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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.05.2024, RV/3100022/2024

Beschwerde gegen einen Pfändungsbescheid; Exekutionstitel Sicherstellungsauftrag

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100022/2024-RS1
In § 65 Abs. 1 Satz 2 AbgEO ist die Bezeichnung der Abgabenschuld abschließend geregelt. Danach hat der Pfändungsbescheid - allein - die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO anzugeben. Dafür, dass in den Pfändungsbescheid weitere Angaben über die Abgabenschuld aufzunehmen sind, bietet das Gesetz keine Grundlage. Es ist § 65 Abs. 1 Satz 2 AbgEO insbesondere nicht zu entnehmen, dass der Exekutionstitel, auf den sich die Pfändung stützt, konkret benannt sein müsste (-I/12, unter Verweis auf ; , 95/13/0274).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, vertreten durch RA, RA_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Glücksspielabgabe 2022 Steuernummer Bf_StNr zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom ordnete die Abgabenbehörde die Sicherstellung näher aufgeschlüsselter Abgabenansprüche (Glücksspielabgabe) iHv insgesamt €_Betrag in das Vermögen des Beschwerdeführers (Bf) an. Dieser Sicherstellungsauftrag wurde dem Bf nachweislich am zugestellt und erwuchs im Weiteren in Rechtskraft.

2. Mit Bescheid vom pfändete die Abgabenbehörde den dem Bf gegen den Drittschuldner zustehenden Anspruch auf Herausgabe der im beigelegten Sicherstellungsprotokoll der LPD (LPD) vom , GZ_Prot, lfd. Nr. 1-19, näher bezeichneten Gegenstände und zu HMB_Zahl hinterlegten Fahrnisse zur Sicherstellung von Abgabenforderungen iHv € €_Betrag.

Gleichzeitig erging an den Bf das bescheidmäßige Verbot der Verfügung über den gepfändeten Anspruch. Dem dem Bf am nachweisliche zugestellten Verfügungsverbot beigelegt war eine Ausfertigung des Pfändungsbescheides.

3. Die gegen den Pfändungsbescheid erhobene Beschwerde vom wurde damit begründet, dass eine Sicherstellung nach § 78 AbgEO nur auf der Grundlage eines Sicherstellungsauftrages erfolgen könne, sich der angefochtene Bescheid jedoch ausschließlich auf ein Sicherstellungsprotokoll der LPD beziehe.

Die Sicherstellung sei laut Sicherstellungsprotokoll vom auf der Grundlage von § 110 Abs. 1 StPO im Verfahren GZ_StrafV erfolgt. Dieses Verfahren sei rechtskräftig erledigt und sei keinerlei gesetzlich vorgesehene vermögensrechtliche Anordnung ergangen. Die Sicherstellung sei somit umgehend aufzuheben.

Laut dem angefochtenen Pfändungsbescheid schulde der Bf Abgaben iHv € €_Betrag. Dies sei unrichtig. Der Bf schulde dem Finanzamt nichts. Es sei dem angefochtenen Bescheid nicht ansatzweise zu entnehmen, um welche angeblichen Abgaben es sich handeln solle. Es sei dem Bf aus diesem Grund auch nicht möglich, inhaltlich auf die angeblichen Abgabenschuldigkeiten einzugehen.

4. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde ausgeführt, dass sich der Pfändungsbescheid nicht auf das Sicherstellungsprotokoll der LPD, sondern auf den dem Bf nachweislich zugestellten Sicherstellungsauftrag vom stütze, in welchem auch die Abgabenansprüche detailliert aufgegliedert seien.

5. Im Vorlageantrag vom wurde ergänzend vorgebracht, im bekämpften Bescheid sei auf den in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Sicherstellungsauftrag keinerlei Bezug genommen worden. Es ergebe sich sohin entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung aus dem bekämpften Bescheid, dass Grundlage für diesen nicht der Sicherstellungsauftrag vom , sondern das Sicherstellungsprotokoll der LPD sei.

6. Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Sachverhalt

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führt unter Aktenzeichen GZ_StrafV_2 (vormals: GZ_StrafV) ein Ermittlungsverfahren ua gegen den Bf wegen des Verdachts nach §§ 33 Abs. 1, 38a Abs. 1 lit. a FinStrG. Der Bf steht unter dem Verdacht, als Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zur Tatbegehung verbunden haben, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung, nämlich eine Verkürzung der Glücksspielabgabe iSd § 57 Abs. 1 GSpG, bewirkt zu haben.

Im Zuge dieser Ermittlungen wurde am die Wohnung des Bf auf Anordnung der Staatsanwaltschaft durchsucht. Es wurden dabei die im Sicherstellungsprotokoll der LPD vom , GZ_Prot, näher aufgeführten Gegenstände gem. § 110 StPO sichergestellt und im Weiteren der Verwahrungsabteilung des VerwahrG zur Verwahrung übergeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid pfändete die Abgabenbehörde den Anspruch des Bf auf Herausgabe der im Sicherstellungsprotokoll vom der LPD, GZ_Prot, lfd. Nr. 1-19 näher bezeichneten Gegenstände und zu HMB_Zahl beim VerwahrG hinterlegten Fahrnisse gem. §§ 65 iVm § 78 AbgEO zur Sicherstellung von Abgabenforderungen in Höhe von € €_Betrag.

Den Exekutionstitel für die Pfändung bildete der Sicherstellungsauftrag vom .

III. Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt. Dies gilt auch für die Feststellung, dass der Sicherstellungsauftrag vom den Exekutionstitel für die beschwerdegegenständliche Pfändung bildet.

IV. Rechtslage und Erwägungen

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Pfändung von Ansprüchen des Abgabenschuldners, welche die Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen zum Gegenstand haben, nach den Vorschriften der §§ 65 bis 67.

§ 65 AbgEO lautet:
(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

2. Gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO kann auf Grund eines Sicherstellungsauftrages (§ 232 BAO) zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden.

§ 232 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(…)
(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden.

Gemäß § 233 Abs. 1 BAO ist der Sicherstellungsauftrag Grundlage - somit Exekutionstitel - für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren (Ritz/Koran, BAO7, § 232 Tz 1).

3. Das Sicherstellungsprotokoll vom ist im Gegensatz zum Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO kein Bescheid, und vor allem kein Exekutionstitel im Sicherungsverfahren, sondern lediglich eine Bestätigung über die im Verfahren GZ_StrafV sichergestellten Gegenstände (§ 111 Abs. 4 StPO). Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Abgabenbehörde dieses Protokoll, vor allem da mit dem Sicherstellungsauftrag vom ein Exekutionstitel vorlag, dem Pfändungsbescheid zugrunde legen hätte sollen.

In der Beschwerde wurde ausdrücklich vorgebracht, dass eine Sicherstellung nach § 78 AbgEO nur auf der Grundlage eines Sicherstellungsauftrages durchgeführt werden könne. Genau dies ist im Beschwerdefall auch erfolgt. Aus welchen Gründen eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Sicherstellungsauftrag Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit oder Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Bescheides sein soll, wurde nicht dargetan und ist auch nicht nachvollziehbar. In § 65 Abs. 1 Satz 2 AbgEO ist die Bezeichnung der Abgabenschuld abschließend geregelt. Danach hat der Pfändungsbescheid - allein - die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO anzugeben. Dafür, dass in den Pfändungsbescheid weitere Angaben über die Abgabenschuld aufzunehmen sind, insbesondere der Exekutionstitel konkret zu benennen ist, bietet das Gesetz keine Handhabe (-I/12, unter Verweis auf ; , 95/13/0274;).

4. Es ist Voraussetzung eines Sicherstellungsverfahrens, dass eine vollstreckbare Abgabenschuld noch nicht besteht. Dessenungeachtet ermöglicht § 78 AbgEO Vollstreckungsmaßnahmen, worunter unstrittig die beschwerdegegenständliche Pfändung eines Herausgabeanspruchs fällt, bereits vor Rechtskraft bzw. Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld. Vor diesem Hintergrund vermag die Behauptung, der Bf schulde der Abgabenbehörde nichts, der Beschwerde naturgemäß nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage des Inhaltes eines Pfändungsbescheides wurde auf Grundlage der zitierten Rechtsprechung gelöst. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage wurde im gegenständlichen Verfahren daher nicht aufgeworfen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 233 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 4 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
§ 75 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100022.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at