Wartezeit auf Grund eines schädlichen Studienwechsels
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe vom für ***[Sohn]*** ab September 2023. Steuernummer ***BF1StNr1*** (SVNR ***Bf1-SVNR***), zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte mit dem amtliche Formular in FinanzOnline am 28. September und am Familienbeihilfe wie folgt:
Antragsteller
Antragstellerdaten
Familien- oder Nachname(n) … (des Bf.)
Vorname(n) … (des Bf.)
Geburtsdatum … (des Bf.)
Versicherungsnummer … (des Bf.)
Geschlecht Männlich
Personenstand verheiratet
Personenstand seit TT.12.2000
Staatsbürgerschaft Österreich
…
PLZ … (vgl. den Kopf dieser Entscheidung)
Wohnort … (vgl. den Kopf dieser Entscheidung)
Straße … (vgl. den Kopf dieser Entscheidung)
Hausnr. … (vgl. den Kopf dieser Entscheidung)
Land Österreich
Wohnsitztyp Hauptwohnsitz
Gemeldet seit
Bezeichnung des Dienstgebers …
…
Land (Dienstgeber) Österreich
…
Partner
Partnerdaten
Familien- oder Nachname(n) … (wie Bf.)
Vorname(n) … (der Ehegattin des Bf.)
Geburtsdatum … (der Ehegattin des Bf.)
Versicherungsnummer … (der Ehegattin des Bf.)
Geschlecht Weiblich
Beziehungsverhältnis zum Antragsteller Ehegattin
Beziehung von TT.12.2000
Staatsbürgerschaft Österreich
Gleicher Haushalt Ja
Bezeichnung des Dienstgebers …
…
Land (Dienstgeber) Österreich
Kinder
Kind ,P.'
Beantragt wird Familienbeihilfe beantragen
Antrag wegen Beginn bzw. Fortsetzung einer Berufsausbildung
Antrag ab
Familien- oder Nachname(n) … (wie Bf.)
Vorname(n) ***P***
Geburtsdatum ……2001
Personenstand ledig
Versicherungsnummer …0201
Geschlecht Männlich
Staatsbürgerschaft Österreich
Es besteht Anspruch auf ausländische FBH Nein
Beziehung zum Antragsteller Leibliches Kind
Das Kind ist erheblich behindert Nein
Leibliches Kind Antragsteller Ja
Leibliches Kind Partner Ja
Gleicher Haushalt Ja
Wohnt am Familienwohnsitz Nein
Unterhalt wird überwiegend getragen vom Antragsteller Nein
Art der Tätigkeit Student
Beginn
(voraussichtliches) Ende
Name der Einrichtung/Ausbildungsstätte Fachhochschule St. Pölten GmbH
Studienkennzahl FP000403
Bezeichnung des Studiums/
der Studienrichtung FH-BachelorStG Medienmanagement (St.Pölten)
Studienabschnitt 1
Studienplan 09/2007
Das Finanzamt erließ folgenden beschwerdegegenständlichen Bescheid (vom ):
Abweisungsbescheid
Ihr Antrag auf Familienbeihilfe, eingebracht am , wird abgewiesen für:
Name des Kindes VSNR/Geb.dat. Zeitraum
(Nachname wie Bf.) ***P*** … .02.2001 ab Sept. 2023
Begründung
Die Familienbeihilfe steht unter folgenden Voraussetzungen zu:
• Das Studium wurde nicht mehr als zwei Mal gewechselt
• Das Studium wurde vor dem 3. gemeldeten Semester gewechselt
Rechtshinweis: § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG).
Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führt, besteht erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert wurden wie im vorigen (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992).
Das am zur Zulassung gemeldete Studium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz ist mit erloschen (WS 2020 - SS 2022).
Da das Studium nach dem 3. gemeldeten Semester gewechselt wurde, besteht ab September 2023 für vier Semester kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Der Antrag vom (FON) wurde bei der Erledigung berücksichtigt und gilt als mit erledigt.
Der Bf. erhob über FinanzOnline am Beschwerde wie folgt:
Ich bestreite das Vorliegen eines schädlichen Studienwechsels. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Gemäß § 17 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 (nach dem dritten Semester) nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende danach so viele Semester zurückgelegt hat, wie er in dem zu spät gewechselten Studium verbracht hat. Nach Ansicht der Behörde wurde das Studium an der JKU Linz zu spät gewechselt. Tatsächlich erfolgte der Wechsel nach vier Semestern. In Ansehung der Familienbeihilfe waren davon jedoch nur zwei Semester beihilfenunterstützt. Im Hinblick auf die gewährte Familienbeihilfe wurde das Studium nach zwei beihilfenunterstützten Semestern gewechselt, der Wechsel war dementsprechend nicht schädlich, sodass die Familienbeihilfe wie beantragt ab September 2023 zusteht. Zur näheren Begründung darf auf die angeschlossene Beilage verwiesen werden.
Mein Sohn ***P*** … war ab dem WS 2020/21 an der JKU Linz für das Diplomstudium Rechtswissenschaften inskribiert. Für das erste Studienjahr wurde auch Familienbeihilfe bezogen. Leider wurde der erforderliche Studienerfolg für die Weitergewährung der Familienbeihilfe nicht erbracht. Folgerichtig wurde mein Antrag auf Familienbeihilfe ab Oktober 2021 auch zu Recht abgewiesen.
Die gegen Ende des dritten Semesters eingetretene und mehrere Monate andauernde Erkrankung meines Sohnes, vermutlich Long-Covid-Syndrom, wurde weder diagnostiziert noch kann sie im Nachhinein durch eine ärztliche Bestätigung erwiesen werden. Diese Erkrankung war aber der einzige Grund, die Meldung des Studiums zwecks Erhalts der Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, aufrecht zu erhalten. Faktum ist auch, dass im zweiten Studienjahr ein günstiger Studienerfolg nicht erreicht wurde.
Ab dem WS 2022/23 war ***P*** an der Uni Wien für das Bachelorstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaften inskribiert. Mein Antrag auf Familienbeihilfe ab Oktober 2022 wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Zur Begründung wurde auf den mangelnden Studienerfolg im zweiten Studienjahr verwiesen. Ein möglicherweise schädlicher Studienwechsel wurde nicht thematisiert und war offensichtlich für die Behörde nicht entscheidungsrelevant.
Nach nur einem Semester wurde dieses Studium abgebrochen. Von April bis August 2023 ging ***P*** einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach.
Seit dem WS 2023/24 ist ***P*** an der Fachhochschule St. Pölten für das Bachelorstudium Medienmanagement inskribiert, in dem er nunmehr auch den erforderlichen Studienerfolg planmäßig erreicht.
Am stellte ich daher den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab September 2023. Dieser verfahrensgegenständliche Antrag betrifft den Zeitraum ab September 2023, also ab dem Studienbeginn an der FH St. Pölten. Im Hinblick auf diesen Studienbeginn nach einer Erwerbstätigkeit liegt jedenfalls ein geänderter Sachverhalt vor, die Frage eines Studienerfolges kann sich nach einer vorangegangenen Erwerbstätigkeit gar nicht stellen.
Jedenfalls bestreite ich das Vorliegen eines schädlichen Studienwechsels. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gemäß § 17 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 (nach dem dritten Semester) nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende danach so viele Semester zurückgelegt hat, wie er in dem zu spät gewechselten Studium verbracht hat.
Nach Ansicht der Behörde wurde das Studium an der JKU Linz zu spät gewechselt. Tatsächlich erfolgte der Wechsel nach vier Semestern.
In Ansehung der Familienbeihilfe waren davon jedoch nur zwei Semester beihilfenunterstützt. Im Hinblick auf die gewährte Familienbeihilfe wurde das Studium nach zwei beihilfenunterstützten Semestern gewechselt, der Wechsel war dementsprechend nicht schädlich, sodass die Familienbeihilfe wie beantragt ab September 2023 zusteht.
Festzuhalten ist, dass die Feststellung in der Begründung des Bescheides, dass eine Wartezeit bestehe, jedenfalls nur unverbindlich sein kann und zukünftige Verfahren nicht präjudiziert.
Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung (vom ), dies mit folgender Begründung:
Im § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) wird hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) verwiesen. Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat.
Nach § 17 Abs. 3 idF BGBl I 2016/54 ist ein Studienwechsel iSd Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Dass hierunter nur Semester zu verstehen sind, in denen FB bezogen wurde, ist aus dieser Norm nicht ableitbar (). Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden. Nach dem Studienwechsel ist bloß die für das neue Studium vorgesehene Studienzeit iSd § 2 Abs. 1 lit. b einzuhalten, die durch den Studienwechsel nicht verkürzt wird (s ).
Ihr Sohn war von bis für das Diplomstudium Rechtswissenschaften zur Fortsetzung gemeldet. Es wurden Prüfungen im Ausmaß von 4 ECTS Punkten absolviert. Von bis lag eine Meldung für das Bachelorstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft und seit eine Meldung für den FH-BachelorStG Medienmanagement vor.
Da das Diplomstudium Rechtswissenschaften nach dem vierten fortgesetzt gemeldeten Semester abgebrochen und in der Folge ein anderes Studium begonnen wurde, liegt jedenfalls ein schädlicher Studienwechsel im Sinne des Gesetzes vor.
Es besteht daher ab September 2023 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gemäß § 262 Abs. 2 Bundesabgabenordnung hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
Da dies in der Beschwerdeschrift nicht beantragt wurde, hat die Erledigung Ihrer Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung spruchgemäß zu erfolgen.
Der Vorlageantrag (vom ) wurde mit folgender Ergänzung der Beschwerde eingebracht:
In den Bereichen der Studienbeihilfe, des Unterhaltsrechts und der Familienbeihilfe ergeben sich unterschiedliche Zeiten, für welche der jeweilige Anspruch bestehen kann. So schadet es etwa nach der Rechtsprechung des OGH für den Unterhaltsanspruch nicht, wenn ein Kind innerhalb angemessener Frist etwa von zwei Semestern zur Einsicht gelangt, bei der Wahl des Studiums einem Irrtum unterlegen zu sein, ein anderes Studium beginnt und das erste Studium bis zum Abbruch nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben hat. Demgegenüber besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn nach einem solchen Studienwechsel kein günstiger Studienerfolg aus dem vorhergehenden Studium nachgewiesen wird (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG iVm § 17 Abs. 1 Z 3 StudFG). Für den Fall eines Studienwechsels hat der Gesetzgeber des FLAG lediglich auf die Bestimmung des § 17 StudFG verwiesen. Über den Verweis auf § 17 StudFG wird zwar eine Wartefrist nach einem Studienwechsel festgelegt und diese Wartezeit durch die Anrechnung von Studienzeiten oder Prüfungen nach § 17 Abs. 3 StudFG auch für den Bereich der Familienbeihilfe verkürzt.
Dass für die Wartefrist hinsichtlich der Familienbeihilfe nur Semester zu verstehen sind, in denen Familienbeihilfe bezogen wurde, ist zwar aus § 17 StudFG nicht unmittelbar ableitbar. § 17 StudFG regelt jedoch zunächst nur die Voraussetzungen einer Studienförderung.
Zwischen der Familienbeihilfe einerseits und der Studienbeihilfe andererseits bestehen jedoch Unterschiede sowohl in den Voraussetzungen als auch in den Auswirkungen. Diese Unterschiede unberücksichtigt zu lassen hieße, der Regelung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG hinsichtlich der Familienbeihilfe einen gleichheitswidrigen Inhalt zu unterstellen.
Bei verfassungskonformer Auslegung müssten diese Unterschiede berücksichtigt werden und dürfte eine Wartefrist nur durch jene Zeiten des Vorstudiums ausgelöst werden, für welche auch Familienbeihilfe bezogen wurde. Jedenfalls ist dazu keine höchstgerichtliche Judikatur ersichtlich, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegen dürfte. Angeregt wird auch die amtswegige Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim VfGH.
Ich beantrage die Zuerkennung der beantragten Familienbeihilfe.
Die Beschwerdevorlage erfolgt mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Abweisung des Antrags auf Familienbeihilfe sowie der dagegen eingebrachten Beschwerde erfolgte, da ein schädlicher Studienwechsel nach dem 3. inskribierten Semester vorlag.
Beweismittel:
Studiendaten;
Stellungnahme:
Es wird um Abweisung der ab September 2023 beantragten Familienbeihilfe ersucht, da die Wartezeit auf Grund des schädlichen Studienwechsels noch nicht abgelaufen ist.
Auf die Entscheidung des BFG GZ. RV/7100395/2014 vom darf verwiesen werden: "In § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass bei einem Studienwechsel die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe gelten, also auch die Regelungen des Abs. 4 (Anm.: aktuell Abs. 3) dieser Bestimmung. Ein Studienwechsel ist daher nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Dass hierunter nur Semester zu verstehen sind, in denen Familienbeihilfe bezogen wurde, ist aus dieser Norm nicht ableitbar."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der im Februar 2001 geborene Sohn des Bf., ***P***, legte im Oktober 2019 die Reifeprüfung erfolgreich ab.
Am erfolgte die Einberufung zur Ableistung des Grundwehrdienstes (Beantwortung der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom ; Reifeprüfungszeugnis, Bescheid-Einberufungsbefehl).
Vom Wintersemester 2020/21 bis inkl. Sommersemester 2022 (bis ) war der Sohn des Bf. für das Diplomstudium Rechtswissenschaften an der Johannes-Kepler-Universität Linz gemeldet; er bezog für das erste Studienjahr Familienbeihilfe, der erforderliche Studienerfolg für die Weitergewährung der Familienbeihilfe wurde nicht erbracht (4 ECTS-Punkte; Beschwerde, Beschwerdevorentscheidung und Beschwerdevorlage).
Bezüglich der Behauptung, gegen Ende des dritten Semesters sei eine mehrere Monate andauernde Erkrankung seines Sohnes, vermutlich Long-Covid-Syndrom, eingetreten, erfolgte keine Diagnostizierung und konnte dies im Nachhinein durch eine ärztliche Bestätigung nicht erwiesen werden. Im zweiten Studienjahr konnte ein günstiger Studienerfolg nicht erreicht werden (Beschwerde).
Im Wintersemester 2022/23 war der Sohn des Bf. für das Bachelorstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien zur Fortsetzung gemeldet (bis ).
Nach nur einem Semester wurde dieses Studium abgebrochen.
Von April bis August 2023 ging der Sohn des Bf. einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach (Beschwerde).
Seit dem Wintersemester 2023/24 liegt eine Zulassung des Sohnes des Bf. zum FH-Bachelor-Studiengang Medienmanagement als ordentliche Studierender an der FH St. Pölten vor (Studienbestätigung der FH St. Pölten vom ).
Der Studienerfolg wurde erstmals im Wintersemester 2023/24 erreicht (Beschwerde).
2. Beweiswürdigung
Die unstrittigen Detailfeststellungen des Sachverhalts beruhen auf der Aktenlage, den eigenen Angaben des Bf., vorgelegten Unterlagen und Datenbankabfragen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lautet auszugsweise:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,... für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. [...] Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß; […].
§ 17 StudFG - auf diese Bestimmung wird in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 verwiesen - lautete (BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 47/2008 bis ):
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Aktuell (BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 75/2022) lautet § 17 StudFG Abs. 3:
(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Im Erkenntnis vom , RV/7100395/2014, erwog das Bundesfinanzgericht:
In § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass bei einem Studienwechsel die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe gelten, also auch die Regelungen des Abs. 4 [Anm.: nunmehr Abs. 3] dieser Bestimmung. Ein Studienwechsel ist daher nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben, im konkreten Fall also vier Semester. Dass hierunter nur Semester zu verstehen sind, in denen Familienbeihilfe bezogen wurde, ist aus dieser Norm somit nicht ableitbar.
Auch der Sinn der Bestimmung spricht für die Auslegung, dass die Wartezeit vier Semester beträgt; betrüge sie nämlich bloß zwei Semester, wäre eine Studentin, die in den ersten vier Semestern einen günstigen Studienerfolg aufgewiesen hat, die daher für alle vier Semester Familienbeihilfe bezogen hat und bei der die Wartezeit jedenfalls vier Semester beträgt, einer Studentin gleichgestellt, die diesen günstigen Studienerfolg nicht aufgewiesen hat. Letztere könnte nämlich bereits nach sechs Semestern wieder Familienbeihilfe beziehen, womit die Bestimmungen über den günstigen Studienerfolg wieder zunichte gemacht würden.
Dieser Rechtsansicht wurde in einer Reihe weiterer Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes gefolgt:
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Vom Wintersemester 2020/21 bis inkl. Sommersemester 2022 verstrichen vier Semester:
- Wintersemester 2020/21 - Sommersemester 2021
- Wintersemester 2021/22 - Sommersemester 2022
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich mit § 17 StudFG im Erkenntnis vom , G 204/03 u.a., hinsichtlich der Regelung zur Wiedererlangung des Anspruches auf Studienbeihilfe (bzw. Familienbeihilfe) nach einem Studienwechsel bereits auseinandergesetzt.
Dabei hat der VfGH festgestellt, dass § 17 Abs. 4 StudFG 1992, BGBl. 305, idF BGBl. I 23/1999 bis zum Ablauf des verfassungswidrig war.
Zusätzlich hat er auch § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG 1992, BGBl. 305, idF BGBl. 201/1996 bis zum Ablauf des als verfassungswidrig aufgehoben.
Der VfGH hat im Erkenntnis vom , G 204/03 auch festgestellt: "§ 17 Abs. 4 StudFG ist durch die Novelle BGBl. I 76/2000 geändert worden. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich daher auf die Feststellung zu beschränken, dass diese Bestimmung verfassungswidrig war. Das gleiche gilt auch - für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der vorher zitierten Novelle mit Ablauf des - für § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG, da dieser nur im Zusammenhang mit § 17 Abs. 4 StudFG, idF BGBl. I 23/1999, auf die als zutreffend erkannten verfassungsrechtlichen Bedenken stieß."
Es mag im Einzelfall als ungerecht empfunden werden, dass ein "Mehrfach-Studienwechsler" einem "Einfach-Studienwechsler nach längerem Studium" gegenüber hinsichtlich des Familienbeihilfenbezuges bevorzugt sein kann.
Dieses Ergebnis liegt jedoch an der - zulässigen - Wertung des Gesetzgebers, einen zu späten Studienwechsel nicht fördern zu wollen, ein kürzeres "Hineinschnuppern" in ein bzw. sogar zwei Studien aber zu tolerieren (vgl. dazu auch 1122 der BlgNR RV XXV. GP zur Änderung des § 17 Abs. 3 StudFG idF BGBl. I Nr. 54/2016: "Inhaltlich soll die Änderung ... insofern eine Verbesserung für Studierende bringen, als nur die Studienzeiten eines verspätet - also nach dem dritten Semester - gewechselten Studiums für die sogenannte Wartezeit bis zur Wiedererlangung des Beihilfenanspruches berücksichtigt werden. Studienzeiten aus allfälligen Vorstudien, die nicht zu spät gewechselt wurden, verlängern daher die Wartezeit nicht. Dies entspricht der Intention der Regelung, dass nur verspätete Studienwechsel zu negativen Konsequenzen für den Beihilfenanspruch führen sollen.")." (vgl. ).
Der Bf. bestreitet das Vorliegen eines schädlichen Studienwechsels mit dem Argument, dass sein Sohn von April bis August 2023 einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachging. Aus dem Umstand, dass der Sohn des Bf. nach seinen beiden Studien - vier Semester Diplomstudium Rechtswissenschaften und einem Semester Bachelorstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft - für ein paar Monate einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachging, kann für den Standpunkt des Bf. nichts gewonnen werden: Die zitierte Bestimmung bietet keinen Anhaltspunkt, der die Meinung des Bf. zu stützen vermag.
Betreffend die Behauptung, gegen Ende des dritten Semesters sei eine mehrere Monate andauernde Erkrankung seines Sohnes, vermutlich Long-Covid-Syndrom, eingetreten, ist darauf zu verweisen, dass unstrittig a) keine Diagnostizierung erfolgte und b) im Nachhinein durch eine ärztliche Bestätigung nicht erwiesen werden konnte.
Eine schlüssige ärztliche Bestätigung als Nachweis für eine krankheitsbedingte, vollständige Studienbehinderung ist unumgänglich (vgl. FLAG-Kommentar, Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 87). (vgl. bspw. ; ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 Abs. 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103758.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAF-44894