Kein "langes" Studium - "Bachelor und Master"
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für ***1***, geb. ***2***, ab Oktober 2023,St. Nr. ***BF1StNr1***, Ordnungsbegriff ***3***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt (FA) den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Weitergewährung der Familienbeihilfe für ihr studierendes Kind ***1***, geb. ***2***, für den Zeitraum ab Oktober 2023 ab. Begründend wurde auf § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 verwiesen.
Die Bf. erhob mit Beschwerde und führte aus:
"Meine Tochter begann ihre Studien unmittelbar nach der Matura ab dem . Sie inskribierte damals zwei Studienrichtungen, nämlich UA 101 Rechtswissenschaften UG 2002 und UA 033 630 Bachelorstudium Biologie UG 2002. In beiden Studienrichtungen studierte meine Tochter zielstrebig. Da sie zwei Studienrichtungen verfolgte, war ein Tempo, wie es einer Studierenden bloß einer der genannten Studienrichtungen möglich gewesen wäre, schon wegen zeitlich überschneidender Veranstaltungen nicht erreichbar.
Während das Studium der Rechtswissenschaften eine gesetzliche (Mindest-)Studiendauer von 8 Semestern aufweist und mit einem Magister (entspricht einem Master-Grad) abschließt, ist das Studium der Biologie so aufgebaut, dass man zunächst den Bachelorstudiengang (6 Semester) absolvieren muss und danach erst zum Masterstudium (4 Semester) zugelassen wird. Meine Tochter absolvierte am den ersten Abschnitt im Studium der Rechtswissenschaften und am ***4*** das Bachelorstudium der Biologie. Derzeit ist sie weiterhin für das Studium der Rechtswissenschaften und für das Masterstudium UA 066 832 Botanik inskribiert. Das Hauptstudium ist Biologie, derzeit im Masterstudium Botanik.
Zu den Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit j FLAG führe ich im Einzelnen aus wie folgt:
Zu lit aa)
Meine Tochter begann beide Studienrichtungen in dem Jahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendete, nämlich im Jahr 2018.
Zu lit bb)
Betreffend die Voraussetzung des § 2 Abs 1 lit j sublit bb FLAG mache ich geltend, dass die Studienrichtung Biologie so aufgebaut ist, dass das Masterstudium (4 Semester) erst nach Absolvierung des Bachelorstudiums (6 Semester) angegangen werden kann. Andere Studienrichtungen jedoch können gleich "in einem" bis zum Masterabschluss verfolgt werden, wie zum Beispiel das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien oder verschiedene andere Studienrichtungen an anderen österreichischen Universitäten.
Es darf für den Anspruch auf Familienbeihilfe keinen Unterschied machen, wie die jeweilige Studienrichtung organisiert ist, sondern es muss vielmehr bis zur Absolvierung eines Mastergrades für alle Studierenden das Gleiche gelten. Die (in Österreich bloß teilweise) Einführung des Bologna-Systems führt sonst zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung von Studierenden. Dies ist umso mehr der Fall, als das Bologna-System das Ziel eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums verfolgt und so Studierende im Ergebnis an der Teilnahme an der innereuropäischen Mobilität gehindert werden.
In der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts wurde in einem vergleichbaren Fall (Erkenntnis des ) bereits erkannt, dass Bachelor- und Masterstudium zusammenzuzählen sind, im Anlassfall handelte es sich um ein Bachelorstudium der Humanmedizin (6 Semester), auf das ein entsprechendes Masterprogramm aufbaute. Der Gesetzesausdruck "Abschluss eines Studiums" ist verfassungskonform einschränkend dahingehend zu interpretieren, dass ein Abschluss von zumindest im Mastergrad gemeint sein muss. Meine Tochter befindet sich daher nach meiner Ansicht ebenfalls in einem "langen Studium" von mindestens 10 Semestern gesetzlicher Studienzeit.
Zu lit cc:
Bereits während des Studiums war in Entsprechung der Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit b FLAG regelmäßig nachzuweisen, dass das Studium zielstrebig verfolgt wird, im Einzelnen ist dort vorgesehen, dass pro Studienabschnitt ein Toleranzsemester gilt, während dessen - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - der Anspruch auf Familienbeihilfe weiterhin besteht. Wird die Toleranzzeit überschritten, so fällt die Familienbeihilfe weg. Bei Beginn eines nächsten Studienabschnitts bzw. bei Erbringung des Studienerfolgsnachweises kann die Familienbeihilfe beim zuständigen Finanzamt wieder beantragt werden.
Im vergangenen Semester habe ich keine Familienbeihilfe bezogen, obwohl meine Tochter das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, weil der Bachelorabschluss innerhalb der gesetzlichen Dauer für diesen "Studienabschnitt" noch nicht vorlag. Nun hat meine Tochter allerdings mit ***4*** den Bachelor abgeschlossen. Aus diesem Grund war ich nach den oben geschilderten Grundsätzen der Ansicht, dass ich nun wieder Familienbeihilfe beantragen kann.
Bei der gebotenen Zusammenrechnung der gesetzlichen Studiendauer von insgesamt 10 Semestern ergibt sich (ohne Toleranzsemester) eine Studienzeit von bis ***4***. Während dieser Zeit habe ich im Sommersemester 2023 keine Familienbeihilfe erhalten. Während des genannten Zeitraums fand zusätzlich auch die Covid-Pandemie statt. In der Pandemie-Zeit waren die Studienbedingungen für alle Studierenden erheblich erschwert.
Deshalb hat der Gesetzgeber in § 2 Abs 9 FLAG den Studierenden für den Bereich der Familienbeihilfe zusätzliche Studienzeit eingeräumt.
§ 2 Abs 9 FLAG lautet auszugsweise wie folgt:
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit b und lit d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a)
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der C0VID-19-Krise,
§ 2 Abs. 9 FLAG nimmt ausdrücklich auf § 2 Abs. 1 lit j Bezug, sodass eine Verlängerung der Studienzeit auch im Bereich der Gewährung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in Frage kommt. Nach dem Wortlaut hat eine Verlängerung um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr stattzufinden. Diese Wendung stellt im Hinblick auf das jeweilige Ausmaß der Verlängerung der Studienzeit offenbar auf die Regelung § 2 Abs. 1 lit b FLAG ab, welche pro Studienabschnitt ein Toleranzsemester bzw. für die gesamte Ausbildungszeit ein Ausbildungsjahr an zusätzlicher Zeit vorsieht.
Zu den oben angeführten 10 Semestern ist daher im hier vorliegenden Fall aufgrund der Bestimmung des § 2 Abs. 9 lit b) FLAG ein Ausbildungsjahr hinzuzuzählen. Es ist daher die Familienbeihilfe - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - bis weiterzugewähren. Überdies ist sie auch für den dazwischenliegenden Zeitraum nachzuzahlen."
Die Bf. legte das Abschlusszeugnis des Bachelorstudiums, die Studienzeitbestätigung, das aktuelle Sammelzeugnis, das Diplomprüfungszeugnis (Rechtswissenschaften) und die Studienbestätigung (Master Botanik) bei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde mit Verweis auf § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 ab. Tochter ***1*** habe das Bachelorstudium Biologie als Hauptstudium betrieben. Mit dem Abschluss dieses Studiums sei eine Berufsausbildung abgeschlossen worden, auch wenn daran anschließend oder später noch ein Masterstudium betrieben werde. Das Masterstudium an einer Universität stelle eine eigene weiterführende Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar. Eine "Zusammenrechnung" sei daher nicht möglich, der Verlängerungstatbestand sei daher nicht erfüllt.
Und auch wenn das Studium der Rechtswissenschaften als Hauptstudium betrieben worden wäre, sei die gesetzliche Mindestdauer überschritten. Der erste Abschnitt dieses Studiums sei im Oktober 2018 begonnen worden und hätte mit Oktober 2019 (ohne Toleranzsemester) beendet werden müssen. Dieser Abschnitt sei aber erst am beendet worden.
Mit Schreiben vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht nahm via FABIAN Einsicht in die Unterlagen betreffend die Überprüfung der Ansprüche auf Familienbeihilfe.
In der Vorhaltsbeantwortung vom hat die Bf. das Hauptstudium "Rechtswissenschaften" ausgestrichen und das Studium "Biologie" als Hauptstudium angegeben. Ergänzend führt sie aus, "dass ihre Tochter beschlossen habe, dass ihr Hauptstudium jenes der Biologie sein soll, und sie werde daher nun dieses Studium mit größerem Nachdruck betreiben……"
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
***1***, Tochter der Bf., ist am ***2*** geboren.
Sie vollendete das 24. Lebensjahr daher am ***4***.
Mit 10/2018 inskribierte sie das Bachelorstudium Biologie (UA 033 630) und das Studium der Rechtswissenschaften (UA 101) an der Universität Wien.
Das Studium der Rechtswissenschaften wurde bis zum WS 2022/23 als Hauptstudium betrieben. Die vorgesehene Studiendauer für das Studium der Rechtswissenschaften beträgt 8 Semester.
Den ersten Studienabschnitt der Rechtswissenschaften absolvierte ***1*** am . ***1*** ist zur Fortsetzung des Studiums der Rechtswissenschaften gemeldet.
Ab dem WS 2022/23 betrieb ***1*** das Bachelorstudium Biologie als Hauptstudium.
Die vorgesehene Studiendauer für das Bachelorstudium Biologie beträgt 6 Semester.
Mit ***4*** beendete sie das Bachelorstudium Biologie.
Seit 10/2023 studiert ***1*** das Masterstudium Botanik (UA 066 832).
Die vorgesehene Studiendauer für das Masterstudium Botanik beträgt 4 Semester.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf die elektronisch vorgelegten Akten des FA sowie Abfragen des Bundesfinanzgerichtes in der Datenbank FABIAN der Finanzverwaltung. Aus der Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom ergibt sich, dass das Hauptstudium ab dem WS 2022/23 Biologie ist. ("Nun hat meine Tochter beschlossen, dass ihr Hauptstudium jenes der Biologie sein soll,…")
Die Feststellungen sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung
Gemäß § 2. (1) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,….
Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 besteht für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.
Strittig ist die Gewährung der Familienbeihilfe für Tochter ***1*** über das 24-igste Lebensjahr hinaus, somit ab 10/2023.
Die Bf. ist unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 lit j sublit bb) FLAG 1967 der Ansicht, dass ihr die Familienbeihilfe für ***1*** über das 24-igste Lebensjahr hinaus zustehe, weil das Biologiestudium so aufgebaut sei, dass ein Masterstudium (4 Semester) erst nach Absolvierung des Bachelorstudiums (6 Semester) absolviert werden könne. Es liege somit ein "langes" Studium vor.
Es dürfe für den Anspruch der Familienbeihilfe keinen Unterschied machen, wie die jeweilige Studienrichtung organisiert sei und müsse bis zur Absolvierung des Mastergrades für alle Studienrichtungen das Gleiche gelten.
Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Denn nach § 54 Universitätsgesetz (UG) 2002 ist ein Bachelorstudium als eigenständiges Studium anzusehen. Für die Berechnung, ob die gesetzliche Studiendauer zehn oder mehr Semester beträgt, ist daher ein (daran schließendes) Masterstudium nicht miteinzubeziehen (vgl. - eine dagegen gerichtete VfGH-Beschwerde wurde mit Beschluss vom , B1275/11 abgelehnt). Auch der VwGH führt im Erkenntnis , 2011/16/0066, unter Hinweis auf , wörtlich aus:
"Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und dass das mit September 2007 begonnene Masterstudium ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstellt".
Im angeführten Erkenntnis , leitete der Gerichtshof diese Rechtsansicht aus den Bestimmungen der §§ 3 bis 5 FHStG ab. Vergleichbare Bestimmungen finden sich auch im Universitätsgesetz 2002, wobei nach § 51 Abs. 2 Z 2 UG die Diplomstudien, die Bachelorstudien, die Masterstudien, die Doktoratsstudien und die Erweiterungsstudien als (eigenständige) ordentliche Studien qualifiziert werden. § 51 Abs. 2 Z 10 UG normiert, dass Bachelorgrade die akademischen Grade sind, die nach dem Abschluss der Bachelorstudien verliehen werden (vgl. Lenneis/Wanke, FLAG 2 Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, S 76 TZ 33).
Von einer unsachlichen Ungleichbehandlung der Studierenden ist somit nicht auszugehen.
Aus dem Verweis der Bf. auf das Erkenntnis des ist für die Beschwerde ebenfalls nichts zu gewinnen. Der VwGH hat im Erkenntnis vom , Ro 2023/16/0020 betont, dass "vor dem Hintergrund der im UG geregelten rechtlichen Grundlagen der ordentlichen Studien, die Bachelor- und Masterstudien klar trennen, kein Grund für den Verwaltungsgerichtshof besteht, diese Rechtsansicht nicht auch für die Auslegung des § 2 Abs. 1 lit j FLAG zu vertreten". Das o.a., von der Bf. zitierte Erkenntnis vom , wurde insoweit aufgehoben.
Es ist unstrittig, dass das Bachelorstudium Biologie (UA 033 630) bis zum Bachelorabschluss 6 Semester umfasst. Da somit der erstmögliche Studienabschluss binnen 6 Semestern erreichbar ist, liegt kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 1 lit j sublit b FLAG 1967 für eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruchs bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vor.
Das im Anschluss begonnene, 4-semestrigre Masterstudium ist für die Fristberechnung gemäß § 2 Abs. 1 lit j sublit bb FLAG 1967 nicht hinzuzurechnen (vgl. : "Mit dem Abschluss des Bachelorstudiums ist eine Berufsausbildung abgeschlossen, ein begonnenes Masterstudium stellt ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche, weitere Berufsausbildung dar").
Die Tochter der Bf. hat im WS 2018/19 mit zwei Studien - dem Diplomstudium der Rechtswissenschaften und dem Bachelorstudium Biologie - begonnen. Der Antwort der Bf. vom zum Vorhalt des FA vom ist zu entnehmen, dass ***1*** seit dem WS 2022/23 das Bachelorstudium Biologie als Hauptstudium betreibt. Den ersten Abschnitt des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften hat die Tochter der Bf. am beendet; ***1*** ist aber weiterhin für das Jusstudium gemeldet. Das Bachelorstudium Biologie wurde mit ***4*** beendet.
Für den Fall der gleichzeitigen Absolvierung mehrerer Studien besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Studium, wobei die Wahl des Studiums, für das Familienbeihilfe beantragt wird, dem Studierenden freisteht. Jede Änderung dieser Entscheidung gilt als Studienwechsel (vgl. ).
Unter Außerachtlassung der Frage (da nicht beschwerdegegenständlich), ob allenfalls ein Studienwechsel bei Wechsel des Hauptstudiums vorlag, steht unbestritten fest, dass die Bf. für insgesamt für 10 Semester - bis 02/2023 - Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bezogen hat.
Der Ansicht der Bf., dass - unter Bezugnahme auf die §§ 2 Abs. 9 lit b und 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 - zu den 10 Semestern noch ein Ausbildungsjahr hinzuzählen wäre, sodass die Familienbeihilfe für ***1*** bis , ihrem 25. Geburtstag, zu gewähren sei, ist - wie oben dargelegt - nicht zu folgen.
Zur Thematik "Ausbildungsjahr" ist folgendes festzuhalten:
Nach der in der Literatur (Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, Rz 80) vertretenen Ansicht ist bei in Semester gegliederten Studien eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein (Toleranz-)Semester überschritten wird. Subsidiär und nur bei Berufsausbildungen an Einrichtungen, die keine Semestereinteilung haben, darf die vorgesehene Ausbildungszeit um maximal ein Ausbildungsjahr überschritten werden, um den Familienbeihilfenanspruch nicht zu verlieren (sh. auch RV/0584-I/11; ). Diese Ansicht korreliert auch mit den Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992. In § 18 Abs 1 StudFG 1992 wird ausdrücklich normiert, dass nur dann, wenn das Studien- oder "Ausbildungsjahr" nicht in Semester gegliedert ist, auf die vorgesehene Ausbildungszeit zuzüglich eines Studien- oder Ausbildungsjahres abzustellen ist.
In der Rechtsprechung (vgl. die zur Thematik "Studienwechsel" ergangene Entscheidung , unter Hinweis auf ) wird ebenfalls klar die Rechtsansicht vertreten, dass bei allen Studien, die in Semester eingeteilt sind, regelmäßig auf Semester abzustellen ist. Nur wenn diese Semestereinteilung nicht vorläge (im Fall einer Einteilung in Ausbildungsjahre) käme eine Verlängerung um ein Ausbildungsjahr in Frage.
Zusammenfassend ist gegenständlich eine Anwendbarkeit von § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967, welcher unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einräumt nicht gegeben: So hat zwar die Tochter der Bf. die Anspruchsvoraussetzung insofern erfüllt, als sie sich im Jahr des Studienbeginns an der Universität Wien im 19. Lebensjahr befand (sublit aa). Nicht erfüllt wurde sublit bb) und sublit cc). Die gesetzliche Studiendauer des Bachelorstudium Biologie beträgt bis zum erstmöglichen Studienabschluss 6 und nicht 10 Semester und die gesetzliche Studiendauer des Bachelorstudiums Biologie wurde überschritten.
Dass natürlich die gleichzeitige Absolvierung zweier Studienrichtungen einen enormen und schwer bewältigbaren Aufwand für Studierende bedeutet, ist unbestritten. Dieser Umstand vermag aber nichts daran zu ändern, dass die familienbeihilferechtlichen Bestimmungen in Folge der Reform nach dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 111/2010 so gestaltet wurden, dass die Familienbeihilfe nach Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt wird. Und auch mit der Einführung des Bachelorstudiums an den Fachhochschulen und den Universitäten ist man studienrechtlich davon ausgegangen, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit nunmehr idR bereits nach sechs Semestern erreicht wird. So kam es idF dazu, dass auch die Altersobergrenze für den Bezug der Familienbeihilfe auf das 24. Lebensjahr herabgesetzt wurde.
Ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages war daher ab Oktober 2023 nicht gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis folgt der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb diese Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 66 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 §§ 3 bis 5 FHG, Fachhochschulgesetz, BGBl. Nr. 340/1993 § 51 Abs. 2 Z 2 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 51 Abs. 2 Z 10 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 2 Abs. 1 lit. j sublit. bb FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 18 Abs. 1 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953 § 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101382.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at