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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2024, RV/7101473/2024

Beihilfenschädlicher Studienwechsel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über Rückforderung/Anrechnung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (KG) für 10.2021-12.2023, SVNR: ***3***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird für den Zeitraum Okt 2021 bis Sept. 2022 gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird diesbezüglich aufgehoben.

Darüber hinaus wird die Beschwerde für den Zeitraum Okt. 2022 bis Dez. 2023 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:
"Zu ***1***:
Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Zu ***2***:
Familienbeihilfe steht bei einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung zu. Wann gilt die Ausbildung als ernsthaft und zielstrebig?
• Das Kind verwendet die volle Zeit dafür
• Das Kind tritt in angemessener Zeit zu Prüfungen an
Bei Ihrem Kind trifft das nicht zu."

In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf.) folgendermaßen aus:
"Hiermit möchte ich eine Beschwerde nach Paragraph 243 einbringen, da leider die gewünschten Unterlagen ( die Liste der absolvierten Prüfungen meines Sohnes ***6*** nicht bei Ihnen eingelangt waren. Ich habe diese auch schon am geschickt, dabei allerdings den falschen Paragraph für meine Beschwerde ausgewählt."
Als Beilage zur Beschwerde wurden Bestätigungen der Universität über absolvierte ECTS bzw. positiv absolvierte Prüfungen des Sohnes übermittelt."

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde folgendermaßen entschieden:
"Ihrer Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid für den Zeitraum von Oktober 2021 bis September 2022 in Höhe von € 3.032,40 (Familienbeihilfe € 2.331,60 und Kinderabsetzbetrag € 700,80) wird stattgegeben und der Bescheid aufgehoben. Ihre Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid für den Zeitraum von Oktober 2022 bis Dezember 2023 in Höhe von € 3.731,10 (Familienbeihilfe € 2.814,30 und Kinderabsetzbetrag € 916,80) wird abgewiesen.
Sachverhalt:
Ihr Sohn ***2***, geboren am ***4*** begann im Wintersemester 2018/19 das Bachelorstudium Lehramt Informatik und Biologie und Umweltbildung an der Universität Wien. Mit dem Wintersemester 2019/20 wechselte er zum Bachelorstudium Biologie an der Universität Wien. Im Studienjahr 2019/20 wurden Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS- Punkten und im Studienjahr 2020/21 Prüfungen im Ausmaß von 8 Semesterwochenstunden abgelegt, danach wurden keine Prüfungen mehr abgelegt. Nach dem Wintersemester 2022 wurde das Studium abgebrochen. Mit dem Sommersemester 2023 wechselte er auf das Bachelorstudium Lehramt Bewegung und Sport und Biologie und Umweltbildung an der Universität Wien.
Mit Bescheid vom wurde die Familienbeihilfe für den Zeitraum von Oktober 2021 bis Dezember 2023 rückgefordert. Am 09.02.204 haben Sie eine Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid eingebracht.
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung des Berufes nicht möglich ist. Bei Kindern, die eine in § 3 Studienförderungsgesetz 1992 genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung von Prüfungen im Ausmaß von 16 (bzw. 14) ECTS-Punkten oder im Gesamtumfang von 8 Semesterwochenstunden nachgewiesen wird.
Das Vorliegen einer Berufsausbildung eines volljährigen Kindes bei einem Studienwechsel ist nach § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) zu beurteilen, d.h. es gelten die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Demnach liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn das Studium öfter als zweimal oder nach dem dritten fortgesetzt gemeldeten Semester gewechselt wurde oder wenn nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wurde, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium. Nicht als Studienwechsel gilt ein Studienwechsel, bei welchem die gesamte Studienzeit des vor dem Studien Wechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Würdigung: Das Bundesfinanzgericht urteilte, dass nicht nur für das zweite Studienjahr, sondern für jedes Studienjahr nach dem ersten Studienjahr ein Erfolgsnachweis von (grundsätzlich) wenigstens 16 ECTS-Punkten bzw. 8 Semesterwochenstunden zu erbringen ist und es für die Beurteilung des Anspruchs ab dem zweiten Studienjahr auf die ECTS-Punkte bzw. Semesterwochenstunden im jeweils vorangegangenen Studienjahr ankommt (vgl. ).

Ihr Sohn hat im Studienjahr 2021/22 den erforderlichen Studienerfolg nicht erreicht, deshalb besteht für das Studienjahr 2022/23 kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Erfolgt ein Studien Wechsel nach dem dritten inskribierten Semester, ruht der Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Studienwechsel in dem Ausmaß der bislang aus dem Vorstudium absolvierten gesamten Studiendauer. Es sind daher jene Semester aus dem vorherigen Studium, in denen der Studierende zur Fortsetzung gemeldet war, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen.

Der Sohn der Bf. hat im Sommersemester 2023 nach sieben zur Fortsetzung gemeldeten Semestern einen schädlichen Studienwechsel vollzogen. Aufgrund COVID bleibt bei einem Studienwechsel das Sommersemester 2020 außer Acht, Anspruch auf Familienbeihilfe für das ab dem Wechsel betriebene Studium besteht somit grundsätzlich erst nach einer Wartezeit von sechs Semestern.
Ihre Beschwerde war daher für den Zeitraum von Oktober 2022 bis Dezember 2023 als unbegründet abzuweisen."

Die Bf. stellte einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin ergänzend zur Beschwerde aus wie folgt:
"Mein Sohn hat sein Hauptstudium Biologie Lehramt erwiesenermaßen bis heute fortgesetzt (siehe Bestätigung über positiv abgelegte Prüfungen sowie Screenshots). Im Februar 2023 hat er die praktische Zulassungsprüfung für Sport Lehramt bestanden und dieses infolgedessen dazu genommen statt Informatik (siehe Mail vom ).
Nach dem Absolvieren des regulären Zivildienstes vor dem Studium ist mein Sohn außerdem dem Aufruf zum außerordentlichen "Corona-Zivildienst" durch Frau Bundesministerin … gefolgt (Samariterbund, Coronastation im KH Hietzing). Herr Bundesminister ***5*** hat den Studenten damals auch ein zusätzliches "Corona-Semester" zur Anrechnung gewährt. Ich bitte auch diesen Umstand sowie die Einkommenslosigkeit des Vaters in dieser äußerst herausfordernden Zeit mit Todesfällen in der Familie zu beachten."

Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht) vom führte das Finanzamt (FA) im Wesentlichen aus wie folgt:
"Bezuggenommen wird auf §§ 2 und 26 FLAG 1967 § 17 StudFG. Gemäß § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Das Studium an einer Universität im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, gilt als Berufsausbildung, sofern das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Jahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung der Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Sohn ***2*** studierte ab dem Wintersemester 2018/19 das Bachelorstudium Lehramt mit der Fächerkombination Informatik/Biologie/Umweltbildung an der Universität Wien. Ab dem zweiten Studienjahr, dem Wintersemester 2019/2020, inskribierte der Sohn der Bf. in das Studienfach Biologie, welches in der Folge betrieben wurde, während im Lehramtsstudium nun keine weiteren Studienfortschritte erfolgten.
Das FLAG definiert den Begriff eines Studienwechsels nicht selbst, sondern verweist hierbei auf die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen. § 17 StudFG normiert den Begriff des Studienwechsels jedoch ebenfalls nicht erschöpfend, weshalb ergänzend auf die Judikatur zurückzugreifen ist. Der VwGH versteht unter einem Studienwechsel den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in vorangegangenen Semestern betrieben wurde, wenn das begonnene aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortgesetzt und stattdessen ein anderes Studium betrieben wird (vgl. ). Gemäß § 17 StudFG liegt ein Studienwechsel vor, wenn der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Die Unterbrechung des Bachelorstudiums Lehramt und der gleichzeitige Betrieb des neuen Studienfachs Biologie ist daher als nicht schädlicher Studienwechsel nach dem zweiten Semester zu werten. Im Studienjahr 2019/20 wurden Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten und im Studienjahr 2020/21 Prüfungen im Ausmaß von 8 Semesterwochenstunden abgelegt, danach erfolgten keine Prüfungsantritte mehr. Mit dem Wintersemester 2022 stellte der Sohn der Bf. den Betrieb des Bachelorstudiums Biologie ein. Im Sommersemester (Anmerkung: Sommersemester 2023) nahm der Sohn der Bf. schließlich das Lehramtsstudium in der Fächerkombination Bewegung/Sport/Biologie/Umweltbildung wieder auf, welches er bis dato betreibt. Wenn die Bf. argumentiert, ihr Sohn habe das Lehramtsstudium von Beginn an bis jetzt fortgesetzt, wird zum einen auf oben Gesagtes verwiesen. Zum anderen besteht in Lehre und Rechtsprechung die einheitliche Ansicht, dass die von den Studierenden zu wählenden Unterrichtsfächer in quantitativer und qualitativer Hinsicht im Vergleich zur pädagogischen und fachdidaktischen Ausbildung nicht von untergeordneter Bedeutung, sondern im Gegenteil für die Identität des gewählten Lehramtsstudiums von ausschlaggebender Bedeutung seien.
Da die gewählten Unterrichtsfächer nach dem UniStG grundsätzlich gleichwertig seien, sei davon auszugehen, dass nach einem Wechsel auch nur eines der beiden Unterrichtsfächer von einer Fortführung desselben Studiums nicht mehr gesprochen werden könne (vgl. ; ; ; Lenneis/Wanke, FLAG2 Rz 97 zu § 2). Nach dem ersten Studienwechsel im Wintersemester 2019/2020 verbrachte der Sohn der Bf. sieben Semester im Bachelorstudiengang Biologie. Im Sommersemester 2023 erfolgte daher ein beihilfenschädlicher Wechsel nach dem dritten Semester. Im Sinne des § 17 Abs 3 StudFG ist ein Studienwechsel nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Dass hierunter nur Semester zu verstehen sind, in denen Familienbeihilfe bezogen wurde, ist aus dieser Norm nicht ableitbar (). Daraus würde für den Beihilfenanspruch grundsätzlich eine Wartezeit von sieben Semestern ab dem Studienwechsel im Sommersemester 2023 folgen. Da aufgrund der COVID-Sonderregelungen bei einem Studienwechsel das Sommersemester 2020 außer Acht bleibt, verkürzt sich die Wartezeit für den Anspruch auf Familienbeihilfe auf sechs Semester. Darüber hinaus verkürzen anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden. Dem Sohn der Bf. wurden im neuen Lehramtsstudium Vorleistungen im Ausmaß von 10 ECTS-Punkten angerechnet. Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, gilt Folgendes: Gemäß § 51 Abs 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002 entsprechen 60 ECTS-Anrechnungspunkte dem Arbeitspensum eines Studienjahres. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung ist es langjährige Verwaltungspraxis, dass Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von einem Semester gleichgesetzt werden, Vorstudienleistungen von 31 bis 60 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von zwei Semestern usw. (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 101).

Abschließend wird daher festgehalten, dass die Wartezeit ab dem Sommersemester 2023 fünf Semester beträgt.

Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 ist die Familienbeihilfe zurückzufordern, wenn diese zu Unrecht bezogen wurde. Das Gesetz normiert hier eine objektive Rückzahlungsverpflichtung, subjektive Elemente wie Verschulden oder Irrtum spielen dabei keine Rolle.

Es wird die teilweise Stattgabe der Beschwerde beantragt. Für den Zeitraum von Oktober 2021 bis September 2022 ist der Beschwerde stattzugeben, für den Zeitraum von Oktober 2022 bis Dezember 2023 ist diese abzuweisen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen. Zusammengefasst stellt sich dieses wie folgt dar: Die Bf. bezog für Ihren volljährigen Sohn Familienbeihilfe. Mit Bescheid vom wurde die Familienbeihilfe unter Berücksichtigung der ausbezahlten Geschwisterstaffel für den Zeitraum Oktober 2021 bis Dezember 2023 zurückgefordert. Der Sohn der Bf. habe seine Berufsausbildung im Rückforderungszeitraum nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben. Mit Beschwerde vom beeinspruchte die Bf. das Ergebnis und legte Studienerfolgsnachweise ihres Sohnes ***2*** bei. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde für den Zeitraum 2021 bis September 2022 stattgegeben, für den Zeitraum Oktober 2022 bis Dezember 2023 erfolgte eine Abweisung. Der Sohn habe sein Studium im Wintersemester 2022/2023 abgebrochen, im Sommersemester 2023 sei es zu einem schädlichen Studienwechsel gekommen, weshalb es hinsichtlich des Beihilfenanspruches zu einer Wartezeit von 6 Semestern gekommen sei. Daraufhin stellte die Bf. am den Antrag, ihre Beschwerde dem Gericht vorzulegen und legte Dokumente vor.

Rechtsnormen

Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 idF BGBl. I Nr. 28/2020 sowie BGBl. I Nr. 220/2021:

§ 2 (1) FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. … … …

§ 26 FLAG 1967: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. …

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Nach dem ersten Studienwechsel im Wintersemester 2019/2020 verbrachte der Sohn der Bf. sieben Semester im Bachelorstudiengang Biologie. Im Sommersemester 2023 erfolgte daher ein beihilfenschädlicher Wechsel nach dem dritten Semester. Im Sinne des § 17 Abs 3 StudFG ist ein Studienwechsel nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem zu spät gewechselten Studium verbracht haben.

Im Sommersemester 2023 (kurz: SS 2023) nahm der Sohn der Bf. schließlich das Lehramtsstudium in der Fächerkombination Bewegung/Sport/Biologie/Umweltbildung auf, welches er bis dato betreibt. Bei diesem im Sommersemester 2023 neu aufgenommenen Lehramtsstudium mit der Fächerkombination Bewegung/Sport/Biologie/Umweltbildung handelt es sich nicht um eine (bloße) Fortsetzung des schon längst davor begonnenen Lehramtsstudiums mit der Fächerkombination Informatik und Biologie und Umweltbildung.

Da die gewählten Unterrichtsfächer nach dem UniStG grundsätzlich gleichwertig sind, ist davon auszugehen, dass nach einem Wechsel auch nur eines der beiden Unterrichtsfächer von einer Fortführung desselben Studiums nicht mehr gesprochen werden kann.

In Lehre und Rechtsprechung herrscht die einheitliche Ansicht, dass die von den Studierenden zu wählenden Unterrichtsfächer in quantitativer und qualitativer Hinsicht im Vergleich zur pädagogischen und fachdidaktischen Ausbildung nicht von untergeordneter Bedeutung, sondern im Gegenteil von ausschlaggebender Bedeutung sind. Es liegt daher bei dem vom Sohn der Bf. seit SS 2023 betriebenen Lehramtsstudium keine (bloße) Fortführung des ursprünglich vom Sohn gewählten Lehramtsstudiums mit der Fächerkombination Informatik und Biologie und Umweltbildung vor.

Aus angeführten Gründen ergäbe sich für den Beihilfenanspruch für das ab dem SS 2023 betriebene Lehramtsstudium mit der Fächerkombination Bewegung/Sport/Biologie/Umweltbildung grundsätzlich eine Wartezeit von sieben Semestern ab dem beihilfenschädlichen Studienwechsel im Sommersemester 2023.

Da aufgrund der COVID-Sonderregelungen bei einem Studienwechsel das Sommersemester 2020 außer Acht bleibt, verkürzt sich die Wartezeit für den Anspruch auf Familienbeihilfe auf sechs Semester. Darüber hinaus verkürzen anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden. Dem Sohn der Bf. wurden im neuen Lehramtsstudium Vorleistungen im Ausmaß von 10 ECTS-Punkten angerechnet. Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, gilt Folgendes: Gemäß § 51 Abs 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002 entsprechen 60 ECTS-Anrechnungspunkte dem Arbeitspensum eines Studienjahres. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung ist es langjährige Verwaltungspraxis, dass Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von einem Semester gleichgesetzt werden, Vorstudienleistungen von 31 bis 60 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von zwei Semestern usw. (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 101). Daher kann im gegenständlichen Fall eine Vorstudienzeit von einem Semester angerechnet werden.
Dem Sohn der Bf. wurden im neuen Lehramtsstudium Vorleistungen im Ausmaß von 10 ECTS-Punkten angerechnet. Die Wartezeit auf den Anspruch auf Familienbeihilfe beträgt daher ab dem Sommersemester 2023 fünf Semester.

Darüber hinaus wird auf die ausführliche Begründung des Finanzamtes in der o.a. BVE sowie die Stellungnahme des Finanzamtes im o.a. Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hingewiesen, und diese Begründungen/Ausführungen des Finanzamtes sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

Ad Zeitraum Okt 2021 bis Sept. 2022:
Insgesamt sind für diesen Zeitraum die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllt, weshalb der Beschwerde für diesen Zeitraum stattzugeben ist (vgl. o.a. § 2 (1) lit. b FLAG 1967).

Ad Zeitraum Okt 2022 bis Dez. 2023:
Da ein beihilfenschädlicher Studienwechsel vorliegt, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenanspruch nicht erfüllt, weshalb die Beschwerde für diesen Zeitraum abzuweisen ist (vgl. o.a. § 2 (1) lit. b FLAG 1967 iVm § 26 FLAG 1967 iVm der o.a. hL und hRspr).

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101473.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at