Berücksichtigung von Umzugskosten als Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde des M**** A****, früher [Adresse 1], nunmehr [Adresse 2], StNr ** ***/****, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer machte im Zuge seiner Arbeitnehmerveranlagung verschiedene Aufwendungen als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt anerkannte im angefochtenen Einkommensteuerbescheid einen Teil dieser Aufwendungen, die übrigen Aufwendungen ließ es unberücksichtigt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
In einer teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung anerkannte das Finanzamt einige weitere Aufwendungen als Werbungskosten und änderte den angefochtenen Bescheid entsprechend ab.
Der Beschwerdeführer brachte einen Vorlageantrag ein, in welchem er - soweit wesentlich - ausführte:
"[...] Im Einkommensteuerbescheid 2017 wurden die von mir beantragten Werbungskosten nur teilweise anerkannt. Ich bitte aber um Anerkennung folgender Kosten:
Sonstige Werbungskosten in Höhe von 1.971,66 € - darin enthalten, 1.445,88 Maklerprovision
Kosten der doppelten Haushaltsführung.
Die Belege hierfür werden schnellstmöglich nachgereicht. [...].
Das Finanzamt richtete in der Folge ein (weiteres) Ergänzungsersuchen (Vorhalt) an den Beschwerdeführer, in welchem es ausführte, in seinem Vorlageantrag beantrage er die Anerkennung von sonstigen Werbungskosten von insgesamt € 1.971,66.
Für die darin enthaltene Maklerprovision von € 1.445,88 habe er bereits eine Rechnung vorgelegt. Diese laute allerdings auf ihn sowie auf einen Mitbewohner. Er möge daher Nachweise vorlegen, dass die gesamte Summe von ihm geleistet worden sei, andernfalls das Finanzamt davon ausgehen werde, dass er lediglich die Hälfte der Provision getragen habe.
Weiters wurde der Beschwerdeführer ersucht, für den verbleibenden Teil der geltend gemachten Summe (€ 525,78) die Belege und Zahlungsnachweise vorzulegen und zu erläutern, wie sich die Gesamtsumme zusammensetze (Datum, Bezeichnung, Betrag).
Das Finanzamt weise nochmals darauf hin, dass die Maklerprovision Umzugskosten darstelle und ein Umzug in allen Fällen voraussetze, dass der bisherige Wohnsitz aufgegeben werde. Der Beschwerdeführer schreibe in seinem Vorlageantrag auch über Kosten der doppelten Haushaltführung, deren Voraussetzung die Führung von zwei Haushalten sei. Kosten doppelter Haushaltsführung und Umzugskosten schlössen einander daher aus. Der Beschwerdeführer werde in diesem Zusammenhang um Klarstellung ersucht, ob 2017 ein Wohnsitz in Deutschland vorhanden gewesen sei (deutsche Meldebestätigung).
Für eine etwaige Geltendmachung von Kosten doppelter Haushaltsführung möge er überdies folgende Unterlagen vorlegen:
1. Angabe des Familienwohnsitzes in Deutschland und Meldebestätigung,
2. Nachweis der Wohnungskosten am Familienwohnsitz (zB Grundbuchsauszug, Mietvertrag etc),
3. detaillierte Darlegung und Nachweis der Gründe, die eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort des Beschwerdeführers unzumutbar machten,
4. belegmäßiger Nachweis der geltend gemachten Kosten der doppelten Haushaltsführung.
In Beantwortung dieses Vorhaltes führte der Beschwerdeführer aus, er bitte um Ansatz der "hälftigen" Maklerkosten, da sein Mitbewohner die Hälfte der Kosten getragen habe. Weiters übersende er als Nachweis seines deutschen Wohnsitzes in X****-Ort die Meldebestätigung dieser Stadt. Aus dieser im Februar 2020 ausgestellten Meldebescheinigung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt im Jahr 1992 bis zum Auszug im Oktober 2019 in X****-Ort an einer Adresse in der *** gemeldet war, seit Oktober 2019 ist bzw war er in Y****-Ort an einer Adresse in der Straße gemeldet.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und führte in seinem Vorlagebericht zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer sei deutscher Staatsbürger und habe ab Jänner 2017 erstmals Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich bezogen. Der Beschwerdeführer sei von bis in Österreich gemeldet gewesen. Im Streitjahr 2017 habe er als Pilot bei einer Fluglinie gearbeitet.
An der Adresse *** in X****-Ort sei der Beschwerdeführer seit seiner Geburt bis Oktober 2019 durchgehend gemeldet gewesen.
Ihm seien im Streitjahr 2017 Kosten für die Vermittlung der Wohnung in Wien entstanden. Nach eigenen Angaben hätten er und ein Mitbewohner die Maklerprovision von € 1.445,88 je zur Hälfte getragen, Nachweis sei bisher keiner erfolgt.
Maklerkosten für die Suche nach einer neuen Mietwohnung am Dienstort stellten grundsätzlich Umzugskosten dar. Voraussetzung für die Anerkennung von Umzugskosten sei allerdings, dass der Beschwerdeführer seinen bisherigen Wohnsitz aufgebe. Das habe der Beschwerdeführer allerdings weder behauptet noch getan.
Darüber hinaus laute die Maklerrechnung noch auf eine weitere Person. In der Vorhaltsbeantwortung werde zwar nur mehr die Hälfe der Kosten beantragt, aber die Kostentragung selbst sei nicht nachgewiesen worden. Eine Anerkennung dieser Aufwendungen sei daher nicht möglich.
Auch die Berücksichtigung der Maklerprovision als Kosten der doppelten Haushaltsführung komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht nachgewiesen worden seien.
Der Beschwerdeführer habe keine von ihm getragenen Kosten nachgewiesen. Beim damaligen Wohnsitz in Deutschland habe es sich um das Elternhaus des Beschwerdeführers gehandelt. Es sei davon auszugehen, dass ihm dafür auch keine Kosten entstanden seien.
Für die restlichen im Vorlageantrag begehrten sonstigen Werbungskosten von € 525,79 habe der Beschwerdeführer weder Belege beigebracht noch dargelegt, wofür diese angefallen sein sollten.
Für die übrigen in der Beschwerde angeführten Posten könne auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen werden, wobei der Beschwerdeführer diese im Vorlageantrag nicht mehr bestritten habe.
Das Finanzamt beantrage, die Beschwerde abzuweisen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vom Finanzamt vorgelegten Veranlagungsakt, insbesondere die dargestellten Bescheide des Finanzamtes und Schriftsätze des Beschwerdeführers, sowie in den elektronischen Akt des Finanzamtes, insbesondere das Abgabenkonto des Beschwerdeführers. Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Der aus Deutschland stammende, im Jahr 1992 geborene Beschwerdeführer war seit Beginn des Jahres 2017 in Wien wohnhaft, er war seit diesem Zeitpunkt als Pilot bei der ****Fluglinie beschäftigt.
Mitte des Jahres 2019 endete diese Beschäftigung und der Beschwerdeführer beendete seinen Wohnsitz in Wien (Zentrales Melderegister; Sozialversicherungsdatenauskunft).
Der Beschwerdeführer war seit seiner Geburt in der *** in X****-Ort (Deutschland) wohnhaft, wobei er auch während seiner Beschäftigung in Wien diesen Wohnsitz beibehielt. Erst im Herbst 2019 nahm der Beschwerdeführer einen neuen Wohnsitz in der *** in Y****-Ort (Meldebescheinigung der Stadt X****-Ort vom ).
Bei dem Wohnsitz in X****-Ort handelte es sich um das Elternhaus des Beschwerdeführers; der Beschwerdeführer verfügte an dieser Adresse über keinen eigenen Hausstand mit eigener Küche, eigenem Badezimmer und eigenem WC. Die Tragung von Kosten für den Wohnsitz in X****-Ort wurde durch den Beschwerdeführer nicht nachgewiesen.
Die im Vorlageantrag begehrten sonstigen Werbungskosten von € 525,79 wurden nicht nachgewiesen.
Diese Feststellungen gründen sich auf die angeführten Beweismittel sowie auf folgende Beweiswürdigung:
Das Finanzamt hat in seinem Vorlagebericht ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine von ihm getragenen Kosten des Wohnsitzes in Deutschland nachgewiesen. Beim Wohnsitz in X****-Ort habe es sich um das Elternhaus des Beschwerdeführers gehandelt. Es sei davon auszugehen, dass ihm dafür auch keine Kosten entstanden seien.
Das Bundesfinanzgericht geht aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt an der Adresse in der *** in X****-Ort gemeldet war sowie, dass er iZm dieser Adresse keine Kostentragung nachgewiesen hat in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Finanzamtes davon aus, dass es sich dabei um sein Elternhaus handelt und er dort lediglich einen oder wenige einzelne Räume bewohnt hat, jedoch über keinen eigenen Hausstand verfügte.
Für die im Vorlageantrag begehrten sonstigen Werbungskosten hat der Beschwerdeführer weder Belege beigebracht noch dargelegt, wofür diese angefallen sein sollen.
Die übrigen Feststellungen sind unstrittig.
Rechtlich folgt daraus:
Umzugskosten
Umzugskosten sind Werbungskosten, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Eine berufliche Veranlassung kann beim erstmaligen Antritt eines Dienstverhältnisses, beim Wechsel des Dienstgebers oder im Falle einer dauernden Versetzung durch den gegenwärtigen Dienstgeber (im Falle der Arbeitskräfteüberlassung durch das überlassende Unternehmen) vorliegen. Umzugskosten ohne Wechsel des Dienstortes und ohne Verpflichtung, eine Dienstwohnung zu beziehen, sind nicht absetzbar. Abgesehen von Fällen, in denen der Arbeitgeber einen Umzug fordert (zB Verpflichtung zum Bezug einer Dienstwohnung, Räumung einer bisherigen Dienstwohnung), kann eine berufliche Veranlassung nur zur Vermeidung eines unzumutbar langen Arbeitsweges angenommen werden.
Grundsätzlich begründet auch der Umzug von den Eltern zu einem entfernten Arbeitsort die Berücksichtigungsmöglichkeit von Umzugskosten als Werbungskosten, da auch das Wohnen im Elternhaus einen Wohnsitz darstellt. Zieht ein Berufsanfänger von seinen Eltern zu einem entfernten Dienstort, sind die Umzugskosten als Werbungskosten absetzbar (LStR 2002 Rz 392).
Dieser Sachverhalt liegt im Beschwerdefall vor.
Die weiterbestehende polizeiliche Meldung des Beschwerdeführers in seinem Elternhaus ändert an dieser Beurteilung nichts, zumal dem bloßen Unterlassen der Abmeldung für sich alleine keine besondere Aussagekraft zukommt.
So ist zB auch der bloße Besuch der Eltern nicht als Familienheimfahrt zu werten (LStR 2002 Rz 343a).
Nach Ansicht eines Teils der Lehre (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 16 Tz 220 Stichwort "Umzugskosten" mwN [Seite 243 f]) ist für die Frage, ob Umzugskosten als Werbungskosten anzusehen sind, das Erfordernis der Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes nicht zwingend; nach der Rechtsprechung ist der Umzug insbesondere dann beruflich veranlasst, wenn der Arbeitnehmer eine Anstellung außerhalb seines bisherigen Wohnortes antritt; aA hingegen zB LStR 2002 Rz 392, wonach ein Umzug in allen Fällen voraussetze, dass der bisherige Wohnsitz aufgegeben wird; ebenso Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG (Stand , rdb.at) § 16 Anm 35 Stichwort "Umzugskosten".
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Maklerkosten von € 722,94 (= 50% von € 1.445,88) sind daher als Werbungskosten zusätzlich zu den bereits in der Beschwerdevorentscheidung anerkannten Werbungskosten zu berücksichtigen.
Die Beschwerde erweist sich damit insoweit als berechtigt.
Doppelte Haushaltsführung und sonstige Werbungskosten
Werbungskosten sind grundsätzlich von amtswegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen. Ist nach den Umständen des Einzelfalles der Beweis nicht zumutbar, genügt die Glaubhaftmachung. Diese hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (Ritz/Koran, BAO-Kommentar 7, § 138 Tz 5; ).
Das Finanzamt hat den Beschwerdeführer aufgefordert, die Belege und Zahlungsnachweise für die geltend gemachten Werbungskosten von € 525,79 vorzulegen und zu erläutern, wie sich die Gesamtsumme zusammensetzt (Datum, Bezeichnung, Betrag). Der Beschwerdeführer hat dazu kein bzw kein näheres Vorbringen erstattet.
Ebenso hat der Beschwerdeführer die von ihm als Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend gemachten Aufwendungen von € 1.971,66 trotz Aufforderung durch das Finanzamt nicht nachgewiesen.
Diesfalls traf das Finanzamt jedoch keine Verpflichtung, von sich aus weitere Ermittlungen durchzuführen (in diesem Sinne ). Ebenso besteht für das Bundesfinanzgericht diesfalls keine solche Verpflichtung.
Mangels Nachweis bzw Glaubhaftmachung sind daher die geltend gemachten Kosten der doppelten Haushaltsführung von € 1.971,66 sowie die sonstigen Werbungskosten von € 525,79 nicht abzugsfähig, die Beschwerde erweist sich somit insoweit als unbegründet.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.
Der Beschwerde ist daher über die Beschwerdevorentscheidung hinaus im Umfang der geltend gemachten Umzugskosten gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben und der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101059.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at