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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2024, RV/7103750/2022

Schätzung von Schwarzumsätzen: 1. Berücksichtigung von geschätzten Vorsteuern, 2. Berechnung der körperschaftsteuerlichen Hinzuschätzung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103750/2022-RS1
Vorsteuern waren bei der Schätzung nicht zu gewähren, weil die Beschwerdeführerin trotz Vorhalts nicht nachgewiesen hat, dass die Vorsteuern in Rechnung gestellt worden sind (vgl. , wonach in solchen Fällen die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund tritt und es Sache des Steuerpflichtigen ist, den Nachweis darüber, dass Rechnungen mit Vorsteuerausweis überhaupt ausgestellt worden sind, zu führen). Allein mit dem Vorbringen, es gebe Listen mit Verausgabungsbeträgen, wird der Nachweis nicht erfolgreich erbracht.
RV/7103750/2022-RS2
Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 zweiter Satz EStG 1988 können in der Regel nur dann erfüllt sein, wenn der potentielle Gläubiger den Anspruch bereits geltend gemacht hat oder der Unternehmer von sich aus die Verbindlichkeit diesem gegenüber bereits anerkannt hat oder die drohende Verbindlichkeit so offenkundig ist, dass bereits deshalb im Einzelfall mit der Geltendmachung durch den Gläubiger zu rechnen ist (vgl. , zu Garantierückstellungen für Garantieverpflichtungen von Geschädigten). Im Beschwerdefall wurde der USB-Stick zwar bereits bei der am durchgeführten Hausdurchsuchung gefundenen, jedoch war für die Beschwerdeführerin zum Bilanzstichtag am (Jahresabschluss am unterzeichnet) aufgrund des Verfahrensstandes (noch keine Außenprüfung betreffend Abgaben des Jahres 2011 anhängig) mit dem Entstehen einer Umsatzsteuerverbindlichkeit noch nicht ernsthaft zu rechnen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerden der ***Bf-GmbH***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die HFP Steuerberatungs GmbH, Beatrixgasse 32, 1030 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2011 sowie Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2011 nach mündlicher Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Bescheidbeschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit häufig wechselnden Gesellschaftern und Geschäftsführern. Die Beschwerdeführerin betrieb bis Ende Februar 2011 ein Gastrolokal und bis Ende April einen Imbisstand. Danach war die Beschwerdeführerin nur noch als Vermieterin tätig.

Verfahrensablauf

Erklärungen

Am reichte die Beschwerdeführerin auf elektronischem Weg die Erklärungen für die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer 2011 ein.

Umsatzsteuer:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (ohne den nachstehend angeführten Eigenverbrauch) einschließlich Anzahlungen (jeweils ohne Umsatzsteuer) - (Kennzahl 000) 398.224,06 €

20% Normalsteuersatz - (Kennzahl 022) 220.431,94 €

10% ermäßigter Steuersatz - (Kennzahl 029) 177.792,12 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern - (Kennzahl 060) 40.396,67 €

Körperschaftsteuer:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb - (Kennzahl 777) 24.499,17 €

Erstbescheide

Mit vorläufigen Bescheiden vom setzte die Abgabenbehörde die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer 2011 erklärungsgemäß fest.

Mit Bescheiden vom erklärte die Abgabenbehörde die vorläufigen Bescheide für endgültig.

Außenprüfung

Mit Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom führte die Abgabenbehörde bei der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer 2011 bis 2013 durch. Der Verdacht der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 lit. 3a, b FinStrG und gemäß § 33 Abs. 2a FinStrG betreffend USt, KöSt, KeSt begründe sich - so die Abgabenbehörde zur Verdachtslage - auf Anzeigen, dass ***M*** und ***F*** ***X*** seit der letzten Außenprüfung die steuerlichen Malversationen, welche bei der vorangegangenen Außenprüfung in Schuldeingeständnissen (nicht deklarierte Umsätze, nicht in der Buchhaltung erfasste Wareneinkäufe, nicht in der Buchhaltung deklarierte Lohnzahlungen etc.) untermauert worden seien, fortführten.

Als Ergebnis der Außenprüfung nahm die Prüferin bei der Umsatzsteuer und bei der Körperschaftsteuer 2011 Hinzurechnungen aufgrund einer Schätzung vor. Für diese Schätzung wurden die Aufzeichnungen der 2. Kassabuchführung (Differenz aus "Umsatz1" und "Umsatz2") aus einem bei einer bereits am durchgeführten Hausdurchsuchung gefundenen USB-Stick als nicht deklarierte Umsätze herangezogen (siehe den Sachverhalt im Vorlagebericht [OZ 17] sowie die Berechnung der Prüferin im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung [OZ 16/179]).

Hinzurechnung zur Umsatzsteuer 2011:


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Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (ohne den nachstehend angeführten Eigenverbrauch) einschließlich Anzahlungen (jeweils ohne Umsatzsteuer) - (Kennzahl 000) lt. Erstbescheid
398.224,06 €
Hinzurechnung zu Umsätzen 20% Normalsteuersatz lt. Außenprüfung
20.184,32 €
Hinzurechnung zu Umsätzen 10% ermäßigter Steuersatz lt. Außenprüfung
101.115,68 €
Summe Hinzurechnungen lt. Außenprüfung
121.300 €
Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen (ohne den nachstehend angeführten Eigenverbrauch) einschließlich Anzahlungen (jeweils ohne Umsatzsteuer) - (Kennzahl 000) lt. Außenprüfung
519.524,06 €

Hinzurechnung zur Körperschaftsteuer 2011:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb - (Kennzahl 777) lt. Erstbescheid
24.499,17 €
Hinzurechnung lt. Außenprüfung
51.994,25 €
Einkünfte aus Gewerbebetrieb - (Kennzahl 777) lt. Außenprüfung
76.493,42 €

Bescheide

Mit den hier angefochtenen Bescheiden vom (OZ 3-6) verfügte die Abgabenbehörde die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2011 und setzte die Umsatzsteuer mit 35.617,36 € (Nachforderung: 14.148,43 €) und die Körperschaftsteuer mit 12.778,00 € (Nachforderung: 11.028,00 €) unter Berücksichtigung der Hinzurechnungen neu fest.

Beschwerden

Mit Schreiben vom (OZ 7) erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter nach Fristverlängerung die Beschwerden gegen die Wiederaufnahme- und die Sachbescheide und begehrt lediglich - wie erst auf Seite 24 des Beschwerdeschreibens erkennbar wird - die Berücksichtigung von Vorsteuern aus dem Wareneinkauf (10%/20%) im Betrag von 5.215 € bei der Umsatzsteuer und eine Hinzurechnung von nur 37.845 € (= 51.994,25 € abzüglich die Umsatzsteuernachforderung von 14.148,43 €) bei der Körperschaftsteuer, weil die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden müsse. Der guten Ordnung halber weise man darauf hin, dass, dass für die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßende Handlungen der damalige faktische Geschäftsführer ***M*** ***X*** mit einer Geldstrafe und die Beschwerdeführerin als Verband mit einer Verbandsgeldbuße bestraft worden sei (Seite 24 letzter Absatz).

Beschwerdevorentscheidungen

Mit (Sammel-)Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 8) wies die Abgabenbehörde sowohl die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide als auch die Beschwerden gegen die Sachbescheide als unbegründet ab. Zur Begründung der Abweisung der Beschwerden führte die Abgabenbehörde zu den beantragten Vorsteuern aus, dass, selbst wenn in der zweiten Kassa sowohl die Lieferanten als auch die Rechnungsbeträge für nicht deklarierte Wareneinkäufe auf Cent genau angegeben seien, dies keinen Nachweis iSd UStG dafür darstelle, dass Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt worden seien, die ihrerseits zum Abzug der Vorsteuer berechtigen. Für die in der Beschwerde geltend gemachten Vorsteuerbeträge werde von einer Annahme ("ist davon auszugehen") ausgegangen. Es bleibe klarzustellen, dass eine Annahme kein Nachweis sei. Der Empfang von Warenlieferungen gegen Barzahlung sei ebenso kein Nachweis dafür, dass der Lieferant seinerseits Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt habe. Aus den Vorjahren sei bekannt, dass ein Fleischlieferant die an die Beschwerdeführerin schwarz gelieferten Mengen seinerseits nicht als Umsätze in seinem Rechenwerk deklariert habe und somit keine Umsatzsteuer abgeführt habe. Aufgrund von "Aspekten der Denklogik und der Lebenserfahrung" müsse eine derartige Vorgehensweise in Ermangelung eines geeigneten Nachweises auch bei anderen, einschlägigen Lieferanten angenommen werden. Der VwGH stelle in seinem "E 93/13/003 vom " fest: "Im Falle einer Schätzung ist ein Vorsteuerabzug zugelassen, wenn als erwiesen angesehen werden kann, dass dem Unternehmer Vorsteuern in Rechnung gestellt wurden. In solchen Fällen tritt die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund und es ist Sache des Abgabepflichtigen, den Nachweis dafür, dass Rechnungen mit Vorsteuerausweis überhaupt ausgestellt worden sind, zu führen." Ein derartiger Nachweis sei im gesamten Abgabenverfahren inklusive der Bescheidbeschwerde nicht erbracht worden. Selbst wenn die Verantwortlichen der Beschwerdeführerin die Rechnungen für Schwarzeinkäufe nicht aufbewahrt hätten, wäre es angesichts der überdurchschnittlich langen Beschwerdefrist leicht möglich gewesen, sich die Rechnungen gegebenenfalls von den Lieferanten in Kopie zu besorgen, um belegen zu können, dass Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden seien - immerhin seien die Lieferanten für die Schwarzeinkäufe auf dem USB-Stick exakt mit Namen und Datum des Geschäftsfalles angeführt. Daher sei aus den nicht deklarierten Wareneinkäufen kein Vorsteuerabzug zu gewähren (Seite 6-7). Zur beantragten niedrigeren körperschaftsteuerlichen Hinzurechnung führte die Abgabenbehörde aus, dass die Prüferin zwecks Berechnung der Körperschaftsteuernachzahlung bei der Gewinnerhöhung vom Bruttoumsatz abzüglich Wareneinsatz und Lohnaufwand ausgegangen sei. Die Verwaltungspraxis sehe in Anlehnung an "" diesbezüglich vor: "Werden Abgaben vorsätzlich verkürzt, genügt die bloße Kenntnis des Steuerpflichtigen von seiner Tatbegehung nicht für eine Passivierung. Eine Passivierung ist erst dann zulässig, wenn die Nachforderung der Höhe nach bekannt und der Geltendmachung hinreichend wahrscheinlich (ist)". Daraus folge, dass im Falle einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung die Passivierung erst im Nachforderungszeitraum erfolgen könne. In der Beurteilung sei daher jener des Prüfberichtes zu folgen gewesen (Seite 7). Im Zuge der Ermittlungen seien durch Vorlage, aber auch durch Sicherstellung und Auswertung in umfangreicher Weise neue Tatsachen und Sachverhaltselemente hervorgekommen, welche als notwendige Grundlagen die vorgenommene Schätzung gemäß § 184 BAO zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erst ermöglicht und deswegen eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens obligatorisch gemacht hätten (Seite 7-8).

Vorlageanträge

Mit Schreiben vom (OZ 11) stellte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter nach Fristverlängerungen gegen die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen ohne weiteres Vorbringen den Antrag auf Entscheidung durch das Verwaltungsgericht.

Beschwerdevorlage

Mit Vorlagebericht vom (OZ 17) legte die Abgabenbehörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei diesem nicht zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin lediglich die Berücksichtigung von Vorsteuern aus dem Wareneinkauf (10%/20%) im Betrag von 5.215 € bei der Umsatzsteuer und eine niedrigere Hinzurechnung von 37.845 € (= 51.994,25 € abzüglich die Umsatzsteuernachforderung von 14.148,43 €) bei der Körperschaftsteuer beantragt.

Die Beschwerdeführerin hat die mündliche Verhandlung beantragt. Den Antrag auf Entscheidung durch den Senat hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom (OZ 23) zurückgenommen.

In der mündlichen Verhandlung am brachte die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug vor, dass es Listen gegeben habe, aus denen ersichtlich sei, dass es Rechnungen mit Vorsteuer gegeben habe. Diese Rechnungen könne sie nicht vorlegen. Dass es Rechnungen gegeben haben müsse, belege der Umstand, dass auf den Listen Beträge angegeben seien, und zwar bis auf den Cent. Zur Körperschaftsteuer werde auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerden erwogen:

Vorweg ist festzustellen, dass die durch die Beschlagnahme des Datenträgers bei der Beschwerdeführerin hervorgekommene Abgabenhinterziehung nicht bestritten wird. Die Beschwerdeführerin weist "der guten Ordnung halber" selbst darauf hin, dass für die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßende Handlungen der damalige faktische Geschäftsführer ***M*** ***X*** mit einer Geldstrafe und die Beschwerdeführerin als Verband mit einer Verbandsgeldbuße bestraft worden sei (siehe Seite 24 letzter Absatz).

Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann ua. von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte (vgl. § 303 Abs. 1 BAO).

Ein Umstand kann - wenn er sich zur Gewissheit verdichten sollte - eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 BAO darstellen (). Das Neuhervorkommen einer Tatsache wird auch dann bewirkt, wenn bisher bloß Vermutetes zur Gewissheit wird (vgl. auch , wonach für die "Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache" eine bloße Vermutung nicht ausreicht). Ein bloßes Kennen-Können (auch im Sinne einer allenfalls verschuldeten Unkenntnis) steht aber einer amtswegigen Wiederaufnahme nicht entgegen (vgl. , unter Hinweis auf ).

Zur Begründung der Wiederaufnahme der Verfahren hat die Abgabenbehörde in den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung und den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung verwiesen. Darin ist ausgeführt, dass die aufgrund der Daten des beschlagnahmten USB-Sticks zu vermutenden nicht erklärten Umsätze tatsächlich nicht in den der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen enthalten sind, womit nach Erlassung der Erstbescheide durch die abgabenfestsetzende Stelle Umstände neu hervorgekommen sind, deren (mit Gewissheit bestehende) Kenntnis im Spruch anderslautende (Erst-)Bescheide herbeigeführt hätte.

Die Wiederaufnahme der Verfahren war im Hinblick auf die Höhe der Nachforderungsbeträge zweckmäßig. Unbilligkeitsgründe für die Wiederaufnahme der Verfahren kann das Bundesfinanzgericht nicht erblicken und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht genannt.

Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2011 waren daher vor dem Hintergrund der unbestrittenen Abgabenhinterziehung als unbegründet abzuweisen.

Bei der Umsatzsteuer beantragt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Schätzung der nicht erklärten Umsätze die Berücksichtigung von Vorsteuern aus dem Wareneinkauf (10%/20%) im Betrag von 5.215 €.

Der Unternehmer kann die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen (vgl. § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt auch eine Schätzung der abzugsfähigen Vorsteuern in Betracht. Voraussetzung dafür ist aber, dass es als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmer entsprechende Vorsteuern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in Verbindung mit § 11 UStG 1994 in Rechnung gestellt worden sind (vgl. zB ).

Die Abgabenbehörde hat Zweifel daran geäußert, ob bzw. inwieweit im Zusammenhang mit den nicht erklärten Umsätzen von den Lieferanten Rechnungen ausgestellt wurden, indem sie ausführt, dass aus den Vorjahren bekannt sei, dass ein Fleischlieferant die an die Beschwerdeführerin schwarz gelieferten Mengen seinerseits nicht als Umsätze in seinem Rechenwerk deklariert habe (was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde), und die Berücksichtigung der beantragten Vorsteuern mit der Begründung verweigert, dass die Beschwerdeführerin keinen Nachweis erbracht habe, dass Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt worden seien. Dabei wies die Abgabenbehörde darauf hin, dass in solchen Fällen die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund trete und es Sache des Abgabepflichtigen sei, den Nachweis dafür, dass Rechnungen mit Vorsteuerausweis überhaupt ausgestellt worden seien, zu führen. Ein derartiger Nachweis sei im gesamten Abgabenverfahren inklusive der Bescheidbeschwerde nicht erbracht worden (siehe Seite 6-7 der Beschwerdevorentscheidung vom [OZ 8]).

Der Begründung der Beschwerdevorentscheidung kommt der Charakter eines Vorhalts zu (). Die Beschwerdevorentscheidung gilt als Vorhalt (; ).

In der mündlichen Verhandlung brachte die steuerliche Vertreterin vor, dass sie die betroffenen Rechnungen dem Gericht nicht vorlegen könne (siehe die Niederschrift vom [OZ 26]).

Die Beschwerdeführerin hat somit trotz Vorhalts nicht nachgewiesen, dass die Vorsteuern in Rechnung gestellt worden sind (vgl. , wonach in solchen Fällen die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund tritt und es Sache des Steuerpflichtigen ist, den Nachweis darüber, dass Rechnungen mit Vorsteuerausweis überhaupt ausgestellt worden sind, zu führen). Allein mit dem Vorbringen, es gebe Listen mit Verausgabungsbeträgen, wird der Nachweis nicht erfolgreich erbracht.

Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2011 war daher vor dem Hintergrund der unbestrittenen Abgabenhinterziehung als unbegründet abzuweisen.

Bei der Körperschaftsteuer beantragt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Schätzung der nicht erklärten Einkünfte eine niedrigere Hinzurechnung von 37.845 € (= 51.994,25 € abzüglich die Umsatzsteuer von 14.148,43 € auf die Nettoumsatzverkürzung).

Die Abgabenbehörde hat die Berücksichtigung der beantragten niedrigeren körperschaftsteuerlichen Hinzurechnung unter Zitierung von "" mit der Begründung verweigert, dass eine Passivierung erst dann zulässig sei, wenn die Nachforderung der Höhe nach bekannt und der Geltendmachung hinreichend wahrscheinlich sei. Daraus folge, dass im Falle einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung die Passivierung erst im Nachforderungszeitraum erfolgen könne (siehe Seite 7 der Beschwerdevorentscheidung vom [OZ 8)].

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit dem von der Abgabenbehörde herangezogenen Erkenntnis vom , ausgesprochen hat, kommt es für die Frage der Passivierung einer Verbindlichkeit auf den Kenntnisstand des Verpflichteten über den konkreten Bestand einer Verbindlichkeit am Bilanzstichtag zum jeweiligen Bilanzerstellungszeitpunkt an (Grundsatz der subjektiven Richtigkeit der Bilanz). Die Kenntnis eines Täters von der Tatbegehung allein genügt nicht für die Passivierung einer daraus allenfalls resultierenden Verbindlichkeit. Die (gegebenenfalls alternativ zu prüfende) Bildung einer Rückstellung für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten oder drohende Verluste gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 EStG 1988 nach § 9 Abs. 3 Satz 2 EStG 1988 setzt voraus, dass konkrete Umstände nachgewiesen und festgestellt werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall zum Bilanzstichtag mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit bzw. eines Verlustes ernsthaft zu rechnen ist.

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 zweiter Satz EStG 1988 können in der Regel nur dann erfüllt sein, wenn der potentielle Gläubiger den Anspruch bereits geltend gemacht hat oder der Unternehmer von sich aus die Verbindlichkeit diesem gegenüber bereits anerkannt hat oder die drohende Verbindlichkeit so offenkundig ist, dass bereits deshalb im Einzelfall mit der Geltendmachung durch den Gläubiger zu rechnen ist (vgl. , zu Garantierückstellungen für Garantieverpflichtungen von Geschädigten).

Im Beschwerdefall wurde der USB-Stick zwar bereits bei der am durchgeführten Hausdurchsuchung gefundenen, jedoch war für die Beschwerdeführerin zum Bilanzstichtag am (Jahresabschluss von ***M*** ***X*** am unterzeichnet) aufgrund des Verfahrensstandes (noch keine Außenprüfung betreffend Abgaben des Jahres 2011 anhängig) mit dem Entstehen einer Umsatzsteuerverbindlichkeit noch nicht ausreichend zu rechnen.

Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 2011 war daher vor dem Hintergrund der unbestrittenen Abgabenhinterziehung als unbegründet abzuweisen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben angeführte Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

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