V. Abschnitt: Kapitalerhaltungspuffer, Kapitalerhaltungsmaßnahmen und makroprudenzielle Instrumente
1. Unterabschnitt Kapitalerhaltungspuffer und kombinierte Kapitalpufferanforderung
§ 22a. Kreditrisiko-Standardansatz
(1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen, die den Kreditrisiko-Standardansatz anwenden, haben zur Berechnung der Bemessungsgrundlage für das Kreditrisiko gemäß § 22 Abs. 2 die gemäß Abs. 2 und 3 ermittelten und einer Forderungsklasse gemäß Abs. 4 zugeordneten Forderungsbeträge mit ihrem jeweils zugeordneten Gewicht zu multiplizieren.
(2) Der Forderungswert ist wie folgt zu bemessen:
1. Der Forderungswert eines Aktivpostens ist der um Wertberichtigungen gekürzte Buchwert;
2. der Forderungswert eines in Anlage 1 zu § 22 genannten außerbilanzmäßigen Geschäfts ist ein prozentualer Anteil seines Wertes, der von der Höhe des zugeordneten Kreditrisikos abhängt, und zwar bei Posten mit:
a) hohem Kreditrisiko: 100 vH;
b) mittlerem Kreditrisiko: 50 vH;
c) unterdurchschnittlichem Kreditrisiko: 20 vH;
d) niedrigem Kreditrisiko: 0 vH;
3. der Forderungswert eines Derivats in Anlage 2 zu § 22 ist gemäß § 22 Abs. 5 zu ermitteln, wobei den Auswirkungen von Schuldumwandlungsverträgen und sonstigen Netting-Vereinbarungen gemäß § 22 Abs. 7 Rechnung zu tragen ist;
4. der Forderungswert von Pensionsgeschäften, umgekehrten Pensionsgeschäften, Wertpapier- oder Warenleihgeschäften, Wertpapier- oder Warenverleihgeschäften, Lombardgeschäften und Geschäften mit langer Abwicklungsfrist kann entweder gemäß § 22 Abs. 5 oder gemäß § 22g Abs. 8 bestimmt werden.
(3) Ist eine Forderung besichert, kann das Kreditinstitut den Forderungswert oder das einer Forderung zugeordnete Gewicht nach den Bestimmungen über die Kreditrisikominderung gemäß den §§ 22g und 22h anpassen. Wendet ein Kreditinstitut die umfassende Methode zur Berücksichtigung finanzieller Sicherheiten nach § 22g Abs. 3 Z 2 an, so hat das Kreditinstitut den Forderungswert bei Forderungen in Form von Wertpapieren oder Waren, die im Rahmen eines Pensionsgeschäfts oder umgekehrten Pensionsgeschäfts (§ 2 Z 44) oder Wertpapier- oder Warenleihgeschäfts oder Wertpapier- oder Warenverleihgeschäfts (§ 2 Z 45) veräußert oder verliehen werden, oder eines Lombardgeschäftes die Bemessungsgrundlage gemäß § 22 Abs. 2 um die gemäß § 22g ermittelte Volatilitätsanpassung zu erhöhen.
(4) Das Gewicht zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage gemäß § 22 Abs. 2 richtet sich nach der jeweiligen Klasse, der die Forderung zugewiesen wird, und wird mit Ausnahme der Z 13 durch Verordnung der FMA gemäß Abs. 7 bestimmt. Die Forderungsklassen sind:
1. Forderungen an Zentralstaaten und Zentralbanken;
2. Forderungen an regionale Gebietskörperschaften;
3. Forderungen an Verwaltungseinrichtungen und Unternehmen ohne Erwerbscharakter im Besitz von Gebietskörperschaften;
4. Forderungen an multilaterale Entwicklungsbanken;
5. Forderungen an internationale Organisationen;
6. Forderungen an Institute;
7. Forderungen an Unternehmen;
8. Retail-Forderungen;
9. durch Immobilien besicherte Forderungen;
10. überfällige Forderungen;
11. Forderungen mit hohem Risiko;
12. Forderungen in Form von gedeckten Schuldverschreibungen;
13. Verbriefungspositionen;
14. kurzfristige Forderungen an Institute und Unternehmen;
15. Forderungen in Form von Investmentfondsanteilen;
16. sonstige Posten.
(5) Für die Zwecke des Abs. 4 und der auf Grund des Abs. 7 erlassenen Verordnung der FMA sind:
1. internationale Organisationen:
a) die Europäischen Gemeinschaften;
b) der Internationale Währungsfonds;
c) die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich;
2. Retail-Forderungen:
Forderungen, die keine Wertpapiere betreffen und folgende Voraussetzungen erfüllen:
a) Die Forderung richtet sich entweder an eine natürliche Person oder an eine Gruppe natürlicher Personen oder ein kleines oder mittleres Unternehmen;
b) die Forderung ist eine von vielen Forderungen mit ähnlichen Merkmalen, so dass die Risiken dieser Ausleihungen erheblich reduziert werden;
c) der von dem Kunden oder der Gruppe verbundener Kunden insgesamt geschuldete Betrag einschließlich etwaiger überfälliger Forderungen übersteigt weder gegenüber dem Kreditinstitut noch gegenüber der Kreditinstitutsgruppe eine Million Euro; ausgenommen von diesem Schwellenwert sind Forderungen, die durch Wohnimmobilien besichert sind; im Falle einer Erhöhung dieses Schwellenwertes gemäß Art. 150 Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2006/48/EG durch die Europäische Kommission hat die FMA den maßgeblichen Schwellenwert im Bundesgesetzblatt unverzüglich kundzumachen;
der Barwert von Retail-Leasingzahlungen kann dieser Forderungsklasse zugeordnet werden;
3. überfällige Forderungen: Forderungen aus Bankgeschäften, die seit mehr als 90 Tagen im Verzug sind;
4. Forderungen mit hohem Risiko: Investitionen in Venture Capital oder Private Equity oder Forderungen mit gleichwertigem Risiko;
5. gedeckte Schuldverschreibungen: Schuldverschreibungen gemäß § 20 Abs. 3 Z 7 InvFG 1993 oder von EWR-Kreditinstituten ausgegebene Schuldverschreibungen mit besonderen Vorkehrungen zur Sicherung der Ansprüche der Anleihegläubiger; die genauen Eigenschaften dieser Schuldverschreibungen sind von der FMA durch Verordnung festzusetzen und haben den Kriterien in Anhang VI, Teil 1, Nummer 68 der Richtlinie 2006/48/EG zu entsprechen.
(6) Für Verbriefungspositionen gemäß Abs. 4 Z 13 sind die gewichteten Forderungsbeträge gemäß § 22c Abs. 1 zu ermitteln.
(7) Die FMA hat zum Zwecke der ordnungsgemäßen Erfassung des Kreditrisikos zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 1 durch Verordnung festzulegen:
1. die Gewichte, die den in Abs. 4 genannten Forderungsklassen mit Ausnahme der Z 13 zugeordnet werden, und deren Zuordnungskriterien;
2. die Art und Weise der Behandlung von Forderungen im Rahmen der jeweiligen Forderungsklassen;
3. die Art und den Umfang der Nutzung von Ratings der Exportversicherungsagenturen zur Bestimmung des Gewichts;
4. die Art und den Umfang der Nutzung von Ratings anerkannter Rating-Agenturen zur Bestimmung des Gewichts.
Die Verordnung hat hinsichtlich der Z 1 bis 3 dem Anhang VI, Teil 1 sowie dem Art. 153 der Richtlinie 2006/48/EG und hinsichtlich der Z 4 dem Anhang VI, Teil 3 der Richtlinie 2006/48/EG zu entsprechen; soweit in Anhang VI, Teil 1 und 3 und in Art. 153 für die Behandlung von Forderungen oder die Festlegung von Gewichten eine Wahlmöglichkeit vorgesehen ist, hat die FMA vor Erlassung der Verordnung zur Art der Ausübung des Wahlrechtes die Zustimmung des Bundesministers für Finanzen einzuholen.
(8) Forderungen eines Kreditinstituts können gegenüber einem Kontrahenten innerhalb derselben Kreditinstitutsgruppe gemäß § 30 Abs. 1 und 2 unter folgenden Voraussetzungen mit 0 vH gewichtet werden:
1. es handelt sich um keine Eigenmittelbestandteile gemäß § 23 Abs. 1;
2. der Kontrahent des Kreditinstituts unterliegt angemessenen Aufsichtsvorschriften und ist
a) ein Kreditinstitut,
b) eine Finanz-Holdinggesellschaft,
c) ein Finanzinstitut,
d) ein Anbieter von Nebendienstleistungen oder
e) eine Wertpapierfirma gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 und 4 WAG 2007;
3. der Kontrahent ist in die Vollkonsolidierung gemäß § 24 Abs. 1 einbezogen;
4. bei dem Kontrahenten werden die gleichen Risikobewertungs-, Risikomess- und Risikokontrollverfahren durchgeführt wie bei dem Kreditinstitut;
5. der Kontrahent und das Kreditinstitut haben ihren Sitz im Inland;
6. ein substanzielles oder rechtliches Hindernis für die unverzügliche Übertragung von Eigenmitteln vom Kontrahenten auf das Kreditinstitut oder die Rückzahlung von Verbindlichkeiten an das Kreditinstitut durch den Kontrahenten ist weder vorhanden noch abzusehen.
(9) Forderungen gegenüber Kontrahenten, die einem Zentralinstitut im Sinn des § 23 Abs. 13 Z 6 angeschlossen und Mitglied desselben institutionellen Sicherungssystems wie das kreditvergebende Kreditinstitut sind, sowie Forderungen zwischen den angeschlossenen Instituten und dem Zentralinstitut können mit einem Gewicht von 0 vH versehen werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
1. die Forderungen begründen keine Verbindlichkeiten in Form der in § 23 Abs. 1 genannten Positionen;
2. die Voraussetzungen gemäß Abs. 8 Z 2, 5 und 6 sind erfüllt;
3. das Kreditinstitut und seine Kontrahenten unterliegen einer vertraglichen oder statutarischen Haftungsvereinbarung, die die angeschlossenen Institute absichert, insbesondere indem bei Bedarf ihre Liquidität und Zahlungsfähigkeit zur Vermeidung eines Konkurses sichergestellt wird (institutionelles Sicherungssystem);
4. die getroffenen Vorkehrungen stellen sicher, dass das institutionelle Sicherungssystem gemäß Z 3 im Rahmen seiner Verpflichtung die notwendige Unterstützung unverzüglich gewähren kann;
5. das institutionelle Sicherungssystem verfügt über ein geeignetes Früherkennungssystem in Form von einheitlich geregelten Systemen zur Überwachung und Einstufung der Risiken, die einen vollständigen Überblick über die Risikosituationen der einzelnen Mitglieder und das institutionelle Sicherungssystem insgesamt liefert, mit entsprechenden Möglichkeiten der Einflussnahme; diese Systeme haben eine angemessene Überwachung von Forderungsausfällen (ausgefallene und überfällige Forderungen gemäß Abs. 5 Z 3) sicherzustellen;
6. das institutionelle Sicherungssystem führt eine eigene Risikobewertung durch, die den einzelnen Mitgliedern mitgeteilt wird;
7. das institutionelle Sicherungssystem veröffentlicht mindestens einmal jährlich
a) einen konsolidierten Jahresabschluss bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Lagebericht sowie einem Risikobericht über das gesamte institutionelle Sicherungssystem oder
b) einen Bericht mit einer zusammenfassenden Bilanz, einer zusammenfassenden Gewinn- und Verlustrechnung, einem Lagebericht und einem Risikobericht zum gesamten institutionellen Sicherungssystem; für diesen Bericht sind Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Kapitalanteile zu konsolidieren und ertrags- und aufwandswirksame Geschäfte zwischen den Mitgliedern zu eliminieren; der Bericht ist vom Bankprüfer des Zentralinstituts zu prüfen, das Prüfungsergebnis ist der FMA gleichzeitig mit dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses des Zentralinstituts vorzulegen;
8. die Einhaltung einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren für das Ausscheiden aus dem institutionellen Sicherungssystem ist sichergestellt;
9. eine mehrfache Nutzung von Eigenmittelbestandteilen zwischen den Mitgliedern des institutionellen Sicherungssystems ist ausgeschlossen und die unangemessene Bildung von Eigenmitteln zwischen den Mitgliedern des Systems ist zu unterlassen;
10. das institutionelle Sicherungssystem hat eine größere Anzahl von Kreditinstituten als Mitglieder, die sich zu einem im wesentlichen homogenen Geschäftsprofil verpflichtet haben;
11. die Ordnungsmäßigkeit der Systeme gemäß Z 5 wird vom Bankprüfer des Zentralinstituts geprüft, der Prüfungsbericht ist der FMA längstens sechs Monate nach dem Bilanzstichtag vorzulegen; die FMA hat die Ordnungsmäßigkeit der Systeme gemäß Z 5 zu überwachen und jährlich zu bestätigen. Das Zentralinstitut und die Organe des institutionellen Sicherungssystems sind gegenüber der FMA zur Erteilung aller erforderlichen Auskünfte über das institutionelle Sicherungssystem und die angeschlossenen Institute verpflichtet.
(10) Sofern sich die gewichteten Forderungsbeträge nicht gemäß Abs. 2 bis 9 ermitteln lassen, ist den Forderungen ein Gewicht von 100 vH zuzuteilen.
(11) Soweit dies in der Verordnung gemäß Abs. 7 für Forderungen vorgesehen ist, kann die Zuteilung der Gewichte im Kreditrisiko-Standardansatz auch nach der durch externe Ratings bestimmten Kreditqualität festgelegt werden. Dafür können folgende externe Ratings herangezogen werden:
1. Ratings von anerkannten Rating-Agenturen gemäß § 21b Abs. 1, die in Auftrag gegeben wurden, unter Beachtung des Abs. 13; dabei können die Kreditinstitute eine oder mehrere Rating–Agenturen zur Ermittlung der auf Forderungen anzuwendenden Gewichte benennen; Ratings von Zentralstaaten, regionalen Gebietskörperschaften und Zentralbanken müssen nicht in Auftrag gegeben werden; oder
2. Ratings von Exportversicherungsagenturen für die Zwecke von Abs. 4 Z 1 nach Maßgabe des Abs. 12.
(12) Die Ratings einer Exportversicherungsagentur sind von der FMA anzuerkennen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
1. Es handelt sich um die Konsensländerklassifizierung einer Exportversicherungsagentur, die das OECD-Übereinkommen über die Leitlinien für öffentlich unterstützte Exportkredite anerkannt hat oder
2. die Exportversicherungsagentur veröffentlicht ihre Ratings, wendet die OECD-Methodik an und dem Rating ist eine der acht bei der OECD-Methodik vorgesehenen Mindestprämien für Exportversicherungen (MEIP) zugeordnet.
(13) Werden für die Berechnung der gewichteten Forderungsbeträge eines Kreditinstituts die Ratings von anerkannten Rating-Agenturen herangezogen, so sind diese durchgängig zu verwenden. Eine selektive Nutzung einzelner Ratings ist unzulässig.
(14) Forderungen gemäß Abs. 4 Z 6 erhalten ein Gewicht entsprechend der Bonität des Sitzstaates des Instituts.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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