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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2024, RV/7100650/2020

Verein; Sprachkurse; keine Gemeinnützigkeit mangels Förderung der Allgemeinheit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2015 und 2016 sowie Umsatzsteuer 01-08/2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung wurde die Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016 sowie Umsatzsteuer 01-08/2017 für den Verein Bf mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden vom von der belangten Behörde festgesetzt.

Mit Schreiben vom erhob der damalige steuerliche Vertreter dagegen Beschwerde und begründete diese damit, dass in den Vereinsstatuten folgender Zweck angegeben sei:

"Beratung und Hilfe für Zuwanderer; Kurse, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen; Sprachliche Unterstützung für MigrantInnen; Förderung der Menschen mit Schwerpunktsetzung auf Sprachen."

Der festgelegte Vereinszweck sei somit eindeutig gemeinnützig, da Integration von Zuwanderern für die österreichische Gesellschaft ein Thema höchster Wichtigkeit sei. Integration könne nicht ohne das Erlernen der Landessprache erfolgen. Der Verein vermittle daher in erster Linie Sprachkenntnisse über Deutschkurse.

Die Statuten würden sämtliche formellen Anforderungen erfüllen, auch die Auflösebestimmung sehe vor, dass das Restvermögen zwingend für Zwecke iSd § 34ff BAO zu verwenden sei.

Das Abhalten der Sprachkurse sei als unentbehrlicher Hilfsbetrieb anzusehen, da ohne diese eine Integration von Zuwanderern niemals erreicht werde. Dieser sei als Hilfsbetrieb eines gemeinnützigen Vereins von der Umsatzsteuer ausgenommen (vgl. Rz 463 VereinR 2001). Selbst bei anderer Qualifikation der Abhaltung der Sprachkurse käme für diesen Bereich die unechte Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG zur Anwendung, da ausnahmslos Deutschkurse durch qualifiziertes Personal und mit allgemein anerkannten Diplomen abgehalten würden (vgl. Rz 874 UStR 2000). Sämtliche Umsatzsteuerbescheide seien daher ersatzlos aufzuheben.

Für die Jahre 2015 und 2016 sei eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellt worden. Für das Jahr 2015 sei ein Verlust iHv € -61.325,36 und für das Jahr 2016 ein Gewinn iHv € 8.841,30 ermittelt worden. Da es sich um einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb handle, sei keine Körperschaftsteuer festzusetzen. Auch bei anderer Qualifizierung des Betriebes würde unter Berücksichtigung des Verlustvortrages aus dem Jahr 2015 keine Körperschaftsteuer im Jahr 2016 anfallen. Sämtliche Körperschafsteuerbescheide seien daher ersatzlos aufzuheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab. Zur Begründung führte sie zusammenfassend aus, dass die Statuten des Vereins nicht den Anforderungen der §§ 34ff BAO entsprechen würden. Gem. § 184 BAO habe die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen sei insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen könne oder weitere Auskunft verweigere, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich seien. Die vorliegende Beschwerde zeige keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf.

Mit Schreiben vom beantragte der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Partei die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschluss des HG Wien, Gz. *** vom *** 2023, wurde über das Vermögen des Bf ein Konkursverfahren eröffnet. Zur Insolvenzverwalterin wurde Bf1 bestellt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Über das Vermögen des Vereins Bf wurde mit Beschluss des HG Wien, Gz. *** vom *** 2023 ein Konkursverfahren eröffnet. Zur Insolvenzverwalterin wurde Bf1 bestellt.

In § 2 der Vereinsstatuten ist als Zweck festgelegt:

"Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt

Beratung und Hilfe für Zuwanderer

Kurse, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen

Sprachliche Unterstützung für MigrantInnen

Förderung der Menschen mit Schwerpunktsetzung auf Sprachen"

Der Verein hat in den Jahren verfahrensgegenständlichen Jahren 2015 bis 2017 Deutschkurse, Sprachkurse, Firmenkurse und Computerkurse angeboten.

Der Verein legte keine ordnungsgemäße Buchhaltung vor. Die belangte Behörde ermittelte die Einnahmen auf Basis von Kassa und Bank im Schätzungswege.

2. Beweiswürdigung

Die Eröffnung des Konkursverfahrens und Bestellung der Insolvenzverwalterin ergibt sich aus der Insolvenzdatei.

Die Statuten des Vereins wurden als Beilage der verfahrensgegenständlichen Beschwerde übermittelt.

Die Tätigkeit des Vereins, nämlich die Abhaltung von Sprachkursen, ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt insbesondere den Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht. Die beschwerdeführende Partei gab auch im Rahmen des Verwaltungsgeschehens nicht an, daneben andere wesentliche Tätigkeiten ausgeübt zu haben. Auch die belangte Behörde stellte keine anderen Tätigkeiten fest.

Die Nichtvorlage einer ordnungsgemäßen Buchhaltung sowie die Durchführung der Schätzung und Methode ergibt sich aus den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 34 Abs 1 BAO schreibt für die Inanspruchnahme von Begünstigungen, die bei der Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, vor, dass die Körperschaft (der Verein) nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient.

Gemeinnützig sind nach § 35 Abs 1 BAO solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Ein solche Förderung liegt nach Abs. 2 nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt etwa für die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen oder der Schulbildung.

Nach § 41 Abs 1 BAO muss die Satzung der Körperschaft eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben.

Die Statuten der beschwerdeführenden Partei führen als Zweck folgendes aus:

"Beratung und Hilfe für Zuwanderer; Kurse, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen; sprachliche Unterstützung für MigrantInnen; Förderung der Menschen mit Schwerpunktsetzung auf Sprachen"

Damit hatte der - mittlerweile im Insolvenzverfahren befindliche - Verein nicht die Förderung der Allgemeinheit zum Ziel, da sich der adressierte Personenkreis auf "Zuwanderer" und "MigrantInnen" beschränkte. Es liegt auch keine tatsächliche Geschäftsführung vor, die ausschließlich und unmittelbar auf begünstigte Zwecke ausgerichtet war, da sich die Tätigkeit des Vereins auf die Abhaltung von Sprachkursen beschränkte (vgl ).

Es sind somit die für die Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigung statuierten Voraussetzungen des § 34 Abs 1 BAO, dass sowohl die Rechtsgrundlage und die tatsächliche Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar auf die Förderung der genannten Zwecke gerichtet sind, nicht erfüllt.

Zur Schätzung:

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen (§ 184 Abs. 1 BAO).

§ 184 Abs. 3 BAO normiert:

"Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

Es steht fest, dass die beschwerdeführende Partei die zu führenden Bücher nicht vorgelegt hat. Damit besteht die von der belangten Behörde angenommene Schätzungsbefugnis zu Recht. Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich frei. Es ist jene Methode zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint ().

Die belangte Behörde hat die Schätzung auf Basis der vorhandenen Kassa- und Bankbelege durchgeführt. Damit hat sie eine geeignete Schätzmethode verwendet. Die beschwerdeführende Partei hat überdies auch weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht, dass die angewandte Schätzmethode nicht zu dem Ziel geführt hat, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Es liegen somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 35 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100650.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at