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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.06.2024, RV/7103727/2020

Rechtsunwirksame Nichtfeststellungsbescheide

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache BF1, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***2***, betreffend die Beschwerde vom gegen die - als Bescheide intendierten - Erledigungen des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die gemäß § 188 BAO iVm § 190 Abs. 1 zweiter Satz BAO erfolgte Nichtfeststellung (Unterbleiben der Feststellung) von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2016 bis 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO

Nach der Bestimmung des § 101 Abs. 3 BAO können schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person oder abweichend von § 81 Abs. 2 auch einem Zustellbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. In Ansehung vorstehender - auch vom BFG - anzuwendender Norm gilt daher mit der Zustellung einer Ausfertigung dieses Beschlusses an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Begründung

Sachverhalt

Bei der Bf. handelt es sich um eine aus den natürlichen Personen Herrn ***3*** sowie Frau ***4*** bestehende, als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht konzipierte Hausgemeinschaft, welche an der Lageadresse in ***5*** zunächst- gemeinsam im Wohnungseigentum erworbene - Liegenschaftsanteile adaptiert, respektive diese ab dem Jahr 2007 an die ***6*** in Bestand gegeben hat.

In Anlehnung an das Ergebnis einer die Jahre 2008 bis 2013 umfassenden Außenprüfung wurden seitens der belangten Behörde am für die Jahre 2016 bis 2018 - als negative Gewinnfeststellungsbescheide gemäß § 188 BAO iVm § 190 Abs. 1 zweiter Satz BAO intendierte - Erledigungen erlassen, wobei die Auffassung vertreten wurde, dass ob der vertraglich bedungenen Überwälzung jeglichen Risikos auf die Bestandnehmerin sprich die ***6*** der Vertrag nicht fremdüblich sei, bzw. das Mietobjekt als Sonderbetriebsvermögen des Herrn ***3*** in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der ***6*** zu erfassen seien.

Ergo dessen habe für die Bf. die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2016 bis 2018 zu unterbleiben.

Vorangeführte Erledigungen wurden an ***7*** gerichtet-, bzw. evidenter Maßen ohne Hinweis auf die Zustellwirkung des § 101 Abs. 3 BAO - der steuerlichen Vertretung nachweislich am zugestellt.

Aufgrund des in der Beschwerde vom ausdrücklich erklärten Verzichtes auf Erlassung einer BVE wurden diese innerhalb der in § 262 Abs. 2 lit. b. BAO normierten Frist dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass in der Beschwerde vom der Antrag auf Entscheidung durch den Senat sowie jener auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

Rechtsunwirksamkeit der Nichtfeststellungbescheide für die Jahre 2016 bis 2018

Wie an oberer Stelle ausgeführt wurden sämtliche an ***7*** gerichtete negative Feststellungbescheide für die Jahre 2016 bis 2018 - evidenter Maßen ohne Hinweis auf die Zustellwirkung des § 101 Abs. 3 BAO zu Handen der steuerlichen Vertretung zugestellt.

Die im - im Hinweis des BFG im Gesetzeswortlaut dargelegte- Norm des § 101 Abs. 3 BAO vorgesehene Zustellfiktion betrifft schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren ergehen. Betroffen sind einheitliche und gesonderte Feststellungen von Einheitswerten (§ 186) und Feststellungen von Einkünften (§ 188); dies ergibt sich aus dem Klammerausdruck im ersten Satz des § 101 Abs. 3 ("191 Abs. 1 lit. a und c"). Die Zustellfiktion setzt die Zustellung der Ausfertigung an die nach § 81 vertretungsbefugte Person und den Hinweis auf die Rechtsfolgen (somit auf die Zustellwirkung) in der Erledigung voraus.

Der Vertreter iSd § 81 muss als Empfänger (etwa mit dem Zusatz "zHd") angeführt werden. Geschieht dies nicht, so kommt eine Heilung weder gem. § 7 ZustG noch gem. § 9 Abs. 3 ZustG in Betracht ()

Wird ein solcher Feststellungsbescheid nicht an den von der Personenvereinigung (gem. § 81 Abs. 2) namhaft Gemachten bzw. an den von der Abgabenbehörde bescheidmäßig Bestellten zugestellt, sondern z.B. an einen der Gesellschafter (Mitglieder), so wird der Bescheid überhaupt nicht wirksam; und zwar weder gegen die Personenvereinigung(-gemeinschaft) noch gegen irgendeinen der Gesellschafter (Mitglieder), auch nicht gegen denjenigen, dem das Schriftstück zugestellt wurde (vgl. ; , Ra 2015/13/0041; , Ra 2018/15/0059).

Nach , entfaltet ein an "Dr. A und Mitges, zHd des Vertreters iSd § 81" zugestellter Bescheid, der keinen Hinweis nach § 101 Abs. 3 enthält, in seinem Abspruch über die Feststellung (bzw. das Unterbleiben einer Feststellung) von Einkünften nach § 188 im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit einer solchen Feststellung geprägte Wesen insgesamt keine Wirkung (ebenso ; , 2001/15/0028; , 2001/15/0092; , Ra 2019/15/0072, 0073; , Ra 2019/15/0131; aM Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 101 Anm. 15, wonach bei Fehlen des Hinweises die Erledigung gegenüber der Personenvereinigung wirksam wird).

Nach Tanzer (in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 101, 307) wird dem VwGH schon deshalb gefolgt werden können, weil Zurechnungsadressaten gemeinschaftlicher Einkünfte bzw. eines gemeinsamen Vermögens nur die Teilhaber (Mitunternehmer, Miteigentümer) sein können, niemals aber die von ihnen gebildete Vereinigung, durch die ertragsteuerrechtlich und zuordnungsmäßig durchgegriffen werden muss.

Die Norm des § 101 Abs. 3 BAO gilt weiters (dem § 190 Abs. 1 zweiter Satz zufolge) sinngemäß für Bescheide, mit denen ausgesprochen wird, dass solche Feststellungen zu unterbleiben haben ("Nichtfeststellungsbescheide", vgl. ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 101 Anm. 13)

In Ansehung obiger Ausführungen vermochten - ob fehlenden Hinweises auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO - die in weiterer Folge in Beschwerde gezogenen Nichtfeststellungsbescheide für die Jahre 2016 bis 2018 keine Rechtswirksamkeit zu entfalten.

Rechtliche Konsequenzen

Die an oberer Stelle ausführlich dargelegte Rechtsunwirksamkeit der angefochtenen als Bescheide intendierten Erledigungen zeitigen für die gegen diese erhobene Beschwerde nachstehende Konsequenzen.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn nicht zulässig ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (z.B. ; , 2006/13/0001; , 2004/15/0131, 0132; , 2010/17/0066).

Da - wie oben dargestellt - den als Bescheiden intendierten Erledigungen keine Rechtswirksamkeit zugekommen ist, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Nach der Bestimmung des § 272 Abs. 4 Satz 1 BAO können bei Beschwerden deren Entscheidung einem Senat obliegt die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Nach dem zweiten Satz leg. cit. obliegen diesem unter anderem die Erlassung von Zurückweisungen (§ 260).

In Ansehung der zwingenden Zurückweisung des Rechtsmittels (§ 260) konnte nach § 274 Abs. 3 Z 1 BAO darüber hinaus - ungeachtet der Ordnungsmäßigkeit der diesbezüglichen Anträge - von der Durchführung der mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor da das Verwaltungsgericht der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 190 Abs. 1 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103727.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at