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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2024, RV/5100206/2024

Tausch einer Kryptowährung in eine andere Kryptowährung - Gesetzeslage vor ÖkoStRefG

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2024/15/0025.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In seiner Einkommensteuererklärung 2021 legte der Beschwerdeführer entsprechend der Veranlagung 2020 - auf das umfangreiche Verfahren mit abschließendem Erkenntnis vom , RV/5100784/2022, wird verwiesen - den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen, offen. Entsprechend dem genannten Erkenntnis erfolgte die Veranlagung 2021 als Spekulationseinkünfte (Bescheid vom ).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am elektronisch Beschwerde und beantragte, keine Spekulationseinkünfte, zumindest jedoch von den festgestellten Spekulationseinkünften in Höhe von 103.744,24 € unter Berücksichtigung der anteiligen Verluste 1.1.- in Höhe von 20.270,00 € lediglich 83.474,24 € anzusetzen. Hinsichtlich

der weiteren Ausführungen wird auf die Beilagen (Blg. 1 - rechtliche Ausführungen, Blg. 2 - Offenlegung 2021) zur Beschwerde verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und verwies auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2020 und auf das dazu ergangene Erkenntnis des .

Entsprechend dem Vorlageantrag vom - auf die dementsprechenden Ausführungen wird verwiesen - legte das Finanzamt mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat im beschwerdegegenständlichen Jahr durch den automatisierten Handel mit Kryptowährungen Spekulationseinkünfte in Höhe von erzielt. Der Handel erfolgt über eine vom Steuerpflichtigen gemeinsam mit zwei Freunden im Jahr 2018 entwickelte Trading-Software, die unter Einbeziehung bestehender Handelsstrategien und Programmierung eines entsprechenden Algorithmus und späterer Adaptierungen sowie durch eine günstige Marktentwicklung schließlich für die Jahre 2020 und 2021 positive Einkünfte erzielen konnte.

Es konnten 2021 positive Einkünfte in Höhe von 103.744,24 € erzielt werden. Die vom Beschwerdeführer beantragte Berücksichtigung anteiliger Verluste 1.1.- beläuft sich auf 20.270,00 €.

Alle vom Beschwerdeführer durchgeführten Transaktionen (Tauschvorgänge von einer Kryptowährung in eine andere Kryptowährung) sind jeweils innerhalb eines Jahres ab Erwerb erfolgt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt gründet sich auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig. Es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

  • Rechtslage

Die für die gegenständliche Beschwerde geltende Bestimmung lautet wie folgt:

Gemäß § 31 EStG 1988, idF BGBl I Nr. 22/2012, sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, wenn die Einkünfte nicht gemäß § 27 oder § 30 steuerlich zu erfassen sind und der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden (Abs. 1).

Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen (Abs. 2).

Die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn sie insgesamt im Kalenderjahr 440 Euro nicht übersteigen (Abs. 3).

Führen Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, ist dieser nicht ausgleichsfähig (Abs. 4).

Durch das Ökosoziale Steuerreformgesetz (ÖkoStRefG 2022), BGBl I Nr. 10/2022, wurde die Besteuerung von Einkünften aus Kryptowährungen neu geregelt.

Nunmehr gehören gemäß § 27b Abs. 3 EStG 1988 zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kryptowährungen Einkünfte aus (1.) der Veräußerung sowie (2.) dem Tausch gegen andere Wirtschaftsgüter und Leistungen, einschließlich gesetzlich anerkannter Zahlungsmittel. Der Tausch einer Kryptowährung gegen eine andere Kryptowährung stellt keine Realisierung dar; damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen sind steuerlich unbeachtlich. Die Überlassung einer Kryptowährung im Sinne des Abs. 2 Z 1 stellt keinen Tausch dar. § 27 Abs. 6 Z 1 gilt sinngemäß. Werden Kryptowährungen nach dem und vor dem steuerpflichtig realisiert, können die Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Einkünfte im Sinne des § 27b behandelt werden (§ 124b z 384 lit. c EStG 1988).

Diese Bestimmung ist für die gegenständliche Beschwerde nicht anwendbar.

  • Rechtliche Erwägungen

Der Spekulationstatbestand des § 31 Ans. 1 EStG 1988 umfasst sowohl körperliche als auch unkörperliche Wirtschaftsgüter (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2023, § 31 Rz 7). Zu überprüfen ist nunmehr, ob Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter iSd § 31 anzusehen sind.

Wirtschaftsgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr - entsprechend der Verkehrsauffassung - selbständig bewertbare Güter jeder Art (). Selbständige Bewertbarkeit ist anzunehmen, wenn dafür im Rahmen des Gesamtkaufpreises des Unternehmens ein besonderes Entgelt angesetzt werden kann (). Zu den Wirtschaftsgütern gehören auch immaterielle Werte und zeitlich begrenzte Rechte. Wirtschaftsgüter können auch rechtliche und tatsächliche Zustände sein (). Auch muss eine Übertragungsmöglichkeit gegeben sein, um die Wirtschaftsguteigenschaft bejahen zu können (vgl. zB Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 4 Tz 32).

Die Verwertbarkeit der vom Beschwerdeführer angeschafften und getauschten Kryptowährungen ist dadurch gegeben, dass diese auf entsprechenden Plattformen bzw. Börsen (sogenannten "Exchanges") handelbar (sie verfügen über jederzeit abrufbare zeitaktuelle Kurse) und damit auf andere Personen übertragbar sind. Auch eine zivilrechtlich nicht oder nur beschränkt übertragbare (Rechts-)Position stellt dann ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar, soweit es möglich ist, den Wert dieser Rechtsposition entgeltlich einem Dritten zu überlassen und dadurch wirtschaftlich zu verwerten (BFH , IX R 3/22).

Es handelt sich daher bei Kryptowährungen um Wirtschaftsgüter iSd § 31.

Jede einzelne Kryptowährung ist als eigenständiges Wirtschaftsgut zu betrachten, das sowohl betreffend Anschaffungszeitpunkt und Anschaffungskosten, Veräußerungs- bzw. Tauschzeitpunkt, erzielte Erlöse (Überschüsse/Verluste) einzeln zu bewerten ist.

Dies entspricht dem Grundsatz, dass jedes Wirtschaftsgut für sich selbst zu bewerten ist. Nach § 31 Abs. 1 letzter Satz sind Tauschvorgänge (dh. die Übertragung eines Wirtschaftsgutes als Gegenleistung für ein anderes Wirtschaftsgut) innerhalb der Spekulationsfrist steuerpflichtig und führen zu Einkünften aus Spekulationsgeschäften (vgl. Kirchmayr/Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 31 Tz 22; Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2023, § 31 Rz 6; Loukota/Urtz in Hofstätter/Reichel, EStG, § 31 Rz 35).

Der Beschwerdeführer vertritt die Rechtsansicht, dass Überschüsse aus dem Tausch verschiedener Kryptowährungen steuerlich unbeachtlich seien: "Es erfolgten im Wesentlichen Tauschvorgänge Kryptowährung gegen Kryptowährung. Dies betrifft verschiedene Kryptowährungen, welche in die Kryptowährung Tether (USDT) getauscht werden und später

wiederum ein Rücktausch erfolgt. Bei Tether handelt es sich um einen an den Dollar gekoppelten Token."

Dementgegen handelt es sich bei dem vom Beschwerdeführer bezeichneten "Tausch einer Kryptowährung gegen Euro" nicht um einen Tausch iSd § 6 Z 14 EStG 1988. Vielmehr liegt eine Veräußerung/Verkauf einer Kryptowährung vor.

Der Tausch einer Kryptowährung (Wirtschaftsgut) gegen eine andere Kryptowährung (Wirtschaftsgut) bewirkt, dass die Verfügungsmacht am bisherigen Wirtschaftsgut aufgegeben wird und im Gegenzug die Verfügungsmacht am neuen Wirtschaftsgut erhalten wird. Es ist dadurch jeweils zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums gekommen (vgl. Loukota/Urtz, in Hofstätter/Reichel, EStG, § 31 Rz 34; f; ).

Nach dem Beschwerdeführer stelle erst der finale Tausch in Euro eine Gewinnrealisierung dar, die zu Spekulationseinkünften führen könne; dies sei aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Konvertierung von Fremdwährungsdarlehen ableitbar.

Eine Gleichbehandlung mit den steuerlichen Auswirkungen einer Konvertierung von Fremdwährungsdarlehen ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes (; ) nicht zulässig. Bei einer Konvertierung einer Fremdwährung in eine andere Fremdwährung handelt es sich lediglich um eine Umwandlung des zurückzuzahlenden Betrages in eine andere Währung, nicht um eine Veräußerung/einen Tausch eines Wirtschaftsgutes ("Fremdwährungsverbindlichkeit") in ein anderes Wirtschaftsgut ("Fremdwährungsverbindlichkeit"); das ursprüngliche Wirtschaftsgut "Fremdwährungsverbindlichkeit" bleibt bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich in seinem Erkenntnis vom , 2008/15/0127) ausgeführt:

"Der einkommensteuerliche Begriff des Wirtschaftsgutes hat im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich den gleichen Inhalt wie im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen die Änderung der Modalitäten einer Verbindlichkeit zu einem ,anderen Wirtschaftsgut' führt, hat daher in Bezug auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich in gleicher Weise zu erfolgen, wie für die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Solcherart hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, indem sie im angefochtenen Bescheid - in Bezug auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich - in der Konvertierung der Verbindlichkeit von einer wechselkurslabilen in eine andere nicht über einen fixen Wechselkurs zum Euro gleichgeschalteten Währung den Erwerb eines ,anderen Wirtschaftsgutes' erblickt und als Folge dessen einen Tausch von Wirtschaftsgütern angenommen hat. Die Vereinbarung, dass eine bestehende Kreditverbindlichkeit statt in der einen Fremdwährung in einer anderen

Fremdwährung berechnet wird, ändert nichts am Wirtschaftsgut ,Fremdwährungsverbindlichkeit'."

Eine analoge Anwendung der VwGH-Rechtsprechung zu Konvertierungen von Fremdwährungsdarlehen auf Kryptowährungen widerspricht der Eigenständigkeit jeder einzelnen Kryptowährung als Wirtschaftsgut, das in andere Wallets transferiert oder auf anderen Börsen/Tauschplätzen verwertet werden kann. Da bei Tauschvorgängen über Handelsplattformen nach § 6 Z 14 lit. a EStG 1988 jeweils die hingegebene Kryptowährung veräußert und die erhaltene Kryptowährung angeschafft wird, unterliegen diese dem Tatbestand des § 31 EStG 1988. So führt der Tausch einer Kryptowährung innerhalb eines Jahres ab Anschaffung gegen eine andere Kryptowährung im außerbetrieblichen Bereich zu Einkünften aus Spekulationsgeschäften.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Neuregelung der Besteuerung von Kryptowährungen durch das Ökosoziale Steuerreformgesetz (ÖkoStRefG, BGBl I Nr. 10/2022) sind für die gegenständliche Beschwerde unbeachtlich, da die Bestimmung für 2021 nicht anwendbar ist.

Aus der Neuregelung lässt sich jedoch ableiten, dass dadurch - im Gegensatz zu der alten Regelung - eine Steuerbarkeit des Tausches einer Kryptowährung gegen eine andere Kryptowährung nicht mehr gegeben ist (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 1293 der Beilagen XXVII. GP, S. 11 f zu Artikel I Ziffern 13 und 28):

"In Abs. 3 sollen die Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen näher geregelt werden. Dazu sollen sowohl die Einkünfte aus der Veräußerung gegen Euro sowie die Einkünfte aus dem Tausch von Kryptowährungen gegen andere Wirtschaftsgüter und Leistungen zählen, wobei auch ein Verkauf gegen gesetzlich anerkannte Fremdwährungen einen solchen steuerpflichtigen Tauschvorgang auslösen soll. Der Tausch von Kryptowährungen in andere Kryptowährungen soll hingegen - in Anlehnung an die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Fremdwährungen - keinen Realisierungsvorgang darstellen. Zudem sollen auf Vereinfachungsgründen Aufwendungen, die mit solchen Tauschvorgängen in Zusammenhang stehen, steuerlich unbeachtlich sein. Durch diese Regelung soll einerseits sichergestellt werden, dass die Begleichung von tauschbedingten Transaktionskosten in Kryptowährungen selbst keinen steuerpflichtigen Realisierungsvorgang hinsichtlich der für die Zahlung verwendeten Krüptowährungseinheiten auslöst. Andererseits soll durch die Regelung bewirkt werden, dass diese tauschbedingten Transaktionskosten auch keine Werbungskosten oder nachträgliche Anschafftungsnebenkosten für die getauschten Kryptowährungseinheiten darstellen."

Die gegenständlichen Einkünfte in Höhe von 103.744,24 € aus dem Handel mit Kryptowährungen unterliegen dem Tatbestand des § 31 Abs. 1 EStG 1988.

Dem Antrag, die anteiligen Verluste 1.1.- in Höhe von 20.270 € im beschwerdegegenständlichen Jahr 2021 zu berücksichtigen, ist nach der alten Rechtslage nicht möglich, da eine periodengerechte Abgrenzung bei der Erfassung der Einkünfte vorzunehmen ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob ein Tausch einer Kryptowährung gegen eine andere innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 bis zum Inkrafttreten des ÖkoStRefG 2022 zu Einkünften aus Spekulationsgeschäften führt, liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100206.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at