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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2024, RV/7100708/2024

Energiekostenbeitrag Strom - verfassungskonform

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2853/2024 anhängig.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7100708/2024-RS1
wie RV/7100706/2024-RS2
Das Bundesfinanzgericht hegt keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des EKBSG, die zu einem Aufhebungsantrag gemäß Art 89 Abs 2 B-VG Anlass geben würden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Aloisia Bergauer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH, Teinfaltstraße 8-8A Tür 5.01, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung Energiekrisenbeitrag Strom für den Zeitraum -, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, tätig. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO den Antrag, den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) nach dem Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG), BGBl. I Nr. 220/2022, für den Zeitraum bis mit Null festzusetzen und den für diesen Zeitraum selbst bemessenen, am entrichteten EKB-S in Höhe von 540.340,16 Euro zurückzuzahlen.

Die belangte Behörde wies den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom ab und führt begründend aus, dass der Antrag zwar fristgerecht eingebracht worden sei, § 201 BAO aber stets voraussetze, dass der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet sei, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gebe oder dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweise. Daraus folge, dass keine Festsetzung der Abgabe erfolgen dürfe, wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung - wie im gegenständlichen Fall - als richtig erweise. In einem solchen Fall sei der Antrag auf Festsetzung abzuweisen (vgl. ).

In ihrer fristgerecht am eingebrachten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Verfassungswidrigkeit des EKBSG geltend.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insb. der Windenergie, tätig und berechnete für die Monate Dezember 2022 bis Juni 2023 den EKB-S selbst. Die Selbstberechnung der Abgabe ist richtig.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und sind unstrittig. Die Richtigkeit der Selbstberechnung ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde sowie aus der Abweisung des Antrages auf Festsetzung des EKB-S mit 0,00 Euro durch die belangte Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Beschwerdeführerin verweist zunächst darauf, dass die Abweisung des Antrages auf Festsetzung des EKB-S mit 0,00 Euro durch die belangte Behörde unrichtig sei. Die belangte Behörde argumentiere die Abweisung des Antrages auf Festsetzung des EKB-S damit, dass eine Festsetzung der Abgabe nur erfolgen dürfe, wenn der Abgabepflichtige trotz Verpflichtung keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekanntgeben, oder wenn die bekanntgegebene Selbstberechnung falsch sei.

Ordnen gemäß § 201 Abs. 1 BAO die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Wie die Beschwerdeführerin selbst anführt, "erweist sich der im gegenständliche Fall selbstberechnete, bekannt gegebene und abgeführte Betrag als [...] der derzeitigen gesetzlichen Lage entsprechend". Damit erfolgte aber die Abweisung des Antrages auf Festsetzung des EKB-S mit 0,00 Euro zu Recht.

Die Beschwerdeführerin vermeint jedoch eine Verfassungswidrigkeit des EKBSG zu erkennen. Einerseits verweist die Beschwerdeführerin darauf, es läge ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 7 B-VG bzw. das Recht auf Nichtdiskriminierung nach Art. 17 GRC vor. Insbesondere ortet die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Das EKBSG stelle auf realisierte Erträge und nicht auf Gewinne ab. Eine sachliche Rechtfertigung sei nicht ersichtlich. Eine sachliche Rechtfertigung könne es auch nicht geben, weil in der Realität die Produktionskosten der Stromerzeugung bei den unterschiedlichen betroffenen Stromerzeugern unterschiedlich sind. Bei Wind- und Solarenergieproduzenten gebe es hohe Fixkosten. Das Abstellen auf Erträge anstelle des Gewinns widerspreche dem Gleichheitssatz.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Das EKBSG basiert unionsrechtlich auf Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (in der Folge EU Notfallmaßnahmen-VO). Dass Abstellen auf Erträge anstelle von Gewinnen ergibt sich eindeutig aus der unionsrechtlich, unmittelbar anwendbaren Rechtsgrundlage, nämlich Art. 6 Abs. 1 EU-Notfallmaßnahmen-VO. Da unmittelbar anwendbares Unionsrecht Anwendungsvorrang genießt, ergibt sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip, wenn das EKBSG an Erträge bzw. Markterlöse anstelle von Gewinnen anknüpft. Schließlich ist das unionsrechtlich determinierte Abstellen auf die Erträge auch sachlich gerechtfertigt: Die betroffenen Stromerzeuger - wie beispielsweise auch die Beschwerdeführerin - profitierten von außergewöhnlich hohen, durch eine Krisensituation hervorgerufenen Preisanstiegen, ohne dass diesen Mehrerlösen höhere Grenzkosten gegenüberstanden wären.
Das wird auch in ErwGr 45 der EU-Notfallmaßnahmen-VO deutlich zum Ausdruck gebracht: "Die Geschäfts- und Handelspraktiken und der Rechtsrahmen im Stromsektor unterscheiden sich deutlich vom Sektor für fossile Brennstoffe. Da mit der Obergrenze für Markterlöse das Marktergebnis nachgebildet werden soll, das die Erzeuger hätten erwarten können, wenn die globalen Lieferketten seit Februar 2022 normal und ohne Störungen bei den Gaslieferungen funktionieren würden, muss die Maßnahme für Stromerzeuger auf die Erlöse aus der Stromerzeugung angewandt werden. Umgekehrt muss der befristete Solidaritätsbeitrag, da er auf die Rentabilität von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union abzielt, die im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zugenommen hat, auf deren Gewinne angewandt werden."

Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters, die Obergrenze des EKBSG sei willkürlich gewählt. Die EU Notfallmaßnahmen-VO sehe eine Obergrenze von € 180/MWh Strom vor (vgl. Art. 6 Abs. 1 EU Notfallmaßnahmen-VO). Eine Rechtfertigung für die von Österreich festgelegte Obergrenze von € 140/MWh bzw. € 120/MWh (ab ) sei nicht ersichtlich.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht: Seite 4 von 9 Art. 6 Abs. 1 EU-Notfallmaßnahmen-VO sieht eine Begrenzung der Markterlöse für betroffene Stromerzeuger von höchsten € 180 je MWh erzeugter Elektrizität vor. Art. 7 Abs. 5 EU Notfallmaßnahmen-VO gestattet aber den Mitgliedstaaten die Obergrenze für Markterlöse auf 90% der Obergrenze der Markterlöse gemäß Art. 6 Abs. 1 EU-Notfallmaßnahmen-VO -sohin € 162 (€ 180*90%) je MWh zu beschränken. Diese Option wurde von Österreich ausgeübt (vgl. EB EKSBG, 3024/A XXVII. GP - Initiativantrag, S. 8).

Die von Österreich gewählte Obergrenze von € 140 bzw. € 120 je MWh erzeugter Elektrizität liegt jedenfalls unter der durch Art 7. Abs. 5 iVm Art. 6 Abs. 1 EU-Notfallmaßnahmen-VO beschränkten Grenze von rechnerisch € 162 je MWh. Die Umsätze der betroffenen Erzeuger werden damit weitgehender beschränkt, als die unionsrechtliche Grundlage dies vorsieht. Hierzu normiert Art. 8 Abs. 1 lit. a EU-Notfallmaßnahmen-VO, dass Mitgliedstaaten optional Maßnahmen einführen können, durch die die Markterlöse der Erzeuger weiter begrenzt werden. Die Ausübung dieser Option hat unter den Art 8. Abs. 2 EU-Notfallmaßnahmen-VO dargelegten Kriterien zu erfolgen.

Diese Kriterien sind für die Festlegung der Grenze iHv € 140/MWh erfüllt:

- Weder verzerrt die Maßnahme das Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d EU-Notfallmaßnahmen-VO), noch ist die Herabsetzung mit dem Unionsrecht unvereinbar (vgl. Art 8 Abs. 2 Buchst. e EU-Notfallmaßnahmen-VO).

- Ebenso sind Investitionssignale nicht gefährdet (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. b EU Notfallmaßnahmen-VO): Flankierend zur Herabsetzung der Grenze sieht § 4 EKBSG nämlich einen Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz vor, der gerade eben die Investitionen der Beitragsschuldner in erneuerbare Energien und Energieeffizienz unterstützten soll (vgl. EB EKBSG, 3024/A XXVII. GP - Initiativantrag, S. 8).

- Weiters wird sichergestellt, dass Investitions- und Betriebskosten gedeckt sind (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. c EU-Notfallmaßnahmen-VO): § 3 Abs. 3 EKBSG normiert die Möglichkeit zur Anpassung der Obergrenze, wenn notwendige Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse liegen.

- Schließlich ist die Herabsetzung der Obergrenze auch verhältnismäßig und diskriminierungsfrei (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. a EU-Notfallmaßnahmen-VO): Die Inflation der Republik Österreich lag deutlich über dem Durchschnitt der anderen Mitgliedstaaten (vgl. Thomas/Böttcher, Inflation im Jahr 2023 (2024), abzurufen unter: https://www.statistik.at/fileadmin/pages/214/PK_17.01.24_Praesentation.pdf). Eine Herabsetzung der Grenze im Lichte dieses Umstandes ist daher als verhältnismäßig einzustufen. Da die Herabsetzung für alle dem EKBSG unterliegenden Abgabepflichtigen gilt, ist auch keine Diskriminierung ersichtlich. Nichts anderes ergibt sich für die weitere Herabsetzung auf € 120/MWh ab Juni 2023: Weder verzerrt die Maßnahme das Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d EU-Notfallmaßnahmen-VO), noch ist die Herabsetzung mit dem Unionsrecht unvereinbar (vgl. Art 8 Abs. 2 Buchst. e EU-Notfallmaßnahmen-VO). Der Absetzbetrag für begünstigte Investitionen bestand weiterhin, womit Investitionssignale nicht gefährdet werden (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. b EU-Notfallmaßnahmen-VO). Die Deckung von Investitions- und Betriebskosten wurde weiterhin durch § 3 Abs. 3 EKBSG sichergestellt (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. c EU-Notfallmaßnahmen-VO). Abschließend ist die Absenkung auch als verhältnismäßig und diskriminierungsfrei zu werten: Die Inflation stieg auf 9,7% an (vgl. Statistik Austria, Pressemitteilung 13 074-102/23 für April 2023), die Großhandelspreise waren gesunken (vgl. Statistik Austria, Pressemitteilung 13 236-002/24). Die Herabsetzung der Grenze ist im Hinblick auf die volkswirtschaftlich gebotene Dämpfung der im Vergleich zu Westeuropa deutlich höher gelegenen Inflation unter gleichzeitiger Anhebung der finanziellen Unterstützung der belasteten Haushalte und Firmen verhältnismäßig. Da die Herabsetzung für alle dem EKBSG unterliegenden Abgabepflichtigen gilt, ist auch keine Diskriminierung ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters, es liege eine Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und fossilen Energieträgern vor. Das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger (EKBFG), BGBl. I Nr. 220/220 sehe nämlich eine Anknüpfung an den Gewinn und nicht den Erlös vor. Das EKBFG bzw. der Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger (EKB-f) entspräche daher dem objektiven Nettoprinzip.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Sowohl das EKBSG als auch das EKBFG basieren auf der EU-Notfallmaßnahmen-VO. Die EU Notfallmaßnahmen-VO normiert auch die Differenzierung, ob an die Erlöse oder Gewinne angeknüpft wird. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrecht kann schon alleine deswegen keine Verfassungswidrigkeit in der Differenzierung erblickt werden. Die sachliche Begründung für die Differenzierung in der EU-Notfallmaßnahmen-VO ist auch aus den Erwägungsgründen der Verordnung ersichtlich (vgl. nochmals ErwGr 45 der EU Notfallmaßnahmen-VO).

Zudem bringt die Beschwerdeführerin vor, es läge eine Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und Fernwärmeversorgern vor. Dies insbesondere durch die willkürliche Unterscheidung zwischen Stromerzeugern und Fernwärmeversorgern: Bei der Fernwärme habe Österreich die mit Anstand höchste Inflationsrate im ERU-Vergleich. Die Preise seien am deutlichsten erhöht worden. Übergewinnsteuer für den Fernwärmesektor gebe es aber keine.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Dass bei den Fernwärmeversorgern auf Grund der Preissteigerungen (außergewöhnliche) Übergewinne entstanden wären, hat die Beschwerdeführerin unbelegt in den Raum gestellt. Außerdem waren die Preissteigerungen bei den Fernwärmeversorgern auf den starken Anstieg der Gaspreise zurückzuführen, da Fernwärmeversorger Gas, das sie zur Herstellung der Fernwärme einsetzten, teurer einkaufen mussten. Anhand des Vorbringens der Beschwerdeführerin kann daher nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber Stromhändler und Fernwärmeversorger gegenüber Stromerzeugern privilegiert hätte. Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters, es liege eine Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und Stromhändlern vor. Händler hätten keine Steuer auf die Zufallsgewinne zu leisten, profitierten aber ebenso von den gestiegenen Strompreisen. Es seien gerade die Händler, die den Strom an die Endverbraucher verkaufen. Für die Ungleichbehandlung gebe es keine Rechtfertigung.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Dass die Stromhändler durch die krisenbedingten Preissteigerungen außergewöhnliche Markterlöse oder Übergewinne erzielt hätten, macht die Beschwerdeführerin mit der bloßen Behauptung, diese würden ebenso von gestiegenen Strompreisen profitieren, nicht deutlich. Da Stromhändler an der Marge zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis verdienen, damit wohl nicht nur zu gestiegenen Preisen verkauft haben, sondern auch zu gestiegenen Preisen einkaufen mussten, tritt ein von der Beschwerdeführerin vermuteter (außergewöhnlicher) Profit der Stromhändler auch nicht offensichtlich zu Tage.

Die Beschwerdeführerin argumentiert zudem, es liege ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor. Der EKB-S soll die Preise für Verbraucher senken. Dieses Ziel werde durch die gewählte Form der Erlösabschöpfung nicht erreicht. Da die Regelung somit zur Zielerreichung ungeeignet sei, verstoße sie gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Aus den Erwägungsgründen der EU-Notfallmaßnahmen-VO ergibt sich, warum die Markterlöse von Erzeugern mit niedrigen Grenzkosten, so wie die Beschwerdeführerin, vorübergehend beschränkt werden. So wurden bei den Technologien mit deutlich niedrigeren Grenzkosten seit der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 durchwegs hohe Erlöse erzielt, die weit über die Erwartungen bei der Investition hinausgingen (vgl. ErwGr 24 der EU Notfallmaßnahmen-VO). Es ist nicht ersichtlich, dass die befristete Regelung untauglich gewesen wäre, diesen Zielsetzungen gerecht zu werden. Da durch die Notfallmaßnahmen gerade die Auswirkungen der hohen Energiepreise abgemildert werden sollten (ErwGr 72), kann mit der Begründung, der EKB-S habe nicht zu einer Senkung der Strompreise geführt, die Sachlichkeit der Regelungen des EKBSG nicht in Zweifel gezogen werden.

Die Beschwerdeführerin verweist zudem darauf, der EKB-S sei rückwirkend anzuwenden gewesen, was im Ergebnis zur Verfassungswidrigkeit führe.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Das EKBSG wurde am im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist mit , somit rückwirkend, in Kraft getreten. Eine verfassungsrechtlich verpönte Rückwirkung liegt aber schon deshalb nicht vor, weil die unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Grundlage in Form der EU-Notfallmaßnahmen-VO bereits am im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist. Damit bestand am bereits eine die Abschöpfung der Überschusserlöse begründende Rechtslage, die durch den österreichischen Gesetzgeber nur eine nähere Ausgestaltung erfuhr. Die Stromerzeuger konnten daher durch die erst am erfolgte Kundmachung des EKBSG auch nicht in ihrem Vertrauen auf eine für sie günstigere Rechtslage enttäuscht sein.

Weiters verweist die Beschwerdeführerin darauf, es läge ein Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit vor. Der EKB-S sei eine Steuer mit konfiskatorischen Effekten, die die Vermögensverhältnisse der Normunterworfenen grundlegend beinträchtige.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Das EKBSG ist im Lichte der unionsrechtlichen Grundlage in Form der EU-Notfallmaßnahmen VO im Allgemeininteresse gelegen. Dass der EKB-S unverhältnismäßig ist und die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin, also ihren Stamm, beeinträchtigt hätte, legt die Beschwerdeführerin nicht konkret dar und kann angesichts des Umstandes, dass durch den EKB-S außergewöhnliche, die Stromgestehungskosten bei weitem übersteigende Markterlöse aus dem Stromverkauf abgeschöpft wurden, auch nicht nachvollzogen werden. Die Regelung des § 3 Abs. 3 EKBSG berücksichtigt zudem jene Fälle, in denen die direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der im EKBSG normierten Obergrenze für Markterlöse lagen. Der Gesetzgeber hat sohin augenscheinlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Energieerzeugern berücksichtigt.

Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters das EKBSG sei keine taugliche Umsetzung der EU Notfallmaßnahmen-VO: Die im EKBSG gewählte Höchstgrenze stehe nicht im Einklang mit der EU-Notfallmaßnahmen-VO. Die Herabsetzung durch das EKBSG berühre zudem die Tragweite der EU-Notfallmaßnahmen-VO, was unionsrechtlich unmöglich sei. Die vorteilhafte Regelung des § 3 Abs. 6 EKBSG, die den EKB-S als abzugsfähige Betriebsausgabe qualifiziere, stehe in direktem Widerspruch zu den Anforderungen der EU-Notfallmaßnahmen-VO. Problematisch sei ebenso der Charakter als Abgabe iSd BAO. Ebenso fehle es an einer Regelung, wie der EKB-S zur Unterstützung der Stromendkunden verwendet werde.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Zur Höchstgrenze bzw. der nationalen Festsetzung der Höchstgrenze auf € 140/MWh bzw. € 120/MWh wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die nationale Festlegung der Grenze unterhalb der unionsrechtlichen Grundlage entspricht den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EU-Notfallmaßnahmen-VO. Die Tragweite der Verordnung wird durch ein nationales Gesetz nicht eingeschränkt. Dass der EKB-S als ertragsteuerliche Betriebsausgabe qualifiziert wird, beeinträchtigt die Verordnung ebenso nicht. Einerseits sieht die EU-Notfallmaßnahmen-VO keine ertragsteuerlichen Regelungen vor. Andererseits führt die Regelung im Ergebnis nur dazu, dass sich die Herabsetzung der Höchstgrenze durch das EKBSG an die unionsrechtlich vorgesehene Höchstgrenze zurück annähert. Sofern das EKBSG keine unmittelbaren Regelungen vorsieht, wie der EKB-S zur Unterstützung von Stromendkunden verwendet werden soll, ist dies unproblematisch. Die Stromkostenbremse für Haushalte bzw. der Energiekostenzuschuss für Unternehmen unterstützen die Stromendkunden iZm den gestiegenen Energiekosten. Diese Instrumente stehen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch im Zusammenhang mit der Abschöpfung im Lichte des EKBSG. Dass es einer dezidierten Zweckwidmung bedarf, ergibt sich aus dem Unionsrecht nicht.

Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters, die EU-Notfallmaßnahmen-VO sei zusammengefasst nicht unmittelbar anwendbar, weil Umsetzungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten erforderlich seien. Eine Umsetzung einer unmittelbar anwendbaren Verordnung in nationales Recht sei unzulässig.

Hierzu ergibt sich für das Bundesfinanzgericht:
Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass eine Kundmachung eines ohnehin unmittelbar anwendbaren Unionsrechtsakts unzulässig ist. Die EU-Notfallmaßnahmen-VO gibt den Rahmen für die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschränkung der Erlöse für bestimmte Stromerzeuger vor. Augenscheinlich eröffnet die EU-Notfallmaßnahmen-VO den Mitgliedstaaten aber in Teilbereichen Optionen. Die Umsetzung derartiger Optionen kann nur durch nationales Recht geschehen und ist im Lichte des unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit auch erforderlich (vgl. , Altmark Trans, Rn 58ff). Dies hat auch der Gesetzgeber bei Erlassung des EKBSG berücksichtigt, gehen doch die Materialien gerade davon aus, dass "die - an sich unmittelbar anwendbare - Verordnung [...] unzählige Bestimmungen [enthält], die einen Regelungsbedarf durch die Mitgliedstaaten nach sich ziehen (zB Optionen, die einem Mitgliedstaat eingeräumt werden). Diesem Regelungsbedarf wird durch dieses Bundesgesetz entsprochen" (vgl. EB EKBSG, 3024/A XXVII. GP, S. 6). Die Ansicht, dass dadurch die EU-Notfallmaßnahmen-VO nicht unmittelbar anwendbar sein soll, teilt das Bundesfinanzgericht nicht.

Aus den dargelegten Gründen besteht daher für das Bundesfinanzgericht kein Anlass, einen Aufhebungsantrag gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auf Grundlage der dem Rechtsbestand angehörenden und auch vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Bestimmungen des EKBSG ist daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum EKBSG fehlt und die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat, ist die Revision zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
EKBSG, Energiekrisenbeitrag-Strom, BGBl. I Nr. 220/2022
§ 201 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100708.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at