Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2024, RV/7100138/2014

Abzugsteuer für beschränkt steuerpflichtige (in Österreich auftretende) Künstler: Gemäß Art 17 DBA Deutschland Österreich Besteuerungsrecht Österreichs für pauschal geleistete Honorarzahlungen, welche Probentätigkeiten im Ausland inkludierten; teilweise Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf***, ***Bf Adresse***, vertreten durch ***Vertreter***, über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung vom gegen

  • den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (Haftungsbescheid für Abzugsteuer) vom

betreffend die Steuernummer [...] zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Zeitraumes 2007 gemäß § 279 Abs 1 BAO Folge gegeben. Der Haftungsbescheid vom hinsichtlich des Zeitraumes 2007 wird aufgehoben.

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Zeiträume 2005, 2006, 2008 und 2009 gemäß § 279 Abs 1 BAO teilweise Folge gegeben. Der Haftungsbescheid vom wird wie folgt abgeändert:


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Jahr
Abzugsteuer
2005
406,25 Euro
2006
7.323,75 Euro
2008
1.875,00 Euro
2009
1.250,00 Euro

Es ergibt sich somit für die Jahre 2005, 2006, 2008 und 2009 eine geänderte Abzugsteuerschuld in der Höhe von 10.855,00 Euro.

Die einzelnen Bemessungsgrundlagen sind den Entscheidungsgründen zu entnehmen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom gemäß §§ 98 ff EStG 1988 des ehemaligen Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf wurde dem [...] (in der Folge kurz "Verein" oder Beschwerdeführer "Bf") die Abzugsteuer für die in den Jahren 2005 bis 2009 in Österreich tätigen ausländischen Künstlern in der Höhe von insgesamt 15.335,00 Euro vorgeschrieben. Als Begründung wurde auf den Bericht zur Außenprüfung sowie die Niederschrift vom verwiesen. Diese führten in der Textziffer 2 "Abzugsteuer" Folgendes aus:

Wirken im Ausland ansässige und in Österreich bloß der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Personen, auf selbständiger Basis an inländischen kulturellen Veranstaltungen mit, dann unterliegen die diesen Personen zufließenden Einkünfte gemäß § 98 EStG der inländischen Besteuerung. Die Steuer sei hiebei gemäß § 99 Abs 1 Z 1 EStG im Abzugsweg zu erheben.

Mit Änderung des DBA`s zwischen Österreich und Deutschland mit Wirksamkeit unterliegen Vergütungen an deutsche Bühnenbildner, Kostümbildner, Regisseure und Choreographen nicht der österreichischen Einkommensbesteuerung, sofern eine Ansässigkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorliege. (Bestätigungen von Steuerberatern ersetzen nicht die Ansässigkeitsbescheinigung).

Honorare für Leistungen, die laut Angaben des Vereinsobmannes nur zum Teil in Österreich erbracht worden seien (zB Probentätigkeit in Berlin) können laut Ansicht des Prüfers nicht nachträglich aufgeteilt werden. Auf Grund der vorliegenden Honorarvereinbarungen, die ein Pauschalhonorar für die Aufführungen in Wien beinhalten, unterliegen die ausbezahlten Honorare der Abzugssteuer.

Folgende Beträge wurden für an die Künstler ausbezahlten Honorare der Abzugsteuer zu Grunde gelegt:


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Name
2005
2006
2007
2008
2009
***Künstler 1a***
3.250,00 Euro
8.590,00 Euro
***Künstler 1***
7.000,00 Euro
5.000,00 Euro
***Künstler 2***
5.000,00 Euro
***Künstler 3***
16.500,00 Euro
1.000,00 Euro
5.000,00 Euro
5.000,00 Euro
***Künstler 4***
5.000,00 Euro
Ausbezahlte Honorare
3.250,00 Euro
37.090,00 Euro
1.000,00 Euro
15.000,00 Euro
5000,00 Euro
Abzugsteuer (25 % v ausbez. HN)
812,50 Euro
9.272,50 Euro
250,00 Euro
3.750,00 Euro
1.250,00 Euro

Am brachte der Bf (vertreten durch seine steuerliche Vertretung) Berufung gegen den Haftungsbescheid ein (die Berufung wurde für jedes Jahr in einem separaten Schriftsatz eingebracht). In der Berufungsbegründung vom (diese wurde bereits gegen den ersten Haftungsbescheid vom eingebracht, welcher im Rechtsmittelverfahren wegen Unzuständigkeit des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart aufgehoben wurde) sowie der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Betriebsprüfung vom wurde vorgebracht, das Finanzamt hätte eine Aufteilung der an die Künstler geleisteten Honorare in einen "österreichischen Teil" (Auftritte in Österreich) sowie einen "deutschen Teil" (vorbereitende Arbeiten, Proben, etc) vornehmen müssen. Es sei auf die tatsächlichen Arbeits- und Auftragsrealitäten in den besagten Jahren und nicht auf die "vereinfachten Formblätter" (damit sind die schriftlichen Verträge zwischen dem Verein und den Künstlern gemeint) abzustellen.

Nach Auffassung des Finanzamtes sei ein "Contract - Splitting" - sprich die Aufteilung der Honorare in vorbereitende Arbeiten in Deutschland sowie die Auftritte in Wien vor Publikum vorliegend nicht möglich (vgl Stellungnahme der Betriebsprüfung vom ).

In der Berufung ersuchte der Bf in weiterer Folge um revidierte (verminderte) Berechnung der Abzugsteuer für die einzelnen Künstler, soweit sie direkten Auftrittsleistungen in Österreich zuordenbar sind:

***Künstler 1***, bei dem auf Grund eines Übertragungsfehlers Identität mit Herrn ***Künstler 1a*** herrsche:

  • 2005: Für ein Konzert im Rahmen der Produktion "***Produktion 1***" im Theater ***Theater*** sei ein Honorar von 500,00 Euro zu Grunde zu legen.

  • 2006: Für fünf Aufführungen im Rahmen der Produktion "***Produktion 2***" sei ein Honorar von 2.000,00 Euro zu Grunde zu legen. Für 6 Aufführungen im Rahmen der Produktion "***Produktion 3***" sei ein Honorar von 2.100,00 Euro zu Grunde zu legen.

  • 2008: Für Aufführungen in Wien im Rahmen der Produktion "***Produktion 4***" sei ein Honorar von 2.000,00 Euro zu Grunde zu legen.

***Künstler 3***:

  • 2006: Für 5 Aufführungen im Rahmen der Produktionen "***Produktion 2***" sei ein Honorar von 2.000,00 Euro zu Grunde zu legen. Für 6 Aufführungen im Rahmen der Produktion "***Produktion 3***" sei ein Honorar von 2.100,00 Euro zu Grunde zu legen.

  • Alle anderen Arbeiten in den Jahren 2007, 2008 und 2009 seien nicht in Österreich bzw auf der Bühne geleistet worden.

***Künstler 4***:

  • 2008: Für Aufführungen im Rahmen der Produktion "***Produktion 4***" sei ein Honorar von 2.100,00 Euro zu Grunde zu legen.

***Künstler 2***:

  • 2006: Für 6 Aufführungen im Rahmen der Produktion "***Produktion 3***" sei ein Honorar von 1.800,00 Euro zu Grunde zu legen.

Somit ergebe sich nach neuerlicher Berechnung - unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Trennung der Verträge - eine neue Abzugsteuerschuld von 3.650,00 Euro.

Der Bf führte weiters aus, dass teilweise in anderer (engerer) Interpretation des Künstlerbegriffes die Abzugsteuer nicht vollständig abgeführt worden sei. Gleichzeitig ersuchte der Bf um separate Bescheiderstellung an die einzelnen Künstler, sodass sich diese die österreichische Steuer von Deutschland wieder anrechnen bzw erstatten lassen könnten.

Am wurde der Berufungsakt ohne Erlassen einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Die Berufung ist nunmehr gem § 323 Abs 38 BAO als Beschwerde vom Bundesfinanzgericht zu behandeln.

Auf Grund einer Aktenumverteilung wurde die vorliegende Beschwerdesache mit Stichtag der Gerichtsabteilung 3002 neu zugeteilt.

Mit Vorhalt vom richtete das Bundesfinanzgericht ergänzende Fragen an den Bf. Ersucht wurde einerseits um Vorlage der Verträge des Vereins mit den Künstlern. Des Weiteren befragte das Gericht den Bf betreffend den Künstler ***Künstler 3***, der laut Internetrecherche in einigen Produktionen auch in den Jahren 2007 und 2009 in Österreich tätig gewesen ist und laut Angaben des Bf aber keine aktiven Auftritte in den Jahren 2006 - 2009 in Österreich hatte. Ferner ersuchte das Gericht um Aufklärung betreffend die Höhe der im Jahr 2006 an Herrn ***Künstler 1*** zugeflossenen Beträge.

Der Bf gab in der Vorhaltsbeantwortung vom an, dass die Honorarvereinbarungen auf Grund bereits lange zurückliegender Zeit nicht vorgelegt werden können.

Betreffend den Künstler ***Künstler 3*** führte er aus, dass dieser im Jahr 2006 für die Produktion "***Produktion 3***" als Schauspieler auf der Bühne mitgespielt habe. Dafür sei eine Abzugsteuer von 1.025,00 Euro zu veranschlagen. 2007 gab es keine Produktion des Vereins in Wien, vielmehr sei der Künstler für die Vorbereitungsarbeiten für die Produktionen in den Jahren 2008 und 2009 bezahlt worden. Im Jahr 2008 fand die Produktion "***Produktion 4***" statt, hier habe ***Künstler 3*** erinnerlich nicht an den Performances teilgenommen. 2009 arbeitete ***Künstler 3*** an der Produktion "***Produktion 5***" mit dem Obmann des Vereins. Der Künstler war hier Partner in der Entwicklung des Konzepts.

Zusammengefasst sei Herr ***Künstler 3*** in den Jahren 2008 und 2009 als Entwickler und Autor zu verstehen. Eine Bühnentätigkeit sei ihm nicht zu unterstellen.

Bezüglich die geleisteten Zahlungen an den musikalischen Leiter Herrn ***Künstler 1*** bestätigte der Bf den vom Finanzamt angenommenen Betrag mit 15.590,00 Euro im Jahr 2006. Für Arbeiten auf der Bühne als Dirigent und Bratschist veranschlagte der Bf wie bereits im Berufungsschreiben im Jahr 2006 einen geteilten Honorar-Betrag von 4.100,00 Euro.

Dem nunmehrigen Finanzamt Österreich wurde am die Möglichkeit geboten, auf die Vorhaltsbeantwortung des Bf zu replizieren. Von der Verfassung einer Stellungnahme wurde Abstand genommen, da laut Ansicht des Finanzamtes zum Sachverhalt keine neuen Beweismittel vorgelegt wurden (siehe Schreiben des Finanzamtes vom ). Im Übrigen wurden vom Finanzamt Österreich auf Nachfrage des Gerichts vom keine weiteren Unterlagen vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Zwischen dem Verein und den deutschen Künstlern wurden Pauschalverträge geschlossen (vgl übereinstimmende Feststellungen der belangten Behörde und Vorbringen des Bf in der Vorhaltsbeantwortung vom sowie im Berufungsschreiben vom und der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Betriebsprüfung vom ). Die Künstler waren im streitgegenständlichen Zeitraum in Deutschland ansässig (siehe Vorbringen des Bf in einem E-Mail vom , gesendet an den Betriebsprüfer sowie zusätzlich ua. an die betreffenden Künstler in Kopie).

Folgende Beträge sind den einzelnen Künstlern zugeflossen (vgl Feststellungen der belangten Behörde im Außenprüfungsverfahren sowie im Haftungsbescheid samt Begründung dazu sowie Vorbringen des Bf in der Berufung vom und Korrektur nach Vorhalt des Bundesfinanzgerichts im Schreiben vom ):


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Name
2005
2006
2007
2008
2009
***Künstler 1***
3.250,00 Euro
15.590,00 Euro
5.000,00 Euro
***Künstler 2***
5.000,00 Euro
***Künstler 3***
16.500,00 Euro
1.000,00 Euro
5.000,00 Euro
5.000,00 Euro
***Künstler 4***
5.000,00 Euro

Herr ***Künstler 1*** ist deutscher Dirigent, Komponist und Geiger. Seit 2005 war er musikalischer Leiter des ***Ensembles***, das sich neuen Formen des Musiktheaters widmet (Homepage des Künstlers ***Künstler 1***, ***Homepage 1***, abgerufen am ; dies deckt sich mit den Angaben des Bf in der Berufung vom sowie in der Vorhaltsbeantwortung vom ; siehe auch den Eintrag auf der Homepage ***Homepage 2***, abgerufen am ).

  • Er wirkte an "***Produktion 1***" (2005) als Schauspieler (Filmprojektion) mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 3***; abgerufen am ).

  • Er wirkte an dem Schauspiel "***Produktion 3***" (2006) als Bratschist mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 4***, abgerufen am ).

  • Er wirkte an "***Produktion 2***" (2006) als musikalischer Leiter / Dirigent mit (***Bericht 1***, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 5***, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 6***, abgerufen am ).

  • Er wirkte an "***Produktion 4***" (2008) als Musiker mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 7***, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 8***, abgerufen am ).

Herr ***Künstler 3*** ist deutscher Regisseur, Autor und Schauspieler. Neben verschiedenen Auftritten pflegte er regelmäßige Zusammenarbeit mit experimentellen freien Gruppen wie dem ***Ensembles*** (Eintrag Wikipedia, abgerufen am ; siehe auch den Eintrag auf der Homepage ***Homepage 2***; abgerufen am ).

  • Er wirkte an dem Schauspiel "***Produktion 3***" (2006) als Schauspieler mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 9***, abgerufen am ).

  • Er wirkte an der Oper "***Produktion 2***" (2006) als ausführender Künstler mit (***Bericht 1***, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 6***, abgerufen am ).

  • Er wirkte an "***Produktion 4***" (2008) mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 7***; abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 10***, abgerufen am ; ***Homepage 11***, abgerufen am ). Es handelte sich hierbei um keinen Bühnenauftritt des Künstlers.

  • Er wirkte an "***Produktion 5***" (2009) als ***Künstler 3*** mit (Eintrag auf Homepage ***Homepage 12***; abgerufen am )

Herr ***Künstler 4*** ist deutscher Schauspieler und Hörspielsprecher. Als freier Schauspieler wirkte er in der Zeit nach 2007 als Gast bei diversen Produktionen mit und arbeitete ua. mit dem Vereinsobmann des Bf zusammen (Eintrag Wikipedia, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 13***, abgerufen am .

  • Er wirkte an "***Produktion 4*** im Jahr" 2008 mit (Eintrag auf der Homepage ***Homepage 7***, abgerufen am ; Vorbringen des Bf in der Berufung vom ).

Herr ***Künstler 2*** ist ein deutscher Jazzmusiker.

  • Er wirkte an dem Schauspiel "***Produktion 3***" 2006 als Schlagzeuger mit (Eintrag Wikipedia, abgerufen am ; Eintrag auf der Homepage ***Homepage 4***, abgerufen am ; Vorbringen in der Berufung vom ).

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde (bzw beim Bundesfinanzgericht) offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde (bzw das Bundesfinanzgericht) im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl zB ; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 167 Rz 8, mwN).

Dass für die Leistungen der deutschen Künstler pauschale Honorarvereinbarungen geschlossen wurden, ist nicht strittig, da der Bf diesbezüglich den Ausführungen der belangten Behörde zustimmt (vgl Berufungsschreiben vom , Gegenäußerung zur Stellungnahme der Betriebsprüfung vom sowie Vorhaltsbeantwortung vom ; TZ 2 des Berichts über die Außenprüfung).

Die jeweilige Mitwirkung der Künstler an österreichischen Produktionen ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf, das sich im Wesentlichen mit den Feststellungen des Gerichts bzw den Beweismitteln des Gerichts (vorwiegend Internetrecherchen) deckt.

Dass die Künstler quantitativ mehr Zeit mit Probenarbeit bzw Vorbereitungstätigkeiten für ihre Auftritte in Österreich beschäftigt waren, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und ist auch nicht ungewöhnlich.

Die Eigenschaft des Künstlers ***Künstler 1*** als musikalischer Leiter des ***Ensembles*** ergibt sich aus Internetrecherchen des Gerichts sowie den Ausführungen des Bf in der Vorhaltsbeantwortung vom sowie dem Berufungsschreiben vom . Hinsichtlich der anderen Künstler ergibt sich ihre Mitwirkung im Inland an diversen Produktionen aus den Internetrecherchen des Gerichts sowie dem Vorbringen des Bf in der Berufung sowie in der Vorhaltsbeantwortung.

Dass ***Künstler 1*** in seiner Eigenschaft als musikalischer Leiter des ***Ensembles*** auch ein Entgelt für diese Tätigkeit erhalten hat, erscheint plausibel und entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, auch wenn es eine dezidierte vertragliche Regelung dazu auf Grund der pauschalen Vereinbarungen nicht gegeben hat.

Betreffend Herrn ***Künstler 3*** konnte das Gericht dem Bf Glauben schenken, dass dieser bei der Produktion "***Produktion 4***" im Jahr 2008 keine auftretende Rolle als Schauspieler in Österreich hatte. Internetrecherchen zu Folge scheint er zwar als Mitwirkender in Programmzetteln auf, jedoch bei den einzelnen Aufführungsterminen scheinen andere Schauspieler auf. Im Gegensatz dazu ***Künstler 1***, für den der Bf selbst eine aktive Mitwirkung als Musiker darlegt.

Auch hinsichtlich des Jahres 2007 lassen sich die Ausführungen des Bf nachvollziehen, wonach kein aktiver Auftritt von Herrn ***Künstler 3*** in Österreich stattgefunden hat; deckt sich dies wiederum mit diversen Internetrecherchen. Betreffend das Jahr 2009 fanden Internetrecherchen des Gerichts zu Folge Auftrittsleistungen in Österreich statt (siehe dazu festgestellter Sachverhalt und die angeführten Beweismittel dazu).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung/Abänderung)

Im gegenständlichen Verfahren ist einerseits strittig, ob die an die Künstler auf Grund von Pauschalverträgen gezahlten Beträge aufzuteilen sind und nur der auf österreichische Bühnenleistungen entfallende Betrag der österreichischen Einkommensteuer zu unterwerfen ist sowie ferner, ob im Verhältnis zu Deutschland Österreich überhaupt ein Besteuerungsrecht für die Honorare zukommt.

Innerstaatliche Abzugsverpflichtung:

Beschränkt (in Österreich) steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 EStG 1988 aufgezählten Einkünfte (vgl § 1 Abs 3 EStG 1988 in der in den Streitjahren geltenden Fassung).

Gem § 98 Abs 1 EStG 1988 in der in den Streitjahren geltenden Fassung unterliegen (auszugsweise) der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs 3) nur die folgenden Einkünfte:

[…]

Z 2: Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Die Arbeit wird im Inland

- ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist

- verwertet, wenn sie zwar nicht im Inland persönlich ausgeübt wird, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist.

Z 3: Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),

- für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder

- für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist oder

- bei dem im Inland unbewegliches Vermögen vorliegt.

Einkünfte aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland, aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen im Inland sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.

[…].

Der Ausübungstatbestand des § 98 Abs 1 Z 2, 1. TS EStG 1988 verlangt den körperlichen Aufenthalt des Steuerpflichtigen im Inland. Eine gewisse Dauer des Aufenthalts ist nicht erforderlich, sodass bereits kurzfristige oder vorübergehende Tätigkeiten ausreichen. Die Ausübung kann aktiver oder auch passiver Natur sein. Dabei ist "maßgeblich, dass die Einkünfte unmittelbar und schwerpunktmäßig auf eine im Inland ausgeübte Tätigkeit zurückzuführen sind" (zB Vortrag im Inland; ausländischer Rechtsanwalt wird im Inland in einer Rechtssache tätig). Allerdings löst nicht jede Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Inland die beschränkte Steuerpflicht aus; eine untergeordnete Nebentätigkeit, die sich bloß als Mittel zu einem im Ausland verwirklichten Hauptzweck darstellt, hat außer Betracht zu bleiben (zB Vorbereitung im Inland auf einen Vortrag im Ausland). Gegebenenfalls kann es auch notwendig sein, das Entgelt auf einen inländischen und ausländischen Teil aufzuteilen (mit Verweis auf die Richtlinien der Finanzverwaltung (EStR 7916 mit Beispiel)) (vgl Marschner in Jakom EStG, 17. Aufl. (2024), § 98, II. Einkunftsarten iRd beschränkten Steuerpflicht Rz 29).

Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen ist nach Auffassung der Finanzverwaltung jeder, "der unmittelbar Einfluss auf die Gestaltung der Unterhaltungsdarbietung nimmt"; das sind etwa Künstler, gewerblich tätige Musiker, Artisten (in § 98 Abs 1 Z 3 EStG 1988 ausdrücklich erwähnt), Beleuchtungstechniker, Regisseure, Kostümbildner, Berufs- und Amateursportler (vgl Marschner in Jakom EStG, 17. Aufl. (2024), § 98, II. Einkunftsarten iRd beschränkten Steuerpflicht Rz 70 mwN auf die Sichtweise der Finanzverwaltung sowie Literaturmeinungen).

Unterhaltung wird vom VwGH definiert "als singulär oder gemeinsam betriebener angenehmer Zeitvertreib oder Art der Geselligkeit zur physisch-psychischen Entspannung bzw Erholung, der unvermittelt verschafft werden kann durch Eigenaktion oder vermittelt wird durch die Rezeption von organisierten Darbietungen" ().

Eine Unterscheidung zwischen Einkünften aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb erzielenden Künstler ist idR ohne Bedeutung (Marschner in Jakom EStG, 17. Aufl. (2024), § 98, II. Einkunftsarten iRd beschränkten Steuerpflicht Rz 70 mwN).

Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird gem § 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988 in der in den Streitjahren geltenden Fassungen bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden, durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer).

Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs 1 EStG 1988. Der Schuldner dieser Einkünfte (in den Fällen des § 99 Abs 3 EStG 1988 die zum Steuerabzug zugelassene Person) haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99 EStG 1988 (vgl § 100 Abs 2 EStG 1988).

§ 201 Abs 1 BAO in der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung lautete wie folgt:

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs 2 leg cit kann die Festsetzung erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden,

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Die §§ 201 und 201a BAO gelten sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs 1 BAO) geltend zu machen (vgl § 202 Abs 1 BAO). Die Selbstberechnung einer Abgabe obliegt dem Haftungspflichtigen ua. in den Anwendungsfällen des § 99 EStG 1988 (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 202 Rz 1).

Der zum Steuerabzug Verpflichtete (das ist derjenige, der entscheidet, ob und in welchem Umfang die Bezüge zu bezahlen sind) haftet für die Abzugsteuern, wenn der Steuerabzug nicht durchgeführt und die entsprechenden Steuern nicht an das zuständige Finanzamt abgeführt wurden. Unter Berücksichtigung der Billigkeit und Zweckmäßigkeit wird vorrangig der Abzugspflichtige zur Haftung herangezogen werden (Ludwig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 100 Rz 2, 5).

Die in Deutschland ansässigen Künstler unterlagen mit ihrer Tätigkeit in den Jahren 2005 bis 2009 der beschränkten Steuerpflicht in Österreich und war die Steuer durch Steuerabzug zu erheben (vgl §§ 98 Abs 1 iVm 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988). Der Steuerabzug ist sowohl für selbständig tätige Künstler iSd § 22 EStG 1988 als auch für Mitwirkende an Unterhaltungsdarbietungen iSd § 23 EStG 1988 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb; vgl dazu : "Der Begriff "Unterhaltung" weist keinen klar umrissenen Inhalt auf; "Unterhaltung" wird definiert als singulär oder gemeinsam betriebener angenehmer Zeitvertreib oder Art der Geselligkeit zur physisch-psychischen Entspannung bzw. Erholung, der unvermittelt verschafft werden kann durch Eigenaktion oder vermittelt wird durch Rezeption von organisierten Darbietungen.") vorzunehmen, weshalb eine Differenzierung innerhalb der zwei Einkunftsarten gegenständlich nicht notwendig ist. Ferner ist der innerstaatliche Künstlerbegriff weit auszulegen, weshalb etwa auch Regisseure der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Wesentlich ist, dass die Einkünfte unmittelbar und schwerpunktmäßig auf eine im Inland ausgeübte Tätigkeit zurückzuführen sind.

Der Hauptzweck der Tätigkeit der deutschen Künstler lag in den Auftritten in Österreich. Als Nebenleistung dazu kann die teilweise im Ausland (aber auch in Österreich) durchgeführte Vorbereitungs- und Probentätigkeit gesehen werden, die bei Künstlern integrierender Bestandteil ihrer Tätigkeit darstellt. Aus diesem Umstand alleine lässt sich aber noch kein Aufteilungserfordernis der ausbezahlten Honorare erblicken.

Höhe des Steuerabzuges:

Wird die Abzugsteuer vom Schuldner der Einkünfte übernommen, erhöht sich insoweit die Bemessungsgrundlage. Die Steuer beläuft sich in diesem Fall auf 25 % des vereinbarten Entgelts ohne Steuer (Ludwig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 100 Rz 1).

Internationales Steuerrecht:

Nach Feststehen der beschränkten Steuerpflicht in Österreich regelt das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Deutschland - Österreich, BGBl III 182/2002; in weiterer Folge kurz "DBA") die Zuweisung des Besteuerungsrechts entweder dem Staat Deutschland oder dem Staat Österreich.

Das Abkommen gilt für Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind (Art 1 DBA).

Gem Art 14 Abs 1 DBA dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Steht ihr eine solche feste Einrichtung zur Verfügung, so dürfen die Einkünfte im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können.

Der Ausdruck freier Beruf umfasst insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Buchsachverständigen (vgl Abs 2 des Art 14 DBA).

Gem Art 17 Abs 1 DBA Deutschland dürfen ungeachtet der Artikel 7, 14 und 15 Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker, oder als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden. Ungeachtet auch des Artikels 12 dürfen Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Person gezahlt werden, im anderen Staat auch dann besteuert werden, wenn dort keine persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Entsprechendes gilt für Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen.

Das DBA weist das Besteuerungsrecht für Künstler nur dann Österreich zu, wenn es sich um eine in Österreich persönlich ausgeübte Tätigkeit eines Künstlers handelt. Es ist daher in weiterer Folge zu beurteilen, ob es sich bei den Künstlern auch um Künstler iSd Art 17 des DBA handelt.

Für die Anwendbarkeit des Art 17 muss die "Person" Einkünfte "als Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker, oder als Sportler" beziehen. Die Begriffe "Künstler" und "Sportler" sind abkommensautonom zu interpretieren (Toifl in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 17, II. Art 17 Rz 30). Die Aufzählung von möglichen Künstlern in Art 17 Abs 1 ("Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker") ist nur demonstrativ (vgl für viele Bendlinger in IntStR Rz XIII/646). Erste nähere Präzisierung und gleichzeitig Einschränkung ist, dass unter Künstlern in Art 17 nur Personen zu verstehen sind, die in der Öffentlichkeit und damit vor Publikum im Quellenstaat auftreten. Nicht vor Publikum auftretende Künstler (sog werkherstellende oder werkschaffende Künstler) wie etwa Maler, Bildhauer, Restauratoren, Fotografen, Modeschöpfer, Designer, Architekten, Schriftsteller, Regisseure und Komponisten sind damit aber keine Künstler nach Art 17. Auch an sich werkherstellende Künstler können aber zu Künstlern iSd Art 17 werden, wenn sie vor Publikum auftreten. Entscheidend ist die tatsächliche Tätigkeit des Künstlers im Einzelfall: Ein Schriftsteller, der ein Buch schreibt, ist damit kein Künstler iSd Art 17; trägt er hingegen öffentlich aus dem Buch vor, wird er mit diesem Auftritt zum Künstler iSd Art 17 (siehe wiederum Toifl in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 17, II. Art 17 Rz 33).

In einem zum DBA mit den USA ergangenen Erkenntnis (das hinsichtlich der Künstler das gleiche Besteuerungszuweisungsrecht wie das DBA Deutschland aufwies) sprach der VwGH aus, dass dem Ausdruck "Künstler" in Art 17 DBA USA kein allzu enger Kunstbegriff (in qualitativer Hinsicht) zu Grunde zu legen ist, bezeugt auch der Begriff "entertainer" in der gleichermaßen authentischen englischen Fassung des Abkommens, welcher den entscheidenden Charakter des Unterhaltungselementes deutlich zum Ausdruck bringt ( mwN zum OECD-Musterabkommen z.B. auch Wassermeyer, Doppelbesteuerung I 125 Art. 17 MA Rz. 22, wonach Art 17 auch dann anzuwenden ist, wenn das künstlerische Niveau einer Darbietung deutlich hinter ihren Unterhaltungscharakter zurücktritt; sowie Stockmann in Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen6, Art. 17 Rz. 22).

Es ist auch nicht entscheidend, ob der fragliche Auftritt selbst eine bestimmte künstlerische Qualität, Mindestdauer oder dergleichen aufweist, sondern nur, ob die Person(en) in ihrer Eigenschaft als Künstlerin für eine in Österreich persönlich ausgeübte Tätigkeit Einkünfte bezogen hat/haben (vgl wiederum ).

Der öffentliche Auftritt eines Künstlers oder Sportlers iSd Art 17 DBA kann nach hM auch nur mittelbar erfolgen (vgl Kreisl, SWI 2007, 247 mwN in FN 6). Unmittelbar ist der Auftritt eines Theaterschauspielers auf der Bühne, eines Musikers bei einem Konzert oder eines Tennisspielers bei einem Tennisturnier. Mittelbar ist ein Auftritt, der nicht unmittelbar vor einem Publikum erfolgt, sondern erst nach einer Aufnahme und einer sich daran anschließenden Ausstrahlung in Film, Fernsehen, Rundfunk oder Internet an die Öffentlichkeit gelangt. Die Öffentlichkeit und somit das Publikum müssen demnach beim Auftritt nicht anwesend sein (Toifl in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 17, II. Art 17 Rz 35).

Reise-, Trainings- und Probegelder können ebenfalls unter Art 17 DBA fallen, als sie in einer engen Nahebeziehung zu einem Auftritt im Quellenstaat stehen; das Abstellen auf eine "enge Nahebeziehung" entspricht auch der Auslegung des in § 98 Abs 1 Z 2 EStG 1988 verwendeten Begriffs der "Ausübung". Diese enge Nahebeziehung kann jedoch auch gegeben sein, wenn Training oder Probe noch im Ausland stattfinden, aber in einer engen Nahebeziehung mit einem Auftritt im Inland stehen. Es gilt der Grundsatz, dass Reisen, Training und Proben zu den normalen Tätigkeiten eines Künstlers und Sportlers zählen und daher Reisekostenersätze, Trainings- und Probegelder auch dann unter Art 17 fallen, wenn sie ausdrücklich unter diesem Titel, also nicht explizit für den Auftritt im Quellenstaat bezahlt werden (Toifl in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 17, II. Art 17 Rz 47).

Im Hinblick auf zusätzliche Einkünfte eines Künstlers (das sind jene Einkünfte, die Künstler "zusätzlich" für eine Tätigkeit im Quellenstaat erhalten, wobei diese zusätzliche Tätigkeit das Kriterium Künstler iSd Art 17 nicht erfüllt) ist bei Überwiegen der Einkünftezurechnung zur darstellerischen Tätigkeit in Österreich eine Besteuerung in Österreich zur Gänze vorzunehmen. Es kann sich aber auch das Erfordernis der Aufteilung der Einkünfte ergeben, wobei vertragliche Regelungen zu beachten sind (Toifl in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 17, II. Art 17 Rz 49).

Es ist nun grundsätzlich auszuführen, dass die Einkünfte, die die in Deutschland ansässigen Künstler für Ihre Auftritte in Österreich sowie die vorbereitenden - ebenfalls unter Art 17 DBA Deutschland fallenden - Tätigkeiten (wie Recherche-, Proben-, und Trainingstätigkeit) hierzu erhalten haben, der österreichischen Abzugsteuer zu unterwerfen sind.

Hinsichtlich des musikalischen Leiters des ***Ensembles***, Herrn ***Künstler 1***, erscheint es jedoch sachgerecht, eine grundsätzliche Aufteilung der Einkünfte vorzunehmen, nämlich in einen auf die musikalische Leitung des ***Ensembles*** fallenden Teil (das Gericht qualifiziert diese Einkünfte als Zusatzeinkünfte iSd DBA-Rechts) sowie einen Teil, der auf Auftrittsleistungen (inklusive Proben- und Trainingstätigkeit) entfällt. Auf Grund des Umstandes, dass dem Bundesfinanzgericht keine Verträge bzw sonstigen Unterlagen der vertraglichen Gestaltung vorliegen (sowohl der Bf als auch die belangte Behörde wurden um entsprechende Vorlage ersucht) und dem Umstand, dass Herr ***Künstler 1*** auch an den meisten Produktionen aktiv mitwirkte, erscheint es sachgerecht eine Aufteilung mit 50: 50 der ausbezahlten Honorare (50 % musikalische Leitung zu 50 % Auftritten samt Probentätigkeit) vorzunehmen.

Gemäß § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde (das Bundesfinanzgericht iVm § 269 Abs 1 BAO) die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann.

Der Künstler ***Künstler 3*** nahm im Jahr 2006 aktiv an Produktionen in Österreich teil (siehe Punkt II. 1., festgestellter Sachverhalt). Diesbezüglich besteht das österreichische Besteuerungsrecht und kann eine Aufteilung in vorbereitende Arbeiten und Auftritte nicht vorgenommen werden. Bezüglich das Jahr 2007 und auch das Jahr 2008 kann dem Vorbringen des Bf gefolgt werden, als keine persönlichen Auftritte in Österreich geleistet wurden. Hinsichtlich 2007 ergaben Internetrecherchen des Gerichts keinerlei Einträge des Künstlers; bezüglich 2008 weisen die Interneteinträge zum Projekt "***Produktion 4***" (2008) keine aktive Mitwirkung des Künstlers ***Künstler 3*** auf.

Anders stellt sich der Sachverhalt aber für das Jahr 2009 dar, als eine aktive Mitwirkung des Künstlers beim Projekt "***Produktion 5***" erblickt werden konnte. Die Abzugsteuer für das Jahr 2009 wurde daher zu Recht geltend gemacht.

Hinsichtlich die beiden übrigen Künstler ***Künstler 4*** und ***Künstler 2*** gilt das grundsätzlich Ausgeführte. Ein Splitting der pauschalen Leistungen in Proben- und Auftrittstätigkeit ist nicht möglich und sind daher die gesamten geleisteten Beträge der Abzugsteuer zu unterwerfen.

Der Bf war als Schuldner der Einkünfte zum Steuerabzug verpflichtet. Mangels Abfuhr der Abzugsteuer für die in Österreich tätigen und in Deutschland ansässigen Künstler an das Finanzamt erfolgte die Haftungsinanspruchnahme grundsätzlich zu Recht.

Es ergeben sich daher folgende Bemessungsgrundlagen (jeweils für die einzelnen Künstler), die der Abzugsteuer zu unterwerfen:


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Name
2005
2006
2007
2008
2009
***Künstler 1***
1.625,00 Euro
7.795,00 Euro
2.500 Euro
***Künstler 2***
5.000,00 Euro
***Künstler 3***
16.500,00 Euro
5.000,00 Euro
***Künstler 4***
5.000,00 Euro
Bem.grundl.
1.625,00 Euro
29.295,00 Euro
7.500,00 Euro
5.000,00 Euro
Summe d. Abzugsteuer (25 %)
406,25 Euro
7.323,75 Euro
1.875,00 Euro
1.250,00 Euro

Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu leisten und ergibt sich unter Anwendung des 25-prozentigen Steuersatzes eine geänderte Steuerschuld in der Höhe von 10.855,00 Euro.

Da für das Jahr 2007 abweichend zum angefochtenen Haftungsbescheid keine Abzugsteuer anfällt, war der Haftungsbescheid für das Jahr 2007 aufzuheben.

Im Hinblick auf das Ersuchen des Bf im Berufungsschriftsatz vom , getrennte und direkte Steuerbescheide an die im Streitzeitraum in Deutschland ansässigen Künstler zu richten ist zu sagen, dass das Bundesfinanzgericht dazu berufen war, über die Beschwerde gegen den an den Bf ergangenen Haftungsbescheid zu entscheiden. Eine allfällige Bescheiderlassung an die Schuldner der Abzugsteuer (diesbezügliche Anträge hätten auch von den Parteien iSd § 78 BAO erstattet werden müssen) war nicht Gegenstand vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf den Umfang der unter Art 17 DBA Deutschland fallenden Einkünfte folgt das Bundesfinanzgericht der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (), weswegen die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nicht erfüllt sind.

Für welche Leistungen die Künstler konkret entlohnt wurden ist eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts, die der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist. Da im gegenständlichen Fall im Übrigen die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG ebenfalls nicht vor (vgl ).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 17 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 98 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100138.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at