Familienbeihilfe für Sohn in Österreich bei ungarischem Staatsbürger mit Erwerbstätigkeit in Österreich?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemals ***FA*** vom , nunmehr FAÖ DS ***1***, betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum 09.2011-01.2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** für den Sohn ***2***, geb. ***3***, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 278 BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit b BAO - im Sinne der Beschwerdevorentscheidung v. -für den Zeitraum von 09/2011 bis 05/2013 zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird - im Sinne der Beschwerdevorentscheidung v. - für den Zeitraum von 06/2013 bis 01/2018 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig war, ob der Beschwerdeführer (Bf.) einen Anspruch auf Familienbeihilfe für seinen Sohn ***2*** im Zeitraum 9/2011 bis 01/2018 in Österreich hatte.
Der vom Gericht zu beurteilende Antrag ist datiert mit .
Im Abweisungsbescheid des ehemaligen Finanzamtes v. für den Zeitraum 09/2011 bis 01/2018 wurde die Familienbeihilfe nicht anerkannt. Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles (Großeltern) betreut werde, könne kein Anspruch auf FB aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen (unter Hinweis auf § 53 Abs. 1 des FLAG 1967 bzw. § 2 Abs. 2 FLAG 1967).
Dagegen wurde vom Bf. rechtzeitig Beschwerde mit folgender Begründung erhoben.
"Zu Punkt 1 - Verjährung:
Es wurde bereits im Jahr 2015 persönlich ein Antrag auf Familienbeihilfe beim ***FA*** für den Zeitraum rückwirkend ab September 2011 eingebracht. Aufgrund dieses Antrages wurden die Wohnverhältnisse mittels Familienstandsbescheinigung (E 401) durch die ungarischen Behörden vom bestätigt. Der Einwand, "die Familienbeihilfe kann rückwirkend nur für fünf Jahre vom Beginn des Monats der Antragsstellung gewährt werden" greift in diesem Zusammenhang nicht. Die Familienbeihilfe ist daher ab dem zu gewähren. Anzumerken ist, dass nicht ich beweisen muss, einen Antrag bei der Behörde eingebracht zu haben, sondern Sie als Behörde Umstände darlegen müssen, die auf Gegenteiliges schließen lassen. Dies kann in meinem Fall keinesfalls zutreffen, schließlich wurden zahlreiche Dokumente (siehe bereits eingebrachte Beilagen) auf Grundlage des Familienbeihilfenantrages erstellt und eingebracht.
Zu Punkt 2 - Haushaltszugehörigkeit:
"Wie in der Beschwerde vom bereits ausgeführt, lebte mein Sohn ***17*** ***2***, geboren am ***3*** seit 2011 im Haushalt meines Bruders. Die Kindesmutter leistet keinerlei Unterhalt für meinen Sohn und lebt nicht mit ihm an einer Adresse. Weder die Mutter noch mein Bruder haben eine der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbare Beihilfe bezogen. Die ungarische Behörde teilte mir auf Nachfrage meinerseits mit, dass ich aufgrund der alleinigen Obsorge meines Sohnes (siehe ungarisches Urteil) und der Erwerbstätigkeit in Österreich nur österreichische Familienleistungen beziehen kann (siehe ebenso bereits eingebrachte Beilagen, insb. ungarische Schriftstücke). Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe, die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person anspruchsberechtigt ist. Tatsächlich haben die Personen, die mit meinem Kind in einem gemeinsamen Haushalt lebten, keinen Anspruch auf Familienleistungen. Zudem kann von einem gemeinsamen Haushalt ausgegangen werden, da ich im gegenständlichen Zeitraum am Wohnsitz meines Sohnes gemeldet war und diesen auch regelmäßig (meist am Wochenende für mehrere Tage) aufsuchte. Da mich die ungarische Behörde an Sie verwies, ersuche ich Sie meinen Sachverhalt erneut zu prüfen. Schließlich habe ich für meinen Sohn die alleinige Verantwortung und weder die ungarische, noch die österreichische Behörde sprach mir Familienleistungen zu. Sofern Sie zu dem Schluss kommen, Ungarn müsse mir diese Leistungen zusprechen, ersuche ich Sie, mich bei diesem Vorgehen (beispielsweise durch ein Amtsverständigungsverfahren oder Erfahrungen aus Ihrer Praxis in ähnlichen Fällen) zu unterstützen. Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides."
In den Vorhalten der Behörde v. (Frist ) und v. (Frist ) wurde der Bf. ersucht, die jeweils behauptete frühere Antragstellung "im Jahre 2015" bzw. v. "11.2016" zu beweisen.
Es wurde von der Behörde darauf aufmerksam gemacht, dass der Antrag v. , eingelangt bei der Behörde am , nachträglich vom Bf. im Datumsfeld "ab 09/2011" ergänzt worden sei.
In der Vorhaltsbeantwortung v. wurde auf eine Eingabe des Rechtsanwaltes "aus dem Jahre 2018" hingewiesen. Auf einer Kopie sei das Datum "ab 09/2011" mit Stern* ergänzt worden. Dies treffe zu. Das Original sei schon längst an die Behörde übermittelt worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde - in Abänderung zum Abweisungsbescheid v. - für den Zeitraum 09/2011-05/2013 die Beschwerde zurückgewiesen. Für den Zeitraum 06/2013 bis 01/2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ua. ausgeführt:
"Da die Familienbeihilfe nur für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden kann (§ 10 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz) war der Antrag vom für den Zeitraum 9/2011 bis 5/2013 verspätet und damit zurückzuweisen. Gemäß § 53 (1) des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit es sich aus gemäß dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat der EWR nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten. Die Gleichstellung begründet sich nach Art 4 der VO (EG) Nr 883/2004. Gemäß § 2 Abs 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im § 2 Abs 1 FLAG genanntes Kind, die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles bzw. Großelternteils betreut wird, kann daher kein Anspruch auf die Familienbeihilfe aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen. Die Beschwerde für den Zeitraum 6/2013 bis 1/2018 war daher abzuweisen."
Im Vorlageantrag v. wurde ausgeführt, dass dem Bf. die alleinige Obsorge zugesprochen worden sei. Sein Bruder bzw. seine Mutter (Großmutter des Kindes) hätten daher keinen Anspruch auf Familienleistungen gehabt. Es sei die Sache des FA, das Einvernehmen mit der für Familienleistungen zuständigen Behörde des anderen MGS herzustellen. Auf den Vorlageantrag v. wird verwiesen.
Aus dem Vorlagebericht des ehem. FA ***13***, nunmehr FAÖ DS ***1***, v. geht Folgendes hervor:
"Der Beschwerdeführer (Bf) ist ungarischer Staatsbürger und seit in Österreich beschäftigt. Seit ist auch der Hauptwohnsitz in Österreich; davor war der Bf von bis mit Nebenwohnsitz in ***13*** gemeldet. Der Sohn, ***2***, geb. ***3***, lebt seit Februar 2018 beim Bf in ***13*** und davor lebte er ab August 2011 im Haushalt des Bruders und der Mutter des Bf (der Großmutter des Kindes) in Ungarn. Am wurde erstmals ein Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe in Österreich gestellt. Am Antragsformular wurden beim Punkt "Zuerkennung ab" keine Angaben gemacht, d.h. das Feld blieb leer! Nach der damaligen Rechtsauslegung wurde daher von Dezember 2016 bis April 2017 wegen überwiegender Kostentragung die Familienbeihilfe (Differenzzahlung) zuerkannt. Im Februar 2017 langte ein Schreiben ein, in dem der Anspruch auf Familienbeihilfe ab August 2011 urgiert wurde. Diese Eingabe wurde mit Bescheid abgewiesen. Dagegen erhob der damaligere Vertreter (***5*** GmbH) Beschwerde und in weiterer Folge Säumnisbeschwerde beim Bundesfinanzgericht. Im Zuge dieses Verfahrens war der Abweisungsbeschied aufzuheben, da diesem kein Antrag zugrunde lag, und das Säumnisbeschwerdeverfahren (BFG zu RS 5100008/2018 v.) wurde eingestellt. Der damalige Vertreter vergewisserte sich am anlässlich einer gewährten Akteneinsicht persönlich, dass kein Antrag vor Dezember 2016 eingebracht worden ist! Am wurde neuerlich ein Antrag, diesmal rückwirkend ab 9/2011 eingebracht, der mit Bescheid vom abgewiesen wurde. Mit legte die anwaltliche Vertretung die Vollmacht zurück."
Stellungnahme des FA DS ***1*** v.:
"Die Familienbeihilfe wird gem. § 10(1) FLAG nur auf Antrag gewährt und gem. § 10(3) FLAG höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung. Im ersten der Behörde vorliegenden Antrag war das Feld 'Zuerkennung ab' leer, daher wurde nach der damaligen Rechtsauslegung - wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt - die Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) für die Monate 12/2016 bis 4/2017 gewährt. Im neuerlichen Antrag vom wurde die Familienbeihilfe rückwirkend beantragt und abgewiesen. Der Nachweis der rechtzeitigen Antragstellung wurde auch in zwei Ergänzungsersuchen nicht erbracht, sondern es wurden nachträglich veränderte Unterlagen als 'Beweismittel' vorgelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft die Beweislast zur Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen den Abgabepflichtigen (vgl. Ritz BAO § 115 Tz 12). Das Sorgerecht ist für die Zuerkennung der Familienbeihilfe unbeachtlich, maßgeblich ist die Haushaltszugehörigkeit. Die war jedenfalls im Zeitraum 6/2013 bis 1/2018 bei der Mutter und dem Bruder des Bf in Ungarn. Zu der Frage, ob der Mutter (Großmutter des Kindes) die Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung zuzuerkennen wäre, ist beim Verwaltungsgerichtshof zur GZ Ro 2018/16/0040 ein Verfahren anhängig (zu ). Die Vorlage erfolgt mit dem Antrag auf Änderung des Bescheidspruches wie in der Beschwerdevorentscheidung dahingehend, dass der Antrag vom hinsichtlich des Zeitraumes 9/2011 bis 5/2013 zurückgewiesen und hinsichtlich des Zeitraumes 6/2013 bis 1/2018 abgewiesen wird."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
In aktenmäßiger Hinsicht ging das Gericht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist ungarischer Staatsbürger.
Er ist ua. Kindesvater eines Sohnes ***4***, geb. ***3***. Der Sohn, ***2***, geb. ***3***, lebt seit Februar 2018 beim Bf in ***13*** und davor lebte er ab August 2011 im Haushalt des Bruders, Herrn ***6***, geb.***7***, und der Mutter des Bf (der Großmutter des Kindes) in Ungarn.
Seit ist der Bf. in Österreich beschäftigt. Der Bf. war als LKW-Fahrer im maßgeblichen Zeitraum bei der Firma ***14*** GmbH mit Sitz in ***15***/***16***. nichtselbstständig tätig.
Seit ist auch der Hauptwohnsitz in Österreich; davor war der Bf von bis mit Nebenwohnsitz in ***13*** gemeldet.
Der aktuelle Wohnsitz des Bfs. lautet seit auf ***11***, ***8***.
Mittlerweile ist der Bf. seit verheiratet (Ehefrau ***27***, geb. ***28***, Einreise nach Österreich seit ). Sie ist seit ***29*** als Kindergartenpädagogin im Verein ***25*** in ***11***, ***26***, tätig.
Die Kindesmutter von ***4***, Frau ***20*** (geborene ***21***), geb. ***22***, ungarische Staatsbürgerin, war in ***18*** ***24***. wohnhaft (Gastgeberin "***23***"). Die Kindesmutter bezog für ***4*** die ungarische Familienbeihilfe für den Zeitraum 09/2011 bis 09/2015 (lt.Schreiben des Bfs. v. ). Ab September 2015 hätte die Kindesmutter darauf verzichtet, weswegen er die FB bis durchgehend bis 01/2018 beantragte.
Lt. Familienstandsbescheinigung E 401 der ungarischen Behörde v. wurde das Kind ***4*** vom Bruder des Bfs. (in Ungarn erwerbstätig) bzw. der Großmutter (Pensionistin) betreut (Haushaltszugehörigkeit des Kindes im Haushalt ***18***, ***19***, bis 02/2018 haushaltszugehörig). Formal schien der Bf. auch an dieser ungarischen Adresse auf.
Der Sohn des Bfs., ab dem Zeitraum 02/2018 wohnhaft an der ehemaligen Adresse in ***11***, ***12***, besuchte die HBLW in der ***9*** (Schulbestätigung in den Vermerken der Familienbeihilfen-Rechtsdatenbank ab , Übergangsstufe, im Schuljahr 2018/2019, 1. Klasse - siehe Bestätigung der Schule v. ).
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus den Parteienvorbringen sowie dem elektronischen Rechtsmittelakt und den Abfragen des Gerichtes v. aus der Familienbeihilfendatenbank (FABIAN).
Beweiswürdigend hält das Gericht fest, dass der Verzicht auf FB im Antrag v. nicht wirksam erfolgte, da dieser Verzicht nicht von der Kindesmutter unterschrieben wurde, sondern eigenhändig vom Kindesvater. Als Anspruchsberechtigte wäre - in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO - daher die Kindesmutter weiterhin ab September 2015 anzusehen, wenn ein gemeinsamer Haushalt mit ihrem Kind in Ungarn vorgelegen wäre.
Dies war aber nicht der Fall:
Mit gab es in Ungarn betreffend den Sohn ***4*** eine Obsorgeänderung und damit in Verbindung stehend eine Änderung der Haushaltszugehörigkeit (Abfrage in der familienbeihilfenrechtlichen Datenbank (FABIAN) durch das Gericht v.).
Die im Schreiben v. behauptete frühere Antragstellung v. (mit Rückwirkung 09/2011), angeblich eingelangt bei der Behörde am , konnte im Verfahren vom Bf. nicht nachgewiesen werden. Bei Begünstigungen trifft den Bf. die Beweislast hinsichtlich des Einlangens des Antrages.
Bei Begünstigungstatbeständen liegt nach der ständigen Judikatur des VwGH die Beweislast beim Antragsteller. Daher ging das Gericht von dem ihm aktenmäßig bekannten Sachverhalt aus.
Überdies wurden vom Bf. nachträglich veränderte Unterlagen als Beweismittel vorgelegt (siehe Vorhaltsbeantwortung v. und v. (hinsichtlich des behaupteten Antrages v. mit dem Zusatz ab "09/2011").
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass über den neuerlichen Antrag des Bfs.(?) vom 29.06.2019 rückwirkend bis 09/2011 mangels Zuständigkeit nicht zu entscheiden war.
Es war daher beim gegebenen Sachverhalt davon auszugehen, dass die Großmutter von ***4*** als vorrangig anspruchsberechtigte (gesetzliche Vermutung) einzustufen war. Bei derartigen Fällen ist die Haushaltszugehörigkeit (und nicht etwa Obsorgeregelungen eines ungarischen Gerichtes) entscheidend. Der Antrag des Kindesvaters und Bfs. würde daher zugunsten der Großmutter wirken (siehe auch VwGH 2008/16/0040 - dort für die Kindesmutter- weil haushaltsführender Elternteil), wenn es sich um einen FB/Differenzzahlungsantrag handeln würde. Das Verfahren betreffend Differenzahlung ist aber schon rechtskräftig (die damals an den Bf. gewährte Differenzzahlung wurde wiederum von der Behörde aufgehoben- siehe Vorlagebericht des FAÖ DS ***1*** v.).
Weiters wird auf das beim Höchstgericht mittlerweile entschiedene Verfahren zu VwGH Ro 2018/16/0040 zu (betreffend polnischer Differenzzahlung hinsichtlich eines ähnlich gelagerten Sachverhaltes) verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Rechtsgrundlagen
Nationales Recht
§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,
f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
b) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186 a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 2a FLAG 1967 lautet:
§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
§ 3 FLAG 1967 lautet:
§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.
§ 4 FLAG 1967 lautet:
§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.
(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.
(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.
(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.
(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.
(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht unter anderem kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
§§ 10, 11, 12, 13 FLAG 1967 lauten:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In Bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.
(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.
(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.
§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.
§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
§ 53 FLAG 1967 lautet:
§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.
(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Unionsrecht
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.
Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.
Nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in dem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 1 VO 883/2004 (Unterbuchstabe i) "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. i Z 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.
"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).
"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).
Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.
Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.
Art. 11 VO 883/2004 lautet:
Artikel 11
Allgemeine Regelung
(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;
c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.
(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.
Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO 883/2004 unterliegt daher eine Person, die (nur) in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.
Artikel 13 VO 883/2004 lautet:
Artikel 13
Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten
(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.
(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.
(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.
(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.
(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.
Nach Art. 67 VO 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.
Art. 68 VO 883/2004 lautet:
Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;
ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;
iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüberhinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.
(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:
a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;
b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Die Verordnung enthält Durchführungsbestimmungen zur VO 883/2004.
Art. 59 VO 987/2009 lautet:
Artikel 59
Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern
(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.
(2) Er unterrichtet den Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt, zu dem er die Zahlung dieser Familienleistungen einstellt. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen der andere betroffene Mitgliedstaat oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Zahlung der Leistungen.
Art. 60 VO 987/2009 lautet:
Artikel 60
Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung
(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.
(2) Der nach Absatz 1 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen.
Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften.
Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Artikel 68 Absatz 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden.
(3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.
Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.
(4) Sind sich die betreffenden Träger nicht einig, welche Rechtsvorschriften prioritär anwendbar sind, so gilt Artikel 6 Absätze 2 bis 5 der Durchführungsverordnung. Zu diesem Zweck ist der in Artikel 6 Absatz 2 der Durchführungsverordnung genannte Träger des Wohnorts der Träger des Wohnorts des Kindes oder der Kinder.
(5) Der Träger, der eine vorläufige Leistungszahlung vorgenommen hat, die höher ist als der letztlich zu seinen Lasten gehende Betrag, kann den zu viel gezahlten Betrag nach dem Verfahren des Artikels 73 der Durchführungsverordnung vom vorrangig zuständigen Träger zurückfordern.
Aus dem Erkenntnis des zu Ro 2018/16/0040 lassen sich folgende rechtliche Schlüsse ableiten:
Rechtssatz
Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz der VO 987/2009 ist dahin auszulegen, dass er sowohl in dem Fall, dass die Leistung gemäß den als vorrangig bestimmten Rechtsvorschriften gewährt wird, als auch in jenem Fall, dass sie nach den Rechtsvorschriften eines nachrangig zuständigen Mitgliedstaats in Form eines Unterschiedsbetrags ausbezahlt wird, Anwendung findet ( C-32/18, Michael Moser, Rn 45).
Rechtssatz
Zum Familienbeihilfenanspruch eines in Österreich Beschäftigten oder selbständig Erwerbstätigen, dessen Kind in einem anderen Mitgliedstaat wohnt und zu dessen Haushalt es nicht gehört, hat der VwGH bereits zur Vorgängerregelung der VO 883/2004 darauf abgestellt, ob der in Österreich lebende Elternteil die Unterhaltskosten für das in einem anderen Mitgliedstaat wohnende Kind überwiegend trägt (vgl. etwa 2009/13/0240; 2009/13/0241; 2009/13/0243; 2004/15/0049, VwSlg 8225 F/2007). Zu vergleichbaren Konstellationen hat der VwGH im Anwendungsbereich der VO 883/2004 einen Anspruch des in einem anderen Mitgliedstaat im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind wohnenden Elternteils dann verneint,wenn der in Österreich eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübende Elternteil, zu dessen Haushalt das Kind nicht gehört, die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (vgl. Ro 2014/16/0067; 2012/16/0135). Der VwGH hat weiters ausgesprochen, dass seine Rechtsprechung auch nicht durch die Rechtsprechung des EuGH ( C-378/14, Tomislaw Trapkowski) überholt ist (vgl. Ra 2019/16/0133).
Zur Frage der überwiegenden Unterhaltskostentragung wird auf Hebenstreit im Kommentar zum Familienlastenausgleich (FLAG), Lenneis/Wanke (Hrsg), 2. Auflage, § 2 Rz 149, hingewiesen.
Rechtssatz
Nationales Recht, das in einer konkreten Konstellation im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, wird für diese Konstellation verdrängt. Nationales Recht bleibt insoweit unangewendet, als ein Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht gegeben ist. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale gesetzliche Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Die Verdrängung erreicht dabei bloß jenes Ausmaß, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen (vgl. 2010/15/0065, VwSlg 8795 F/2013; und , VwSlg 8332 F/2008).
Rechtssatz
Lässt das Unionsrecht für eine bestimmte Konstellation mehrere Lösungen zu, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, innerhalb des vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmens eine nationale Regelung zu normieren. Solange der Gesetzgeber diese Entscheidung nicht getroffen hat, und soweit dem Unionsrecht unmittelbare Anwendbarkeit zukommt, muss der Rechtsanwender eine "bereinigte Rechtslage" zur Anwendung bringen. Bestehen mehrere gleichwertige unionsrechtskonforme Lösungen, hat der Rechtsanwender nicht ein freies Wahlrecht, sondern hat jene Lösung zur Anwendung zu bringen, mit welcher materiell am wenigsten in das nationale Recht eingegriffen wird. Soweit als möglich ist die normative Anordnung des nationalen Gesetzgebers aufrechtzuerhalten (vgl. 2010/15/0065, VwSlg 8795 F/2013; und 2011/15/0070, VwSlg 8674 F/2011, mwN).
Rechtssatz
Art. 67 der VO 883/2004 soll es den Wandererwerbstätigen erleichtern, Familienbeihilfen in ihrem Beschäftigungsstaat zu erlangen, wenn ihre Familie ihnen nicht in diesen Staat gefolgt ist, und soll insbesondere verhindern, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen des Erwerbstätigen in dem Mitgliedstaat wohnen, in dem die Leistungen erbracht werden ( C-32/18, Michael Moser, Rn 36). Nach dem EuGH sei Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz der VO 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist ( C-378/14, Tomislaw Trapkowski, Rn 39 bis 41). Später hat der EuGH ausgesprochen, dass die in Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz der VO 987/2009 vorgesehene Fiktion dazu führt, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind ( C-32/18, Michael Moser, Rn 44).
Rechtssatz
Die VO 987/2009 und die VO 883/2004 bestimmen nicht, welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, auch wenn sie die Regeln festlegen, nach denen diese Personen bestimmt werden können. Welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, bestimmt sich nämlich, wie aus Art. 67 der VO 883/2004 klar hervorgeht, nach dem nationalen Recht (, Tomislaw Trapkowski, Rn 43 und 44).
Rechtssatz
Gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe des Elternteils, welcher im Bundesgebiet wohnt und die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend trägt, wenn der andere Elternteil, zu dessen Haushalt das Kind gehört, im Bundesgebiet weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat und somit die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 FLAG nicht erfüllt. Insoweit bedarf es einer Verdrängung der nationalen Bestimmung des Wohnsitzerfordernisses in § 2 Abs. 1 FLAG durch Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz der VO 987/2009 nicht, um den Anspruch für das Kind zu begründen. Erst wenn der in Österreich wohnhafte Elternteil die Unterhaltskosten für das Kind nicht überwiegend trägt und deshalb aus § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG keinen Anspruch ableiten kann, und auch sonst nach nationalem Recht keine andere Person in Betracht käme, greift die Verdrängung des Wohnsitzerfordernisses in § 2 Abs. 1 FLAG für einen in § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG genannten Anspruchsberechtigten.
Der genannte Beschwerdefall betraf einen vergleichbaren Sachverhalt (der Bf. war polnischer Staatsbürger). Dort wurde der Antrag auf Differenzzahlung als unbegründet abgewiesen.
Lediglich in der Frage des Feststellungbescheides nach § 92 BAO erkannte der Verwaltungsgerichtshof eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, weil solche "Feststellungsbescheide nach § 92 BAO" in derartigen Fällen nicht zugelassen sind (siehe nochmals VwGH Ro 2018/16/0040).
Zusammenfassung
Es lag hier ein Beschwerdefall vor, der nach der Rechtsprechung des VwGH zu lösen war.
Es war daher rechtens, dass für den Bf. im maßgeblichen Zeitraum 09/2011 bis 05/2013 die Beschwerde aus verfahrensrechtlichen Gründen (verspäteter Antrag) zurückzuweisen bzw. im Zeitraum 06/2013 bis 01/2018 [(inhaltliche Entscheidung)] mangels Anspruches des Bfs. auf FB abzuweisen war.
Mittlerweile wurde der Meinungsstreit zwischen Österreich und Ungarn mit bei getrenntlebenden Elternteilen beendet:
Ungarn hat seine Rechtsansicht geändert, demnach werden Kinder getrenntlebender Eltern als deren Familienangehörige nun wieder anerkannt und der getrenntlebende Elternteil werde, unabhängig vom tatsächlich geleisteten Unterhalt, in die Zuständigkeitsprüfung nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 mit einbezogen. Die konkrete Unterhaltspflicht und Unterhaltshöhe sind demnach nicht zu prüfen.
Alle Anträge ab dem sind nach der Prüfung der Verordnung EG Nr. 883/2004 entsprechend zu entscheiden (siehe Anmerkung auf der FlAG -Plattform mit Stichtag ).
Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Beschwerdefall folgt der Rechtsprechung des VwGH zu Ro 2018/16/0040, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | ungarischer Staatsbürger mit Erwerbstätigkeit in Österreich Familienbeihilfe Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei Großmutter in Ungarn getrennt lebende Elternteile |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100063.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at