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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2024, RV/7101890/2024

Geschäftsführerhaftung: Mit der pauschalen Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger kommt der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, die anteilige Befriedigung der Abgabenforderungen nachzuweisen, nicht nach.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Peter Johannes Mayerhofer, Domplatz 16, 2700 Wiener Neustadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, Steuernummern ***BF1StNr2*** und ***BF1StNr1*** (§ 213 Abs. 2 BAO), zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom , zugestellt am , wurde der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) durch das Finanzamt Österreich als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***XY-GmbH***, Firmenbuchnummer: ***1***, im Ausmaß von 164.231,78 Euro in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag [Euro]
Umsatzsteuer
08/2019
22.492,17
Umsatzsteuer
10/2020
803,17
Umsatzsteuer
11/2020
10.239,40
Umsatzsteuer
12/2020
2.590,35
Umsatzsteuer
02/2021
18.933,68
Umsatzsteuer
03/2021
5.046,09
Umsatzsteuer
04/2021
8.756,86
Umsatzsteuer
05/2021
1.036,28
Umsatzsteuer
09/2021
12.226,05
Umsatzsteuer
11/2021
2.560,98
Umsatzsteuer
12/2021
9.547,95
Lohnsteuer
06/2019
207,19
Lohnsteuer
07/2019
1.982,95
Lohnsteuer
08/2019
2.065,25
Lohnsteuer
09/2019
2.445,23
Lohnsteuer
12/2020
3.578,05
Lohnsteuer
01/2021
1.117,16
Lohnsteuer
11/2021
3.004,38
Lohnsteuer
12/2021
1.389,29
Lohnsteuer
01/2022
1.144,60
Körperschaftsteuer
2019
17.953,00
Körperschaftsteuer
10-12/2021
22.063,00
Kammerumlage
07-09/2019
191,89
Kammerumlage
10-12/2020
148,20
Kammerumlage
01-03/2021
110,03
Kammerumlage
07-09/2021
109,72
Kammerumlage
10-12/2021
82,40
Dienstgeberbeitrag
09/2019
1.710,37
Dienstgeberbeitrag
12/2020
1.734,60
Dienstgeberbeitrag
01/2021
863,49
Dienstgeberbeitrag
11/2021
1.643,10
Dienstgeberbeitrag
12/2021
803,38
Dienstgeberbeitrag
01/2022
662,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/2019
175,42
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/2020
186,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2021
92,99
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
11/2021
176,95
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/2021
86,52
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2022
71,32
Kraftfahrzeugsteuer
10-12/2019
1.251,23
Kraftfahrzeugsteuer
10-12/2020
890,72
Kraftfahrzeugsteuer
01-03/2021
1.352,28
Kraftfahrzeugsteuer
10-12/2021
705,07
Summe:
164.231,78

Zur Begründung wurde wortwörtlich ausgeführt:

"Gem. § 9 Abs. 1 BAO haften die in den § 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durchsievertretenen Abgabenpflichtigen, für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgabeninfolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen.

Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten,entrichtet werden.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungs-inanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte.

Eine bestimmte Schuldform ist hierfür nicht erforderlich (z.B. 96/14/0158; 2000/16/0601; 2003/14/0040).

Daher reicht leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.

Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gilt jede Form des Verschuldens. Der Grad des Verschuldens ist irrelevant (leichteste Fahrlässigkeit genügt). Nach der Rechtsprechung ist im Falle, dass eine Pflicht nicht erfüllt wurde, die Verschuldensvermutung gegeben.

Die genannten Beträge sind bei der "***XY-GmbH***" als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, da das beim Landesgericht ***X***, ***2*** (Anmerkung BFG: gemeint wohl AZ ***3***) geführtes Konkursverfahren mangels kostendeckendem Vermögen gem. § 123a IO mit ***Datum1*** rechtskräftig aufgehoben wurde.

Persönliche Umstände des Haftenden sind im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich. 2006/14/0044.

Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB. 89/14/0132). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ( 89/13/0212).

Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. - (§ 9 Abs 1 BAO), ( 2011/16/0126)

Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hierzu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Unterbleibt der Nachweis, können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden. 2005/13/0048.

Wurden unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen, kann von einer die Haftung auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden.

Die Haftung erfährt dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen Nachweis haftet er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt auch für Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich waren (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug-um-Zug- Geschäfte).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtungerforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. 95/15/0137; 2000/13/0220; 2001/15/0108).

Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer ( 95/15/0046), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier der Lohnsteuer.

Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen gewesen ist.

Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs.3 EstG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. 95/15/0046).

Die Voraussetzungen der Haftung sind im Abgabenverfahren eigenständig (auch hinsichtlich des Verschuldens) zu beurteilen.

Bei der Verwirklichung des Haftungstatbestandes gemäß §§ 9, 80 Bundesabgabenordnung kommt es darauf an, dass während der Funktion als Geschäftsführer eine Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben vorgelegen ist und nicht eingehalten wurde.

Im Haftungsprüfungsverfahren wird eine detaillierte und präzise Berechnung (rechnerische Darlegung) zur Gleichbehandlung aller Gläubiger abverlangt, aus der die Entrichtung zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen ersichtlich ist und somit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte.

Der Haftungsprüfungsvorhalt vom wurde nicht beantwortet.

Mangels Beantwortung und Vorbringen sowie Nachweise war nach der Aktenlage und im Rahmen des Ermessens der Abgabenbehörde zu entscheiden.

Es wurde bei Abwägung der Ermessenskriterien der Zweckmäßigkeit, d.h. dem öffentlichen Anliegen an der Einbringung der Abgaben der Vorzug gegeben, zumal eine Haftungsinanspruchnahme im gegenständlichen Fall gesetzlich vorgesehene und geeignete Möglichkeit darstellt."

In der fristgerecht am eingebrachten Beschwerde wurde zur Begründung ausgeführt, dass der Haftungsbescheid von unrichtigen Voraussetzungen ausgehe, da keine Gläubigerbevorzugung gegeben sei.

Dies betreffe insbesondere die Umsatzsteuertatbestände.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu aus, dass seitens der Abgabenbehörde zum Beschwerdevorbringen, dass der Haftungsbescheid von unrichtigen Voraussetzungen ausgehe, da es keine Gläubigerbevorzugung gäbe und dies insbesondere die Umsatzsteuertatbestände betreffe festzustellen sei:

Der Bf. sei seit ***Datum2*** Geschäftsführer der ***XY-GmbH*** (FN ***1***). Am ***Datum3*** sei beim Landesgericht ***X*** das Konkursverfahren AZ ***3*** eröffnet worden. Laut Anmeldeverzeichnis vom ***Datum4*** seien vom Finanzamt Österreich Forderungen in Höhe von € 174.704,42 unbedingt und € 10.984,80 bedingt angemeldet worden. Der Konkurs sei am ***Datum1*** rechtskräftig gem. § 123a IO mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben worden. Am sei seitens der Abgabenbehörde ein Haftungsprüfungsvorhalt mit dem Ersuchen zu einer möglichen Haftungsinanspruchnahme Stellung zu beziehen ergangen. Eine Antwort auf dieses Ersuchen sei bei der Abgabenbehörde nicht eingelangt. Am habe die Abgabenbehörde den Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von € 164.231,78 erlassen. Laut RSa- Rückschein sei der Haftungsbescheid am (Beginn der Abholfrist ) an der in der BVE näher bezeichneten Post Geschäftsstelle hinterlegt und am behoben worden. Fristgerecht sei am die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid eingelangt.

Dieser Sachverhalt sei unter Zugrundelegung der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen wie folgt rechtlich zu würdigen:

Wie bereits im Haftungsbescheid vom ausgeführt worden sei, hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von Ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 BAO hafteten die bezeichneten Personen für Abgaben insoweit, als diese infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden könnten. Die Haftung nach § 9 BAO sei eine Ausfallshaftung. Voraussetzung sei die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden.

Im gegenständlichen Fall stehe die Uneinbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten durch die rechtskräftige Aufhebung des Insolvenzverfahrens AZ ***3*** mangels kostendeckenden Vermögens objektiv fest.

In der Beschwerde vom werde angeführt, dass die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nicht gegeben seien, da es keine Gläubigerbevorzugung gegeben habe (besonders in Bezug auf die Umsatzsteuertatbestände). Laut Rechtsprechung des VwGH obliege der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung dem Vertreter und nicht der Abgabenbehörde (vgl. ). Für den entsprechenden Nachweis sei die Darstellung der konkreten finanziellen Situation der Gesellschaft im haftungsrelevanten Zeitpunkt erforderlich. Erbringe der Vertreter diesen Nachweis allerdings nicht bzw. unzureichend, so könne die Abgabenbehörde die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze in Anspruch nehmen (vgl. RA 2020/13/0027; vgl. ). Mit der pauschalen Ausführung, dass kein Gläubiger bevorzugt worden sei, komme der Vertreter diesem Nachweis nicht nach (vgl ). Die Abgabenbehörde habe somit zu Recht von der Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers ausgehen und die gesamte ausstehende Haftungssumme heranziehen dürfen.

Für den vorliegenden Fall seien im Rahmen der Ermessensübung folgende Überlegungen maßgeblich:

Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sind bei der Firma ***XY-GmbH*** uneinbringlich. Berücksichtige man die Tatsache, dass die Abgabenverbindlichkeiten nur im Haftungswege beim Bf. einbringlich gemacht werden können, so erweise sich die Haftungsinanspruchnahme in Ausübung des freien Ermessens im öffentlichen Interesse jedenfalls als notwendig und zweckmäßig, sodass Billigkeitserwägungen zu seinen Gunsten in den Hintergrund treten.

Wesentliches Ermessenskriterium für den Haftungsausspruch sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem Gesetzeszweck der Haftungsinanspruchnahme (vgl. ) sei abzuleiten, dass ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben jedenfalls dann bestehe, wenn der Abgabengläubiger durch ein pflichtwidriges Verhalten eines Handelnden einer juristischen Person geschädigt werde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) sei die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei. Letzteres stehe hier fest.

Es sei daher wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom ein Vorlageantrag eingebracht, der keine weitere Begründung enthält.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Unbestritten ist, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben am Abgabenkonto unberichtigt aushaften. Zum Abgabenanspruch wurden dem Grunde und der Höhe nach keine Vorbringen erstattet, so dass hiezu keine weiteren Ausführungen zu treffen sind.

Der Bf. vertrat die ***XY-GmbH*** ab ***Datum2*** als Geschäftsführer, über deren Vermögen mit Beschluss des Landesgericht ***X*** vom ***Datum5***, ***3***, der Konkurs eröffnet wurde. Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde Konkurs gemäß § 123a IO mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben.

Damit steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest, der Bf. kann infolge seiner Funktion als Geschäftsführer bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung zur Haftung herangezogen werden.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Demzufolge hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. , mwN).

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung ().

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. für viele , und vom , 2007/13/0137).

Hat der Vertreter in dieser Hinsicht nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, so hat ihn die Behörde zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr, nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens, ermöglichen, zu beurteilen, ob der Vertreter ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht vorgegangen ist und ob und in welchem Ausmaß ihn deshalb eine Haftung trifft. Kommt der Geschäftsführer dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zu der Annahme berechtigt, dass er seiner Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen ist. Konsequenterweise haftet der Vertreter dann für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (vgl. , mwN).

Die schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. ist darin zu erblicken, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurden.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gelten (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung des VwGH fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne der §§ 80ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet.

Zur Begründung der Bescheidbeschwerde brachte der Bf. lediglich vor, dass der Haftungsbescheid von unrichtigen Voraussetzungen ausgehe, da keine Gläubigerbevorzugung gegeben sei. Dies betreffe insbesondere die Umsatzsteuertatbestände.

Im Haftungsvorhalt wurde der Bf. unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend belehrt, dass es ihm als Vertreter obliegt, Nachweise dafür, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger noch Befriedigung erlangten, zu erbringen und weiters in der Beschwerdevorentscheidung, der Vorhaltscharakter zukommt, dahingehend aufgeklärt, dass mit der pauschalen Ausführung, dass kein Gläubiger bevorzugt worden sei, der Vertreter diesem Nachweis nicht nachkommt.

Dennoch wurde im Vorlageantrag keine ziffernmäßig konkrete Berechnung zur Gläubigerbehandlung aufgestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom , 96/15/0049, aus:

"Im vorliegenden Fall stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer die an die Gesellschaft gerichteten Forderungen nicht anteilsmäßig beglichen habe. Demgegenüber wird in der Beschwerde zwar behauptet, der Beschwerdeführer habe glaubhaft machen können, dass sämtliche Gläubiger mit den vereinnahmten Bareinnahmen gleichmäßig beteilt worden seien; der Beschwerdeführer zeigt aber insgesamt nicht konkret auf, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse die belangte Behörde zur Feststellung hätte gelangen können, dass er tatsächlich die Abgabenforderungen nicht benachteiligt habe. Zu seiner Rüge, die belangte Behörde hätte den Konkursakt beischaffen sollen, bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, bei Einsicht in diesen Akt hätte sich herausgestellt, dass dem Zwangsausgleichsantrag von allen Gläubigern zugestimmt worden sei und ihn an der Insolvenz kein Verschulden treffe. Dieses Vorbringen ist - wie oben dargelegt - rechtlich unerheblich. Mit der pauschalen Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger kommt der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, die anteilige Befriedigung der Abgabenforderungen nachzuweisen, nicht nach.

Dem Beschwerdeführer ist somit der Nachweis nicht gelungen, dass er die Verbindlichkeiten gleichmäßig anteilsweise befriedigt und somit die Abgabenforderungen im selben Verhältnis wie die übrigen Forderungen beglichen habe. Dieser Nachweis hätte bewirkt, dass eine Haftung nach § 9 BAO nicht entstanden wäre. Er trat aber auch den Nachweis nicht an, in welcher Höhe die Abgabenforderung bei anteilsmäßiger Bezahlung zu begleichen gewesen wäre, woraus sich hätte errechnen lassen, um welchen Betrag die Abgabenforderungen gegenüber einem pflichtgemäßen Vorgehen verkürzt wurden. Zu Recht zog somit die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Sinn der oben zitierten Judikatur zur Haftung für den gesamten Betrag der uneinbringlichen Abgabenforderungen heran."

Nachdem mit der pauschalen Behauptung, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt worden seien, der Nachweis der Gleichbehandlung nicht angetreten wurde, kann von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgegangen und dem Vertreter gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (), ohne dass weitere Ermittlungen seitens des Bundesfinanzgerichtes vorzunehmen waren, zumal der Bf. in der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass mit der pauschalen Behauptung der Gläubigergleichbehandlung der Behauptungs- und Nachweispflicht des zur Haftung herangezogenen Geschäftsführers nicht entsprochen wird.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann. Ein solcher Fall liegt hier im Hinblick darauf, dass der Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Landesgerichtes ***X*** vom gemäß § 123a IO mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben wurde, die Abgabenschuldigkeiten somit bei der GmbH uneinbringlich sind, nicht vor.

Weiters hat der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung basiert auf der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101890.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at