Garageneinfahrt keine "Privatstraße" im Sinne der StVO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek in der Verwaltungsstrafsache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236701468549/2023, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236701468549/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 19:36 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Lothringerstraße 3, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.
Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:
"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten/aktivierten Parkschein gesorgt zu haben.
Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet.
Im Einspruch wendeten Sie ein, dass das Fahrzeug nicht auf öffentlichen Verkehrsraum, sondern auf Privatgrund abgestellt gewesen wäre, weshalb Bestimmungen zur Parkometerabgabe keine Anwendung finden würden.
Beweis wurde durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt erhoben.
Dazu wird festgestellt:
Unbestritten blieb, dass sich besagtes Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort befand und dort von Ihnen abgestellt worden ist.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).
Der Abstellort befand sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches, gültig Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr.
Wenn von der Kurzparkzone ein größeres Gebiet erfasst werden soll, genügt es, dass an allen Ein-und Ausfahrtsstellen Vorschriftszeichen "Kurzparkzone Anfang" bzw. "Kurzparkzone Ende" angebracht sind. Eine darüberhinausgehende Kenntlichmachung der Kurzparkzone ist zur Gesetzmäßigkeit der Kundmachung nicht erforderlich.
Eine verordnete Kurzparkzone gilt schon nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) für die gesamte Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO gilt als Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.
Gemäß § 1 Abs. 1 StVO gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr.
Als öffentliche Straßen gelten solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, d.h. also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2010/02/0120).
Eine im Privateigentum stehende Straße ist nur dann nicht als im öffentlichen Verkehr stehend anzusehen, wenn sie abgeschrankt ist oder ihre Benutzung unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Privatstraße der Allgemeinheit ersichtlich verboten wird (Hinweis E , 227/72). Eine ersichtliche Kennzeichnung hat auf dem Parkplatz selbst zu erfolgen (Hinweis E , 87/18/0059). Selbst aus den alleinigen Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benützt werden darf, kann nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichem Verkehr handelt (Hinweis E , 81/03/0082, 0083) (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/18/0182).
Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und es träfen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen. Es besteht kein Anlass, an seinen Angaben zu zweifeln, zumal diese klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Dazu kommt, dass sich die Wahrnehmungen des Meldungslegers auf den ruhenden Verkehr beziehen und das Kontrollorgan daher Zeit genug hatte, richtig zu erkennen, ob sich zum Beanstandungszeitpunkt ein gültig entwerteter Parkschein im Fahrzeug befand oder nicht. Es ergibt sich außerdem auch kein Anhaltspunkt, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wollte.
Bemerkt wird, dass eine bloße Erklärung, der Vorhalt der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei nicht richtig, nicht ausreichend ist, diesen zu widerlegen. Vielmehr ist es Ihre Aufgabe als Beschuldigte, den konkreten Erhebungsergebnissen nicht nur konkrete Behauptungen entgegenzusetzen, sondern entsprechende Beweise vorzulegen. Geschieht dies nicht, ist die Behörde in weiterer Folge nicht gehalten, auf Grund allgemein gehaltener Einwendungen der Beschuldigten weitere Beweiserhebungen durchzuführen.
Die verfahrensgegenständliche Verkehrsfläche stand - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - mangels Vorliegen einer Absperrung oder sonstiger Kenntlichmachung zumindest dem äußeren Anschein nach für den allgemeinen Verkehr zur Verfügung und war daher als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO zu beurteilen, sodass Lenkerinnen mehrspuriger Kraftfahrzeuge, die ein solches in der dort kundgemachten Kurzparkzone abstellen, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten müssen (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).
Aufgrund der Aktenlage ist festzustellen, dass Sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind. Sie haben die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Sie haben daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht.
Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.
Mit der Einhaltung der gebotenen und zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt wäre die Übertretung zu vermeiden gewesen, weshalb der Ihnen angelastete strafbare Tatbestand auch subjektiv als erwiesen anzusehen ist.
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."
In der mit e-mail erhobenen Beschwerde vom führte die Bf. wörtlich aus:
"Gegen das Straferkenntnis erhebe ich Beschwerde
Der Vorfallenheitsbereich befindet sich außerhalb der allgemeinen Verkehrsfläche und ist nicht als Straßengrund zur allgemeinen Befahrung freigegeben. Es handelt sich um eine Garagenzufahrt, unabhängig vom Straßenbereich und somit nicht dem öffentlichen Grund gewidmet. Eine einfache Google Einschau weist den Standort als außerhalb der Parkometerbereichs aus.
Wie auf dem Foto ersichtlich, steht das fragliche Fahrzeug neben einem anderen PKW, also außerhalb des Straßengrundes.
Ein Parkschein war somit nicht zu hinterlegen.
Ich beantrage, das gegen mich gerichtete Verwaltungsverfahren einzustellen."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 19:36 Uhr in der im ersten Wiener Gemeindebezirk befindlichen, Lothringerstraße 3, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.
Der Abstellort ist weder abgeschrankt noch als Privatgrund oder als Privatstraße gekennzeichnet. Es sind keine auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt.
Der Abstellort befindet sich in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in dessen Abschnitt das Parken von Montag bis Freitag (werkt.) von 09:00 bis 22:00 Uhr gebührenpflichtig ist.
Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass kein Parkschein vorhanden war.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos sowie dem Beschwerdevorbringen der Bf., da die Abstellung des Fahrzeuges durch die Bf. und deren Lenkereigenschaft unbestritten blieben.
Rechtliche Beurteilung:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Dem § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung folgend gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
§ 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960 ) lautet:
(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
(2) Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.
Nach § 2 Abs. 1 Z 1 StVO gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.
§ 25 Abs. 1 StVO normiert:
Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.
Strittig ist, ob das Fahrzeug in einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt und demgemäß für die Zeit der Abstellung eine Parkometerabgabe zu entrichten war.
Die beschwerdeführende Partei vermeint, der Abstellort befinde sich außerhalb der allgemeinen Verkehrsfläche und somit außerhalb der Parkometerbereichs. Es handle sich nach Auffassung der Bf. um eine Garagenzufahrt, die nicht als Straßengrund zur allgemeinen Befahrung freigegeben und somit nicht dem öffentlichen Grund gewidmet sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße dann gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht (; ; ).
Aus dem Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. nur von Anrainern, kann nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; , VwGH Ra 2014/02/0058).
Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, dh also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht (vgl. ; ; ; ; ; ).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl. ; ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat als Straße mit öffentlichem Verkehr beispielsweise qualifiziert: Den Parkplatz einer Berufsschule (, einen Schotterweg, der um ein Haus herumführt und in eine Gemeindestraße einmündet (, einen Kundenparkplatz trotz des Schildes "Privatstraße" (, einen auf drei Seiten eingezäunten Privatparkplatz, der mit einem allgemeinen Halte- und Parkverbot, ausgenommen für Mitarbeiter der Firma XXX, ausgeschildert war (VwSlg. 18.780 A/2014), eine Abstellfläche mit dem Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten" sowie der Zusatztafel "Ausgenommen Hausbewohner (R.-Straße XXX) Zuwiderhandeln wird mit Besitzstörungsklage geahndet" (), sowie einen nicht abgeschrankten und auch nicht mit einem Tor versehenen Vorplatz, obwohl dieser zum Teil als Lagerfläche verwendet wurde und nur über eine beschilderte Privatstraße erreichbar war ().
Im Lichte der angeführten Judikatur ist auch im vorliegenden Fall von einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des StVO 1960 auszugehen, da diese Landfläche, in erster Linie dazu dient Fahrzeugen die Ein- und Ausfahrt in eine Garage zu ermöglichen. Darüber hinaus ist diese Straße weder abgeschrankt noch war die Benützung für den Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr allgemein erkennbar verboten bzw. die Geltung der StVO 1960 ausgeschlossen. Ein allgemein sichtbares Benützungsverbot, inklusive einem Verbot für den Fußgängerverkehr, liegt fallbezogen nicht vor.
Für die Abgabepflicht nach dem Wiener Parkometergesetz ist es ohne rechtliche Relevanz, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Abstellen innerhalb des Bereiches einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone erlaubt ist oder nicht, weil auch solche Straßenstücke von der Kurzparkzone nicht ausgenommen sind; durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wird die Kurzparkzone nicht unterbrochen (vgl. , mwN). Ein gebührenpflichtiges Abstellen liegt auch dann vor, wenn innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein Kraftfahrzeug an einer Stelle abgestellt wird, an welcher nach anderen Bestimmungen das Parken oder das Halten und Parken verboten ist (beispielsweise vor Haus- und Grundstückseinfahrten - § 24 Abs. 3 lit. b StVO, vgl. , mwN).
Somit gehört der im Bereich einer Hauseinfahrt gelegene Abstellort - im hier zu beurteilenden Fall ist die Garage und deren Einfahrt Teil des Hauses - zur flächendeckenden Kurzparkzone des ersten Wiener Gemeindebezirkes und unterliegt der Abgabenpflicht nach dem Wiener Parkometergesetz.
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:
"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."
§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:
"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."
Die Bf. hat unbestrittenermaßen das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt ohne zu Beginn und für die gesamte Dauer des Abstellens einen gültigen Parkschein auszufüllen bzw. zu aktivieren und somit den objektiven Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.
§ 5 VStG normiert:
"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."
Die Bf. brachte keine Gründe vor, um ihr mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."
§ 19 VStG normiert:
"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).
Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der Bf. zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Wegen der vier rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen kommt der Bf. der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute. Andere Milderungsgründe sind ebenfalls nicht hervorgekommen.
Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der Bf. besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.
Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.
§ 44 VwGVG normiert:
"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."
Kostenentscheidung
Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Art. 133 B-VG normiert:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"
§ 25a VwGG normiert:
"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."
Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).
Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500331.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at