Abweisung eines Nachsichtsansuchens: Keine sachliche Unbilligkeit mangels Anwendbarkeit von Treu und Glauben; keine persönliche Unbilligkeit, falls die Nachsicht nur anderen Gläubigern zugute käme
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, vertreten durch Stb_2_GmbH, StB_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Nachsicht § 236 BAO 2022 Steuernummer Bf_StNr zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Am stellte der Beschwerdeführer (Bf) über seine damalige steuerliche Vertretung, Stb_1, den Antrag, die Abgabenbehörde möge ihm Abgabenschulden iHv € Betrag_gesamt gemäß § 236 BAO nachsehen.
Zur Begründung wurde, nach Verweis auf die infolge der COVID-19-Pandemie erheblich erschwerten Situation, ausgeführt, dass der nachzusehende Rückstand ausschließlich aufgrund einer Betriebsprüfung für die Jahre 2015 bis 2019 entstanden sei. Zu der Nachforderung an Normverbrauchsabgabe (NoVA) sei es gekommen, weil dem Bf von Seiten der Abgabenbehörde die Auskunft erteilt worden sei, NoVA sei nur für jene Fahrzeuge zu entrichten, die in der Kfz-Genehmigungsdatenbank gesperrt seien. Diese Meinung werde bis dato auch in sämtlichen BMF-Schulungen und BMF-Internetseiten bestätigt. Der Bf sei diesen Anordnungen gemäß vorgegangen und habe zu sämtlichen Kfz-Verkäufen den Ausdruck aus der genannten Datenbank zum Nachweis nicht bestehender NoVA-Pflicht angeheftet. Im Zuge der Betriebsprüfung seien nunmehr für sämtliche Neufahrzeuge, die aufgrund der Einfuhr nach Österreich vom Generalimporteur noch keiner NoVA unterzogen worden seien, diese Steuer festgesetzt worden. Der Bf habe im guten Glauben aufgrund der Auskunft der Abgabenbehörde jene Fahrzeuge unter dem Wert bzw. unter dem Einstandspreis verkauft, da die NoVA bei den meisten Fahrzeugverkäufen mehr ausmache als der Gewinnaufschlag. Ihm sei daher ein Schaden in Höhe der nachverrechneten NoVA entstanden.
Der frühere steuerliche Vertreter des Bf habe diesem mitgeteilt, dass auch für die vom Bf verkauften Landmaschinen die Möglichkeit der Differenzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG 1994 bestünde. Auch hier sei dem Bf ein Schaden entstanden, da die Preisfestsetzung auf falschen rechtlichen Tatsachen basiert habe.
Der Bf nehme seine Arbeit sehr ernst; er habe sich informiert und die nötige Vorsicht an den Tag gelegt, aber aufgrund fehlerhafter Angaben falsche Entscheidungen getroffen. Die aushaftende Summe von € Betrag_gesamt sei für ihn ein so enormer Betrag, dass die weitere Existenz des Unternehmens davon abhänge. Das Fortführen eines Betriebes in Zeiten von Corona sei schwierig, aber bislang gemeistert worden. Da auch Bankverbindlichkeiten von € Betrag_Verb per sowie das Girokonto mit € Betrag_Kontokorr aushafteten, sei eine weitere Tilgung in Höhe der festgesetzten Abgaben nicht möglich ohne die Fortführung des Unternehmens äußerst zu gefährden.
2. Mit Bescheid vom wurde das Nachsichtsansuchen abgewiesen. Zusammengefasst wurde ausgeführt, sowohl iZm der aushaftenden NoVA, als auch der Umsatzsteuer seien die Festsetzungen durch die Abgabenbehörde aufgrund allgemeiner gesetzlicher Bestimmungen erfolgt und träfen als Auswirkungen der allgemeinen Gesetzeslage jeden anderen Unternehmer bei gleichem Sachverhalt in gleicher Weise. Was die Auskunft betreffend NoVA angehe, so sei die genaue Fragestellung an die vom Bf benannte Mitarbeiterin nicht mehr nachvollziehbar. Es sei jedoch in Anbetracht der eindeutigen Bestimmung des § 1 Z. 1 NoVAG allenfalls die von der Mitarbeiterin erteilte Auskunft falsch ausgelegt worden. Zur persönlichen Unbilligkeit seien lediglich die aushaftenden Schulden des Bf bzw. seines Unternehmens angeführt, aber keine Angaben zu seinem Vermögen bzw. seinen Einkünften gemacht worden. Ungeachtet dessen, dass den Bf die Behauptungs- und Beweislast im Nachsichtsverfahren treffe, seien amtswegige Ermittlungen durchgeführt und v.a. Grundvermögen festgestellt worden. Auch würden die seit 2017 aus dem Gewerbebetrieb erzielten Gewinne die Vorschreibungen an Umsatzsteuer und NoVA decken. Die Gewährung einer Nachsicht würde sich ausschließlich zu Lasten des Abgabengläubigers und zu Gunsten anderer Gläubiger, insbesondere Banken, auswirken.
3. Am brachte Stb_1 für den Bf Beschwerde gegen den Bescheid vom ein. Eingangs wurde in dieser Beschwerde die Umsatzsteuernachforderung lt. BP anerkannt. Dieser Betrag werde im Wege einer Ratenzahlung beglichen.
Betreffend die aufgrund der Betriebsprüfung festgesetzte NoVA werde jedoch erneut versucht, eine Nachsicht zu erlangen. Die Ausführung im Bescheid, wonach die Auskunft der Finanzamtsmitarbeiterin nicht mehr nachvollzogen werden könne, seien nicht korrekt. Im Zuge der Betriebsprüfung sei diese Fehlauskunft sowohl vom Prüfer als auch dem Teamleiter bestätigt, und sei dies in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vermerkt worden.
Zusätzlich werde angemerkt, dass sich die Vorgehensweise innerhalb von Fa_L als Zulieferer der Neufahrzeuge geändert habe. Zu Beginn seien diese Fahrzeuge aus Land_A angeliefert worden und in der Datenbank mit einem Sperrvermerk belegt gewesen. Erst durch Begleichung der NoVA seien die Fahrzeuge freigeschaltet worden. Als die erste Lieferung von Fa_L Österreich gekommen sei, habe der Bf das zuständige Finanzamt kontaktiert und mitgeteilt, dass das Fahrzeug in der Finanzsperrauskunft nicht gesperrt sei. Die Mitarbeiterin der Abgabenbehörde habe daraufhin mitgeteilt, dass es dann bereits zu einer Abfuhr der NoVA gekommen sein müsse, und der Bf, "um auf Nummer sicher zu gehen", diesen Ausdruck der Finanzsperrauskunft zu den Belegen geben solle. Der Bf habe sich auf diese Auskunft verlassen. Auch in NoVA-Schulungen und auf der Homepage des BMF werde darauf hingewiesen, dass bei einer Abfrage mit Hilfe der Finanzsperrauskunft herausgefunden werden könne, ob die NoVA bereits entrichtet sei. Für den Bf sei diese Vorgehensweise zudem nachvollziehbar gewesen, da die Einkaufspreise von Fa_L Österreich höher gewesen seien, und er auch aus diesem Grund davon ausgehen habe können, dass die NoVA bereits berücksichtigt worden sei.
Fakt sei weiters, dass dem Bf ein effektiver Schaden entstanden sei, da seine Verkaufspreise aufgrund der fehlenden NoVA zu niedrig angesetzt worden seien, und die NoVA nicht einmal in der Gewinnspanne Platz fände.
4. Am brachte der nunmehrige steuerliche Vertreter des Bf, die Stb_2_GmbH, ebenfalls eine Beschwerde gegen den Bescheid vom ein. Darin wurde, nach Verweis auf die bereits erwähnte Auskunft der Abgabenbehörde, zunächst geltend gemacht, dass der Bf, hätte er eine richtige Auskunft von der Abgabenbehörde erhalten, die NoVA zusätzlich verrechnet hätte. Wirtschaftlich habe der Bf die NoVA nie erhalten und im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft der Abgabenbehörde Dispositionen getroffen, die er in Kenntnis der Unrichtigkeit der Auskunft nicht getroffen hätte. Es seien bei der Anfrage auch keine wesentlichen Sachverhaltselemente verschwiegen worden, weshalb die Tatbestandsmerkmale der sachlichen Unbilligkeit iSd § 3 VO zu § 236 BAO vorlägen. Darüber hinaus liege eine persönliche Unbilligkeit vor, da dem Bf mit seinem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb eine Bedienung der vorgeschriebenen Steuern niemals möglich sei. Das Finanzamt verkenne, dass es sich um ein Einzelunternehmen handle, und weder ein Geschäftsführerbezug noch ein Unternehmerlohn im Ergebnis berücksichtigt worden sei. Hinzu komme, dass die Kreditrückzahlungen nur bedingt durch die AfA gedeckt seien. Somit verblieben dem Bf, anders als in der Bescheidbegründung ausgeführt, von seinem Einkommen keine verfügbaren Mittel zur Bedienung der Abgabenrückstände, welche hinsichtlich NoVA ausschließlich auf eine fehlerhafte Auskunft des zuständigen Finanzamts zurückzuführen seien. Zum vorgehaltenen Liegenschaftsvermögen sei zu sagen, dass dieses als land- und forstwirtschaftliche Flächen bzw. als Gewerbegebiet, auf dem der Betrieb errichtet worden sei, gewidmet seien. Es sei nicht mit einem Baulandgrundstück zu vergleichen. Ein allfälliger Verkauf würde eine erhebliche Härte iSd § 2 Z. 2 VO zu § 236 BAO darstellen, da nur unter Druck verkauft werden würde, und würde zudem kein maßgeblicher Veräußerungspreis erzielt werden. Der in den letzten Jahren erwirtschaftete Gewinn reiche gerade dazu aus, die laufenden Lebenshaltungskosten zu decken bzw. bestehende Schulden zu tilgen.
Die Abgabenbehörde führte mit dem Bf im Weiteren ein umfangreiches Vorhalteverfahren, um die wirtschaftlichen Verhältnisse iZm der Frage der persönlichen Unbilligkeit zu erheben.
5. Nach der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde am der Vorlageantrag eingebracht. Es wurde nochmals ausdrücklich betont, es sei in der Niederschrift zur Schlussbesprechung bei Abschluss der Betriebsprüfung explizit auf den Sachverhalt betr. NoVA und das Telefonat mit der Finanzamtsmitarbeiterin hingewiesen worden und sei diese Niederschrift von allen Beteiligten der Finanzverwaltung unterfertigt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass im Nachhinein nun behauptet werde, es habe dieses Telefonat nie gegeben. In der Beschwerdevorentscheidung sei dem Bf außerdem angelastet worden, dass er sich die fragliche Auskunft nicht schriftlich habe geben lassen. Anfragen auf eine schriftliche Auskunft würden aber in der Praxis von allen Finanzamtsmitarbeitern sofort abgeblockt. Mit Ausnahme der kostenpflichtigen Auskunftsbescheide gem. § 118 BAO, welche jedoch nur für bestimmte Sachverhalte beantragt werden können, zu denen die NoVA nicht gehöre, sei es nicht möglich, eine andere als eine mündliche Auskunft vom Finanzamt zu erhalten. Der Bf habe sich auf die Auskunft der Abgabenbehörde verlassen müssen, da er zuvor noch nie von einem Generalimporteur Fahrzeuge erworben habe, und habe im Vertrauen auf die erhaltene telefonische Auskunft seine Geschäfte mit Kraftfahrzeugen dieser Auskunft entsprechend abgewickelt.
Zur persönlichen Unbilligkeit wurde, in Replik auf den Vorhalt in der Beschwerdevorentscheidung, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien ungeachtet der im Nachsichtsverfahren geltenden erhöhten Mitwirkungspflicht nicht lückenlos offengelegt worden, auf die Vorhaltsbeantwortungen, die schwierige Verwertbarkeit landwirtschaftlicher Flächen verwiesen, sowie darauf, dass sich auf der Betriebsliegenschaft auch die private Wohnung des Bf und seiner Familie befinde.
Abschließend wurde beantragt, dem Nachsichtsansuchen betreffend NoVA iHv € Betrag_NoVA stattzugeben.
II. Sachverhalt
1. 2019/2020 wurde beim Bf eine die Jahre 2015 bis 2019 umfassende Außenprüfung durchgeführt. Es wurde die Feststellung getroffen, dass für den überwiegenden Teil der 2015 bis 2019 verkauften Neuwagen der Marke Fa_L den Endkunden keine NoVA in Rechnung gestellt bzw. abgeführt wurde. Aufgrund dieser Feststellung wurde NoVA iHv insgesamt € Betrag_NoVA festgesetzt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass vom Bf unzulässigerweise auf Umsätze iZm gebrauchten Landmaschinen, die er von pauschalierten Landwirten erworben hatte, die Differenzbesteuerung gem. § 24 Abs. 1 UStG 1994 angewendet worden war. Diese Feststellung führte zur Festsetzung von Umsatzsteuer iHv insgesamt € Betrag_USt. Die Umsatzsteuernachforderung wurde nach Ergehen des hier angefochtenen Bescheides im Wege einer Zahlungserleichterung gem. § 212 BAO entrichtet.
2. Bis 2015 erwarb der Bf die Neufahrzeuge der Marke Fa_L in Land_A. Aufgrund des Erwerbs aus Land_A waren die vom Bf erworbenen Fahrzeuge in der Genehmigungsdatenbank gesperrt; eine Freischaltung erfolgte erst nach Entrichtung der NoVA. Ab 2015 erwarb der Bf diese Fahrzeuge beim Generalimporteur Fa_L Österreich. Vom Generalimporteur nach Österreich eingeführte Fahrzeuge sind in der Genehmigungsdatenbank mit keinem Sperrvermerk versehen.
3. Neben der aushaftenden NoVA iHv € Betrag_NoVA belaufen sich die Verbindlichkeiten, va Bankschulden, des Bf derzeit auf € rund 2 Mio. Die Kreditraten wurden bzw. werden vom Bf laufend bedient.
III. Rechtliche Erwägungen
1. Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Diese Bestimmung findet gemäß Abs. 2 leg. cit. auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
§§ 1 bis 3 der Verordnung zu § 236 BAO lauten:
§ 1. Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.
§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
2. Unrichtige Auskünfte im Einzelfall können Treu und Glauben verletzen und eine Unbilligkeit nach Lage des Falles und die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten zur Folge haben ().
Sachliche Unbilligkeit der Einhebung der NoVA sei nach dem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren gegeben, weil der Bf im guten Glauben und Vertrauen auf eine telefonische Auskunft der Abgabenbehörde hin die NoVA mangels Sperrvermerk in der Genehmigungsdatenbank nicht an seine Kunden verrechnet und im Weiteren nicht an die Abgabenbehörde abgeführt hat. Diese Auskunft habe Deckung in der in Schulungen und auf der Homepage des BMF wiedergegebenen Meinung der Finanzverwaltung gefunden, welche immer Bezug auf die Genehmigungsdatenbank nähme.
Konkret ist dazu auf der Homepage des BMF folgende Auskunft zu finden, welche dem Nachsichtsansuchen vom beigefügt war:
"Normverbrauchsabgabe/Finanzsperrauskunft
Voraussetzung für eine mögliche Zulassung eines Kraftfahrzeuges im Inland ist, dass die entsprechende Fahrzeugidentifikationsnummer bzw. Fahrgestellnummer nicht mit einer Sperre in der Genehmigungsdatenbank nach § 30a KFG eingetragen ist. Eine Freischaltung einer gesperrten Fahrzeugidentifikationsnummer bzw. Fahrgestellnummer erfolgt durch die Finanzbehörden, sobald die für das Kraftfahrzeug anfallenden Steuern entrichtet wurden.
Unter dem folgenden Link können Sie erfahren, ob eine bestimmte Fahrzeugidentifikationsnummer bzw. Fahrgestellnummer mit einer Sperre in der Genehmigungsdatenbank eingetragen ist:
Finanzsperrauskunft"
Dem Nachsichtsansuchen war außerdem ein Auszug aus dem Erlass des BMF GZ BMF-010220/0304-IV/9/2008 (NoVAR, nunmehr KfzBStR 2021) beigefügt, dem zum Thema Sperrsetzung in der Genehmigungsdatenbank Folgendes zu entnehmen ist:
"Die Sperrsetzung in der Genehmigungsdatenbank
Zum Zwecke der steuerlichen Erfassung der Kraftfahrzeuge und Sicherstellung der Einhebung der anfallenden Steuern ist eine Sperrsetzung in der Genehmigungsdatenbank vorgesehen. Eine Zulassung zum Verkehr im Inland ist erst nach Freigabe (Aufhebung der Sperre) durch die Finanzbehörden möglich, was die Entrichtung der Steuern zur Voraussetzung hat (vgl. § 30a Abs. 9a KFG 1967).
Automatische Sperrsetzung im Rahmen der Dateneinbringung
Diese erfolgt bei der Erfassung der Fahrzeugdaten von
eigenimportierten (Import durch andere Personen als Fahrzeughändler) oder
händler-eigenimportierten (Import durch andere Fahrzeughändler als Vertragshändler) Kraftfahrzeugen in der Genehmigungsdatenbank.
Im Zuge der Datenübertragung durch die Dateneinbringer wird die Sperre ebenfalls übertragen. Dies bedeutet, dass bei jenen Kraftfahrzeugen, die durch einen inländischen Hersteller oder einen Generalimporteur im Inland auf den Markt gebracht werden, im Zuge der Datenübermittlung an die Genehmigungsdatenbank keine Sperre gesetzt wird."
Es ist diesen Informationen des BMF explizit nicht zu entnehmen, dass eine fehlende Sperrsetzung mit einer fehlenden bzw. bereits erfüllten NoVA-Pflicht gleichzusetzen wäre, bzw. dass aus dem Fehlen eines Sperrvermerks in der Genehmigungsdatenbank unmittelbar auf eine fehlende NoVa-Pflicht oder eine bereits entrichtete NoVA geschlossen werden könnte; insbesondere steht im letzten Absatz ausdrücklich, dass Fahrzeuge in dem Fall, dass sie von einem inländischen Hersteller oder Generalimporteur im Inland auf den Markt gebracht werden, mit keiner Sperre versehen werden. Die Berufung auf diese Informationsquelle vermag somit eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung im Beschwerdefall nicht darzutun.
Wenn der Bf seinen guten Glauben auf die telefonisch erteilte Auskunft ins Treffen führt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass keinerlei Beleg dafür existiert, dass diese Auskunft seitens der Abgabenbehörde in Kenntnis und Beurteilung des vollständigen Sachverhaltes, insbesondere des Wechsels von Fa_L Land_A zu Fa_L Österreich als Lieferant, erteilt worden wäre. Eine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt jedoch jedenfalls voraus, dass der zu beurteilende Sachverhalt der Abgabenbehörde richtig und vollständig mitgeteilt wurde, sowie dass dieser Sachverhalt in der angegebenen Art verwirklicht wird (; BMF-010103/0023-VI/2006 v. , Pt. 3.1.; Rapberger in Holoubek/Lang, Vertrauensschutz im Abgabenrecht, S. 372; Ehrke, Verbindliche Auskünfte im österreichischen Abgabenrecht?, S. 104f). Mangels Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben wurde gegenständlich kein Vertrauensschaden bewirkt. Aus demselben Grund vermöchte auch die mehrfach ins Treffen geführte Argumentation, die Abgabenbehörde, konkret der Betriebsprüfer und dessen Teamleiter, habe in einem entsprechenden Vermerk auf der Niederschrift zur Schlussbesprechung bestätigt, dass dem Bf eine unrichtige telefonische Auskunft betreffend die NoVA erteilt worden sei, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Eine solche Bestätigung kann im Übrigen in dem handschriftlichen Vermerk auf der Niederschrift, entgegen der vom Bf vertretenen Ansicht, nicht erblickt werden.
Nur der Vollständigkeit halber sei, im Hinblick auf das Vorbringen im Vorlageantrag sowie in der mündlichen Verhandlung, wonach schriftliche Auskünfte von der Abgabenbehörde nicht bzw. nur in den Grenzen des § 118 BAO zu erhalten seien, auf den , BMF-010106/0031-IV/2/2012 (Erlass über Auskünfte zu sachverhaltsbezogenen Anfragen) verwiesen.
Zu keinem Zeitpunkt bestritten wurde, dass die im Zuge der Betriebsprüfung erfolgte Festsetzung der NoVA zu Recht erfolgte; dazu wurde im angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung bereits ausgeführt, dass es sich bei der NoVA-Pflicht iZm den vom Bf getätigten Fahrzeugverkäufen um eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage handelt.
3. Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen. Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet. Diese Existenzgefährdung müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mitverursacht sein. Wenn persönliche Unbilligkeit eine Existenzgefährdung bedeutet, dann setzt dies eine wirtschaftliche Existenz voraus, deren Bestand gefährdet, deren erhaltende Wirkung bei Einhebung der Abgaben nicht gewährleistet oder vom Untergang bedroht wäre. Unbilligkeit in diesem Sinne liegt diesfalls aber nur vor, wenn der Bestand der fraglichen Existenzgrundlage oder Erwerbsquelle durch die Abgabeneinhebung gefährdet ist und durch die Nachsicht als gesichert gelten kann, anderenfalls kann nicht von einer Unbilligkeit gesprochen werden, da die Unbilligkeit gerade in der drohenden abgabeneinhebungsbedingten, aber mit abgabenrechtlichen Mitteln abwendbaren Gefährdung des (Weiter-)Bestandes der wirtschaftlichen Lebensexistenz oder der Erwerbsquelle gelegen ist. (Ritz/Koran, BAO7, § 236 Tz 10, sowie Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 [2023] Rz 33 u. 34, jeweils mit zahlreichen Verweisen auf höchstgerichtliche Rechtsprechung)
Eine Unbilligkeit ist somit dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte, wirtschaftliche Existenz des Abgabepflichtigen sohin auch ohne die Geltendmachung der gegenständlichen Abgabenschuld gefährdet ist ().
Auch sofern die Nachsicht nur anderen Gläubigern zugutekäme, ist die persönliche Unbilligkeit der Einhebung nach der Rsp des VwGH zu verneinen (vgl etwa ). Vielmehr ist erforderlich, dass der Abgabengläubiger im Verhältnis zu anderen Gläubigern durch die Nachsicht nicht schlechtergestellt wird und der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch zugunsten des Abgabengläubigers gewahrt wird. (Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) Rz 39 mwN)
Im Nachsichtsverfahren ist es Sache des Nachsichtswerbers, im Sinne der ihn treffenden Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann ().
Zur persönlichen Unbilligkeit brachte der Bf in seinen Eingaben vor, eine Entrichtung der aushaftenden NoVA iHv € Betrag_NoVA zusätzlich zu den zu bedienenden Bankschulden iHv rd. € 2 Mio. sei aus dem laufenden Gewinn ohne Gefährdung des Fortbestandes des Einzelunternehmens des Bf nicht möglich, da dieser Gewinn gerade dazu ausreiche, die laufenden Lebenshaltungskosten zu tragen bzw. die bestehenden Schulden zu decken. Vom Bf wurde auf Frage in der mündlichen Verhandlung zunächst auch die aktuelle Höhe der Bankverbindlichkeiten mit rd. € 2 Mio. beziffert, sowie allgemein in Abrede gestellt, weitere Raten, in diesem Fall zur Abstattung der aushaftenden Abgabenschulden, zahlen zu können.
Die aushaftende NoVA macht unstrittig einen lediglich geringen Teil der Gesamtverbindlichkeiten des Bf aus. Einem dahingehenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung wurde damit begegnet, eine Zahlungserleichterung in Form von Ratenzahlungen werde nur über einen Zeitraum von zwölf Monaten gewährt, was den langfristigen Bankverbindlichkeiten sohin nicht vergleichbar sei. Eine solche zeitliche Beschränkung ist § 212 BAO jedoch nicht zu entnehmen. Auch die Richtlinie des 2024-0.234.994, trifft diesbezüglich keine für die Finanzverwaltung bindende Regelung (RAE Rz 265).
Mit dem Vorbringen des Bf wird keine persönliche Unbilligkeit aufgezeigt, mit der die beantragte Nachsicht erreicht werden könnte, zumal sich diese ausschließlich zugunsten anderer Gläubiger des Bf auswirken würde. In Anbetracht dessen, dass die Abgabenverbindlichkeiten lediglich rd. 3,6 % der Gesamtschulden des Bf ausmachen, ist überdies nicht ersichtlich, dass gerade die Einhebung der Abgabenschulden eine Existenzgefährdung des Bf und seiner Familie bewirken würde.
4. Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Ist, wie im Beschwerdefall, die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu verneinen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (zB ; , 2001/15/0033).
Aus diesem Grund muss das nach dem Akteninhalt zutreffende Vorbringen des Bf betreffend sein steuerliches Wohlverhalten unberücksichtigt bleiben.
Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die im Erkenntnis sowie den angegebenen Literaturstellen zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | BMF, BMF-010103/0023-VI/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100491.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at