschäftsleitung in die Risikokontrolle,
d) die Abstimmung der Limits für die im Handel tätigen Personen und Organisationseinheiten,
e) die Einbindung des Modells in die Ermittlung der Gesamtrisikoposition des Kreditinstitutes,
f) die Dokumentation des Modells,
g) die Revision des Modells;
2. die spezifischen Marktrisikofaktoren für die durch die Modelle abgedeckten Positionen (Abs. 1);
3. quantitative Standards, wie insbesondere
a) das statistische Konfidenzniveau,
b) die berücksichtigte Haltedauer der einzelnen Instrumente bei Preisänderungen,
c) den historischen Beobachtungszeitraum bei der Berechnung des Risikopotentials,
d) die Aktualisierung der Datenreihen,
e) die Korrelationen in den einzelnen Positionen des Abs. 1 sowie zwischen diesen,
f) die Erfassung typischer Risiken bei Optionen;
4. die Methoden zur Festlegung des Multiplikators gemäß Abs. 2;
5. die Methoden der Durchführung von Krisentests und von Rückvergleichen;
6. die Methoden der Kombination von Modellen und den Standardverfahren, sofern das Modell nicht alle Positionen des Abs. 1 abdeckt.
(6) Kreditinstitute haben dem Bundesminister für Finanzen und der Oesterreichischen Nationalbank
1. Änderungen im Modell, in den Modellannahmen und in den Geschäften, die in das Modell einbezogen werden, unverzüglich anzuzeigen und anzugeben, ob die Änderungen wesentlich sind;
2. den Wegfall der Kriterien gemäß Abs. 5 Z 1 bis 3 unverzüglich anzuzeigen;
3. alle drei Jahre eine Systembeschreibung des Modells zu übermitteln.
(7) Der Bundesminister für Finanzen hat die Anwendung des Modells zu überwachen und dessen Bewilligung zu widerrufen, falls
1. die Ergebnisse der vom Kreditinstitut durchgeführten Krisentests und Rückvergleiche trotz Festlegung des Multiplikators,
2. eigene Überprüfungen oder
3. Überprüfungen der Oesterreichischen Nationalbank
eine ordnungsgemäße Erfassung der Risikopositionen nicht mehr gewährleistet erscheinen lassen. Wird gemäß Abs. 6 Z 1 eine wesentliche Änderung angezeigt, ist das Verfahren gemäß Abs. 3 anzuwenden. Unter der Voraussetzung der ordnungsgemäßen Erfassung der Risikopositionen kann bis zur Verfahrensentscheidung das vom Kreditinstitut gewählte Modell weiter angewendet werden. Im Falle der Anzeige gemäß Abs. 6 Z 2 kann der Bundesminister für Finanzen eine angemessene Frist zur Erfüllung der qualitativen Kriterien setzen.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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