Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/7101790/2024

Stundungsansuchen für die Dauer der Revision, Nachsichtsantrag kein Stundungsgrund

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Eckhardt Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH, Hauptstraße 58, 7033 Pöttsching, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Ansuchen vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Genehmigung einer Stundung des aktuellen Gesamtrückstandes bis . Betreffend die offenen Rückstände seien derzeit mehrere außerordentliche Revisionen beim VwGH eingebracht. Bis zur Entscheidung über diese Revisionen durch den VwGH ersuche sie um Gewährung der beantragten Stundung des offenen Gesamtbetrages bis zum . Weiters sei ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO beim Finanzamt eingebracht worden.

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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt dieses Ansuchen als unbegründet ab und führte aus, dass die normierten Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 212 BAO kumulativ vorliegen müssten, damit ein Antrag auf Zahlungserleichterung bewilligt werden dürfe. Die Ausführung, dass Revisionen an den VwGH gestellt worden seien, sei keine taugliche Begründung für einen Stundungsantrag (vgl. ). Der Antrag sei daher aus Rechtsgründen abzuweisen gewesen.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Bf. ein, dass am ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO eingebracht worden sei, wie bereits in ihrem Stundungsansuchen vom angeführt worden sei. Dazu sei ihr ein Ersuchen um Auskunft übermittelt worden, das auch schon beantwortet worden sei. Ihr Nachsichtsansuchen sei durch das Finanzamt noch in Beantwortung. Da die Entscheidung über dieses Nachsichtsansuchen erheblichen Einfluss auf den Rückstand und in weiterer Folge auf eine weitere mögliche Zahlungserleichterung nehme, beantrage sie die ersatzlose Aufhebung des Bescheides über die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens und die Gewährung der Zahlungserleichterung, wie am beantragt worden sei.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde ebenfalls als unbegründet abgewiesen und wie folgt ausgeführt:

Nach Abschluss der BFG - Verfahren RV/7100923/2013, RV/7101823/2015, RV/7106097/2015, RV/7106098/2015 und RV/7100025/2017 bezüglich der Einkommensteuerveranlagungen 1997 bis 2008 habe auf dem Abgabenkonto der Partei ein Rückstand von gesamt € 561.049,29 bestanden.

Am habe die Partei einen Zahlungserleichterungsantrag gestellt mit dem Ersuchen, die Abgabenverbindlichkeiten bis zum zu stunden. Der Antrag sei damit begründet worden, dass ein Verfahren vor dem VwGH eingebracht worden sei und die Abgabenschuld bis zur Entscheidung über die Revision gewährt werden möge. Außerdem sei ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO gestellt worden.

Am sei der Antrag abgewiesen worden, da nach Ansicht der Abgabenbehörde die Ausführung, dass eine Revision vor dem VwGH eingebracht worden sei, kein tauglicher Grund für einen Stundungsantrag sei.

Am habe die Partei ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO gestellt, welches gegenständlich noch in Bearbeitung sei.

Am sei seitens der Partei erneut ein Zahlungserleichterungsantrag gestellt worden mit dem Ersuchen, die Verbindlichkeiten bis zum zu stunden. Der Antrag sei erneut damit begründet worden, dass ein Verfahren vor dem VwGH eingebracht worden sei und die Abgabenschuld bis zur Entscheidung über die Revision gewährt werden möge. Außerdem sei ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO gestellt worden.

Zum Zeitpunkt der Antragsstellung sei bereits ein Rückstand von € 292.867,96 und ein Betrag von € 268.181,33 erst am fällig gewesen.

Der Antrag sei am abgewiesen worden, wieder mit der Begründung, dass nach Ansicht der Abgabenbehörde eine Revision keinen erheblichen Härtefall darstelle.

Am sei fristgerecht die Beschwerde gegen die Abweisung eingelangt.

Dieser Sachverhalt sei unter Zugrundelegung der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen wie folgt rechtlich zu würdigen:

Damit eine Zahlungserleichterung bewilligt werden könne, müssten die Tatbestandsmerkmale der Zahlungserleichterung gemäß § 212 Abs. 1 BAO kumulativ vorliegen. Der Abgabenschuldner habe dabei aus eigenem Antrieb glaubhaft darzulegen, dass die sofortige Entrichtung der Abgabenschuld mit erheblicher Härte verbunden und durch den Zahlungsaufschub die Einbringlichkeit der Abgabe nicht gefährdet sei (vgl. ).

Gegenständlich sei im Antrag vom und der Beschwerde vom lediglich angeführt worden, dass ein Verfahren vor dem VwGH eingebracht und ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO noch nicht erledigt worden sei. Im Antrag sei nicht dargelegt worden, inwiefern die Einbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten durch den Zahlungsaufschub gesichert sei. Da dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal gemäß § 212 Abs. 1 BAO nicht angeführt worden sei, sei die Beschwerde schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen (vgl. ).

Des Weiteren werde darauf verwiesen, dass der VwGH in gängiger Rechtsprechung die Ansicht vertrete, dass eine eingebrachte Revision beim VwGH ebenso wenig einen erheblichen Härtefall darstelle (vgl. ) wie ein eingebrachtes Nachsichtsansuchen (vgl. ).

Da weder die erhebliche Härte noch die Nichtgefährdung der Einbringlichkeit nachgewiesen worden seien, dürfe eine Stattgabe der Beschwerde aus Rechtsgründen nicht erfolgen (vgl. ).

Es sei daher wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

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Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ohne weiteres Vorbringen zu erstatten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob - sofern ein Antrag des Abgabepflichtigen vorliegt - die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Bei Vorliegen all dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Abgabenbehörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Behörde hat diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen ().

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der parteiinitiativen Behauptungs- und Beweispflicht des Begünstigungswerbers unter vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung der Verhältnisse in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ).

Es hat daher der Abgabepflichtige in seinem Ansuchen die Voraussetzungen für die Zahlungserleichterungen aus eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen ( 2008130224). Er hat hierbei nicht nur das Vorliegen einer erheblichen Härte glaubhaft zu machen, sondern auch darzulegen, dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuld nicht gefährdet ist (). Dies hat er konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen ().

Im gegenständlichen Fall wurde jedoch dieser vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Offenlegungs- und Konkretisierungsverpflichtung nur ansatzweise entsprochen, da zwar zum Vorliegen einer erheblichen Härte die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. vorgebracht wurden, wonach sie zwei Pensionen in Höhe von € 1.364,25 (14x) und CHF 178,00 (12x) beziehe, aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nur Verluste erwirtschafte, über zwei Bankkonten mit Einlagen von € 6.379,10 und € 207,70 verfüge sowie einen LKW Mercedes Vito Baujahr 2019 besitze.

Jedoch kann eine erhebliche Härte nach der herrschenden Lehre nur dann angenommen werden, wenn trotz zumutbarer Vorsorge eine schwere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfähigkeit des Abgabenschuldners eingetreten ist (). Die geforderte Vorsorge wurde im gegenständlichen Fall nicht getroffen.

Da es bei den im Rückstand von derzeit € 563.374,70 enthaltenen Abgaben im Wesentlichen laut Außenprüfung für die Jahre 2005-2011 (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) zu Nachforderungen wegen der Veruntreuung von Geldern der G-1 in Höhe von über € 1 Mio. gekommen war, wofür die Bf. laut Urteil des Landesgerichtes L-1 vom , N-2, gemäß § 153 StGB zu einer (teilweise bedingten) Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt wurde, könnte wegen dieser Malversationen auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen im Rahmen des Ermessens keine Zahlungserleichterung bewilligt werden.

Allerdings hat die Bf. nicht einmal ansatzweise dargelegt, weshalb die Einbringlichkeit gegenständlich nicht gefährdet sei, da die wirtschaftliche Notlage als Begründung für einen Antrag auf Zahlungserleichterungen nur dann zum Erfolg führen kann, wenn gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringlichkeit der Abgaben durch eben diese wirtschaftliche Notlage nicht gefährdet ist ().

Schließlich war den Einwendungen des Finanzamtes insofern zu folgen, als weder die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof eine taugliche Begründung für einen Stundungsantrag darstellt (vgl. ) noch der Hinweis auf die angeblichen Erfolgsaussichten eines in derselben Sache eingebrachten Nachsichtsansuchens nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 212 Abs. 1 BAO eine Stundung rechtfertigt ().

Die Bestimmung des § 212 Abs. 1 BAO dient nach ihrem klaren Wortlaut nicht dazu, dem Steuerpflichtigen während der Zeit, in der eine Beschwerde (Revision) bei einem Höchstgericht anhängig ist, einen Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über seine Beschwerde (Revision) zu verschaffen, zumal dieses Ziel bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen durch das Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung (Hinweis § 85 Abs. 2 VfGG bzw. § 30 Abs. 2 VwGG) erreicht werden kann. Auch trifft es nicht zu, dass im Falle der Einbringung einer oberstgerichtlichen Beschwerde (Revision) ein Vorrang der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz gegenüber der möglichen Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben besteht (vgl. ).

Dazu wird informativ darauf hingewiesen, dass dem Antrag der Bf., ihrer Revision an den Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , AW/7100029/2023, nicht stattgegeben wurde.

Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen kann der Gewährung der beantragten Zahlungserleichterung somit nicht entsprochen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung lag hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101790.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at