zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2024, RV/7200035/2020

Ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung von Rohren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch die ***Vt***, ***Vt-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***1***, betreffend Eingangsabgaben nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des (damaligen) Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zahl: ***1***, wurden für die Beschwerdeführerin gemäß Art. 77 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) für die mit der Zollanmeldung zu ***2*** vom in den zollrechtlich freien Verkehr überführten Waren Eingangsabgaben in der Höhe von 8.581,89 Euro (Zoll (A30): 5.765,86 Euro, Einfuhrumsatzsteuer: 2.816,03) festgesetzt und der nach zu erhebende Betrag an Zoll in der Höhe von 5.765,86 Euro gemäß Art. 105 Abs. 3 und 4 UZK nachträglich buchmäßig erfasst und mitgeteilt. Als Folge der Nacherhebung erfolgte die Vorschreibung von Verzugszinsen gemäß Art. 114 Abs. 2 UZK in der Höhe von 304,82 Euro.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften ausgeführt, vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sei aufgrund der Vermutung, es gebe zahlreiche Importe von nahtlosen, rostfreien Stahlrohren mit Ursprung in der Volksrepublik China, eine Untersuchung eingeleitet worden. Ausgewertet worden seien sowohl die chinesischen als auch die indischen Statistiken. Dabei sei festgestellt worden, dass laut chinesischer Statistik hauptsächlich kaltgefertigte Erzeugnisse der Position 7304 41 nach Indien exportiert worden seien, die Exporte von warmgefertigten Erzeugnissen der Position 7304 49 seien vernachlässigbar. Die indische Statistik zeige genau das Gegenteil. Die aus China nach Indien exportierten Produkte seien größtenteils als warmgefertigte Erzeugnisse der Position 7304 49 deklariert worden, wogegen der Export von kaltgefertigten Erzeugnissen vernachlässigbar sei.
Aufgrund der ermittelten statistischen Daten sei festgestellt worden, dass es sich bei den nach Indien importierten chinesischen Rohren bereits um Fertigprodukte gehandelt habe. Bei einer beträchtlichen Anzahl von Rohren zeige die angegebene Beschreibung der Norm ASTM 312, dass es sich bereits um fertige Produkte mit spezifischen Anforderungen gehandelt habe. Dazu habe ein von OLAF beauftragter Sachverständiger festgestellt, dass sämtliche aus China eingeführten Rohre kaltgefertigt sein müssten.

Zur zweifelsfreien Feststellung des tatsächlichen Ursprungs sei die Beschwerdeführerin zur Beibringung von Unterlagen für den Nachweis des indischen Ursprungs aufgefordert worden. Nach Überprüfung der vorliegenden Unterlagen durch das Zollamt bleibe die Tatsache unbestritten, dass die ***3*** (nachfolgend ***3***) über die technischen Möglichkeiten (Maschinen für die Produktion/Herstellung, Testung) als auch das vorhandene Personal sowie das know how verfüge, um kaltgefertigte Rohre herzustellen. Der Nachweis, dass der nichtpräferenzielle Ursprung in Indien gelegen sein, habe allerdings nicht erbracht werden können.
Aus den vorgelegten Unterlagen sei eindeutig ersichtlich, dass die Bearbeitung von den aus China importierten Stahlrohren der Position 7304 1110 der Kombinierten Nomenklatur nicht der in der einschlägigen Bestimmung angeführten Primärregel entspreche und somit das Ursprungsland der Waren die Volksrepublik China bleibe. Weiters lasse die Anführung ASTM 312 auf den chinesischen Unterlagen die Vermutung zu, dass es sich bei den an die ***3*** Tubes gelieferten Stahlrohre bereits um ein Fertigprodukt gehandelt habe. Eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung der Stahlrohre in Indien habe nicht nachgewiesen werden können.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin, damals vertreten durch die ***Vt1***, brachte vor, das Zollamt berücksichtige nicht, dass die Stahlrohre in Indien einer wesentlichen Be- und Verarbeitung unterzogen worden seien und daher die Stahlrohre tatsächlich indischen Ursprung hätten. Nach (grundsätzlichen) Ausführungen betreffend Herstellungsstufen für Rohre unter Punkt I. stellte die Beschwerdeführerin fest, bei der ***3*** seien Rohre bestellt worden, die ohne eine Kaltfertigung nicht herstellbar seien. Die warmgefertigten Rohre, welche in diesem Herstellungsprozess nur ein Zwischenprodukt seien, würden durch Kaltbearbeitung im Durchmesser und der Wandstärke deutlich verändert. Es entstehe ein neues Rohr mit anderen Abmessungen, Maßtoleranzen und anderen metallurgischen und mechanischen Eigenschaften, die Kundenbedürfnisse erfüllten, die nicht durch warmgefertigte Rohre befriedigt werden könnten.

Unter Punkt II. ("Die Waren haben indischen Ursprung") führte die Beschwerdeführerin weiter aus:
"1. Für den Ursprungserwerb (Art 60 Abs 2 UZK) sind folgende Kriterien maßgebend: Wesentliche Be- oder Verarbeitung und Herstellung eines neuen Erzeugnisses oder bedeutende Herstellungsstufe; die letzte wesentliche Bearbeitung muss außerdem wirtschaftlich gerechtfertigt sein; die Warenbehandlung muss in einem eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden sein; es darf sich nicht lediglich um Minimalbehandlungen handeln.
2. Die in China durch Warmpressung hergestellten Mutterrohre wurden, in Indien durch das indischen Unternehmen (…) durch die unter I. dargestellte Kaltumformung einer wesentlichen Be- und Verarbeitung unterzogen, sodass die aus China nach Indien zu den beiden Vertragspartnern der Beschwerdeführerin gelieferten Rohre dort hinsichtlich ihrer Form und ihrer Metalleigenschaften einer Veränderung unterzogen wurden. In den Produktionsstätten von (…) wurden der Außendurchmesser und die Wandstäke der Rohre verändert, die Maßtoleranzen und die Oberflächengüte verbessert, die metallurgischen Eigenschaften und die mechanischen Eigenschaften betreffend Festigkeit, Zähigkeit und Härte verändert (siehe die detaillierten Beschreibungen zu I.).
3. Mit den geschilderten Be- und Verarbeitungsschritten wurde im Gegensatz zum chinesischen Vorprodukt, dem Mutterrohr, ein Rohr geschaffen, das nunmehr Eigenschaften besaß, die eben das Vorprodukt nicht hatte. Die Mutterrohre wurden in Indien durch (…) qualitativ erheblich verändert, sodass eine tatsächlich feststellbare Unterscheidung zum Vorprodukt vorlag. Die spezifischen Beschaffenheitsmerkmale des in Indien be- und verarbeiteten Mutterrohres hatten völlig andere Beschaffenheitsmerkmale als das chinesische Ausgangsprodukt (EuGH 49/67-Geselschaft für Überseehandel, EuGH C-260/08-Heko). Der Wechsel der zolltariflichen Position ist nicht notwendig! (EuGH C-260/08-Heko).
4. Die chinesischen Mutterrohre hatten nicht die Eigenschaften, die für die Zwecke der Weiterverwendung durch die Beschwerdeführerin notwendig waren. Die von der Beschwerdeführerin bestellten Rohre müssen die EN-Normen erfüllen, um den Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Genau diese Eigenschaften hatten aber die chinesischen Mutterrohre nicht, weshalb sie der notwendigen, unter I. beschrieben Be- und Verarbeitung bei (…) unterzogen werden mussten. Erst nach der beschriebenen Be- und Verarbeitung durch (…) hatten die Rohre die Eigenschaften, die für die Weiterverwendung durch die Beschwerdeführerin in der EU unbedingt notwendig waren (Witte
7 UZK, RZ11 zu Art 60 UZK).
5. Die wirtschaftliche Rechtfertigung war schon deshalb gegeben, weil (…) im Rahmen ihres wirtschaftlichen Handelns agiert und dadurch wirtschaftliche Ziele verfolgt hat, die über den reinen Umschlag der chinesischen Rohre hinausgegangen sind (Witte
7 UZK, RZ12 zu Art 60 UZK).
6. (…) verfügt in Indien über große Produktionsstätten und nutzen diese auch (Witte
7 UZK, RZ13 zu Art 60 UZK).
6.1. Die Produktionsstätten verfügen auch über - für die Kaltbearbeitung notwendige - Pilgerschrittwalzwerke, die genutzt werden (DVO (EU) 2017/2093, RZ 80). Die Kommission hat aus Anlass der Überprüfung der indischen Unternehmen die Produktionsstätten überprüft und festgestellt, dass die überprüften Unternehmen, zu denen auch (…) gehörte, sehr wohl in der Lage sind, die wesentlichen Be- und Verarbeitungsschritte zur Herstellung kaltgefertigten Rohre zu setzen; und diese Schritte auch setzen.
6.2.
***3*** (…) wurde im Jahr 2006 gegründet.
6.2.1. Wie sich aus der Homepage von (…) https://(...), ergibt, betreibt (…) ein florierendes, global tätiges Unternehmen im Bereich der Stahlproduktion. (…) genießt einen soliden internationalen Ruf. Der Umsatz hat sich seit der Gründung um das Fünfzigfache erhöht. (…) entwickelte sich schnell von einem Local Player zu einem international kundenorientierten Unternehmen, das die Bereitstellung innovativer Rohrlösungen für die Branche als Ziel hat.
Mit dem Knowhow in der Herstellung von Metallerzeugnissen steht (…) an der Spitze der Industrie für Rohrlösungen in Bezug auf Qualität, Standards, Produkte, Materialpaletten sowie Kundenzufriedenheit. Das Unternehmen ist im Qualitätsmanagementsystem durch das (…) zertifiziert.
(…) liefert auf der Basis moderner Herstellungsmethoden und unter Einsatz modernster Technologie qualitativ hochwertige Produkte, die den globalen Standards entsprechen, an seine Vertragspartner. (…) entwickelt innovative Lösungen, die den Kunden zusätzliche Nutzen bieten.
6.2.2. (…) tätigte im Laufe der Jahre hohe Beträge in die Investition des Betriebes. Die Produktion der Stahlrohre ist auf elf (!) verschiedene Fabrikshallen aufgeteilt. In drei Hallen befinden sich zur Produktion mehrere Zieh- und Pilgeranlagen. In einer Halle wurden zuletzt zwei vollautomatische Pilgeranlagen, Hochpräzisionsrohranlagen, nach dem neusten Stand der Technik errichtet. In einer Halle befinden sich zusätzlich zur Produktion zwei Blankglühöfen, in denen das thermische Verfahren für das blankgeglühte Material durchgeführt wird. In dieser Halle werden auch Ultraschall Tests durchgeführt. In anderen Hallen werden das Beizen, Passivieren und Polieren durchgeführt. In einer Halle befindet sich ein Qualitätslabor, in dem die standardmäßig vorgeschriebenen Tests, einschließlich von Hydrotests, Wirbelstromprüfungen sowie Sicht- und Maßprüfungen durchgeführt werden.
Die Verarbeitung in den Fabrikshallen von (…) richtet sich nach den strengen technischen Anforderungen der Kunden von (…). Die vorgelegten Zertifikate belegen, dass die Betriebsstätten und Betriebsmittel von (…) von international anerkannten renommierten Unternehmen auditiert und approbiert wurden. Damit ist sichergestellt, dass die von (…) gelieferten Rohre von zufriedenstellender Qualität sind und die entsprechenden mechanischen Eigenschaften aufweisen. Die Zertifikate belegen das Streben von (…) nach Spitzenleistung und kompromissloser Priorität, qualitativ hochwertige Produkte von Weltklasseformat zu liefern. Mit den Qualitätsprüfungen und Zertifikaten wird aber auch bewiesen, dass (…) in der Produktion der Stahlrohre wesentliche Be- und Verarbeitungsschritte durchführt. Somit werden an die Kunden, wie die Beschwerdeführerin, entsprechend geprüfte hochwertige Endprodukte geliefert, (siehe dazu die Stellungnahme von (…) an den OLAF vom )
6.3. Die Kommission hat indische Unternehmen, darunter auch die gegenständliche Lieferantin der Einschreiterin, (…), durch eingehende Untersuchungen - auch vor Ort - überprüft. In der diese Untersuchungen abschließenden Durchführungsverordnung 2017/2093 der Kommission kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die überprüften Unternehmen in Indien eine wesentliche Be- oder Verarbeitung (iSd Art 60 Abs 2 UZK und Art 24 ZK alt) vornahmen und bestand für diese Tätigkeit eine wirtschaftliche Rechtfertigung (RZ 64 der VO). Die Praxis, warmgeformte Rohre aus der VR China nach Indien einzuführen und bestimmte nahtlose Rohre aus rostfreiem Stahl herzustellen und im Inland sowie zur Ausfuhr zu verkaufen, bestand bereits vor der Ausgangsuntersuchung (RZ 58 der VO).
Die Untersuchung der Kommission konzentrierte sich auf die von der Kommission überprüften tatsächlichen unternehmensspezifischen Daten, durch die die Art der an die indischen Walzwerke gelieferten Halbfertigwaren bestätigt wurde; weiters auf das Ausmaß ihrer Weiterbearbeitung in diesen Walzwerken und auf die wirtschaftliche Rechtfertigung für diese Tätigkeit (RZ 60 der VO) verwiesen.
Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die von den indischen ausführenden Herstellern (somit auch von (…) in die Union ausgeführten bestimmten nahtlosen Rohre aus rostfreiem Stahl sowohl aus warmgeformten Rohren mit Ursprung in Indien als auch aus warmgeformten Rohren mit Ursprung in der VR China hergestellt werden können. Mit der Ausrüstung die den indischen Herstellern zur Verfügung steht, ist es ihnen möglich, chinesische warmgeformte Rohre kalt zu bearbeiten (RZ 70 der VO).
Anlässlich der Untersuchung der herstellenden Unternehmen in Indien überprüfte die Kommission die Kapazitätsauslastung der mitarbeitenden ausführenden Hersteller in Indien vor Ort und kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Produktionskapazität die tatsächliche Produktion im gesamten Untersuchungszeitraum im Allgemeinen überstieg. Dies untermauert die Feststellung, dass die meisten Unternehmen bereits vor Beginn der Ausgangsuntersuchung mit den erforderlichen Sachanlagen ausgestattet waren. Darüber hinaus stellte die Kommission fest, dass alle überprüften ausführenden Hersteller, die im Betrachtungszeitraum Ausfuhren in die Union tätigten, über Pilgerschrittwalzwerke verfügten und diese auch nutzten (RZ 80 und 49 der VO).
6.4. Auch die Beschwerdeführerin konnte sich vor Ort bei zwei Besuchen bei (…) selbst vergewissern, dass die Produktionsstätten für die Kaltbe- und verarbeitung nicht nur bestehen, sondern auch in Betrieb sind. Die Besichtigungsberichte samt Fotomaterial wurden bereits mit der Stellungnahme vorgelegt.
7. Die Be- und Verarbeitung in Indien hat Minimalbehandlungen (vgl die Aufzählung in Art 34 UZK-DA) bei weitem überschritten (Witte
7 UZK, RZ14 zu Art 60 UZK). (…) hat Schritte gesetzt, die sich nicht nur im Verbessern oder Reinigen der Oberfläche, Schneiden der Rohre oder Verbesserung der Transportfähigkeit erschöpft haben.
8. Das OLAF geht im Bericht geht davon aus, die von China nach Indien gelieferten Rohre könnten aufgrund ihres kreisförmigen Querschnittes nicht als Hohlprofile qualifiziert werden, weshalb sie nicht unter die Unterposition 730449 eingereiht werden können. Hohlprofile in dieser Unterposition sind schon per Definition aus der Beschreibung der Zolltarifnummer rund (Rohre und Hohlprofile, nahtlos, mit kreisförmigem Querschnitt, aus nichtrostendem Stahl, nicht kaltgezogen oder kaltgewalzt).
9. Wenn die Ursprungsfrage aufgrund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des Art 60 Abs 2 UZK geklärt ist, sind die Listenregeln des Anhanges 22-01 des delegierten Rechtsaktes nicht mehr anzuwenden. Hinzu kommt, dass dann, wenn über die Listenregeln der Ursprung nicht bestimmt werden kann, so und so auf die gesetzliche Bestimmung des Art 60 Abs 2 UZK zurückzugreifen ist.
Das Kriterium des Wechsels der Tarifposition beruht weder auf einer objektiven und tatsächlich feststellbaren Unterscheidung zwischen dem Ausgangserzeugnis, den Mutterrohren, noch auf den spezifischen Beschaffenheitsmerkmalen jedes dieser Erzeugnisse und stellt nicht auf besondere Be- oder Verarbeitungsvorgänge ab, die zur Herstellung des bearbeiteten Erzeugnisses geführt haben (EUGH C-260/08-Heko, RZ 33). Es kann daher auch ohne Wechsel der Tarifposition eine wesentliche Be- oder Verarbeitung gegeben sein (RZ 35). Durch die Listenregelung kann daher die Tragweite der Bestimmung des Art 60 Abs 2 UZK nicht eingeschränkt werden (RZ 36). Kann daher aufgrund der Grundregel des Art 60 Abs 2 UZK eine wesentliche Be- oder Verarbeitung im Sinne dieser Bestimmung festgestellt werden, ist auf die Listenregel nicht mehr zurückzugreifen. Die Listenregel des Anhanges 22-01 kann daher die gesetzliche Bestimmung des Art 60 Abs 2 UZK nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Kann aufgrund der Listenregelung ein Tarifsprung nicht erkannt werden, ist daher trotzdem zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des Ursprungserwerbes nach Art 60 Abs 2 UZK vorliegen.
Wenn das Zollamt daher alleine darauf abstellt, ob ein Wechsel in der Tarifposition eigetreten ist, ist das unzulässig! Da die Kriterien des Art 60 Abs 2 UZK tatsächlich erfüllt sind (siehe Punkt I. und II. 1-7), hätte das Zollamt von einem Warenursprung Indien ausgehen müssen, weshalb schon aus diesem Grund die Vorschreibung der Antidumpingabgaben zu Unrecht erfolgt ist.
10. Der Bericht des OLAF, wonach die von (…) in die EU eingeführten Stahlrohre chinesischen Ursprungs sind, kann im gegenständlichen Zollverfahren nicht als Grundlage für die Feststellung der Umgehung der Antidumpingregelungen durch (…) hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin bezogenen Waren herangezogen werden. Der Bericht des OLAF beinhaltet - im Gegensatz zur Durchführungsverordnung 2017/2093 der Kommission - lediglich Vermutungen und basiert ausschließlich auf Statistiken, ohne auf die konkreten Lieferumstände Bezug zu nehmen. Bei der Untersuchung durch das OLAF wurden die Unternehmen (…) nicht überprüft; es wurden die Produktionsstätten nicht besichtigt; es wurde nicht überprüft, welche konkreten Be- und Verarbeitungsschritte von (…) betreffend der aus China importierten Waren gesetzt wurden. Das OLAF hat sich ausschließlich auf die nicht näher definierte "Quelle" und Import / Exportstatistiken China - Indien und Indien - EU gestützt. Somit beschränkt sich das OLAF in seinem Bericht auf eine allgemeine Beschreibung, ohne auf die konkreten Verhältnisse in Bezug auf die Einfuhren der Waren von (…) näher einzugehen. Der allgemein gehaltene Bericht des OLAF ist aber kein taugliches Beweismittel zur Feststellung ob konkrete Schritte zur Umgehung der Antidumpingzollregelungen gesetzt wurden (EuGH C-47/16-Veloserviss, RZ49).
Das OLAF beschränkt sich, wie bereits ausgeführt, auf chinesische und indische Ausfuhr- bzw Einfuhrstatistiken und kommt zu dem Schluss, dass aus China kommend kaltgefertigte Rohre deklariert wurden und mengenmäßig ähnlich kaltgefertigte Rohre von Indien in die EU geliefert wurden. Die relativ hohen Einfuhren von kaltgefertigten Rohren aus China nach Indien erklären sich damit, dass die chinesischen Steuergesetze bei der Ausfuhr von kaltgefertigten Rohren eine Vergütung der Mehrwertsteuer von 13 %, bei warmgefertigten Rohren jedoch lediglich eine Vergütung von 9 % der Mehrwertsteuer vorsehen (RZ 30 der Durchführungsverordnung 2017/2093 der Kommission). Weiters ergibt sich aus den indischen Einfuhrstatistiken, dass in Indien bei der Einfuhr nach Indien lediglich 2 % in den Zollerklärungen als kaltgeformte Rohre ausgewiesen wurden, wohingegen nahezu alle Exporte von China nach Indien nach den chinesischen Ausfuhrstatistiken als kaltgefertigte Rohre deklariert waren (RZ 29 der Durchführungsverordnung 2017/2093 der Kommission).
11. Entgegen der Darstellung des Zollamtes im angefochtenen Bescheid ist der Beschwerdeführerin inbesondere durch die vorgelegten Urkunden "Input-Output size data sheet" und "Planning Copy" sehr wohl der Nachweis gelungen, dass die von der Volksrepublik China nach Indien eingeführten Rohre vor dem Export in die EU von (…) einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung zugeführt wurden und dadurch ihre Eigenschaften wesentlich verändert wurden, um den für die Beschwerdeführerin notwendigen Anforderungen zu entsprechen.

III. Beweislast
1. Die Beweislast, dass die Beschwerdeführerin Waren aus Indien eingeführt hat, die nicht indischen, sondern chinesischen Ursprungs sind, obliegt der Zollbehörde. Diesen Beweis hat die Zollbehörde aber nicht erbracht. Da der Bericht von OLAF lediglich allgemein gehalten ist, ist er kein ausreichendes Beweismittel zur Feststellung der tatsächlichen Umgehung der Antidumpingbestimmungen bei der Einfuhr der Waren durch die Beschwerdeführerin. Außerdem steht der Bericht des OLAF in diametralen Gegensatz zur Durchführungsverordnung 2017/2093 der Kommission, die nach eingehenden Überprüfungen unter anderem von (…) vor Ort davon ausgegangen ist, dass mit den Importen der Stahlrohre von den indischen Unterhemen (…) nicht die Antidumpingregeln der EU umgangen werden.
2. Der angefochtene Bescheid beschränkt sich in der Darstellung der im Bericht des OLAF wiedergegebenen Vermutungen oder die Positions-KN Nummern China - Indien und Indien - EU, ohne konkrete Nachweise darzulegen. Die Zollbehörden müssen aber die für die Nacherhebung der Zölle wesentlichen Umstände beweisen. Nur mit Statistiken oder der Zitierung von Positionsnummern wird dieser Beweis aber nicht erbracht werden können, da Statistiken die Umstände für die konkreten Einfuhren nicht abschließend darstellen können und die angegebenen Positions-KN Nummern nicht aussagekräftig sind, wenn sie tatsächlich nicht den Gegebenheiten entsprechen. Die Grundlagen, auf die das Zollamt aufbaut sind allgemein gehalten und geben keinen Aufschluss darüber, ob bei der Einfuhr der konkreten Waren Antidumpingvorschriften verletzt wurden.
3. Das Zollamt negiert die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 der Kommission, die zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen ist, dass der Lieferant der Beschwerdeführerin, (…), in Indien eine wesentliche Be- und Verarbeitung der aus China nach Indien importieren Rohre vornimmt, die von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Das Zollamt negiert, dass in der Durchführungsverordnung der Zeitraum beobachtet und untersucht wurde, der auch für die vom OLAF herangezogenen Statistiken relevant war. Hinzu kommt: war (…) im Zeitraum der Untersuchung durch die Kommission in der Lage, die aus China importierten Rohre so zu be- und verarbeiten, dass kaltgeformte neue Rohre entstehen und haben sie dies auch verwirklicht, ist es nicht nachvollziehbar, warum dies im Rahmen der OLAF- Untersuchung nicht mehr der Fall gewesen sein soll.
"

Abschließend stellte die Beschwerdeführerin die Anträge, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich zu beheben sowie für den Fall der Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: 230000/203817/01/2020, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufs und von Rechtsvorschriften aus (auszugsweise):
"Basierend auf Informationen einer Handelsquelle über die Umgehung von Antidumpingbestimmungen bei Einfuhren von Rohren aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in Indien, wobei nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sie ihren Ursprung in der Volksrepublik China haben, führte das OLAF Auswertungen sowohl der chinesischen als auch der indischen Statistiken durch und stellte auf Grund der ermittelten statistischen Daten fest, dass es sich bei den nach Indien importierten chinesischen Rohre bereits um Fertigprodukte handelte. Auch zeigt die angegebene Beschreibung zur Norm ASTM A312 bei einer nicht geringen Anzahl von Rohren, dass es sich dabei um Produkte handelt, die bereits spezifischen Anforderungen entsprechen. Darüberhinausgehend wurde von einem von OLAF beauftragten Sachverständigen in Bezug auf Abmessungen und Produktbeschreibung der aus China eingeführten Rohre bestätigt, dass sämtliche aus der Volksrepublik China eingeführten Rohre kaltgefertigt sein müssten, da mit einer Warmfertigung diese Beschaffenheit nicht erreicht werden kann. Gleichzeitig belegen auch Auswertungen von OLAF, dass chinesische Rohre lediglich in Indien umgeschlagen werden um so die Antidumpingmaßnahmen zu umgehen. Das Zollamt hat keine Zweifel an den Feststellungen des OLAF, diese sind in allen Punkten nachvollziehbar und glaubhaft.
Grundsätzlich ist die Aussage zu treffen, dass bei der Anwendung sämtlicher handelspolitischer Maßnahmen der Europäischen Union, einschließlich Antidumpingzöllen, zur Entscheidung, ob eine Ware Ursprungserzeugnis ist oder nicht, die nichtpräferenziellen Ursprungsregeln herangezogen werden. Die Behörden des Drittstaates spielen bei der Entscheidung über den nichtpräferenziellen Ursprung der Waren im Hinblick auf die Antidumpingregelungen der Europäischen Union keine Rolle und haben auch diesbezüglich keine Kompetenzen.
Nach Art. 56 Abs. 1 ZK stützen sich die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben auf den Zolltarif der Europäischen Union. Die Definition dieses Begriffes ist in Art. 56 Abs. 2 ZK enthalten. Danach umfasst der Zolltarif der Europäischen Union unter anderem die Kombinierte Nomenklatur (Buchstabe a) und die sonstigen in anderen Unionsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen (Buchstabe g). Sonstige zolltarifliche Maßnahmen im Sinne des Art. 56 Abs. 2 Buchstabe h ZK sind zum Beispiel Antidumpingzölle.
Mit Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 der Kommission vom wurde die Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1331/2011 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China durch aus Indien versandte Einfuhren, ob als Ursprungserzeugnisse Indiens angemeldet oder nicht, und zur Einstellung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/272 der Kommission eingeführten zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren eingestellt. Die Kommission stellte fest, dass die geprüften indischen Unternehmen über die Möglichkeit zur ausreichenden Be- oder Verarbeitung derartiger Waren verfügen, dies ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass auch in dem hier behandelten Fall eine ausreichende Be- oder Verarbeitung erfolgte. Obwohl diese Untersuchung eingestellt wurde, zeigten Ermittlungen in den Folgejahren widersprüchliche Daten der chinesischen Ausfuhr- und der indischen Einfuhrstatistiken auf. Dabei steht die neuerliche von OLAF am eingeleitete Untersuchung nicht im Zusammenhang mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 der Kommission vom .
Mit Durchführungsverordnung (EU) 2018/330 der Kommission vom wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates eingeführt. Nach Artikel 1 dieser Verordnung wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus rostfreiem Stahl (ausgenommen mit Formstücken, Verschlussstücken oder Verbindungsstücken für Gas- oder Flüssigkeitsleitungen für zivile Luftfahrzeuge) mit Ursprung in der Volksrepublik China, die derzeit unter den KN-Codes (…) eingereiht werden, eingeführt. Gemäß Artikel 2 der Verordnung beträgt der endgültige Antidumpingzollsätze auf den Nettopreis frei Grenze der Union, unverzollt, 71,9 %
(…)
Im vorliegenden Fall steht für das Zollamt jedoch fest, dass keine wesentliche ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung in Indien stattgefunden hat und somit die Missbrauchsklausel des Art. 33 ZK-DA gar nicht zum Tragen kommt.
Die Bestimmung des Art. 32 ZK-DA mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union konkretisiert die Regelung des Art. 60 Abs. 2 ZK und legt für zahlreiche Waren konkrete Ursprungskriterien fest.
Um zu bestimmen, welche Kriterien für bestimmte Waren erfüllt sein müssen und/oder welchen Verfahren das Erzeugnis im letzten Herstellungsland unterzogen werden muss, damit ihm der nichtpräferenzielle Ursprung verliehen wird, wurden im Anhang 22-01 der Delegierten Verordnung rechtsverbindliche Regeln festgelegt.
Aus der Liste der wesentlichen Be- oder Verarbeitungsprozesse, aus denen sich ein nichtpräferenzieller Ursprung ergibt, zeigt sich Folgendes:
7304 Rohre und Hohlprofile, nahtlos, aus Eisen (ausgenommen Gusseisen) oder Stahl. Primärregel - Wie für die Unterpositionen angegeben
7304 41 - kaltgezogen oder kaltgewalzt. Primärregel - Wechsel zu der betreffenden Position von jeder anderen Position (CTH) oder Wechsel von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49.
Kann das Ursprungsland nicht durch Anwendung der Primärregeln bestimmt werden, so ist das Ursprungsland der Ware das Land, in dem der - gemessen am Wert - größere Teil dieser Vormaterialien seinen Ursprung hat.
Aus den OLAF Untersuchungsergebnissen steht für das Zollamt fest, dass die verfahrensgegenständlichen Rohre, welche aus Indien in die Europäische Union geliefert wurden, chinesischen Ursprung sind. Den vorgelegten Daten entnehmend, wurden im Zeitraum bis von der Firma (…), Indien, aus der Volksrepublik China importierten nahtlose Rohre verschiedener Edelstahlsorten und Abmessungen vom indischen Zoll als "warmgefertigt" deklariert. Gleichzeitig wurden im selben Zeitraum große Mengen an Edelstahlrohren von Indien in die EU ausgeführt. Die Einreihung bei der Einfuhr nach Indien erfolgte von der genannten Firma in die Unterposition-Nr. 7304 11 des Harmonisierten Systems (Rohre und Hohlprofile, nahtlos, aus nicht rostendem Stahl). Rohre oder Hohlprofile nach der Unterposition 7304 49 wurden, wie auch aus den vorgelegten Unterlagen der Bf. ersichtlich, keine erklärt. Das harmonisierte System (6stellig bis zur Unterposition) ist weltweit vereinheitlicht. In die Unterposition 7304 41 sind Rohre und Hohlprofile, nahtlos, aus Eisen oder Stahl, kaltgezogen oder kaltgewalzt einzureihen. Übereinstimmende Sendungen im Import und Export weisen auch darauf hin, dass lediglich eine Wiederausfuhr erfolgte.
Die Berücksichtigung des OLAF Berichtes erscheint der belangten Behörde als gerechtfertigt, da er hierzu relevante Informationen enthält, die es ermöglichen festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Erlangung des indischen Ursprungs erfüllt sind oder nicht. Da daher nicht von einem Bericht gesprochen werden kann, der nur eine allgemeine Beschreibung der fraglichen Situation widerspiegelt, leisteten diese Feststellungen der OLAF und der richtigen Darstellung der Fakten dem Zollamt wesentliche Grundlagen zur Entscheidungsfindung. Die von der Bf im Verfahrensverlauf beigebrachten Nachweis konnten auch die Tatsache nicht entkräften, dass der nichtpräferenzielle Ursprung in Indien nicht erreicht wurde und somit bleibt das Ursprungsland Volksrepublik China.
Zu den vorgebrachten Beschwerdepunkten im Einzelnen:
(…)

Das Zollamt hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Fakten im OLAF-Bericht. Diese sind durchaus schlüssig und nachvollziehbar. Es widerspricht auch nicht den allgemeinen Lebenserfahrungen, dass die mit Antidumpingmaßnahmen konfrontierten chinesischen Unternehmen versuchen hier neue "Vertriebswege" zu finden um auch weiterhin ihre Waren an "den Mann" zu bringen. Für das Zollamt ist die Aussage, dass die chinesischen Unternehmen beim Export eine falsche Tarifposition angeben (kalt- anstatt warmgefertigt) um eine höhere Vergütung der Mehrwertsteuer in China zu erreichen, nicht glaubhaft, da die chinesischen Zollbehörden hier nicht untätig einen Steuerbetrug zuschauen. Hingegen wäre bei dem Import in Indien, wenn man den Ausführungen der Bf. folgt und annimmt, dass die aus China importierten Rohre ausschließlich Vormaterial (Mutterrohre) zur weiteren Verarbeitung gewesen wären, die Tarifunterposition 7304 49 anzugeben gewesen. Wie aus den indischen Zolldokumenten jedoch hervorgeht wurde die Tarifunterposition 7304 11 angeführt. Diese ist jedoch nur für Rohre von der für Öl- oder Gasfernleitungen verwendeten Art aus nicht rostendem Stahl vorgesehen und diese sind schon Fertigprodukte und erfüllen gänzlich andere Qualitätsmerkmale. Die Bf. hat jedoch in ihrer Beschwerde selbst dargelegt, dass die "Mutterrohre" nur Zwischenprodukte zur Weiterbearbeitung waren. Hier kommt nur die Tarifunterposition 7304 49 in Frage. Somit muss es aus der Conclusio der Beschwerde nicht nur in China beim Export, sondern auch in Indien beim Import zu einer Fehltarifierung gekommen sein.
Vielmehr hat eine Anfrage durch das OLAF beim den indischen Zollbehörden ergeben, dass durch die Deklarierung von "heiß gefertigten" Stahlrohren anstatt "kalt gefertigten" aufgrund der indischen "Standard Input Output Norm" um 35% mehr Material zollfrei nach Indien eingeführt werden konnte.
Der OLAF-Bericht ist jedoch nicht die alleinige Stütze der Begründung. Dieser Bericht ist wie die darin zu findenden Statistiken, die von der Bf. vorgelegten Unterlagen und Urkunden oder auch die Internetrecherche, nur ein Puzzleteil von Vielen, die für sich alleine stehend nicht restlos den Sachverhalt klären, aber in Summe aller Teile genau ein Gesamtbild ergeben, dass das Zollamt zu seiner Entscheidung bewogen hat.
Das Zollamt hat daher nach eingehender Prüfung des vorliegenden Sachverhaltes und vorliegenden Nachweise festgestellt, dass die Bearbeitung von den aus China importierten Stahlrohren der Unterposition 7304 11 nicht im Sinne des Art. 60 ZK iVm der Durchführungsvorschriften der Art. 31 ff ZK-DA und des Anhangs 22-01 ausreichten um einen nichtpräferenziellen Ursprung in Indien zu erlangen. Selbst wenn irgendeine Verarbeitung in Indien stattfand, so war sie nicht wesentlich und hat nicht die Kriterien für die Verleihung des indischen Ursprungs erfüllt. Daraus folgernd kann das Ursprungsland nur Volksrepublik China sein.
Im Übrigen wird auf die Begründung des bekämpften Bescheides verwiesen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die gemäß Art. 77 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 ZK für die Bf in der Sache entstandene Eingangsabgabenschuld zu Recht nachträglich buchmäßig erfasst und der Bf zu Recht mitgeteilt wurde.
"

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin begehrte eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom wurde dem Bundesfinanzgericht bekannt gegeben, dass die ***Vt*** mit der rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt worden sei.

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin vor:
"I. URKUNDENVORLAGE UND STELLUNGNAHME
In Ergänzung zu dem Vorlageantrag und Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, werden zwei Entscheidungen von Finanzgerichten von EU-Mitgliedsstaaten vorgelegt, die beide zum Ergebnis kamen, dass aufgrund schwerwiegender Ermittlungsfehler sowie wegen weitgehend bloß spekulativer Annahmen des Europäischen Rechnungshofes dessen Berichte im Zusammenhang mit den Stahl-Importen von indischem Stahl in den Jahren 2016 bis 2018 (Final Report Case Nr. OF/2016/0680/B1 vom [samt diversen Zwischenberichten]) kein Beweiswert für die nachträgliche Aberkennung der indischen Ursprungseigenschaft zukommt und wurden dementsprechend die entsprechenden nachträglichen buchmäßigen Erfassungen und Abgabenvorschreibungen aufgehoben.
1. Dies betrifft zum Einen das angeschlossene Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf (…) vom . Dieses Verfahren betraf Anmeldungen von Nahtlosrohren aus nicht-rostendem Stahl, kaltgezogen oder kaltgewalzter Unterposition 7304 4100 im Zeitraum Jänner - Oktober 2017 von der in Indien ansässigen Fa. (…) (
***4***").
1.1 Dieses Urteil betrifft daher denselben Zeitraum wie der hier verfahrensgegenständliche Bescheid betreffend Importe im Zeitraum zwischen und , und - zum Teil - auch denselben Lieferanten, woraus die Relevanz dieses Urteils für dieses Verfahren zwangsläufig folgt.
1.2 In dem Zusammenhang hat das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil S. 10) zunächst darauf verwiesen, dass im Abschlussbericht der OLAF vom festgehalten ist (S. 17 des englischen Berichts; S. 19 der dt. Sprachfassung), dass (nur!) "zumindest in Bezug auf die (...) ermittelten übereinstimmenden Sendungen" die betreffenden Nahtlosrohre chinesischen Ursprungs aus Indien in die EU wieder ausgeführt worden seien, ohne zuvor einer Be- oder Verarbeitung unterzogen worden zu sein.
Diese Behauptung im OLAF-Report bezieht sich daher nur auf die in dem OLAF-Bericht selbst angeführten "ermittelten übereinstimmenden Sendungen": weder im Abschlussbericht selbst, noch in den Anlagen dazu werden jedoch konkret jene Sendungen angeführt, die dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrunde liegen: insoweit hat das OLAF somit in seinem Abschlussbericht, einschließlich Anlagen, gerade keine "übereinstimmenden Sendungen" festgestellt.
Auch die im OLAF-Abschlussbericht selbst angeführten Tabellen von konkreten Sendungen beziehen sich gerade nicht auf Sendungen nach Österreich, schon gar nicht auf Sendungen der Fa.
***4*** (…) oder von ***3*** (…) an die Beschwerdeführerin.
Auf Grundlage des Abschlussberichtes im OLAF vom kann daher auch im konkreten Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die von der
***4*** (…) und/oder der Fa. ***3*** (…) aus der Volksrepublik China bezogenen Mutter-Rohre nicht von dieser bearbeitet worden sind.
1.3 Weiters verweist das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil S. 10) richtigerweise darauf, dass zwar auf S. 11 (englische Fassung des OLAF-Berichtes, 1. Absatz, S. 12 der dt. Sprachfassung) der Verdacht dargestellt wird, dass die aus der Volksrepublik China stammenden Mutterrohre als angeblich warmgefertigte Rohre der Unterposition 7304 49HS nach Indien eingeführt worden seien, während die Rohre in Wirklichkeit durch Warmlochen hergestellt und anschließend kaltgebildet worden seien. Auf derselben Seite des Berichtes muss jedoch das OLAF zugeben, dass trotz der intensiven Rückfragen bei den Behörden es gerade nicht gelungen ist, ein "deutliches und bestimmten Ausführern oder Versendern in Indien zuzuordnendes Muster eines Weiterversandes festzustellen" ("however, no clear pattern of transshipment relating to particular exporters/consignors for India was identified") nachzuweisen.
1.4 Wenn auf S. 13 des OLAF-Abschlussberichtes (S. 14 der dt. Sprachfassung) behauptet wird, dass sich aus chinesischen Statistiken ergäbe, dass angeblich nur kalt gefertigte Rohre aus der Volksrepublik China nach Indien ausgeführt worden seien, hingegen aus den indischen Statistiken sich ergäbe, dass angeblich nur warm gefertigte Rohre aus der Volksrepublik China nach Indien eingeführt worden seien und es daher laut OLAF wahrscheinlich sei, dass es sich bei den aus der Volksrepublik China stammenden Rohren um Fertigteilerzeugnisse gehandelt habe, die bei der Einfuhr nach Indien in betrügerischer Absicht als angebliche Halbfertigerzeugnisse (warm gefertigte Rohre) angemeldet worden seien, wird dieser vom OLAF geäußerte Verdacht nicht an konkreten Beispielen belegt, sondern lediglich aus Auswertungen aus zur Verfügung gestellten generellen Statistiken gestützt, die nicht näher belegt sind (so ausdrücklich das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil S. 10/11): diese Behauptung im OLAF-Bericht ist dabei eine reine, unbewiesene Spekulation.
In dem Zusammenhang ist auch auf den Erwägungsgrund 30 in der EU-Verordnung Nr. 2017/2093 zu verweisen, worin die EU-Kommission die Diskrepanz zwischen chinesischen und indischen Statistiken damit nachvollziehbar erklärt, dass nach den Regelungen der Volksrepublik China zur Erstattung von Mehrwertsteuer bei kalt geformten bestimmten nahtlosen Rohren eine Erstattung von 13% der Mehrwertsteuer vorgesehen sei, während bei warm gefertigten Rohren nur 9% Mehrwertsteuer erstattet werde: die EU-Kommission hat daher gerade diesen statistischen Unterschied keinerlei relevante Bedeutung den vom OLAF geäußerten Verdacht zugemessen.
1.5 Wenn OLAF dem auf S. 15 des Abschlussberichtes (S. 17 der dt. Sprachfassung)
***4*** behauptet, dass die Normen ASTM A 312 EN10216-5, die in den Beschreibungen der aus der Volksrepublik China nach Indien eingeführten Rohre für eine Menge von 879 Mio. Tonnen verwendet worden seien, für fertig hergestellte Rohre gelten würden, folgt daraus aber - wie das Finanzgericht Düsseldorf richtig ausführt (S. 11 des Urteils) - nicht zwangsläufig, dass die Mutterrohre von ***4*** nicht bearbeitet worden sind: vielmehr legt die in den Mill Test Certificates geführte Bezeichnung als "Motherpipes (redraw hollows)" die Annahme nahe, dass die Mutterrohre noch einer weiteren Bearbeitung bedurften, um als Fertigerzeugnisse unmittelbar verwendet werden zu können. Hiefür spricht (so richtig Finanzgericht Düsseldorf, Urteil S. 11) insbesondere auch die Darstellung des Bearbeitungsprozesses der Mutterrohre durch Krystal Steel in deren Schreiben vom (Anlage ./15 des OLAF-Abschlussberichtes) bzw. den in diesem Verfahren vorgelegten Schreiben von ***3*** (…) (bzw. deren Rechtsvertretung crowell moring) sowie den ebenfalls in diesem Verfahren bereits vorgelegten Production Reports und Final Inspection Reports.
1.6 Soweit OLAF in seinem Schlussbericht seine Behauptung, dass alle von der
***4*** (…) aus der Volksrepublik China nach Indien eingeführten Rohre kalt gefertigt worden seien, auf ein Gutachten eines Sachverständigen vom stützt, in dem der Sachverständige als Schlussfolgerung angenommen hat, dass Rohre mit einer Wanddicke von weniger als 7mm nicht in China warm gefertigt worden sein könnten, ist - worauf das Finanzgericht Düsseldorf mit Recht hinweist (Urteil S. 11/12) - zu betonen, dass "Feststellungen dazu fehlen, dass sämtliche von der ***4*** (…) aus der Volksrepublik China eingeführten Rohre eine Wanddicke von weniger als 7mm hatten, sodass die Schlussfolgerung des Sachverständigen nicht die Annahme begründen kann, alle von der ***4*** (…) eingeführten Rohre seien nicht warm gefertigt worden": denn der entsprechenden Tabelle im Anhang ./8 zum Abschlussbericht lassen sich nur vereinzelt Angaben zur Wanddicke der von ***4*** (…) eingeführten Rohre entnehmen. Und soweit sich solche Angaben aus der Tabelle ergeben, lassen sich diese Eintragungen nicht den in diesem hier anhängigen Verfahren in Rede stehenden Einfuhranmeldungen der Beschwerdeführerin zuordnen. Aus dem Schreiben der ***4*** (…) vom (Anhang ./15 des OLAF-Endberichts) ergibt sich lediglich, dass diese in der Regel Rohre mit Durchmesser von 33, 42, 48 und 60mm warm gefertigt oder halb warm gefertigt bezogen hatte.
Im Übrigen wird zu dem Umstand, dass die von
***4*** (…) eingeführten und bearbeiteten Mutterrohre als Halbprofile im Sinne des Anhangs 22-01 zu Waren der Unterposition 730441HS mit der Folge anzusehen sind, dass deren Bearbeitung ursprungsbegründet war, auf den 33. Erwägungsgrund zur Durchführungsverordnung 2017/2093 der EU-Kommission verwiesen: danach hat nämlich die Umgehungsuntersuchung der Kommission ergeben, dass die Waren durch die in Indien durchgeführte Kaltumformung wesentlich bearbeitet worden sind und sich während des Verfahrens die Abmessungen und materiellen, mechanischen sowie metallurgischen Eigenschaften verändert.
Und nichts Anderes gilt auch hinsichtlich den Ausführungen im OLAF-Schlussbericht bezüglich
***3*** (…).
Schließlich wird in dem Zusammenhang auf die vorgelegten Besuchsberichte von Mitarbeitern der Beschwerdeführerin verwiesen, die - anders als OLAF - tatsächlich vor Ort die Produktionsstätte der Lieferanten 2015 und 2017 besucht haben und jeweils festgestellt haben, dass dort die Mutter-Rohre tatsächlich grundlegend be- und verarbeitet werden und die Lieferanten auch über die dafür notwendigen Anlagen verfügen.
1.7 Die vom Hauptzollamt Dortmund gegen dieses Urteil erhobene Revision ist vom Bundesfinanzgericht zurückgewiesen bzw. nicht zugelassen worden, sodass dieses Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf rechtskräftig ist.
1.8 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Finanzgericht Düsseldorf in seinem angeschlossenen, rechtskräftigen Urteil mit Recht die Annahmen im OLAF-Schlussbericht als bloß spekulative, nicht belegte Ableitungen aus allgemeinen Handelsstatistiken qualifiziert hat, dieser Bericht jedoch keine konkreten Feststellungen zu konkreten Warenimporten aus Indien von der Fa.
***4*** (…) enthält und soweit in diesem Bericht vereinzelt konkrete Sendungen angeführt sind, diese nicht die hier verfahrensgegenständlichen Sendungen und Einfuhrzollanmeldungen betreffen.
Die angefochtene Abgabenvorschreibung kann daher nicht auf den OLAF-Bericht gestützt werden.
2. In Ergänzung zum klaren Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf wird das Urteil des Finanzgerichtes Venedig vom , Urteil Nr. 1361/2022, vorgelegt.
2.1 Auch dieses Gericht kam zum Schluss, dass der OLAF-Bericht kein ausreichendes Beweismittel für die Annahme der Abgabenbehörden ist, dass es sich bei dem Import von Stahlrohren aus Indien tatsächlich um Rohre chinesischen Ursprungs gehandelt hätte.
2.2 Dieses Gericht in Venedig hebt dabei völlig zu Recht hervor, dass die OLAF-Untersuchung sich im Wesentlichen nur auf statistische Daten bezieht, aus denen sich jedoch keine Rückschlüsse auf konkrete Warensendungen und die tatsächlich versendeten Waren und deren Eigenschaften sowie deren Ursprung und/oder das Ausmaß deren Bearbeitung in Indien schließen lassen - dies im Gegensatz zu den Ergebnissen der Umgehungsuntersuchung der Generaldirektion Handel der EU-Kommission, die dann in der Durchführungsverordnung Nr. 2017/2093 gemündet sind: denn die Untersuchung der Generaldirektion Handel der EU-Kommission hat die tatsächliche Art und das tatsächliche Ausmaß der Verarbeitung bei den indischen Herstellern untersucht, dies ganz im Gegensatz zu den Ermittlungen von OLAF, dass - worauf das Gericht in Venedig völlig zu Recht hinwies - es gar nicht für nötig befunden hat, den Weg einzelner Container von China nach Indien nachzuvollziehen, sondern sich damit begnügte, handelsstatistische Daten von China und Indien zu vergleichen.
2.3 Mit Recht kommt das Finanzgericht in Venedig dementsprechend zu dem Schluss, dass eine Untersuchung, die sich lediglich auf die Analyse von statistischen Daten beschränkt, im Vergleich zu Untersuchungen, die tatsächlich Vor-Ort-Überprüfungen durchgeführt hat, bei denen es zur Überprüfung und Beurteilung der tatsächlichen Produktions- und Verarbeitungssituation gekommen ist, einen deutlich geringeren Beweiswert hat.
2.4 Dementsprechend hat das Finanzgericht Venedig ebenfalls den auf den OLAF-Bericht gestützten Abgabenbescheid aufgehoben.
Beweis: beiliegendes Urteil des Finanzgerichts in Venedig

II. ANTRAG AUF UNTERBRECHUNG
1. Über Antrag des Finanzgerichtes Hamburg ist im Zusammenhang mit Import von Stahlrohren und der Frage des chinesischen Ursprungs ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH zu C-210/22 anhängig. Diesem Vorabentscheidungsersuchen liegen folgende Vorlagefragen zugrunde:
1. Erfasst der Begriff "Hohlprofile" in der Ursprungsregel zur Unterposition 7304 41HS vom Anhang 22-01 UZK Del.-VO 1015/2446 der EU-Kommission vom , die den Ursprungserwerb von "Wechsel von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49 HS abhängig macht (Hohlprofile-Ursprungsregel), warm gefertigtes Vormaterial der Unterposition 7304 49 HS, gerade und von gleichmäßiger Wanddicke, das die Anforderungen einer technischen Norm für nahtlose warm gefertigte Edelstahlrohre nicht erfüllt und aus dem durch Kaltverarbeitung Rohre mit anderem Querschnitt und anderer Wanddicke hergestellt werden?
2. Falls die erste Frage zu verneinen oder nicht zu beantworten ist: Verstößt die Hohlprofile-Ursprungsregel gegen Art. 60 Abs. 2, 284 UZK und 290 aeuV, weil
a) ihr die Begründung fehlt
b) sie zu unbestimmt ist, oder
c) Bearbeitungsvorgänge von der Ursprungsbegründung ausgeschlossen werden, die nach Art. 60. Abs. 2 UZK ursprungsbegründet wären?
3. Falls die zweite Vorlagefrage bejaht wird: Bestimmt sich der Ursprungserwerb von Waren der Unterposition 7304 41 HS im Ausgangsrechtsstreit nach der Ursprungsregel zur Unterposition 7304 41 HS von Anhang 22-01 UZK -Del.-VO "CTH", der Restregel zum Kapital 73 HS im Anhang 22-01 UZK-Del.-VO, oder nach Art. 60 Abs. 2 UZK?
2. Diesem Vorabentscheidungsersuchen liegt ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Ursprungsauskunft zugrunde, in dem dieses Hauptzollamt davon ausgegangen ist, dass es sich um in der Volksrepublik China hergestelltes Vormaterial handelt, das keiner ausreichenden Bearbeitung (im dort maßgeblichen Fall in Südkorea) unterzogen worden wäre.
Da im vorliegenden Fall die Frage der richtigen tarifarischen Einreihung - abgesehen von der vorstehend (I.) durch die vorgelegten Urteile des Finanzgerichtes Düsseldorf und des Finanzgerichtes in Venedig bestätigten Unschlüssigkeit und fehlenden Beweiskraft des OLAF-Berichtes - maßgebliche Bedeutung und Relevanz für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens zukommt, weil sich auch in diesem Verfahren das Zollamt auf Art. 22-01 UZK-Del. VO 1015/2445 stützt, wird daher beantragt, das Verfahren vor dem BFG bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-210/22 auszusetzen.
"

In der mündlichen Verhandlung verwies die Beschwerdeführerin auf eine in der Zwischenzeit ergangene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes in einem vergleichbaren Fall und legte Stellungnahmen vor, die in diesem (entschiedenen) Beschwerdeverfahren eingebracht worden sind. In diesen Stellungnahmen erläuterte die Beschwerdeführerin die Auswirkungen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs auf den dort anhängigen Fall und legte dar, dass nach dem Urteil die in Indien vorgenommenen Be- und Verarbeitungen (Kaltumformungen) ursprungsbegründend seien. Mit der weiteren Stellungnahme wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union die Abgabenbehörden anderer Mitgliedstaaten in vergleichbaren Fällen die Verfahren eingestellt bzw. die Vorschreibungen aufgehoben hätten. Die Beschwerdeführerin brachte weiter vor, der OLAF-Bericht und die darin verwerteten Importdaten bezögen sich nicht auf die verfahrensgegenständlichen Sendungen. Der Lieferant habe tatsächlich über Maschinen für die Kaltbearbeitung verfügt, das habe auch das Zollamt in der mündlichen Verhandlung im vergleichbaren Fall bestätigt. Die belangte Behörde hingegen führte aus, vorhandene Maschinen für die Kaltbearbeitung träfen keine Aussage über eine tatsächlich erfolgte Bearbeitung. In Indien hätten Umladungen stattgefunden und es seien kaltgefertigte Rohre aus China eingeführt worden. Nur der Wortlaut der Warenbeschreibung in der Rechnung und im Zertifikat weise auf warmgefertigte Rohre aus China hin, aus den technischen Daten ließe sich das nicht ableiten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

Mit der Warenanmeldung zu ***2*** vom wurden für die Beschwerdeführerin "Rohre aus rostfreien Stahl" in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt. Als Ursprungsland der Ware wurde in der Warenanmeldung Indien angegeben. Verkäufer der Rohre war die in Indien ***3***. Dieses Unternehmen ist auch im Feld 2 der Anmeldung (Versender/Ausführer) ausgewiesen. Die abgefertigten Rohre wurden in die Warennummer 7304 4100 91 eingereiht.

Das indische Unternehmen hat in Indien und in der Volksrepublik China warmgefertigte Rohre (Mutterrohre) zugekauft und diese in ihrem Unternehmen weiterbearbeitet; die warmgefertigten Rohre sind im indischen Unternehmen einer Kaltbearbeitung (Kaltumformung) unterzogen worden.

Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 der Kommission vom zur Einstellung der Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1331/2011 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China durch aus Indien versandte Einfuhren, ob als Ursprungserzeugnis Indiens angemeldet oder nicht, und zur Einstellung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/272 der Kommission eingeführten zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren wurde die Umgehungsuntersuchung, ob die Antidumpingmaßnahmen gegenüber Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China über Indien umgangen würden, eingestellt. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich vom bis zum . Für den Zeitraum bis zum wurden ausführliche Informationen eingeholt, um die mögliche Untergrabung der Abhilfewirkung der geltenden Maßnahmen und das Vorliegen von Dumping zu untersuchen. Im Rahmen der Untersuchung wurde auch die ***3*** überprüft und bei diesem Unternehmen ein Kontrollbesuch durchgeführt.

Im September 2016 eröffnete OLAF aufgrund einer Information eine Prüfung darüber, ob nahtlose Rohre aus rostfreiem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China bei den Einfuhren in das Zollgebiet der Europäischen Union als Ursprungserzeugnisse Indiens angemeldet werden. Aus den über diese Prüfung erstellten Abschlussbericht lässt sich klar und deutlich der Schluss ziehen, dass dafür auch die Export- und Importstatistiken der Jahre 2005 bis 2015 ausgewertet worden sind. Den Gegenüberstellungen der vom indischen Unternehmen aus China importierten Rohre und der von diesem in weiterer Folge exportierten Rohre liegen die Jahre 2016 bis 2018 zu Grunde.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Der Verkäufer der verfahrensgegenständlichen Rohre standen aufgrund der vorgelegten Unterlagen (Rechnungen, Lieferscheine, Atteste, etc.) und aufgrund der Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig fest. Fest stand auch, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin importierten Rohren um nahtlose Edelstahlrohre gehandelt hat, die im Unternehmen des Verkäufers einer Kaltfertigbearbeitung unterzogen worden sind. Etwaigen gegenteiligen Überlegungen und Behauptungen, wonach die vom indischen Unternehmen aus China importierten Rohre ohne weitere Be- oder Verarbeitung in Indien exportiert worden seien, war nicht zu folgen. Zum einen sind die diesbezüglichen Ausführungen im Abschlussbericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und im angefochtenen Bescheid sehr vage. Zum anderen wird im genannten Abschlussbericht ausgeführt, es sei kein eindeutiger Hinweis auf eine allgemeine Umladung gefunden worden. Die in den diesbezüglichen Ausführungen im Abschlussbericht enthaltenen Beispiele beziehen sich im Fall von ***3*** auf Sendungen im Jänner 2016 nach Rumänien. Somit konnten sich diese Ausführungen nicht auf die verfahrensgegenständliche Lieferung beziehen. Die Anlage 6 zum Abschlussbericht (Aufstellung der Sendungen, wo es bloß zu Umladungen gekommen sein soll) weist insgesamt fünf Sendungen nach Österreich aus. Bei diesen Sendungen ist anlässlich der Einfuhr nach Indien eine andere Dimension angegeben als beim Export; bei einer Veränderung der Rohrdimensionen ist eine bloße Umladung auszuschließen und eine Bearbeitung in Indien muss stattgefunden haben.

Die Feststellung, das indische Unternehmen hätte Rohre der Position 7304 aus China eingeführt und Rohre der Position 7304 in die Europäische Union exportiert, lässt unter Berücksichtigung der nachstehenden Erwägungen ebenfalls nicht den Schluss zu, dass das indische Unternehmen die Rohre nicht be- oder verarbeitet hätte.

Im Abschlussbericht geht selbst OLAF (auch) von einer Bearbeitung der Rohre durch das ndische Unternehmen aus; wenn OLAF unter den Punkten 2.4.1, 2.6 und 6. damit argumentiert, dass die von den beiden indischen Unternehmen angeblich vorgenommenen Bearbeitungen nicht den einschlägigen Ursprungsregeln entsprächen, wird damit eine Be- oder Verarbeitung in Indien nicht ausgeschlossen. Denn wenn die aus China importierten Rohre vom und im indischen Unternehmen nicht be- oder verarbeitet worden wären, dann hätten sich Erwägungen darüber erübrigt, ob diese ursprungsbegründend sind. Das indische Unternehmen hat in einer Stellungnahme OLAF gegenüber angegeben, über die für die eine Kaltbearbeitung der Rohre erforderlichen Maschinen und Einrichtungen zu verfügen und die aus China importierten Rohre in ihrem Unternehmen entsprechend bearbeitet zu haben. Darüber hinaus haben Vertreter der Beschwerdeführerin - wie in der im angefochtenen Bescheid genannten Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom vorgebracht - vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen (im Jänner 2015) und im März 2017 Dienstreisen zum indischen Lieferanten vorgenommen. In diesen darüber angelegten Vermerken wird ausgeführt, dass das Unternehmen über Ziehbänke und Pilgermaschinen verfügte. Der Vermerk über die Dienstreise im Jänner 2015 enthält darüber hinaus Fotos über derartige Anlagen, sodass diese von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen auch ein Indiz für eine Be- oder Verarbeitung durch das indische Unternehmen sind. Die belangte Behörde selbst führt im angefochtenen Bescheid aus, dass die ***3*** über die technischen Möglichkeiten und das Personal verfügt habe, um kaltgefertigte Rohre herzustellen.

Für eine Be- oder Verarbeitung der aus China importierten Rohre durch das indische Unternehmen sprechen auch die Erwägungen der Kommission zu der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093. Aus diesen geht klar und eindeutig hervor, dass die Rohre vom indischen Unternehmen be- oder verarbeitet worden sind. Auch aus einer Mitteilung eines Prüfers des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung vom an die österreichischen Behörden lässt sich ableiten, dass es sich nicht um eine klassische Umladung gehandelt habe und es keine konkreten Übereinstimmungen zwischen den Exporten aus Indien und den Importen aus China gegeben habe; daher habe OLAF die Ursprungsregeln überprüft.
Aus den vorstehenden Erwägungen erachtete es das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass die verfahrensgegenständlichen Rohre in Indien eine (Kalt)Bearbeitung erfahren haben.

Ebenso erwiesen war für das Bundesfinanzgericht, dass vom indischen Unternehmen warmgefertigte Rohre be- oder verarbeitet worden sind. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom Unterlagen (Rechnungen, Mill Test Certificate, Lieferscheine, etc.) des chinesischen Lieferanten vorgelegt. Aus diesen geht nicht nur hervor, dass der indische Lieferant der Beschwerdeführerin die Mutterrohre (auch) in China bezogen hat, sondern auch, dass es sich bei den von China nach Indien gelieferten Rohren um warmgefertigte Rohre gehandelt hat (argumentum: "hot finished"). Diese Unterlagen weisen auch bei Rohren mit der Norm ASTM A 312 auf warmgefertigte Erzeugnisse hin. Die Beschreibung einer Ware in Handelsdokumenten ist - entgegen den Angaben der belangten Behörde - nach allgemeiner Lebenserfahrung ein klarer und eindeutiger Hinweis für deren Beschaffenheit.
***3*** gab in ihrer Stellungnahme an das OLAF an, ausschließlich warmgewalzte Rohre aus China importiert zu haben und bestreitet auch die von OLAF gemachte Äußerung, die aus China importierten Rohre könnten anlässlich der Einfuhren nach Indien fälschlicherweise als warmgefertigte Rohre bezeichnet worden sein.

Aufgrund der Ausführungen im Abschlussbericht und der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen war für das Bundesfinanzgericht erwiesen, dass das indische Unternehmen warmgefertigte Rohre aus China zugekauft hat. Die Ausführungen im Abschlussbericht, wonach es (im Hinblick auf die chinesischen Statistiken, die von Lieferungen kaltgefertigter Rohre nach Indien aufgingen) wahrscheinlich sei, dass die aus China importierten Rohre in Indien fälschlicherweise als warmgefertigte Rohre deklariert worden seien, vermochten aus den vorstehenden Gründen und auch aus den nachfolgenden Erwägungen nicht zu überzeugen. Denn Belege für diese Vermutung konnte das OLAF nicht vorlegen. Die Kommission hat in den Erwägungen zu der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 diese Diskrepanz damit erklärt, dass nach den Regelungen der Volksrepublik China beim Export von kaltgeformten nahtlosen Rohren eine Erstattung von 13% Mehrwertsteuer vorgesehen sei, während bei warmgefertigten Rohren nur 9% Mehrwertsteuer erstattet würden (30. Erwägungsgrund). Nach den genannten Erwägungen hätten die Prüfungen bestätigt, dass die indischen Hersteller fast ausschließlich warmgefertigte Rohre erworben haben und die Kaltumformung in Indien vorgenommen haben (31. Erwägungsgrund). Diese Angaben hatten nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes einen höheren Wahrheitsgehalt als die nicht näher begründeten Ausführungen im Abschlussbericht des OLAF. Denn während sich OLAF auf chinesische Ausfuhrstatistiken und auf indische Einfuhrstatistiken stützte, waren die überprüften Informationen der indischen Hersteller und die Überprüfung aller ihr zur Verfügung stehenden Informationen Grundlagen für die Schlussfolgerungen der Kommission. Darüber hinaus hat die Kommission keine Belege dafür gefunden, dass die Rohre bereits in China kalt bearbeitet worden sind. Die Art des überprüften indischen Herstellungsverfahrens spricht gegen Einfuhren von bereits kalt bearbeiteten Rohren aus China (Erwägungsgründe 60 ff).

Zu der genannten Durchführungsverordnung (EU) 2017/2093 führt das OLAF im Abschlussbericht aus, die mit der Durchführungsverordnung erfolgte Einstellung sei nicht aufgrund der Ursprungsregeln sondern aufgrund der Bestimmungen der Anti-Dumpinggrundverordnung erfolgt und daher hätten die Schlussfolgerungen der Durchführungsverordnung keine Auswirkungen auf die Untersuchung durch das OLAF. Das lässt sich auch aus der bereits genannten Mitteilung vom eines Prüfers des OLAF an die österreichischen Behörden ableiten. Nach den darin enthaltenen Ausführungen basiert der Abschlussbericht des OLAF auf der Feststellung, für die Verleihung des indischen Ursprungs dürfe kein Material ohne Ursprungseigenschaft verwendet werden, das der Position 7304 zugeordnet werden könne.
Auch daraus ließ sich für das Bundesfinanzgericht ableiten, dass OLAF seine Feststellungen im Wesentlichen auf der Grundlage der Ursprungsregeln getroffen hat und somit die von der Kommission betreffend Warenfluss, Be- oder Verarbeitungsvorgänge, etc. getroffenen Feststellungen nur in Frage gestellt hat, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte und Nachweise für diese Vermutungen geliefert hat. Während sich die Feststellungen der Kommission auf Überprüfungen und Besuche der indischen Unternehmen stützen, basieren die diesbezüglichen Ausführungen im Abschlussbericht des OLAF auf Auswertungen von chinesischen Export- und indischen Importstatistiken. Zu der vom indischen Unternehmen abgegebenen Stellungnahmen kam das OLAF zu dem Schluss, diese hätte Rohre (und nicht Hohlprofile) aus China importiert und daher seien die Ursprungsregeln nicht eingehalten worden.

Gestützt wird der vom Bundesfinanzgericht als erwiesen erachtete Sachverhalt auch durch das Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf vom , 4 K 3205/20 Z. In diesem (vergleichbaren) Fall ist auch von einer Kaltbearbeitung der aus China eingeführten warmgefertigten Rohre durch das jeweilige Unternehmen ausgegangen worden und den Ausführungen im Abschlussbericht des OLAF ist nicht gefolgt worden. Die dagegen vom Hauptzollamt erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom , VII B 157/21, als unbegründet zurückgewiesen worden.

Ob die verfahrensgegenständlichen Rohre durch die Bearbeitung durch das und in dem indischen Unternehmen zu Ursprungserzeugnissen Indiens geworden sind, wird nachfolgend zu überprüfen sein.

Die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Kapitel 73 (Waren aus Eisen und Stahl) lauten (auszugsweise):
"Im Sinne dieses Kapitels gelten als:
1) Rohre
Konzentrische Hohlerzeugnisse, mit über die gesamte Länge gleichbleibendem, nur einen einzigen geschlossenen Hohlraum aufweisenden Querschnitt derselben inneren und äußeren Form. Rohre aus Stahl haben grundsätzlich einen kreisförmigen, ovalen, quadratischen oder rechteckigen Querschnitt, können aber auch die Form eines gleichseitigen Dreiecks oder eines regelmäßig konvexen Vielecks aufweisen. Als Rohre gelten ebenfalls Erzeugnisse mit anderem als kreisförmigen Querschnitt mit über die ganze Länge abgerundeten Kanten sowie Rohre mit gestauchten Enden. Sie können poliert, überzogen, gebogen (einschließlich Rohrschlangen), mit Gewinde versehen (auch mit Muffen), gelocht, eingezogen, aufgeweitet, konisch oder mit Flanschen, Schellen oder Ringen versehen sein.
2) Hohlprofile
Hohlerzeugnisse, die der vorstehenden Begriffsbestimmung nicht entsprechen, hauptsächlich solche, deren äußere und innere Querschnitte nicht dieselbe Form aufweisen.
"

Die verfahrensgegenständlichen Rohre waren anlässlich der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr in die Unterposition 7304 41 des Harmonisierten Systems einzureihen. Bei den vom indischen Unternehmen aus China bezogenen Waren hat es sich (unbestritten) um Rohre im Sinne der vorstehenden Erläuterungen gehandelt, denn diese wiesen nach den Angaben in den Einkaufsunterlagen einen gleichbleibenden äußeren und inneren Querschnitt auf. Die warmgefertigten, vom indischen Lieferanten aus China bezogenen Mutterrohre sind in die Unterposition 7404 49 des Harmonisierten Systems einzureihen.

Gemäß Art. 60 Abs. 2 UZK gelten Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder Gebiet beteiligt ist, als Ursprungswaren des Landes oder Gebiets, in dem sie der letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen wurden, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt.

Art. 62 UZK bestimmt:
"Die Kommission wird ermächtigt, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 284 zu erlassen, in denen die Regeln festgelegt werden, nach denen Waren, deren Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs für die Anwendung der in Artikel 59 genannten Unionsmaßnahmen erforderlich ist, gemäß Artikel 60 als in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt oder als in einem Land oder Gebiet der letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt, unterzogen angesehen werden."

Art. 32 (Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder Gebiet beteiligt ist (Artikel 60 Absatz 2 des Zollkodex)) der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK-DA) lautet:
"In Anhang 22-01 aufgeführte Waren gelten als Waren, die ihrer letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung, die zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt, in dem Land oder Gebiet unterzogen wurden, in dem die in diesem Anhang aufgeführten Regeln erfüllt sind oder (…) das durch die Regeln ermittelt wird."

Anhang 22-01 bestimmt (auszugsweise):
"Einleitende Anmerkungen und Liste der wesentlichen Be- oder Verarbeitungsprozesse, aus denen sich ein nichtpräferenzieller Ursprung ergibt
EINLEITENDE ANMERKUNGEN
1. Begriffsbestimmungen
(…)
2. Anwendung der Regeln in diesem Anhang
2.1. Die in diesem Anhang aufgeführten Regeln sind auf die Waren auf Grundlage ihrer Einreihung in das Harmonisierte System sowie weiterer Kriterien, die gegebenenfalls speziell für die Zwecke dieses Anhangs zusätzlich zu den Positionen oder Unterpositionen des HS vorgegeben werden, anzuwenden. Eine Position oder Unterposition des Harmonisierten Systems, die aufgrund solcher Kriterien weiter untergliedert wurde, wird in diesem Anhang als "Teilposition" oder "Teilpositionen" bezeichnet. "Harmonisiertes System" bezeichnet das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (auch bezeichnet als "HS") in seiner aufgrund der Empfehlungen des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens vom und vom geänderten Fassung.
Die Einreihung von Waren in Positionen und Unterpositionen des Harmonisierten Systems erfolgt nach Maßgabe der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS und der jeweiligen Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS. Diese Vorschriften und Anmerkungen sind Teil der Kombinierten Nomenklatur, die in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates enthalten ist. Für die Bestimmung einer korrekten Teilposition oder Unterposition für bestimmte Waren dieses Anhangs sind die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS und die jeweiligen Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS sinngemäß anzuwenden, soweit in diesem Anhang nichts anderes bestimmt ist.
(…)
3. Glossar
Die Primärregeln auf Untergliederungsebene können, wenn sie auf einer Änderung der zolltariflichen Einreihung basieren, durch folgende Kürzel wiedergegeben werden:
(…)
CTH: Wechsel zu der betreffenden Position von jeder anderen Position
(…)
KAPITEL 73
Waren aus Eisen oder Stahl
(…)
Restregel zum Kapitel
Kann das Ursprungsland nicht durch Anwendung der Primärregeln bestimmt werden, so ist das Ursprungsland der Ware das Land, in dem der - gemessen am Wert - größere Teil dieser Vormaterialien seinen Ursprung hat.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
HS-Code…
Warenbezeichnung
Primärregeln
(…)
7404
Rohre und Hohlprofile, nahtlos, aus Eisen (ausgenommen Gusseisen) oder Stahl
Wie für die Unterpositionen angegeben
(…)
- andere, mit kreisförmigen Querschnitt, aus nicht rostendem Stahl
7304 41
-- kaltgezogen oder kaltgewalzt
CTH; oder Wechsel von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49
7304 49
-- andere
CTH
(…)

(…)"

Nach der Primärregel gelten Rohre und Hohlprofile der Unterposition 7304 41 des Harmonisierten Systems (und somit Rohre wie die verfahrensgegenständlichen) als Ursprungswaren des Landes, in dem sie durch Kaltziehen oder Kaltwalzen (Kaltumformung) hergestellt worden sind, wenn sie entweder aus Waren, die unter eine andere Position des Harmonisierten Systems fallen, oder aus Hohlprofilen der Unterposition 7304 49 des Harmonisierten Systems hergestellt worden sind.

Zu dieser Regelung hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom , C-210/22, ausgeführt:
"Zur zweiten Frage
50 Die zweite Frage betrifft die Gültigkeit des Kriteriums für Hohlprofile aufgrund des Ausschlusses des Ursprungserwerbs von Waren der Unterposition 7304 41 HS, die kalt aus Rohren der Unterposition 7304 49 HS hergestellt werden. Dieses Kriterium stellt jedoch nur eins der beiden alternativen Kriterien der Primärregel dar, die beide einen solchen Ursprungserwerb dieser Waren ausschließen.
51 Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage den Gerichtshof im Wesentlichen ersucht, sich zur Gültigkeit der Primärregel im Hinblick auf Art. 290 AEUV, den Grundsatz der Rechtssicherheit und Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex zu äußern.
52 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 62 des Zollkodex die Kommission ermächtigt wird, delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen die Regeln festgelegt werden, nach denen Waren gemäß Art. 60 des Zollkodex als in einem Land oder Gebiet der letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt, unterzogen angesehen werden. Mit diesen Rechtsakten soll genauer bestimmt werden, wie die in Art. 60 des Zollkodex genannten abstrakten Kriterien in konkreten Situationen auszulegen und anzuwenden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Renesola UK, C-209/20, EU:C:2021:400, Rn. 33).
53 Die Ausübung dieser Befugnis der Kommission unterliegt jedoch, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, bestimmten Anforderungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Renesola UK, C-209/20, EU:C:2021:400, Rn. 34). Die mit einer delegierten Verordnung verfolgten Ziele müssen geeignet sein, ihren Erlass zu rechtfertigen, die Verordnung muss dem für einen solchen Rechtsakt vorgeschriebenen Begründungserfordernis genügen, und die Beurteilungen der Kommission zur Bestimmung des Ursprungslands der Waren, auf die diese Verordnung anwendbar ist, dürfen in Anbetracht von Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex nicht mit einem Rechtsfehler oder mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Renesola UK, C-209/20, EU:C:2021:400, Rn. 40 und 42).
54 Der Ursprung der betreffenden Waren ist nämlich jedenfalls anhand des entscheidenden Kriteriums der "letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung" der Waren zu bestimmen. Dieser Ausdruck ist so zu verstehen, dass er auf den Schritt des Herstellungsverfahrens verweist, in dem diese Waren ihre künftige Verwendung sowie besondere Eigenschaften und eine spezifische Beschaffenheit erlangen, die sie vorher nicht hatten und die nicht dazu bestimmt sind, später erhebliche qualitative Änderungen zu erfahren (Urteil vom , Renesola UK, C-209/20, EU:C:2021:400, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Die gerichtliche Prüfung der Begründetheit einer Bestimmung eines Rechtsakts wie Anhang 22-01 der Delegierten Verordnung 2015/2446 kann sich auf die Frage erstrecken, ob der Kommission unabhängig von einem Rechtsfehler unter Berücksichtigung der Umstände der betreffenden konkreten Situation bei der Durchführung von Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Renesola UK, C-209/20, EU:C:2021:400, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56 Daraus folgt, dass die Kommission zwar bei der Anwendung der allgemeinen Kriterien von Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex auf besondere Be- und Verarbeitungen über einen Beurteilungsspielraum verfügt; sie darf jedoch ohne objektive Rechtfertigung nicht völlig verschiedene Lösungen für gleichartige Be- oder Verarbeitungsvorgänge vorsehen (vgl. entsprechend Urteil vom , Cousin u. a., 162/82, EU:C:1983:93, Rn. 21).
57 In Bezug auf das in der Primärregel vorgesehene Kriterium des Wechsels der Tarifposition hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es nicht genügt, die Kriterien für die Bestimmung des Warenursprungs der tariflichen Einordnung der verarbeiteten Waren zu entnehmen, da der gemeinsame Zolltarif für eigene Zwecke und nicht für die Bestimmung des Warenursprungs geschaffen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Hoesch Metals and Alloys, C-373/08, EU:C:2010:68, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58 Obwohl der durch die Verarbeitung einer Ware herbeigeführte Wechsel ihrer Tarifposition für ihre wesentliche Be- oder Verarbeitung spricht, kann auch ohne einen solchen Positionswechsel eine wesentliche Be- oder Verarbeitung gegeben sein. Das Kriterium des Wechsels der Tarifposition erfasst die meisten Sachverhalte, ermöglicht jedoch nicht, alle Sachverhalte festzustellen, in denen eine wesentliche Be- oder Verarbeitung der Ware vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Hoesch Metals and Alloys, C-373/08, EU:C:2010:68, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 So sieht die Primärregel, um den Ursprung von Waren der Unterposition 7304 41 HS zuzuerkennen, neben dem Kriterium des Wechsels der Tarifposition das Kriterium des Wechsels von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49 HS vor, mit dem das erste Kriterium vervollständigt und berichtigt werden soll (vgl. entsprechend Urteil vom , Cousin u. a., 162/82, EU:C:1983:93, Rn. 17).
60 In Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht ist jedoch festzustellen, dass das Hohlprofile-Kriterium eine Ungleichbehandlung begründet. Nach diesem Kriterium bestimmt nämlich die Kaltumformung eines Erzeugnisses der Unterposition 7304 49 HS, dessen äußere und innere Querschnitte nicht dieselbe Form aufweisen und das somit ein "Hohlprofil" im Sinne der Erläuterungen zum HS zu dessen Kapitel 73 darstellt, in ein Erzeugnis mit den gleichen Formen, dessen Eigenschaften aber aufgrund dieser Formgebung unterschiedlich sind und das somit auch ein "Hohlprofil" im Sinne dieser Erläuterungen darstellt, den Ursprung des Enderzeugnisses, so dass dieses als Ergebnis einer "wesentlichen Be- oder Verarbeitung" im Sinne von Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex gilt. Hingegen bestimmt die Kaltumformung eines eben falls zu Unterposition 7304 49 HS gehörenden Erzeugnisses, das ein konzentrisches Hohlerzeugnis mit einem Querschnitt derselben inneren und äußeren Form ist und somit ein "Rohr" im Sinne der Erläuterungen zum HS zu dessen Kapitel 73 darstellt, in ein Erzeugnis mit denselben Formen, dessen Eigenschaften aber aufgrund dieser Formgebung auch unterschiedlich sind und das somit ein anderes "Rohr" im Sinne dieser Erläuterungen darstellt, nicht den Ursprung des Enderzeugnisses. Nach dem Hohlprofile-Kriterium gilt somit nur das letztgenannte Erzeugnis nicht als das Ergebnis einer wesentlichen Verarbeitung im Sinne von Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex.
61 Da die Kommission keine überzeugende Rechtfertigung zur objektiven Erklärung der unterschiedlichen Behandlung von Rohren auf der einen und Hohlprofilen auf der anderen Seite, die alle zur Unterposition 7304 41 HS gehören und aus Erzeugnissen der Unterposition 7304 49 HS hergestellt wurden, angeführt hat, erscheint es widersprüchlich und diskriminierend, dass nach der Primärregel die Kaltumformung den Ursprung von Hohlprofilen unter Rückgriff auf ein alternatives Kriterium bestimmen kann, während die gleiche Art der Umformung, wird sie bei Rohren angewandt, deren Ursprung nur unter Rückgriff auf ein einziges, erheblich strengeres Kriterium bestimmen kann (vgl. entsprechend Urteil vom , Cousin u. a., 162/82, EU:C:1983:93, Rn. 17).
62 Diese Schlussfolgerung wird durch die Feststellung im 33. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung 2017/2093 bestätigt, wonach Rohre durch ihre Kaltumformung wesentlich be- und verarbeitet werden. Diese Feststellung beruht nämlich auf der Beobachtung, dass die Kaltumformung irreversible Änderungen in Bezug auf die materiellen, mechanischen und metallurgischen Eigenschaften von Rohren mit sich bringt. Solche Änderungen können aber den Warenursprung bestimmen, wie sich aus der in Rn. 54 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt.
63 Zudem beruht die gegenteilige Behauptung der Kommission im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens, wonach eine Kaltumformung die metallurgischen Eigenschaften von Rohren nicht verändere, auf keiner objektiv nachprüfbaren Grundlage und wird jedenfalls durch die Ausführungen in Nr. IV Buchst. B Abs. 2 des Abschnitts "Allgemeines" der Erläuterungen zum HS zu dessen Kapitel 72 widerlegt.
64 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass, soweit die Primärregel es ausschließt, dass der Wechsel der Tarifposition, der sich aus der Verarbeitung von Rohren der Unterposition 7304 49 HS zu kaltgezogenen oder kaltgewalzten Rohren und Hohlprofilen, nahtlos, aus Eisen (ausgenommen Gusseisen) oder Stahl der Unterposition 7304 41 HS, ergibt, Letzteren die Eigenschaft von Erzeugnissen mit Ursprung in dem Land verleiht, in dem dieser Wechsel stattgefunden hat, sie nicht mit Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex vereinbar ist, so dass die Kommission mit dem Erlass dieser Regel einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.
65 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Primärregel ungültig ist, soweit sie es ausschließt, dass bestimmte Tätigkeiten einem Erzeugnis die Eigenschaft eines Erzeugnisses mit Ursprung in dem Land, in dem diese Tätigkeiten stattgefunden haben, verleihen, obwohl entsprechende Tätigkeiten den Ursprungserwerb für ähnliche Erzeugnisse bestimmen (vgl. entsprechend Urteil vom , Cousin u. a., 162/82, EU:C:1983:93, Rn. 20 und 21).
66 Folglich ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Primärregel ungültig ist, soweit sie es ausschließt, dass der Wechsel der Tarifposition, der sich aus der Verarbeitung von Rohren der Unterposition 7304 49 HS zu kaltgezogenen oder kaltgewalzten Rohren und Hohlprofilen, nahtlos, aus Eisen (ausgenommen Gusseisen) oder Stahl der Unterposition 7304 41 HS, ergibt, Letzteren die Eigenschaft von Erzeugnissen mit Ursprung in dem Land verleiht, in dem dieser Wechsel stattgefunden hat.
Zur dritten Frage
67 Die dritte Frage beruht auf der Prämisse, dass die Primärregel zumindest in Bezug auf das Kriterium des Wechsels von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49 ungültig ist. Aus der Antwort auf die zweite Frage ergibt sich aber, dass dieses Kriterium der Primärregel nur ungültig ist, soweit es den Wechsel von Rohren der Unterposition 7304 49 HS von der Bestimmung des Ursprungs eines Enderzeugnisses der Unterposition 7304 41 HS ausnimmt, was bedeutet, dass die Primärregel auch für einen solchen Wechsel gilt. Daher ist die dritte Frage nicht zu beantworten.
"

Nach der zuletzt genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union umfasst die Hohlprofile-Ursprungsregel auch die Möglichkeit des Einsatzes von Rohren der Unterposition 7304 49 des Harmonisierten Systems (vgl. Felderhoff, AW-Prax 2023, 604). Das bedeutet, dass die Primärlistenregel auch für eine Änderung von Rohren der Unterposition 7304 49 des Harmonisierten Systems (und somit nicht nur für eine Änderung von Hohlprofilen der Unterposition 7304 49 des Harmonisierten Systems) gelten muss. Die Ursprungsregel für Waren der Unterposition 7304 41 des Harmonisierten Systems ist daher wie folgt zu verstehen: CTH; oder Wechsel von Hohlprofilen oder Rohren der Unterposition 7304 49 (vgl. Harden, ZfZ 2024, 22).

Bei den von ***3*** zugekauften Erzeugnissen hat es sich um warmgefertigte Rohre der Unterposition 7304 49 des Harmonisierten Systems gehandelt. Diese Rohre wurden im genannten Unternehmen einer Kaltbearbeitung unterzogen und daraus Erzeugnisse der Unterposition 7304 41 des Harmonisierten Systems hergestellt. Durch die Umwandlung von Rohren der Unterposition 7304 49 zu Rohren der Unterposition 7304 41 des Harmonisierten Systems hat das indische Unternehmen die Rohre einer letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung im Sinne der einschlägigen Bestimmungen unterzogen. Durch diese Bearbeitung gelten die Rohre - selbst wenn für deren Herstellung Mutterrohre chinesischen Ursprungs verwendet worden sind - als Ursprungserzeugnisse Indiens. Das mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom vorgelegte Ursprungszeugnis weist daher zu Recht als Ursprungsland der verfahrensgegenständlichen Rohre Indien aus.

Die Angabe des Ursprunglandcodes "IN" für Indien in der gegenständlichen Warenanmeldung erfolgte daher zu Recht. Die Eingangsabgaben wurden daher anlässlich der Überführung in den freien Verkehr in richtiger Höhe erfasst. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche buchmäßige Erfassung lagen nicht vor, der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf die in einem vergleichbaren Fall ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Gegenstand dieser Rechtsprechung war die Auslegung der verfahrensgegenständlich einschlägigen Ursprungsregel. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind daher im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 60 Abs. 2 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 62 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 32 UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1
Anhang 22 bis 01 UZK-IA, DVO 2015/2447, ABl. Nr. L 343 vom S. 558
Verweise
EuGH, C-210/22
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200035.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at