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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2024, RV/7100324/2015

Zuschätzung der Prostitutionsumsätze auch bei einem Laufhaus an den Laufhausbetreiber

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100324/2015-RS1
Bei einem Laufhaus mit entsprechender Einbindung der häufig wechselnden Prostituierten in den Betrieb des Laufhausbetreibers und entsprechendem Auftreten des Laufhausbetreibers gegenüber den Freiern als derjenige, der die sexuellen Dienstleistungen anbietet und für deren Qualität bürgt, ist der Laufhausbetreiber nicht als Vermieter gegenüber den Prostituierten sondern als Erbringer der Leistung gegenüber den Freiern anzusehen. Er hat das gesamte von den Freiern geleistete Entgelt der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
RV/7100324/2015-RS2
Wenn Prostituierte das von den Freiern bezahlte Geld kassieren und sich davon einen bestimmten vereinbarten Betrag behalten dürfen und den Rest an die Laufhausbetreiber abzugeben haben, stellt der an die Laufhausbetreiber weitergegebene Betrag kein Entgelt für eine zeitraumanhängige Nutzungsüberlassung eines Zimmers dar. Die Höhe des von den Damen an die Betreiber des Hauses zu zahlenden Betrages ist alleine von der Häufigkeit ihrer „Inanspruchnahme“ abhängig und kann daher kein Entgelt für eine für einen bestimmten Zeitraum erfolgte Nutzungsüberlassung darstellen.
RV/7100324/2015-RS3
Wenn ein Laufhausbetreiber gegenüber den Besuchern seines Hauses nicht als bloßer Vermieter erscheint, sondern nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein einheitlicher Gewerbebetrieb des Hausbetreibers vorliegt, der die Leistungen gegenüber den Freiern mit Hilfe der in seinem Betrieb eingegliederten Prostituierten im eigenen Namen erbringt, sind die Prostitutionsumsätze dem Laufhausbetreiber zuzurechnen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden RiVors, den RichterRiBeis sowie die fachkundigen Laienrichter ***1*** und ***2*** in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Umsatzsteuer 2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin SF zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an den Gesellschafter Geser1 gilt die Zustellung gem. § 101 BAO iVm § 6 BAO als an alle Gesellschafter der beschwerdeführenden GesbR vollzogen.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist die Zurechnung von Umsätzen aus Sexdienstleistungen, welche im Rahmen eines sogenannten "Laufhauses" erzielt werden. Die beschwerdeführende Personengesellschaft (in der Folge: Bf) stellt sich als bloße Vermieterin von Räumlichkeiten an selbständig tätige Prostituierte dar. Nach Ansicht der Abgabenbehörde sei die Bf auch nach Außen als Anbieterin der Sexdienstleistungen (mit Hilfe der in den Betrieb der Bf eingegliederten Prostituierten) gegenüber den (potentiellen) Freiern aufgetreten. Von der Bf seien daher die gesamten Entgelte der Freier der Umsatzsteuer zu unterziehen. Mangels vorhandener Aufzeichnungen hätten die Umsätze aus den Sexdienstleistungen geschätzt werden müssen.

Vorbemerkung: Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerde (eingebracht am ) gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom per dem nunmehr zuständigen Richter zur Erledigung zugeteilt.
Da in der Bescheidbegründung vom auf den Prüfbericht, der erst am erstellt wurde, verwiesen wird, ist jedenfalls von einer rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde vom , eingelangt am , auszugehen.
Ein Vertreter nach § 81 BAO wurde weder bekannt gegeben noch vom Finanzamt bestellt. Nach Fischerlehner, BAO § 81 Rz 9, ist das BFG für eine Bestellung nach § 81 BAO nicht zuständig.
Die beschwerdeführende GesbR hat zumindest für das Jahr 2015 am eine USt-Erklärung eingereicht und der diesbezügliche Bescheid erging am an die GesbR. Es ist somit davon auszugehen, dass die GesbR bis Ende 2014 nicht beendet war. Nach der ab geltenden Rechtslage endet eine GesbR erst mit der vollständigen Abwicklung zB aller Beschwerdeverfahren. Bescheidadressat bleibt somit die GesbR, an die auch zuzustellen ist. Da es keine für die Zustellung bevollmächtigte Person mehr gibt, kann bei einer schriftlichen Ausfertigung an mehrere Gesamtschuldner, wie bei der Umsatzsteuer nach § 6 Abs. 2 BAO, gemäß § 101 Abs. 1 BAO mit Wirksamkeit für alle Gesellschafter an einen Gesellschafter zugestellt werden, wenn auf diese Rechtsfolge hingewiesen wird.

Ändert eine Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre Abgabestelle, ist sie gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet, diese Änderung ihrer bisherigen Abgabestelle der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilungsverpflichtung trifft auch Gesamtschuldner, die vom Verfahren Kenntnis haben. Wird die gesetzlich vorgeschriebene Mitteilung über eine Änderung der Abgabestelle unterlassen, ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch (§ 23 ZustG) aber nur unter der Voraussetzung rechtmäßig, wenn sich eine (neue) Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten feststellen lässt (§ 8 Abs. 2 ZustG). Da trotz mehrerer Versuche, eine Zustelladresse der beiden Gesellschafter nicht ausfindig gemacht werden konnte, und auch eine Bekanntgabe durch die Gesellschafter nicht erfolgte, musste letztlich die Ladung zur beantragten mündlichen Verhandlung mit dem Vorhalt der bisherigen Verfahrensergebnisse sowie auch dieses Erkenntnis nach § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG durch Hinterlegung beim BFG ohne vorangehenden Zustellversuch zugestellt werden. Unter der "bisherigen Abgabestelle" ist jene Abgabestelle zu verstehen, die die Partei während des anhängigen Verfahrens hatte und von der sie weiß, dass sie der Abgabenbehörde bekannt ist.
Dies wäre die ursprüngliche Anschrift des Betriebes der Bf (das gegenständliche Laufhaus) gewesen. Dort kann aber nach Auskunft des Finanzamtes und des früheren steuerlichen Vertreters der Bf nicht wirksam zugestellt werden. Sämtliche Versuche, eine neue Abgabestelle herauszufinden, scheiterten. Weder dem früheren steuerlichen Vertreter noch der Einbringungsstelle des Finanzamtes gelang es, mit einem der Gesellschafter der Bf Kontakt aufzunehmen. Sämtliche ZMR Abfragen und Internet-Recherchen blieben erfolglos. Auch die Nachfrage bei einer Richterin des BFG, die eine Beschwerde einer GmbH mit den auch hier beteiligten Personen als Gesellschafter zu bearbeiten hatte, brachte keine Erkenntnisse bezüglich einer Abgabestelle.
Es war daher gemäß § 8 Abs. 2 ZustG durch Hinterlegung ohne Zustellversuch zuzustellen.

Hinsichtlich einer möglicherweise in Deutschland existierenden Abgabestelle wurde aus verfahrensökonomischen Gründen und unter Berücksichtigung der bereits langen Liegedauer dieser Beschwerde keine internationale Amtshilfe zur Verifizierung dieser Zustellmöglichkeit in Anspruch genommen. Statt dessen wurde die Ladung zur mündlichen Verhandlung auch an diese Anschrift gesandt.

In diesem Erkenntnis wird der Begriff "Bordell" für einen Anbieter mit Separee- (oder Zimmer-) und Bar- oder barähnlichen Betrieb verwendet (häufig auch als "Nachtclub" bezeichnet). Als "Laufhaus" werden dagegen Etablissements bezeichnet, die keinen zusätzlichen Amüsement-Betrieb haben und sich gerne als reine Zimmervermieter an Prostituierte darstellen.

Entscheidend wird nach Ansicht des Senates sein, welche der folgenden Konstellationen letztlich vorliegt:

  • Ein Bordell im oben beschriebenen Sinn und mit der eindeutigen Rechtsprechung (Zurechnung an den Betreiber nach der Kundenerwartung) dazu: liegt nach Ansicht der Parteien und des Senates nicht vor.

  • Eine reine passive Nutzungsüberlassung in Form einer steuerfreien Geschäftsraumvermietung gegen ein zeitraumbezogenes Entgelt: liegt nach Ansicht der Parteien und des Senates nicht vor.

  • Nach Ansicht der Bf erbringe sie nur den Prostituierten gegenüber Leistungen und wären die von den Prostituierten vereinnahmten Entgelte für die Zimmerüberlassung plus Nebenleistungen (gewerbliche Leistung sui generis) mit 20% zu versteuern.

  • Nach den Ausführungen des Finanzamtes wären die Aussagen des VwGH zum Bordell auch bei einem Laufhaus anzuwenden und von der Bf aufgrund des festgestellten Sachverhaltes die gesamten Prostitutionserlöse zu versteuern, weil nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein einheitlicher Gewerbebetrieb der Bf vorliege, welche die Leistungen gegenüber den Freiern mit Hilfe der in seinem Betrieb eingegliederten Prostituierten nach Außen erkennbar im eigenen Namen erbringe.

Verwaltungsbehördliches Verfahren

Nach einer Niederschrift vom über eine Erhebung gem. § 143 BAO und einer anlässlich einer Kontrolle aufgenommenen Niederschrift vom wurden von den Gesellschaftern die unten angeführten und für das gegenständliche Verfahren bedeutsamen Aussagen getroffen. Weitere Feststellungen wurden in einem Aktenvermerk vom festgehalten.

Angaben der Gesellschafter: Es würden fünf Zimmer an ungarische Damen vermietet. Deren Namen würden der Polizei *** bekannt gegeben und die Gesundheitsausweise würden während des Aufenthaltes der wöchentlich wechselnden Damen im Büro aufbewahrt. Die Damen würden mittwochs ankommen, die Vollständigkeit der ärztlichen Zeugnisse würde kontrolliert werden, bei der Gemeinde *** würden die Damen angemeldet werden und am nächsten Tag zur Bezirkshauptmannschaft gebracht werden (wegen des ärztlichen Zeugnisses). Am letzten Tag würden sie wieder abgemeldet werden. Schriftliche Mietverträge gäbe es noch nicht. Die Termine (für eine bestimmte Dame oder generell die Öffnungszeiten) würden die Freier mit der Gesellschafterin telefonisch vereinbaren und diese würden auch auf Notizzetteln festgehalten.
Die Miete betrage 50,00 € pro Tag und Zimmer (netto, brutto 60€) zunächst ohne Verpflegung (später dann mit Frühstück) und wird bar an den Gesellschafter bezahlt. Den Damen würden aber keine konkreten Zimmer vermietet, es würden ihnen alle Räumichkeiten bis auf das Büro zur Verfügung stehen. Die Damen würden ihre Mahlzeiten im Dachgeschoß einnehmen und die Zimmer nach deren Verwendung auch selber reinigen, wobei die Putzmittel von der Bf zur Verfügung gestellt werden würden. Den Damen würden auch Kondome und Gleitmittel zur Verfügung gestellt. Es werde von der Bf vorgeschrieben, dass Kondome verpflichtend verwendet werden müssten. Für Werbung und administrative Tätigkeiten werde derzeit noch nichts verrechnet, eine Verrechnung sei aber geplant. Getränke würden nicht entgeltlich abgegeben werden. Den Kunden würden aber gratis (auf Kosten der Bf) Wasser, Cola oder Kaffee angeboten. Speisen und Rauchwaren gäbe es nicht.
Die Homepage werde von den Gesellschaftern auch mit von den Damen zur Verfügung gestellten Fotos gewartet und bezahlt. Die Preise würden von den Damen festgelegt, die Bf habe drei unterschiedlich hohe Paketpreise vorgeschlagen. Sonderwünsche und dergleichen würden von den Damen mit den Freiern vereinbart. Der Gesellschafter trage dann den von den Damen bestimmten Preis auf der Homepage ein. Über die Höhe der Einnahmen der Damen mache er keine Angaben, die Einnahmen werden bei den Damen aufbewahrt. Die Damen müssten ein angenehmes Erscheinungsbild und ärztliche Bescheinigungen haben. Vorab seien Fotos zu übermitteln. Sprachkenntnisse und eine bestimmte Ausbildung seien nicht erforderlich. Zu den von der Bf festgelegten Öffnungszeiten (9:30 bis 23:00 Uhr) müssten die Damen anwesend sein.

Aus der Frage "Seit wann waren die Putzfrau und die Rezeptionistin hier?", zu der keine Angaben gemacht wurden, kann geschlossen werden, dass bei der Kontrolle deren Anwesenheit aber festgestellt wurde.

Für diese Annahme spricht auch, dass nach dem Aktenvermerk vom entweder die Gesellschafter oder die Rezeptionistin die Termine mit den Freiern vereinbart hätte. Auch im Aktenvermerk vom über eine Fin-Pol Überprüfung wurde festgehalten, dass es bezüglich der Rezeptionistin und der Putzfrau Anzeigen gegeben hätte.

Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ist unter Verweis auf viele VwGH Erkenntnisse festgehalten, dass die Leistungen von der Bf im eigenen Namen erbracht worden und daher die Umsätze ihr zuzurechnen seien. Dies ergebe sich aus der Eingliederung der Damen in den Betrieb der Bf und dem Auftreten der Bf nach Außen als Leistungserbringer.
Für die Eingliederung der Damen in den Betrieb und für die Einheitlichkeit der Gesamtorganisation und somit für das Vorliegen eines einheitlichen Gewerbebetriebes spreche: Ausübung der Tätigkeit der Damen in den Räumlichkeiten der Bf, Anwesenheitspflicht während der Öffnungszeiten, Bekleidungsempfehlungen für die Damen an der Teeküchentür; Einheitliche Terminvergabe durch die Bf, Bewerbung auf der einheitlichen Homepage und letztlich auch die Gesamtverantwortung der Bf.

Mangels Aufzeichnungen für den einheitlichen Gewerbebetrieb seien die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln gewesen. Geschätzt worden sei auf der Grundlage der Erhebungsergebnisse der Finanzpolizei vom , nach denen davon auszugehen sei, dass die Damen ein bis zwei Kunden am Tag gehabt hätten. Die Gesamtanzahl an Arbeitstagen (entspreche den Meldetagen) sei am Meldeamt der zuständigen Gemeinde erhoben worden. Der durchschnittliche Schätzpreis für eine Dienstleistung sei auf der Homepage mit € 137,50 netto ermittelt worden. Im Ergebnis ergebe sich eine Umsatzzuschätzung für 2011 in Höhe von € 597.455,22.

Dem genannten Bericht entsprechend erging bereits am der Umsatzsteuerbescheid 2011, in dessen Begründung auf die Feststellungen der Prüfung laut Prüfbericht verwiesen wurde. Dieser Prüfbericht wurde am erstellt.

In der am gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Bf habe keinen Gewerbebetrieb geführt sondern lediglich Zimmer vermietet. Es sei üblich, dass Zimmer-Vermieter die vermieteten Zimmer regelmäßig reinigen (Unt: im Widerspruch zu den Aussagen der Geser), die Wäsche reinigen und ein Frühstück servieren. Um eine möglichst hohe Auslastung der Zimmer zu organisieren und die Koordination der häufig wechselnden Damen sicher zu stellen , sei die Anstellung einer Rezeptionistin erforderlich gewesen. (Unt: auch im Widerspruch zu den Aussagen der Bf, nach denen diese die Auslastung telefonisch organisierten bzw nicht bekannt gaben, wer die Damen vermitteln würde). Zu diesem Zweck und zur korrekten Abrechnung der Miete sei es auch erforderlich gewesen, Aufzeichnungen über die Anwesenheiten der Damen zu führen.

Infolge der hohen Fluktuation sei es auch erforderlich gewesen, den Damen bei den zu erfüllenden Formalitäten bei den Behörden behilflich zu sein.
Keinesfalls habe die Bf ein Bordell betrieben.
Die Feststellungen, auf die sich das Finanzamt stütze, würden bereits 2 bis 3 Jahre zurückliegen und seien 2011 und 2012 gemacht worden.

Das Entgelt sei von den Damen selber kassiert worden. Anwesenheitspflichten habe es nicht gegeben. Es sei den Damen auch nicht vorgeschrieben worden, wen sie mit welchen Leistungen betreuen und was sie dafür verlangen sollten. Jeder Kunde hätte sich seine "Leistungserbringerin" selbst auswählen können und das Vertragsverhältnis sei nur zwischen der Dame und dem Freier zustande gekommen. Die Bf habe den Freiern keine Leistung angeboten sondern lediglich für ein angenehmes und stilvolles Ambiente für die Ausübung der Tätigkeiten der Damen geboten.

Die Schätzung sei zu hoch, da die Damen am Abreisetag nicht mehr gearbeitet hätten und sich zudem auch mangels Anwesenheitspflicht auch fallweise frei genommen hätten. Im Jahr 2011 müsse der Kalkulation daher der Faktor von max. 1790 statt 2705 zugrunde gelegt werden. Auch die Durchschnittspreise seien von einem Wiener Etablissement ohne Preisanpassungen übernommen worden. Die Schätzung sei auch im Prüfbericht nicht nachvollziehbar begründet und dargestellt worden.

Überdies habe auch eine Lohnabgabenprüfung die Feststellungen der BP nicht übernommen sondern habe die Tätigkeit der Prostituierten als selbständig anerkannt Die Beschwerde der Bf wurde mit einer Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom als unbegründet abgewiesen. Dabei führte das Finanzamt als Ergänzung den Ausführungen im Prüfbericht aus:

Die am im Internet aufrufbare Version der der beschwerdeführenden Personengemeinschaft zuzurechnende Webseite www.tp.com habe über das Angebot von Prostitutionsleistungen der "R", über die Öffnungszeiten dieses Etablissementes, über die Kontaktmöglichkeiten zur Terminvereinbarung unter einer österreichischen Festnetznummer sowie unter der Mailadresse "info@tp.com informiert.
Unter dem Link "Aktuelles" auf der Website könne nachgelesen werden, dass von der Bf als Etablissementbetreiberin gegenüber potentiell interessierten Freiern die Verantwortung für die Qualität der Prostitutionsleistungen übernommen werde ("Wir bemühen uns stets Top babes einzuladen, die auch guten Service vollenden … Die Konsequenz ihres schlechten Services ist, dass sie von unserer Seite gelöscht wird, Sie wird vorerst nicht mehr zu uns kommen ...").
Schließlich enthalte diese Webseite auch einen Terminplan mit Bildern, Namen und Anwesenheitsdaten verschiedener Prostituierter.
In weiterer Folge werden in der BVE die seitens des Finanzamtes für maßgeblich erachteten niederschriftlichen Angaben vom und vom der Gesellschafter wiedergegeben (siehe dazu bereits oben).
Daraus sei eindeutig ersichtlich, dass sich die Bf einerseits unter der Bezeichnung "R" als Sexdienstleistungen anbietendes Unternehmen an die einschlägig interessierte Öffentlichkeit wende und (potentiellen) Kunden gegenüber als solches am Markt auftrete und andererseits auch tatsächlich diese Sexdienstleistungen organisiere, indem im Rahmen eines Terminplanes und im Rahmen von Öffnungszeiten die Anwesenheit der Prostituierten geregelt werde, die Terminvereinbarungen mit den Kunden getroffen würden und durch die Festlegung von Paketpreisen an der Preisgestaltung für die Sexdienstleistungen maßgeblich mitgewirkt werde. Es werde auch Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der Sexdienstleistungen übernommen, indem das äußere Erscheinungsbild der Prostituierten, deren körperliche Gesundheit sowie die Zufriedenheit der Kunden mit den individuellen Leistungen der Prostituierten Kriterien für die Zustimmung zur Anwesenheit der Prostituierten im Etablissement der beschwerdeführenden Personengemeinschaft seien und die Benutzung von Kondomen durch die Bf vorgeschrieben werde. Darüber hinaus würden für die Prostituierten Leistungen erbracht, welche weit über die Verfügbarmachung von Zimmern zur Ausübung der Prostitution hinausgehen würden, nämlich der Betrieb der oben beschriebenen Homepage, Inseratenwerbung für die Prostitutionsleistungen der "Mieterinnen", Organisation der für Prostituierte vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen und Transport dieser zu den Untersuchungsterminen, Bereitstellung von Kondomen, Gleitmittel, Desinfektionsmittel.

Der dargelegte Sachverhalt sei daher wie folgt rechtlich zu würdigen:
Im Sinne von UFS RV/3758-W/09 vom komme es in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht in Bezug auf die Zurechnung der von den Kunden vereinnahmten Erlöse nicht darauf an, ob die Prostituierten in einem Arbeitsverhältnis zu einem Bordellbetreiber stehen oder die Prostituierten selbst als Unternehmerinnen anzusehen seien. Wenngleich Prostituierte typischerweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen würden, könnten diese steuerrechtlich durchaus auch bei Eingliederung in ein Bordell und Überwiegen der Merkmale eines Dienstverhältnisses - allerdings in Bezug auf die konkrete Erbringung der sexuellen Dienstleistungen weisungsfreie - Arbeitnehmerinnen sein (vgl. Peth/Wanke/Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 23 Anm. 84 "Prostitution"; ). Ein Unternehmer könne sich zur Erbringung von Leistungen nicht nur eigener Arbeitnehmer(innen), sondern auch Subunternehmer(innen) bedienen. Dies sei aber für die Frage der Zurechnung der Zahlungen der Kunden in einem Bordellbetrieb nicht von Bedeutung. Das Inkasso von Erlösen für sexuelle Dienstleistungen durch die Prostituierten () - stehe nach der Rechtsprechung dieser Zurechnung ebenso wenig entgegen wie eine Ankündigung, wonach allfällige Leistungen der Prostituierten auf deren Rechnung erfolgen ().
Nach Laudacher, SWK Heft-Nr 32/2005, 899 seien dem Inhaber eines Etablissements die dort erzielten Umsätze zur Gänze zuzurechnen, wenn er nach der Faktenlage (überwiegend) nach außen hin auftrete. Entscheidend für die Frage des "Außenverhältnisses" sei das Gesamtbild der Gegebenheiten in demjenigen Betrieb, in welchen die Prostitution ermöglicht werde. Maßgeblich für die Umsatzzurechnung sei insbesondere das Ausmaß der vom Inhaber des Etablissements erbrachten Leistungen, wie zB. Werbeeinschaltungen in Zeitungen, Preisfestlegungen, Verträge mit den Kreditkartenunternehmen, die Strukturierung und Überwachung der Hausordnung, die Auswahl der Mädchen, die Art des Inkassos usw. Gelinge der Nachweis, dass der Inhaber des Etablissements selbst für die wesentlichen betrieblichen Tätigkeiten zuständig sei, so stehe er "nicht außerhalb eines zwischen den Mädchen und den Kunden stattfindenden Leistungsaustausches". Vielmehr spreche dann die Verkehrsauffassung dafür, dass der Leistungsaustausch über ihn erbracht werde.
In diesem Sinne judizierte auch das FG München vom , 3 V 824/00: Entscheidend sei das Außenverhältnis. Stelle der Lokalbetreiber Räume und Ausstattung zur Verfügung, sorge er für den reibungslosen Ablauf, veranlasse er die Werbung und organisiere er das Personal, so trete er den Kunden als Inhaber gegenüber und verschaffe ihnen die Möglichkeit der Dirnenleistung. Der Dirnenlohn zähle damit zu seinem Umsatz.
Zur Höhe der Schätzung der Umsätze und Betriebseinnahmen aus den Sexdienstleistungen sei auf das einer Schätzung innewohnende Risiko der Ungenauigkeit hinzuweisen. Habe ein Unternehmer durch Verweigerung von Auskünften und Vorlage von Aufzeichnungen eine Schätzung zu verantworten, so habe er auch das Risiko der Ungenauigkeit zu tragen. Die Behauptungen, die Prostituierten hätten am Abreisetag keine Leistungen mehr erbracht bzw. das Etablissement wäre am Jahresende eine Woche geschlossen, seien unbewiesen. Die Behauptung, die Prostituierten hätten die Möglichkeit, sich frei zu nehmen, widerspreche den oben wiedergegebenen Aussagen des Vertreters der beschwerdeführenden Personengemeinschaft zur Anwesenheitspflicht.

Gegen diese BVE brachte die Bf am einen Vorlageantrag ein, in dem sie auf die Ausführungen in der Beschwerde verwies und einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Senat stellte.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem BFG zur Entscheidung vor. In dieser wurde auf die Ausführungen in der BVE verwiesen.

Verwaltungsgerichtliches Verfahren

Zunächst wurde versucht, mit dem zuständigen Amtsvertreter einige verfahrensrechtliche Fragen abzuklären. So konnte festgestellt werden, dass trotz der Anmerkung in der Datenbank der Finanzverwaltung, die gegenständliche Beschwerde sei als verspätet zurückgewiesen worden, diese Beschwerde noch unerledigt ist. Nach dem infolge der genannten Anmerkung erfolgten Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einbringung im Jahr 2018 seien keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden. Nach einem Vermerk der Einbringungsstelle sei auch Geserin2 nicht mehr in Österreich aufhältig.

Unter der im Akt aufscheinenden Handy-Nr wird mitgeteilt, dass es unter dieser Nummer keinen Anschluss gebe.

In weiterer Folge wurde das Finanzamt mit einem Vorhalt vom um Unterstützung ersucht, da die bisher übermittelten Unterlagen für eine endgültige Beurteilung des Sachverhaltes nicht ausreichend seien. Insbesondere müssten seitens des Finanzamtes Nachweise dafür vorgelegt werden, dass für die Freier erkennbar gewesen sei, dass sie nicht mit den Prostituierten sondern mit der Bf als Betreiber des Hauses Leistungen austauschen. Die Schätzung erscheine dem Richter zu hoch. Wenn man davon ausgehe, dass fünf Damen an 350 Tagen im Jahr tätig gewesen seien, ergebe sich ein Faktor von 1750 und nicht von über 2700.

Im Ergebnis wurde seitens des Finanzamtes mitgeteilt:

Eine Namhaftmachung oder Bestellung eines Vertreters nach § 81 BAO sei nicht erfolgt.
Einer vom zuständigen Richter ins Auge gefasste vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 206 BAO stimme das Finanzamt nicht zu, weil nicht mit Bestimmtheit gesagt werden könne, dass die Forderung nicht einbringlich sei.
Dem Finanzamt sei keine Anschrift bekannt, an der wirksam zugestellt werden könnte.
Bedauerlicherweise seien die entscheidenden Beweismittel bisher tatsächlich nicht vorgelegt worden, dies werde nun nachgeholt. Vorgelegt wurde mit der Beantwortung des Vorhaltes ein Ausdruck des Inhaltes der Website der Bf vom , die am anlässlich der Vernehmung des Gesellschafters aufgenommenen Fotos von den Bekleidungsvorschriften und Niederschriften, welche im Jahr 2012 mit drei Damen aufgenommen worden seien, die sich aber auch auf das Jahr 2011 beziehen würden.
Zur Schätzung werde das Meldeverzeichnis der zuständigen Gemeinde vorgelegt. Aus diesem würden sich 2705 Anwesenheitstage von Prostituierten vor Ort ergeben.

Den nun vorgelegten Niederschriften können folgende Aussagen entnommen werden (es wurden am , 15:00 Uhr 6 Damen angetroffen):
Prost. 1: Betreiber des Etablissements sei I. (die Gesellschafterin), deren Familienname nicht bekannt sei. Sie sei jetzt genau eine Woche hier gewesen und fahre heute wieder heim. Auch im Jahr 2011 sei sie bereits einmal hier gewesen. Von Budapest sei sie von einem Chauffeur abgeholt worden und werde auch wieder dorthin gebracht. Dafür bezahle sie nichts. Für das Schlafen müsse sie nichts bezahlen. Für eine halbe Stunde bekomme sie vom Freier € 100, davon gebe sie € 45 an die Rezeptionistin weiter. Bei einer Stunde erhalte sie € 150, wovon sie wiederum € 70 weitergebe. Die Preise seien von der Rezeptionistin vorgeschlagen worden und sei damit einverstanden gewesen. Der Ablauf sei so, dass sich die Damen einem Kunden vorstellen und der suche sich dann eine Dame aus. Sie könne aber auch einen Kunden ablehnen. Sie habe ein bis zwei Kunden am Tag. Die Terminvereinbarung erfolge durch die Rezeptionistin. Die Arbeitszeiten seien vorgegeben (Mo - Fr: 11:00 bis 23:00; Sa: 11:00 bis 24:00 und So: 13:00 bis 23:00). Wenn sie weggehen wolle, müsse sie fragen. Arbeitsmittel müsse sie selber kaufen.

Prost.2: Betreiber des Etablissements seien I. und A. (die Gesellschafter). Sie komme ca. alle sechs Wochen, bleibe dann ein bis zwei Wochen und fahre heute wieder heim. Von Budapest sei sie von einem Chauffeur abgeholt worden und werde auch wieder dorthin gebracht. Dafür bezahle sie nichts. Für das Schlafen und das Frühstück müsse sie nichts bezahlen. Für eine halbe Stunde bekomme sie vom Freier € 120 und für eine Stunde erhalte sie € 180, wovon sie täglich jeweils die Hälfte der Rezeptionistin gebe. Die Preise seien von den Betreibern in drei Preispaketen vorgegeben. Da sie bereits bekannter sei, könne sie ein teureres Paket wählen. Der Ablauf sei so, dass sich die Damen einem Kunden vorstellen und der suche sich dann eine Dame aus. Sie könne aber auch einen Kunden ablehnen. Sie habe täglich ca. drei Kunden. Die Arbeitszeiten und Preise seien vorgegeben. Was sie mit dem einzelnen Kunden mache, könne sie selber bestimmen. Die Terminvereinbarung erfolge durch die Rezeptionistin. Die Arbeitszeiten seien vorgegeben (Mo - Fr: 11:00 bis 23:00; Sa: 11:00 bis 24:00 und So: 13:00 bis 23:00). Es bestehe Anwesenheitspflicht, für kurzzeitige Beschaffungen könne sie aber das Haus verlassen. Das würde sie auch melden. Arbeitsmittel müsse sie selber kaufen, Handtücher und Feuchttücher würden aber zur Verfügung gestellt werden. Sie sei nicht angestellt, "sie komme hierher, um für sich Geld zu verdienen."

Prost. 3: Betreiber des Etablissements sei A. (Gesellschafter). Sie sei seit Juni 2011 ca. eine Woche im Monat im Haus. Wenn sie gebraucht werde, werde sie von I. oder A. (Gesellschafter) angerufen. Von Budapest sei sie von einem Chauffeur abgeholt worden und werde auch wieder dorthin gebracht. Dafür bezahle sie nichts. Für eine halbe Stunde müsse sie € 45 und für eine Stunde € 70 als Miete weitergeben. Die Freier würden dafür € 100 bzw. € 150 bezahlen. Mit Terminvereinbarungen oder den Internetbuchungen habe sie nichts zu tun. Die Preise seien von den Betreibern vorgegeben. Die Arbeitszeiten und Preise seien vorgegeben. Die Terminvereinbarung erfolge durch die Rezeptionistin. Die Arbeitszeiten seien vorgegeben (Mo - Fr: 11:00 bis 23:00; Sa: 11:00 bis 24:00 und So: 13:00 bis 23:00). Es bestehe Anwesenheitspflicht während der Öffnungszeiten. Abwesenheiten müsse sie melden. Arbeitsmittel müsse sie selber kaufen. Sie glaube, dass sie hier angestellt sei, weil sie einen Vertrag unterschrieben habe.

Weiters wurden Fotos vorgelegt, auf denen die genannten Bekleidungsvorschriften in Form von Bildern ersichtlich sind. Ebenso wurde dem BFG eine Aufstellung der Meldungen der Damen, erstellt vom zuständigen Marktgemeindeamt, mit 2705 Meldetage im Jahr 2011 übermittelt. Nach dieser behördlichen Aufstellung waren im Jahr 2011 insgesamt 137 Prostituierte im gegenständlichen Haus für jeweils im Schnitt 20 Tage anwesend. Demnach müssten bei 51 Betriebswochen je Woche 7 - 8 Damen anwesend gewesen sein. Eine Stichprobe für Februar 2011 ergab folgende Anwesenheiten im Haus:

  • 3.2. bis 10.2.: 4

  • 10.2. bis 17.2.: 7

  • 17.2. bis 24.2.: 8

  • 24.2. bis 3.3.: 7

Überdies ergibt sich auf der Ausstellung, dass weitaus überwiegend Aufenthaltsdauern von 8 oder 15 Tagen (bei vielen aber mehrmals im Jahr) vorlagen.

Den ebenfalls übermittelten Ausdrucken der Homepage sind folgende für die hier maßgeblichen Fragestellungen interessanten Informationen angeführt: die oben angeführten Öffnungszeiten, eine Festnetz- und eine Mobiltelefonnummer mit dem Hinweis, dass Termine und Preise ausschließlich telefonisch abzuklären seien. Neben der Bewerbung der einzelnen Damen wird auch allgemein ausgeführt: unser Haus ist spezialisiert auf…, sie werden von unserer diensthabenden Rezeptionistin in unserem Haus diskret empfangen,……bei uns sind sie herzlich willkommen, wir legen großen Wert auf Diskretion, bieten wir Ihnen alkoholfreie Getränke und Kaffee kostenlos an, verbringen Sie eine schöne Zeit mit ihrer Wunschdame in einem unserer exklusiven Zimmer, wir wechseln unsere Damen im wöchentlichen Rhythmus.

Am teilte der frühere steuerliche Vertreter der Bf telefonisch mit, dass er keine Informationen über den Aufenthalt der beiden Gesellschafter habe. Er habe vergeblich versucht (auch an einer früheren deutschen Anschrift) seine Honorarforderungen einzutreiben. Angeblich würden sich die Bf in Ungarn aufhalten.

Auch die am vom zuständigen Richter durchgeführte Recherche (ZMR, Internet) hinsichtlich einer Zustellmöglichkeit bezüglich der Gesellschafterin Geserin2 blieb ergebnislos.

Auch die Nachfrage bei einer Wiener Richterin, bei der ebenfalls ein Fall anhängig war, bei dem die Gesellschafter der Bf auch Gesellschafter waren, blieb ergebnislos.

Am ergingen die Ladungen zur beantragten mündlichen Verhandlung an die Parteien. Angeschlossen war jeweils eine Darstellung des bisherigen verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Verfahrens.

Zudem wurde der Bf mitgeteilt:

  • Gemäß § 101 BAO gilt die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung an einen Gesellschafter (Gesamtschuldner) einer GesbR als an alle Gesellschafter vollzogen, wenn darauf hingewiesen wird und diese Gesellschafter gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, was bei der Umsatzsteuerschuld einer GesbR der Fall ist (§ 6 BAO).

 Wenn jemand, der von einem anhängigen Verfahren Kenntnis hat, die Änderung seiner Abgabestelle, an der wirksam zugestellt werden kann, nicht bekannt gibt und eine neue Abgabestelle nicht einfach feststellbar ist, ist nach § 8 ZustellG durch Hinterlegung beim Gericht ohne vorangehenden Zustellversuch zuzustellen. Da trotz mehrerer Versuche Ihre neue Abgabestelle nicht eruiert werden konnte und auch kein Vertreter nach § 81 BAO namhaft gemacht oder bestellt wurde, wird diese Ladung an die Bf durch Hinterlegung beim BFG wirksam zugestellt.

 Diese Ladung ergeht zudem auch an die Anschrift Geser1, dt Anschrift, da diese Anschrift als die letzte bekannte Anschrift eines Gesellschafters der Beschwerdeführerin aktenkundig ist.

 Im Anhang erhalten Sie die Darstellung des bisherigen Verfahrens, welche Sie bitte im Vorfeld der mündlichen Verhandlung durchlesen.

 Weiters werden Sie ersucht, zu folgenden Punkten bei der Verhandlung Stellung zu nehmen bzw. die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

o Nach den amtlichen Meldebestätigungen liegen tatsächlich 2705 Anmeldungstage vor und es waren im Schnitt 7 - 8 Prostituierte je Tag anwesend. Diese wurden auch exemplarisch an deren Abreisetag im Laufhaus angetroffen. Auch in der Zeit zwischen Weihnachten und Anfang Jänner waren mindestens 6 Prostituierte anwesend. Die Einwendungen gegen die Schätzung des Finanzamtes sind daher nicht stichhaltig.

o Sollte der Senat zu der Auffassung gelangen, dass die Umsätze aus den Sex-Dienstleistungen Ihnen zuzurechnen sind, wird Ihnen nochmals Gelegenheit gegeben, Ihre diesbezüglichen Aufzeichnungen vorzulegen. Ebenso könnten Sie in diesem Fall einen Vorsteuerabzug aus allfälligen Vorleistungen geltend machen, sofern die Prostituierten bei Ihnen als selbständige Unternehmer tätig waren und Sie dazu über Rechnungen, die dem § 11 UStG 1994 entsprechen, verfügen.

o Es ist davon auszugehen, dass das Prostitutionslokal gem. § 4 nö Prostitutionsgesetz von Ihnen bei der zuständigen Behörde angezeigt wurde.

o Ohne der Entscheidung des erkennenden Senates vorgreifen zu wollen und zu können, könnten die bisherigen Verfahrensergebnisse (siehe Anhang) doch in folgende Richtung weisen: Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wären die Prostituierten demnach derart in den Betrieb der Bf eingegliedert (Anwesenheitspflicht, Bekleidungsvorschriften, Preisvorgaben, Organisation, Rezeptionistin usw), dass davon auszugehen wäre,
- dass Sie den Freiern gegenüber die Sex-Dienstleistungen mit den in den Betrieb eingegliederten Prostituierten erbracht hätten und
- auch den Freiern gegenüber erkennbar als leistende Betreiberin des Hauses und nicht nur als Vermieterin gegenüber den Prostituierten aufgetreten wären und
- Sie somit nicht außerhalb des Austausches von Sex-Dienstleistungen und der Entgelte dafür gestanden wären.

o Keinesfalls liegt -wie von Ihnen behauptet- eine bloße passive Vermietungsleistung vor.

Die belangte Behörde wurde um Nachreichung folgender Unterlagen ersucht:

 Bitte um Vorlage folgender Unterlagen in den nächsten Tagen
- Seite 4 der Beschwerde
- Niederschrift zur Schlussbesprechung, auf die im Bescheid verwiesen und die in der Beschwerde zitiert wird.
- Erfolgte die Anzeige nach § 4 nö Prostitutionsgesetz und somit die Ermöglichung der legalen Prostitution für die Damen durch die Bf

Durch die Parteien erfolgten keine Vorlage der angeforderten Unterlagen.

Am2.7.2024 fand die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat des BFG ohne Anwesenheit der Parteien statt. Der Vorsitzende (zugleich Berichterstatter) erläuterte den Beisitzern die bisherigen Verfahrensschritte, den Akteninhalt und die aufgenommenen Beweisergebnisse. Weiters wurde auch die Zustellproblematik, die Berechtigung und Stichhaltigkeit der Schätzung der Umsätze, die Besonderheit des gegenständlichen Beschwerdefalles sowie die Rechtsprechung des VwGH und des BFH zur Beurteilung der Umsätze eines Laufhauses erörtert. Die Parteienanträge wurden aus deren schriftlichem Vorbringen übernommen (Amtspartei: Abweisung; beschwerdeführende Partei: Stattgabe).

Nach der Beratung des Senates verkündete der Vorsitzende den Beschluss, dass die Entscheidung gem. § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt und auch diese aus den genannten Gründen wieder gem. § 8 iVm § 23 ZustellG durch Hinterlegung beim BFG ohne vorangehenden Zustellversuch und gem. § 101 BAO an Geser1 mit Wirkung für beide Gesellschafter zuzustellen ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

(1) Die Bf betrieb am Standort ***Bf1-Adr*** ein als Laufhaus bezeichnetes Etablissement zur Erbringung von Sex-Dienstleistungen mit der Bezeichnung "R". Die Prostituierten hatten 1 bis 2 Kunden am Tag. Der durchschnittliche Schätzpreis für eine Dienstleistung wurde mit € 137,50 ermittelt.
Die Anzeigepflicht nach § 4 des niederöst. Prostitutionsgesetzes wurde von der Bf erfüllt.
Hinsichtlich der gesamten Prostitutionsumsätze gab es keine Aufzeichnungen, da die Bf bisher nur jene Einnahmen aufzeichnete und versteuerte, die sie als Mieteinnahmen erklärte.
Ein Vertreter nach § 81 BAO wurde weder bekannt gegeben noch vom Finanzamt bestellt, da bis zur Vorlage der Beschwerde an das BFG der steuerliche Vertreter der Bf eine Zustellvollmacht hatte.

(2) In dem von der Bf betriebenen Haus waren im Jahr 2011 insgesamt 137 Prostituierte jeweils überwiegend 8 oder 15 Tage (manche davon in Abständen mehrmals, im Schnitt jede Dame 20 Tage im Jahr) anwesend. Insgesamt liegen 2705 Anmeldungstage vor. Im Durchschnitt waren an den 51 Betriebswochen 7 bis 8 Prostituierte je Woche anwesend. Die Prostituierten waren auch am Abreisetag noch tätig. Eine Schließung des Laufhauses in der letzten Jahreswoche fand nicht statt.

(3) Zur Einbindung der Prostituierten in den Betrieb der Bf: Die Bf sorgten für die polizeiliche Meldung der Damen. Auch die Gesundheitsnachweise wurden beschafft und im Büro der Bf aufbewahrt. Voraussetzung für eine "Aufnahme" in das Haus waren ein angenehmes Erscheinungsbild, welches vorab durch Übermittlung von Fotos darzustellen war sowie die geforderten ärztlichen Bescheinigungen. Die Freier vereinbaren mit der Gesellschafterin die Termine, die auf einem Notizzettel festgehalten werden. Die Damen erhalten kein konkretes Zimmer zugewiesen, es stehen ihnen nahezu sämtliche Räume des Gebäudes zur Verfügung. Putzmittel, Kondome und Gleitmittel werden den Damen zur Verfügung gestellt. Die Verwendung der Kondome ist verpflichtend. Die Bewerbung der Damen und die administrativen Tätigkeiten für diese werden von der Bf den Damen kostenlos erbracht. Die Homepage wird von der Bf gewartet und bezahlt.
Die Prostituierten mussten zu den Öffnungszeiten (ca 11:00 bis 23:00, leicht variierend je nach Wochentag) anwesend sein. In der Beschwerde selbst wird ausgeführt, dass es zur Organisation der Auslastung der Damen erforderlich war, deren Anwesenheiten aufzuzeichnen.

(4) Das Verlassen des Gebäudes zB für kleinere Besorgungen musste auch außerhalb der Öffnungszeiten gemeldet werden. Im Betrieb der Bf war auch eine Rezeptionistin und eine Putzfrau tätig. An der Teeküchentür waren in Form von bebilderten Negativ- und Positivbeispielen Bekleidungsvorschriften vorgegeben.

(5) Der Preis für die Sex-Dienstleistung war nicht frei vereinbar. Vielmehr gab es eine Art verbindliche Preisempfehlung, an die sich die Prostituierten nach anfänglicher Vereinbarung hielten, und Preispakete je nach Begehrtheit bzw. Bekanntheit der jeweiligen Dame. Laut Homepage waren die Termine und Preise im Vorfeld telefonisch abzuklären. Die Freier hatten für eine halbe Stunde ca € 100 und für eine Stunde ca € 150 zu bezahlen. Von diesen Beträgen gaben die Damen jeweils ca die Hälfte als "Miete" an die Bf weiter. Die Aussage der Bf, dass die Damen € 50,00 pro Tag als Miete zu bezahlen hatten, ist nicht richtig. Es war keine Miete für ein bestimmtes Zimmer und einen bestimmten Zeitraum zu bezahlen. Den Damen wurden die Räumlichkeiten von den Betreibern des Laufhauses gewissermaßen als Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt.

  1. Die Aufzeichnungen der telefonisch vereinbarten Termine und Entgelte auf einem Notizzettel dienten auch der Absicherung der Einnahmen der Laufhausbetreiber. Aufgrund dieser Aufzeichnungen war bekannt, für wie viele Freier die Prostituierten einen Entgeltsanteil weiter zu leiten hatten.

(6) Zum Auftreten der Bf gegenüber den Freiern als Anbieter der Sex-Dienstleistungen: Auf der Homepage der RP finden sich folgende Aussagen:
"Wir bemühen uns stets Top babes einzuladen, die auch guten Service vollenden … Die Konsequenz ihres schlechten Services ist, dass sie von unserer Seite gelöscht wird, Sie wird vorerst nicht mehr zu uns kommen ..."
Ebenso finden sich die oben angeführten Öffnungszeiten, eine Festnetz- und eine Mobiltelefonnummer mit dem Hinweis, dass Termine und Preise ausschließlich telefonisch abzuklären seien. Neben der Bewerbung der einzelnen Damen wird auch allgemein ausgeführt: unser Haus ist spezialisiert auf…, sie werden von unserer diensthabenden Rezeptionistin in unserem Haus diskret empfangen,……bei uns sind sie herzlich willkommen, wir legen großen Wert auf Diskretion, bieten wir Ihnen alkoholfreie Getränke und Kaffee kostenlos an, verbringen Sie eine schöne Zeit mit ihrer Wunschdame in einem unserer exklusiven Zimmer, wir wechseln unsere Damen im wöchentlichen Rhythmus.

  1. Terminvereinbarungen werden nach unterschiedlichen Angaben entweder von der Gesellschafterin (so der Gesellschafter) oder von der Rezeptionistin (so die Prostituierten) vorgenommen.
    Die Bf übernahm auch Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der Sexdienstleistungen, indem das äußere Erscheinungsbild der Prostituierten, deren körperliche Gesundheit sowie die Zufriedenheit der Kunden mit den individuellen Leistungen der Prostituierten Kriterien für den Einsatz der Prostituierten im Etablissement der beschwerdeführenden Personengemeinschaft waren.
    Im Ergebnis stellen sich die Betreiber des Hauses als Leistungserbringer gegenüber den Freiern dar, die die legale Prostitution ermöglichen und auch für die Qualität der Dienstleistungen bürgen. Nach der Erwartung der Kunden, wird diesen vom Laufhaus bzw. deren Betreibern zu einem bekannt gegebenen Preis die Erfüllung ihrer sexuellen Wünsche in einem diskreten und angenehmen Ambiente geboten. Es ist den Freiern bekannt, dass sie die gewünschte Prostituierte bei den Betreibern mit Termin "buchen" oder vor Ort aussuchen können. Mit den Damen vereinbart der Freier allenfalls bestimmte Zusatzleistungen, grundsätzlich erscheint ihm gegenüber aber der Betreiber des Hauses als Leistungserbringer.

(7) Im Ergebnis waren die Prostituierten nach dem Gesamtbild der Verhältnisse derart in den Betrieb der Bf eingegliedert, dass davon auszugehen ist,
- dass die Bf den Freiern gegenüber die Sex-Dienstleistungen mit den in den Betrieb eingegliederten Prostituierten erbrachte und
- auch den Freiern gegenüber erkennbar die Bf als leistende Betreiberin des Hauses und nicht nur als Vermieterin gegenüber den Prostituierten aufgetreten ist und
- somit die Bf nicht außerhalb des Austausches von Sex-Dienstleistungen und der Entgelte dafür stand.

  • Keinesfalls liegt -wie von der Bf behauptet- eine bloße Vermietungsleistung vor.
    Der zu besteuernde Leistungsaustausch betrifft die Sex-Dienstleistungen der Bf an die Freier und nicht eine Vermietungsleistung der Bf an die Prostituierten. Der Freier gibt sein Entgelt, damit ihm nach seiner Kundenerwartung vom Betreiber des Laufhauses die begehrten sexuellen Dienstleistungen erbracht werden. Das Inkasso dieser Beträge erfolgte durch die Prostituierten, die sich ihren Anteil für die dem Betreiber des Hauses erbrachten Leistungen zurückbehielten und der Bf den ihr zustehenden Anteil weitergaben.
    Es liegt keine passive Vermietungsleistung im Sinn der Überlassung eines bestimmten Grundstücksanteiles (Zimmers) auf eine bestimmte Zeit gegen Entgelt vor. Den Damen wurden keine bestimmten Zimmer überlassen und diese bezahlten auch kein zeitraumbezogenes Entgelt für diese Überlassung. Vielmehr gaben die Damen je nach durchgeführtem "Geschäftsfall" den vereinbarten Teil an die Betreiber des Hauses weiter. Vereinbart war im Ergebnis, dass die Damen das gesamte Entgelt für die erbrachten Dienstleistungen von den Freiern für die Bf kassieren und sich davon den für ihre Leistung an die Bf vereinbarten Teil behalten und den Rest an die Bf weitergeben. Es lagen somit folgende Leistungsbeziehungen vor:

  • Die Bf erbrachte die sexuellen Dienstleistungen an die Freier gegen das gesamte von den Freiern dafür bezahlte Entgelt.

  • Die Prostituierten erbrachten der Bf die vereinbarten Leistungen in Form der Anwesenheiten, der Einhaltung der Vorgaben der Laufhaus-Betreiber und der Erfüllung der sexuellen Wünsche der Freier im Auftrag der Bf als deren Erfüllungsgehilfen. Ob die Damen diese Leistungen selbständig oder nicht selbständig erbrachten spielt für die hier zu lösenden Fragen allenfalls für einen Vorsteuerabzug der Bf aus den Vorleistungen der Damen eine Rolle.

  • Einen Leistungsaustausch in Form einer Überlassung eines bestimmten Zimmers gegen ein bestimmtes für einen bestimmten Zeitraum geschuldetes Entgelt gab es nicht. Den Damen wurden wechselnd Zimmer je nach Bedarf für die Erbringung ihrer Leistungen an die Bf (gewissermaßen als Arbeitsplatz) überlassen.

(8) Zur Schätzung: Es gibt keine Aufzeichnungen hinsichtlich der getätigten Umsätze. Ebenso gibt bzw. gab es keine Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer für die von den Prostituierten der Bf erbrachten Leistungen als deren Erffüllungsgehilfen.

2. Beweiswürdigung zu den nummerierten Feststellungen

(1) Diese Feststellungen beruhen auf unbestrittenem Parteienvorbringen bzw den unwidersprochenen Rechercheergebnissen des BFG und auch der Senat hatte keine Zweifel am Vorliegen dieser Sachverhaltselemente.

(2) Diese Feststellung beruht auf der Einwohner-/Melde-Liste der zuständigen Gemeinde. Dieser behördlichen Liste kommt nach Ansicht des Senates eine höhere Beweiskraft zu als den Aussagen der Bf. Wenn die Behauptung der Bf, es seien je Woche im Schnitt 5 Damen anwesend gewesen, vom Prüfer teilweise (bei der Darstellung des Sachverhaltes, nicht bei der vorgenommenen Schätzung) übernommen wurden, kommt auch dieser Darstellung des Prüfers weniger Beweiskraft als der behördlichen Aufstellung zu.
Da zwei der vernommenen Prostituierten an deren Abreisetag noch im Laufhaus vernommen werden konnten, ist davon auszugehen, dass die Prostituierten generell am Abreisetag noch anwesend und tätig waren. Da nach der behördlichen Meldeliste im Zeitraum bis sechs Prostituierte im Laufhaus anwesend waren, wird den Ausführungen der Bf, das Laufhaus sei in der letzten Jahreswoche geschlossen gewesen, kein Glauben geschenkt.

(3) Diese Feststellungen beruhen auf den glaubwürdigen Aussagen des Gesellschafters vom und vom , die zum Großteil auch von den vernommenen Prostituierten bestätigt wurden. Wenn in der Beschwerde bestritten wird, dass es Anwesenheitspflichten gab, ist dem zu entgegnen, dass der Gesellschafter diese Pflichten selbst bestätigte und dies auch von den Prostituierten so angeführt wurde. Dass sich die Freier evtl. auch die Prostituierte selbst aussuchen konnte (wie in der Beschwerde dargestellt) spricht nach Ansicht des Senates -selbst wenn es so gewesen wäre- nicht alleine für eine Leistungserbringung der Damen im eigenen Namen. Dieser Umstand trifft zB auch bei vielen Bordellen zu und gehört eben auch zum Leistungsangebot des Hauses. Gleiches gilt für die Behauptung der bloßen Schaffung eines angenehmen Ambientes. Der Freier erwartet sich aufgrund der auf der Homepage mitgeteilten Informationen, dass ihm in einem angenehmen Ambiente Damen zur Auswahl angeboten werden und er in der Folge seine gekaufte Dienstleistung in Anspruch nehmen kann.
Entscheidend ist auch die Aussage des Gesellschafters, dass die Damen keine konkreten Zimmer zugewiesen bekamen.

(4) Diese Feststellungen beruhen auf den nahezu übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der niederschriftlich vernommenen drei Prostituierten. Dies gilt insbesondere auch für die Feststellungen bezüglich der Rezeptionistin. Die Verweigerung der Aussage des Gesellschafters zum Zeitpunkt der Anstellung der Rezeptionistin und der Putzfrau und insbesondere deren Antreffen anlässlich einer behördlichen Kontrolle (Fin-Pol Überprüfung am ) spricht im Ergebnis auch für deren Existenz. Selbst in der Beschwerde wird auf das Vorhandensein der Rezeptionistin hingewiesen. Der Aushang der Bekleidungsvorschriften ist auf den von der Behörde erstellten Fotografien ersichtlich.

(5) Der Senat hält die nahezu übereinstimmenden Aussagen der niederschriftlich vernommenen drei Prostituierten für glaubwürdiger als die Angaben der Bf. Zudem stimmen diese dem Grunde und der ungefähren Höhe nach mit den Sachverhaltsfeststellungen gleichgelagerter BFG-Erkenntnisse zu anderen Häusern überein. Möglicherweise gab es für die Damen die Möglichkeit für Sonderwünsche eine gesonderte Bezahlung mit dem Freier zu vereinbaren. Dies wird zumindest von der Bf behauptet. Aussagen der vernommenen Prostituierten gibt es dazu nicht. Dem Senat schien diese Frage aber im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller Kriterien nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Einbindung der Damen in den Betrieb der Bf.

  1. Aus den Aussagen der Prostituierten ergibt sich auch, dass die Preispakete vorgegeben waren. Ebenso wurden diese nach den nicht bestrittenen Feststellungen des Finanzamtes auch auf der Homepage bereits angeführt. Die Prostituierten (1 und 2) gaben auch übereinstimmend an, dass sie "für das Schlafen" nichts bezahlen mussten. Vielmehr mussten sie ca 50% der für jeden "Geschäftsfall" vereinnahmten Entgelte den Laufhausbetreibern weiterleiten. Die Aufzeichnung der telefonisch vereinbarten Termine auf einem Notizzettel ergibt sich aus den Aussagen des Gesellschafters. Es ist naheliegend, dass die telefonische Terminvereinbarung bzw. der Empfang im Haus durch die Rezeptionistin und die Aufzeichnungen der Termine auf einem "Notizzettel" der Sicherung der Einnahmen der Bf dienen sollte. Es waren eben nicht 50 € Miete pro Tag zu bezahlen sondern ca 50% der Einnahmen weiter zu geben.

  2. Schon grundsätzlich erscheint es schwer möglich, bei der überwiegenden nur sehr kurzen Anwesenheit von jeweils durchgehend 8 Tagen als Leistungserbringerin nach Außen aufzutreten. Typischerweise erfolgt die Anbahnung gegenständlicher Leistungen über das Internet und in weiterer Folge telefonisch mit dem "Haus" und nicht mit einer bestimmten Prostituierten. Dies würde für eine Bewerbung und Erbringung der Leistungen im eigenen Namen voraussetzen, dass man über einen längeren Zeitraum seine Kompetenzen bewirbt, eine gewisse Bekanntheit erwirbt und zudem über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt.
    Wenn auch in der Beschwerde wiederholt von der leistungserbringenden "Hausgemeinschaft" gesprochen wird, können damit in Wirklichkeit nur die Betreiber des Hauses und nicht die nur jeweils wenige Tage anwesenden Damen gemeint sein.
    Näherliegend ist es daher, dass das Haus und dessen Leistungsangebot als solches längerfristig beworben wird und sich bei den möglichen Freiern ebenso längerfristig die Meinung durchsetzt, dass in diesem Haus die sexuellen Anliegen jedenfalls wunschgemäß und mit sich abwechselnden Damen erfüllt werden. Nach Ansicht des Senates ergibt sich schon alleine aus dem häufigen Wechsel der Damen nahezu eine Vermutung, dass der Freier abstrakt das Laufhaus und somit dessen Betreiber kontaktiert und als Vertragspartner ansieht. Für das tatsächliche Vorliegen einer Vereinbarung und eines Leistungsaustausches zwischen dem Freier und einer konkreten Prostituierten müssten besondere Umstände nachgewiesen werden, nach denen die Laufhausbetreiber lediglich im Namen der konkreten Prostituierten aufgetreten und als Vermittler anzusehen wären. Kommen dann aber noch die weiteren Umstände, wie die oben zitierten Formulierungen auf der Homepage hinzu, steht für den Senat eindeutig fest, dass die Verträge zwischen Freiern und den Laufhausbetreibern zustande kamen.
    Die genannten Angaben auf der Homepage des Laufhauses sind den im Akt aufliegenden Ausdrucken entnommen oder sind in der BVE angeführt. Den Ausführungen in der BVE wurde seitens der Bf nicht widersprochen. Die Ausdrucke stammen vom und somit ausreichend zeitnah zum Jahr 2011. Der Senat geht davon aus, dass diese allgemeinen Angaben auch im Jahr 2011 so aufschienen. Insgesamt kam der Senat in einer Gesamtbetrachtung der Umstände zu dem Ergebnis, dass das Vorliegen eines Leistungsaustausches zwischen der Bf und den Freiern bezüglich der gegenständlichen Sex-Dienstleistungen wesentlich wahrscheinlicher ist als das Vorliegen eines derartigen Leistungsaustausches zwischen den Prostituierten und den Freiern.

(6) Diese Feststellung ergibt sich zusammenfassend aus den oben erfolgten Darstellungen.
Dass die Damen keinesfalls den Hausbetreibern eine zeitraumbezogene Miete bezahlten, ergibt sich auch aus folgender Überlegung: Die Höhe der Zahlungen der Prostituierten richtete sich nicht etwa nach der Fläche und/oder dem Zeitraum einer zugesagten Überlassung eines bestimmten Raumes sondern nach der Frequenz und Häufigkeit ihrer Inanspruchnahme durch die Freier. Würde eine Prostituierte an ihren Anwesenheitstagen zB wegen Krankheit nicht "in Anspruch genommen", hätte sie keine "Miete" zu bezahlen gehabt. Die festgestellte Vorgangsweise und Zahlungsabwicklung ergibt sich in einer Gesamtbetrachtung der Aussagen der beteiligten Personen. Überdies wurde von zwei Prostituierten ausdrücklich und glaubhaft angegeben, dass "für das Schlafen" nichts zu bezahlen war.

(7) Während des gesamten Verfahrens wurden trotz Vorhalts des Fehlens entsprechender Aufzeichnungen keine Aufzeichnungen über die Höhe der Umsätze vorgelegt. Ebenso wurden keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen vorgelegt oder deren Existenz auch nur behauptet. Wenn die Bf davon ausging, dass sie als Betreiberin eines Laufhauses lediglich Vermietungsumsätze tätigt, ist es auch naheliegend, dass es weder Aufzeichnungen zu den Entgelten der Freiern noch entsprechende Eingangsrechnungen der Damen gibt.

(8) Dem Einwand in der Beschwerde, dass sich die Ausführungen des Finanzamtes auf Umstände stützen würden, die bereits 2-3 Jahre zurückliegen und die Jahre 2011 und 2012 betreffen würden , kommt keine Bedeutung zu. Wenn auch der Bescheid erst im Jahr 2014 erging, betraf er dennoch den Zeitraum 2011 und darauf bezogen sich die der Entscheidung zugrunde gelegten Aussagen und Unterlagen.

3. Rechtliche Grundlagen in der jeweils anzuwendenden Fassung

§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994: Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;

Das zu besteuernde Entgelt bestimmt sich dann nach § 4 Abs. 1 UStG 1994: Der Umsatz wird im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme);

Ist der Umsatz für die Sex-Dienstleistung dem Betreiber des Hauses zuzurechnen, ist als Entgelt nach § 4 UStG 1994 alles anzusetzen, was der Empfänger der Leistung für diese aufzuwenden hat. Entgelt ist demnach, was in einer Zweckbindung zur Erlangung der Lieferung oder der sonstigen Leistung steht. Ob der Abnehmer das Entgelt (ganz oder teilweise) dem Unternehmer direkt oder mit seinem Einverständnis oder auf sein Verlangen einem Dritten leistet, ist unbeachtlich. Der Abzug von Betriebsausgaben kommt nicht in Betracht. Bemessungsgrundlage ist das ungekürzte Entgelt. Dass der Unternehmer daraus seine Geschäftsunkosten decken muss, ist gleichgültig (; ).

Der zu besteuernde Leistungsaustausch findet nach ständiger Rechtsprechung zwischen den Personen statt, die im Sinn eines "do ut des" die jeweiligen Leistungen erbringen. Nach der sich zuletzt durchgesetzten finalen Ansicht, ist eine zu versteuernde Leistung somit jener Person zuzurechnen, die diese Leistung nach Außen erkennbar im eigenen Namen erbringt, um die Gegenleistung zu erhalten. Dabei ist somit auch zu beurteilen, wem nach den Gesamtumständen der Leistungsempfänger aus dessen Sicht das Entgelt entrichtet, um die Leistung zu erhalten.

Begriff der Vermietung: Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und der nationalen Gerichte ist das das grundlegende Merkmal der Vermietung von Grundstücken, dass dem betreffenden Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung durch ein im wesentlichen passives Verhalten des Vermieters das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. die , "Goed Wonen", Rn. 55, und vom , C-275/01, Sinclair Collis Ltd., Rn. 25).

Im Erkenntnis (mwN) stellte der VwGH wie bereits vielfach fest, dass bei einem Bordell mit Bar- und Separeebetrieb nach der Kundenerwartung sämtliche im Bar- und Bordellbetrieb erbrachten Leistungen wirtschaftlich als Gesamtpaket dem Betreiber zuzurechnen sind. "Bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees besteht die Leistung des Barbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee-Besuch. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert, welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die sexuellen Wünsche der Gäste zu erfüllen."

Nach dem genannten Erkenntnis ist es irrelevant, ob das Inkasso im Auftrag des Leistenden jemand anderer übernimmt. Ebenso ist nach ohne Bedeutung, wenn den Freiern mit einem Aushang mitgeteilt wird, dass der Leistungsaustausch zwischen dem Freier und der Prostituierten zustande kommt.

Dagegen wird in , festgehalten: Im Gegensatz zum Bordell mit Bar- und Separeebetrieb, bei dem davon auszugehen ist, dass der Nachtklubbetreiber hinsichtlich sämtlicher den Freiern im Nachtklub erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringer ist, ist bei einem Laufhaus ohne Betrieb eines Nachtklubs, einer Bar oder von Separees eine andere Beurteilung erforderlich. Dies weil nach den Sachverhaltsfeststellungen des UFS im Wesentlichen Umsätze aus der Nutzungsüberlassung von Wohnungen plus Nebenleistungen an Prostituierte vorliegen.

Von diesem sich nach dem Entgelt bemessenen Steuerbetrag kann der Unternehmer die für bestimmte Vorleistungen angefallenen sog. Vorsteuern abziehen. Dazu bestimmt § 12 Abs. 1 Zi. 1 UStG 1994, dass der Unternehmer u.a. die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen kann.

§ 184 BAO bestimmt zur Schätzung der Bemessungsgrundlagen:
(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl zB ; , 2009/17/0119 bis 0122; , 2007/15/0265; , 2008/15/0122; , Ro 2020/13/0005), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB ; , 2012/13/0068).
Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent ( ; , 97/15/0076; , 95/16/0222; , 2000/14/0166; , 2009/Seite 77217/0127; , Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (zB ; , 98/14/0026; , 96/14/0111; , 2009/17/0119-0122; , Ro 2020/13/0005).

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (Stoll, BAO, 1912; ; , 2002/16/0255; , 2001/13/0022; , 2002/15/0174; , 2008/15/0027; vgl , Schätzung als ultima ratio), nicht aber bloße "Schwierigkeiten" sachlicher oder rechtlicher Natur. Deren Überwindung mag Mühe kosten, die aber aufzuwenden ist (zB ).

Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl ; , 98/13/0061; , 99/13/0094; , 2004/17/0211; , 2008/15/0196; , 2008/15/0122; , 2007/15/0226; , Ro 2020/13/0005). Jene Schätzungsmethode ist besser, die sich auf mehr weitgehend gesicherte Ausgangspositionen stützen kann (vgl Stoll, BAO, 1932).

NÖ Prostitutionsgesetz § 4 Anzeigepflichten

Verfügungsberechtigte über Gebäude, Gebäudeteile oder Räumlichkeiten, in denen die Prostitution durch eine oder mehrere Personen wiederkehrend angebahnt oder ausgeübt werden soll, müssen dies unter Angabe des Vor- und Familiennamens, des Geburtsdatums, des Wohnortes und der Staatsbürgerschaft der Betreiberin oder des Betreibers des Prostitutionslokales vorher der Gemeinde schriftlich anzeigen. Wird das Prostitutionslokal von einer juristischen Person betrieben, sind die Daten dieser und der für das Prostitutionslokal verantwortlichen Person anzuzeigen.

4. Rechtliche Erwägungen

Neben den unten angeführten konkreten Erwägungen zur Beurteilung der Umsätze der Bf ist festzuhalten, dass ganz allgemein in wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist, welche Leistungen zwischen wem ausgetauscht werden.

Auszuschließen ist nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, dass die Bf den Prostituierten Zimmer gegen ein Entgelt überlassen hat. Diese mussten "für das Schlafen" nichts bezahlen, hatten keine bestimmten Zimmer zugewiesen und konnten die Zimmer ohne bestimmte Zuordnung als zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nutzen.
Wenn die Prostituierten von den von den Freiern erhaltenen Beträgen einen vereinbarten Teil an die Betreiber des Laufhauses weitergeben müssen, können diese rein von der Häufigkeit ihrer "Inanspruchnahme" abhängigen Beträge kein Entgelt für eine auf einen bestimmten Zeitraum vereinbarte Zimmerüberlassung sein. Bei einer zufälligen oder krankheitsbedingten "Nichtinanspruchnahme" während des ca einwöchigen Aufenthaltes im gegenständlichen Laufhaus würde dann keine Miete anfallen.
Die Verwaltungs-, Organisations- und sonstigen Hilfsleistungen der Bf gegenüber den Damen als Erfüllungsgehilfen der Bf erfolgten unentgeltlich und führten zu keinem zu besteuernden Leistungsaustausch. Diese Tätigkeiten der Bf entsprachen eher Leistungen eines Dienstgebers bzw. sollten eben die Gesamttätigkeit des Betriebes der Bf ermöglichen.

Möglicherweise erbrachten die Prostituierten als selbständige Unternehmerinnen der Bf Leistungen gegen den einbehaltenen Entgeltsanteil. Dies hätte allenfalls bei Vorlage entsprechender Rechnungen für einen Vorsteuerabzug der Bf eine Rolle gespielt. Infolge der geschilderten Einbindung der Damen in den Betrieb der Bf ist nach Ansicht des Senates aber eher von einer unselbständigen Tätigkeit der Damen auszugehen. Diese Frage muss hier aber nicht geklärt werden. Die Damen erhielten jedenfalls für ihren Beitrag im Laufhaus von der Bf ein Entgelt, nämlich den einbehaltenen Anteil vom Entgelt der Freier. Da davon auszugehen ist, dass es entsprechende Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer nicht gab, kommt auch eine Schätzung der Vorsteuer nicht in Betracht.

Letztlich bleibt zu beurteilen, wer die sexuellen Dienstleistungen den Freiern erbrachte, um dafür das vereinbarte Entgelt zu erhalten bzw. wem die Freier das Entgelt bezahlten, um die gewünschten Dienstleistungen zu erhalten.

Bei einem sogenannten Laufhaus ging man nach den bisher von der Finanzverwaltung festgestellten Sachverhalten immer davon aus, dass die Laufhausbetreiber den Prostituierten eine Leistung (strittig war immer das Vorliegen einer steuerfreien Geschäftsraumvermietung oder einer steuerpflichtigen Leistung sui generis) und die Prostituierten den Freiern Leistungen erbrachten.

Hier hat die Betriebsprüfung aber darüber hinaus festgestellt, dass in einer Gesamtbetrachtung die Bf als Laufhausbetreiber die sexuellen Dienstleistungen an die Freier erbringen, die Freier der Bf den von den Prostituierten kassierten Betrag bezahlen und die Prostituierten einen im vorhinein vereinbarten Anteil behalten und den Rest den Betreibern weitergeben.

Bei den Entscheidungen zum Laufhaus, ob eine ggfs befreite passive Nutzungsüberlassung oder eine mit 20% zu versteuernde Leistung sui generis vorlag, ging es immer um die Beurteilung des Gesamtpaketes der Leistungen der Hausbetreiber an die Prostituierten. Nicht fraglich war in diesen Fällen, wem die Sex-Dienstleistungen grundsätzlich zuzurechnen sind. Offenbar ist man dabei davon ausgegangen, dass, wenn kein Bordellbetrieb mit Bar- und Separeebereich vorliegt, keine einheitlich zu beurteilende Leistung des Hausbetreibers vorliegt, sondern zwei getrennte Leistungen: Leistung sui genereis des Hausbetreibers (20%) an die Prostituierten und Leistung dieser an die Freier.

Im oben bereits zitierten Erkenntnis (mwN) stellte der VwGH wie bereits vielfach fest, dass bei einem Bordell mit Bar- und Separeebetrieb nach der Kundenerwartung sämtliche im Bar- und Bordellbetrieb erbrachten Leistungen wirtschaftlich als Gesamtpaket dem Betreiber zuzurechnen sind.

Dagegen wird in , festgehalten, dass im Gegensatz zum Bordell mit Bar- und Separeebetrieb bei einem Laufhaus ohne Betrieb eines Nachtklubs, einer Bar oder von Separees eine andere Beurteilung erforderlich ist. Dies weil nach den Sachverhaltsfeststellungen des UFS im Wesentlichen Umsätze aus der Nutzungsüberlassung von Wohnungen plus Nebenleistungen an Prostituierte vorliegen.

Der VwGH übernahm hier also die Sachverhaltsfeststellung des UFS, wonach eben bei diesem Fall der Betreiber des Hauses nicht als Leistungserbringer gegenüber den Freiern anzusehen ist, sondern nur den Prostituierten Leistungen erbrachte. Dies schließt aber nach Ansicht des Senates nicht aus, dass bei einer anderen Sachverhaltsgestaltung auch bei einer Organisation zur Erbringung von Sex-Dienstleistungen in Form eines Laufhauses eine Leistungserbringung der Betreiber des Hauses an die Freier angenommen werden kann bzw. muss.

Entscheidend für die Frage, ob eine passive Vermietung eines Geschäftsgrundstücks (0% oder Option zur Steuerpflicht) oder eine Leistung sui generis (20%) vorliegt, ist, ob die Beschwerdeführerin den Prostituierten die Wohnungen - im Wesentlichen - lediglich "passiv" überlassen oder ob sie für diese etwa durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation geschaffen oder unterhalten hat, die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen gefördert hat. Werden aktive Zusatzleistungen wie die Überwachung oder die Bewerbung erbracht, liegt keine bloß passive befreite Überlassung von Räumlichkeiten sondern eine steuerpflichtige Organisation zur Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht vor. Siehe auch

Die diesbezüglichen Erkenntnisse des VwGH und des BFG hatte in der Folge -soweit erkennbar- aber bisher lediglich die Konsequenz, dass die von den Prostituierten an die Hausbetreiber bezahlten Beträge statt als steuerfreie Vermietungsumsätze als mit 20% zu versteuernde Leistungen sui generis behandelt wurden. Siehe dazu auch ; . Nicht geklärt durch eine gerichtliche Entscheidung ist -soweit ersichtlich- die Frage, ob auch bei einem als Laufhaus organisierten Betrieb eine einheitliche Leistungserbringung der Hausbetreiber an die Freier zu unterstellen ist und daher diese den gesamten Prostitutionsumsatz zu versteuern haben. Dies wäre nach den bisher judizierten Kriterien dafür zumindest dann der Fall, wenn

1. die Prostituierten in den Gewerbebetrieb derart eingegliedert sind, dass davon auszugehen ist, dass der Gewerbebetrieb der Hausbetreiber die Leistung erbracht hat,

2. und der Hausbetreiber auch nach Außen für die Freier erkennbar als Leistungserbringer aufgetreten ist.

Entscheidend ist somit nach Ansicht des Senates aber auch bei der Fallkonstellation "Laufhaus" (ohne Barbetrieb), ob der Hausbetreiber mit seinen Leistungen an die Prostituierten nur die Möglichkeit der legalen und sicheren Ausübung ihrer Tätigkeit ermöglicht und diese bewirbt und auch sonst unterstützt und gegenüber den Freiern als bloßer Vermieter erscheint oder, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein einheitlicher Gewerbebetrieb des Hausbetreibers vorliegt, der die Leistungen gegenüber den Freiern mit Hilfe der in seinem Betrieb eingegliederten Prostituierten im eigenen Namen erbringt.

Diese Ansicht wird im Ergebnis auch von Gassner in vertreten: Auch bei Bordellen ohne Barbetrieb, die als Laufhäuser bezeichnet werden, ist die vom VwGH angesprochene Kundenerwartung, dass vom Etablissement Mädchen offeriert werden, dann maßgeblich, wenn nicht eine bloße Zimmervermietung vorliegt. Jeder nach Außen gegenüber den Kunden auftretender Betrieb gilt unabhängig von dessen Bezeichnung, Preisniveau, Inkassoabwicklung usw als rechtlicher Leistungserbringer. In aller Regel lassen sich bei beiden Bordellformen idente Sachverhaltselemente feststellen, nach denen die Betreiber nicht außerhalb eines nur zwischen der Prostituierten und deren Freier stattfindenden Leistungsaustausches stehen würden. In solchen Fällen gilt auch bei Laufhäusern neben dem Normalsteuersatz auch bezüglich der umsatzsteuerlichen Zurechnung nichts anderes als bei Bordellen.
Auch nach Laudacher/Thallinger in gilt auch bei Laufhäusern die Judikatur zu Bordellen und kommt es daher auf die wirtschaftliche Gestaltung an. Bei entsprechender Einbindung der Damen in den Betrieb und einem Auftritt nach Außen als Leistungserbringer ("unsere Mädchen erwarten Sie"), erbringt der Betreiber die Sex-Dienstleistung an die Freier.

So hat auch der BFH (BFH , V R 9/17) entschieden, dass immer entscheidend sei, ob eine Leistung der unmittelbar handelnden Prostituierten oder dem Unternehmer, in dessen Unternehmen sie eingegliedert ist, zuzurechnen ist. Es kommt darauf an, ob der Unternehmer nach den nach außen erkennbaren Gesamtumständen aufgrund von Organisationsleistungen selbst derjenige ist, der durch die Anwerbung von Prostituierten und deren Unterbringung das Haus betreibt. Dabei kann maßgebend sein, ob der Unternehmer z.B. in seiner Werbung als Inhaber eines Bordells oder eines bordellähnlichen Betriebs als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteten Dienstleistungen einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr aufgetreten ist. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Prostitutionsleistung als höchstpersönliche Leistung anzusehen ist.

Eine Eingliederung in den einheitlichen leistungserbringenden Betrieb des Hausbetreibers kann sich somit auch bei einem Laufhaus ohne Bar- und Separeebetrieb ergeben, wenn diese Eingliederung anzunehmen ist, weil die Prostituierten

  • Zu bestimmten Zeiten anwesend sein müssen

  • Eine Verlassen des Gebäudes zumindest melden müssen

  • Die polizeiliche Meldung und die Organisation der Gesundheitsnachweise vom Betreiber vorgenommen wird.

  • Zumindest ein Teil des Transportes der Damen zum Haus vom Betrieber organisiert und bezahlt wird

  • Die Preise nach Dauer und Begehrtheit der Damen vorgegeben sind

  • Die Damen kostenlos ein Frühstück erhalten

  • Organisation eines reibungslosen Ablaufs

  • Buchung über den Betreiber

  • Übernahme der Reinigung

  • Vorhandensein von Gemeinschaftseinrichtungen

  • Schaffung einer angenehmen Atmosphäre

  • Die legale Ausübung der Prostitution vom Betreiber ermöglicht wird

  • Verbindliche Bekleidungsvorschriften bestehen

  • Verpflichtung zur Nutzung von Kondomen besteht

  • Aus Laudacher /Thallinger in : Die Umsätze sind dem Bordellbetrieb zuzurechnen, wenn sich die Eingliederung der Prostituierten in den Betrieb zB aufgrund folgender Kriterien ergibt: Werbeeinschaltungen in Zeitungen, Preisfestlegung durch den Betreiber, Verträge des Bordellinhabers mit dem Kreditkartenunternehmen, Strukturierung und Überwachung der Hausordnung, Auswahl der Mädchen oder Inkasso durch Vertrauenspersonen.

  • Maßgeblich ist letztlich, ob die Dienstleistung im Namen und auf Rechnung des Bf erbracht werden. Dies müsste sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und dem Ausmaß der Eingliederung der Prostituierten in den Betrieb ergeben.

Dabei ist das Gesamtbild entscheidend. Es müssen nicht alle Elemente erfüllt sein, wenn andere Kriterien dafür stärker ausgeprägt sind.

Ist die Prostituierte im Innenverhältnis in den Betrieb des Hauses im genannten Sinn eingegliedert, erbringt der Betreiber des Hauses die Leistung. Er steht dann eben nicht außerhalb eines zwischen den Mädchen und den Kunden stattfindenden Leistungsaustausches.

Dabei ist es auch nicht relevant, ob die Damen letztlich formal als selbständige Unternehmerinnen oder als Dienstnehmer einzustufen sind. Dies könnte sich bei Vorliegen entsprechender Rechnungen allenfalls auf den Vorsteuerabzug auswirken. Kommen dann noch Hinweise dazu, dass der Hausbetreiber die Leistungen gewissermaßen im Namen des Hauses und somit im Namen der Betreiber des Hauses anbietet, sind die Umsätze dem einheitlichen Gewerbebetrieb der Hausbetreiber zuzurechnen. Dem Freier ist zusätzlich erkennbar, dass der Hausbetreiber als Erbringer bzw. Weiterverkäufer der Sex-Dienstleistung auftritt. Der Hausbetreiber wird vom Freier als derjenige angesehen, der ihm mit Hilfe der im Haus tätigen Personen die Gelegenheit zur sexuellen Betätigung verschafft.

Die den Damen überlassenen Einnahmen stellen dann deren Vergütung für die Leistungserbringung im einheitlichen Gewerbebetrieb an den Betreiber dar.

Es gibt zudem eine ganze Reihe von Erkenntnissen des VwGH iZm ausländischen Prostituierten zum Ausländerbeschäftigungsgesetz, deren Aussagen auch hier hilfsweise herangezogen werden können. Demnach weisen folgende Umstände auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis und somit nach Ansicht des Senates in der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch auf eine Eingliederung der Prostituierten in den Betrieb des Hauses und auf eine Zurechnung der Umsätze an den Betreiber hin:

Der bei der Prostituierten nach Abzug der als Miete bezeichneten Beträge verbliebene Entgeltsanteil ist als anteilige Provision am Umsatz zu beurteilen.

Festgesetzte Betriebszeiten

Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten samt Infrastruktur

Vorsorge zur Einhaltung der Gesundheitsvorschriften

Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens (zB Bekleidungsvorschriften, Verwendung von Kondomen)

Zur Schätzung

Wenn die Bemessungsgrundlage nicht ermittelt werden kann, muss diese geschätzt werden. Dabei soll die Schätzung den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahekommen. Nach Ansicht des Senates ist die vom Finanzamt gewählte Schätzung geeignet den Anforderungen der VwGH Judikatur zu § 184 BAO zu entsprechen.

Es wurden die Anwesenheitstage der Prostituierten laut behördlicher Aufstellung mit den durchschnittlichen Tageserlösen einer Prostituierten multipliziert. An- oder Abreisetage wurden nicht abgezogen, da die Prostituierten an diesen Tagen nach den getroffenen Feststellungen im Laufhaus anwesend waren. Ebenso wurde dem Vorbringen der Bf, dass in der Weihnachtswoche das Laufhaus geschlossen gewesen sei und grundsätzlich nur fünf Prostituierte tätig gewesen seien, kein Glauben geschenkt, da die Beweiskraft der von der zuständigen Gemeinde erstellten Anwesenheits-/Meldeliste vom Senat höher als die dieser widersprechenden Angaben der Bf eingeschätzt wurde.

5. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision war zuzulassen, weil es hinsichtlich der Zurechnung der Entgelte für die sexuellen Dienstleistungen an die Betreiber eines sogenannten Laufhauses ohne zusätzlichem Animierbereich (im Gegensatz zur Zurechnung bei einem Bordell mit zusätzlichem Animierbereich) noch keine Rechtsprechung des VwGH gibt, vergleichbare Sachverhalte aber nach Ansicht des Senates häufig gegeben sein können.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 4 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
Zitiert/besprochen in
Unterberger in BFGjournal 2024, 332
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100324.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at