TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2024, RV/7101736/2024

Wiederaufnahme Arbeitnehmerveranlagung nach Übermittlung eines weiteren Lohnzettels

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2023 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***Bf1*** (Beschwerdeführer, Bf.) übermittelte am eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2023 an das Finanzamt Österreich (FA). Am erließ das FA den Einkommensteuerbescheid 2023 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt im elektronischen Steuerakt befindlichen Lohnzettel und Meldungen.

Am übermittelte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) einen weiteren Lohnzettel betreffend den Bf. für das Jahr 2023.

Das FA nahm mit Bescheid vom das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2023 nach § 303 BAO wieder auf und begründete die Wiederaufnahme mit der Übermittlung eines neuen Lohnzettels. Mit selbem Datum erließ die Behörde einen geänderten Abgabenbescheid unter Erfassung der zusätzlichen steuerpflichtigen Einkünfte.

Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom verweist der Bf. zunächst darauf, dass Lohnzettel bis Ende Februar des Folgejahres zu übermitteln wären und führt weiters an, dass er aufgrund eines Dienstgeberwechsels im Jänner 2022 ein relativ hohes Gehalt (resultierend aus Abrechnungen des ehemaligen Arbeitgebers) erhalten habe. Aufgrund dessen seien die jeweiligen ÖGK-Beträge zu hoch bemessen worden und nach Ablauf des Jahres 2022 im Jahr 2023 im Betrag von 1.784,33€ rückerstattet worden. Für diesen Betrag der nunmehr im "neuen" Lohnzettel erfasst sei, habe er bereits 2022 "… im Zuge des Gehaltszettels Lohnsteuer bezahlt".

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab.

Mit Schreiben vom begehrte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht mit dem Hinweis, dass er sich nicht vorstellen könne, dass der Lohnzettel der ÖGK innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht worden sei und ihm überdies der Familienbonus von 2.000 € zustehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Übermittlung des Lohnzettels des ÖGK an das FA erfolgte - wie sich aus der Einsichtnahme in die elektronischen Datenbestände für den Bf. erkennen lassen - am 20.2.204 um 01:47:38 via ELDA. Dieser Lohnzettel wies als Bruttobezug einen Betrag von 2.081,72 € aus, davon wurden steuerfreie Bezüge innerhalb des Jahressechstels von 297,39 €abgezogen, es verbleiben daher steuerpflichtige Bezüge von 1.784,33 €. Dieser Betrag wurde im nach Wiederaufnahme abgeänderten Bescheid verarbeitet.

Im nach Wiederaufnahme erlassenen Einkommensteuerbescheid 2023 vom ist zudem die Berücksichtigung des Familienbonus Plus mit 2.000 € ersichtlich.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem elektronischen Veranlagungsakt bzw. auch aus dem, dem Bf. übermittelten Einkommensteuerbescheid und sind auch für den Bf. in Finanzonline jederzeit einsehbar.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von amtswegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, bei deren Kenntnis ein im Spruch anders lautender Bescheid zu erlassen gewesen wäre.
Die - im Übrigen fristgerecht erfolgte - Übermittlung eines weiterer Lohnzettel (hier durch die ÖGK), welcher zusätzliche steuerpflichtige Bezüge ausweist bildet einen derartigen Wiederaufnahmegrund.
Wiewohl die Wiederaufnahme im Ermessen der belangte Behörde liegt, hat bei Ermessensübung grundsätzlich das Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) (vgl ; , 94/13/0032; , 99/14/0067). Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Wiederaufnahme letztlich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde. Wiederaufnahmen werden dann nicht zu verfügen sein, wenn die steuerlichen Auswirkungen bloß geringfügig sind. Von Geringfügigkeit der Beträge kann im gegenständlichen Fall - Abgabennachforderung von 874 € im Verhältnis zum Vorbescheid nicht mehr gesprochen werden.
Die Wiederaufnahme erfolgte sohin zu Recht.

Die zeitliche Grenze für eine Wiederaufnahme bildet die Festsetzungsverjährung gemäß § 207 Abs. 2 BAO, welche für für die Einkommensteuer eine Verjährungsfrist von 5 Jahren hier beginnend mit normiert. Auch ohne jegliche Verlängerungshandlungen seitens des Behörde wäre die Festsetzungsverjährung im gegenständlichen Fall daher nicht vor eingetreten.
Die Wiederaufnahme erfolgte daher auch fristgerecht.

Die inhaltliche Einwendung betreffend den Familienbonus geht ins Leere, da aus dem bekämpften Einkommensteuerbescheid 2023 eindeutig ersichtlich ist, dass eine Berücksichtigung erfolgte.
Aus den Ausführungen zu den Gründen für die Rückzahlung zuviel bezahlter Beiträge durch die ÖGK ist festzuhalten, dass die erhöhten SV-Beträge zunächst als Werbungkosten die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (Lohnsteuer) 2022 gemindert haben und die Rückzahlung 2023 diese Minderung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer 2022 nunmehr rückführt. Es kommt sohin in der Gesamtbetrachtung zu keiner doppelten Versteuerung. Im Gegenteil würde die vom Bf. gewünschte Nichtberücksichtigung der Rückzahlung zu einer Doppelnichtbesteuerung führen.
Der Einkommensteuerbescheid vom ist daher auch inhaltlich richtig.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor zumal der Sachverhalt aus dem Akteninhalt eindeutig feststeht und sich die rechtlichen Konsequenzen dieses Sachverhalts unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz (§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 iVm § 303 Abs. 1 lit. b BAO ergeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101736.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at