Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/2100119/2021

Veräußerung von Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mosser & CONFIDA Murtal Steuerberatung GmbH, Frauengasse 33, 8750 Judenburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (= Bf.) hatte im strittigen Jahr sowohl Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb als auch einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Im Betriebsvermögen dieses luf Betriebes befanden sich auch Anteile an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft (Agrargemeinschaft im Sinne des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes 1985), die im Rahmen zweier Flurbereinigungsverfahren jeweils durch ein Tauschverfahren übertragen wurden.
Gegenleistung für die getauschten Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft waren jeweils Grundstücksanteile im Gesamtwert von EUR 94.075,00.

Mit Bescheid vom erfolgte eine Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2017 und wurde daher unter Einbeziehung von Einkünften aus Kapitalvermögen die Einkommensteuer für das Jahr 2017 mit gesamt EUR 35.166,00 neu festgesetzt. Dazu führte die Abgabenbehörde aus, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Tausch Grundstück gegen Grundstück gehandelt hat, sondern Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft gegen anteilige Grundstücke getauscht wurden. Daher ist die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 nicht anwendbar und ist der Veräußerungsgewinn (EUR 91.298,89) mit dem besonderen Steuersatz gem. § 27 a EStG 1988 zu besteuern.

Dagegen wurde Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die im Zuge der beiden Flurbereinigungsverfahren durchgeführten Tauschhandlungen nicht der Kapitalertragssteuer, sondern der Immobilienertragssteuer unterliegen würden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab. Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft zählen nicht zum Grund und Boden und seien auch keine grundstücksgleichen Rechte. Zum Einwand der Bindungswirkung der Finanzverwaltung an Bescheide der Agrarbehörde wurde unter Berufung auf ergangene Erkenntnisse ausgeführt, dass eine allfällige Bindungswirkung im Bereich der Grunderwerbsteuer für die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 keine Rolle spiele.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag bekräftigte der Bf. seinen Rechtsstandpunkt und führte ergänzend aus, dass - unter Bezugnahme auf die in der BVE angeführte Judikatur - im vorliegenden Fall eine für einen Tauschvorgang schädliche Ausgleichszahlung nicht erfolgt ist und daher der Grundstückstausch im Rahmen eines Zusammenlegungsverfahrens steuerfrei zu stellen sei.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend führte die Abgabenbehörde darin noch aus, dass "der Bf. auch nach den beiden Flurbereinigungsverfahren weiterhin grundbücherlicher Eigentümer des Grundstücks EZ x KG y ist. Es wurden nur die Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft im A2-Blatt abgeschrieben (siehe Punkt 5 der jeweiligen Bescheide der Agrarbezirksbehörde bzw. Grundbuchsauszug vom ). Auch daraus sei eindeutig ersichtlich, dass kein Grundstück übertragen wurde."

Mit ergänzendem Schriftsatz vom brachte der Bf. noch vor, dass "sollte die Steuerbefreiung gem. § 30 (2) Z 4 EStG nicht zur Anwendung gelangen, § 124b RZ 185 EStG vorsieht, dass für Anteile an Körperschaften, die vor dem erworben wurden, bei Veräußerung nach Ablauf eines Jahres keine Einkommensteuerpflicht besteht.

§ 124b RZ 185 EStG sieht für sogenannte "Altanlagen" einen Bestandschutz vor, d.h. gelten diebisherigen Besteuerungsgrundsätze vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr 111/2010 weiterund § 27 Abs. 3 und 4 EStG ist nicht anzuwenden. 75/14.358stel Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft sind schon seit 1969 im Familienbesitz der Familie Bf, und wurden unentgeltlich an Herrn ***Bf1*** übertragen. Davon wurden 60/14.358stel an Herrn B und 11/14.358stel an Frau C 2017 verkauft.

Somit liegt aufgrund des Erwerbes vor dem sogenannter "Altbestand" vor und betrug das Beteiligungsausmaß zum 75./14.358 Anteile also gerundet 0,5 % und somit weniger als 1%, wodurch bei Veräußerung nach Ablauf der Spekulationsfrist von einem Jahr keine Steuerpflicht besteht."

Die Abgabenbehörde replizierte darauf folgendermaßen:

"Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, war der Agrargemeinschaftsanteil dem Betriebsvermögen der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen.
Die Bestimmungen des § 124b Z 185 lit a sind ausschließlich für im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen anzuwenden. Dies ist eindeutig aus dem klaren Wortlaut des § 124b Z 185 lit a EStG ("... die am die Voraussetzungen des § 31 erfüllen") abzuleiten. Im Betriebsvermögen sind Beteiligungen unabhängig von der Beteiligungshöhe immer steuerverfangen. Auch eine Aufwertung der Anteile im Sinne des § 124b Z 57 EStG ist im Betriebsvermögen nicht zulässig - auch hier findet sich der Verweis auf § 31 EStG. Hinsichtlich der Steuerbefreiung gern. § 30 Abs 2 Z 4 EStG wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen."

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist, ob Anteile an einer Agrargemeinschaft unter den Grundstücksbegriff des § 30 Abs. 1 EStG fallen und ob die Steuerbefreiung gem. § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 zur Anwendung kommen kann bzw. ob die Bescheide der Agrarbezirksbehörde Steiermark Bindungswirkung für die steuerliche Beurteilung entfalten.

Die Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft, bestehend aus der Liegenschaft EZ KG, ist gem. § 2 Abs. 2 der Verwaltungssatzung eine juristische Person, die nach außen durch ihre Verwaltungsorgane vertreten wird. Den im Register der Anteilsrechte geführten Anteilsberechtigten steht gemäß ihrem dort festgesetzten Anteilsverhältnis gemeinschaftlich die Nutzung zu.

Gem. § 2 der Verwaltungssatzung der "A Waldgenossenschaft" handelt es sich hierbei um eine Agrargemeinschaft im Sinne des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes 1985, LBGL. Nr. 8/1986, welche der Aufsicht der Agrarbehörde unterliegt.

Der Bf. betreibt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Im Betriebsvermögen dieses Betriebes befanden sich auch Anteile an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft (Agrargemeinschaft im Sinne des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes 1985), die im Rahmen zweier Flurbereinigungsverfahren übertragen wurden.

1. Flurbereinigungsverfahren BZ

Der Bf. vertauschte im Rahmen eines Flurbereinigungsübereinkommens 60/14.358stel Anteilsrechte an der AG A Waldgenossenschaft, EZ KG gegen einen Teil des Grundstückes Nr. m/n im Flächenausmaß von ca. 1,06 ha.

Der Wert der Tauschgegenstände wurde im Bescheid mit EUR 79.500,00 festgehalten, als Übergabestichtag wurde der festgelegt.

Aus der Verhandlungsschrift zu gegenständlichem Flurbereinigungsverfahren wurde als Gegenstand der Verhandlung "***Bf1*** - B, Flurbereinigung, Absonderung von Anteilsrechten" angeführt. Weiters wurde auf Seite 2 festgehalten, dass die Entrichtung einer allfälligen Immobilienertragsteuer in der Eigenverantwortung der Parteien liegt.

Gemäß §§ 59 des StAgrGG 1985 und 64 des StELG 1983 wurde das Grundbuch wie folgt von Amts wegen richtig gestellt wie folgt:

In EZ x KG y: (***Bf1***, geb. tt.mm.jjjj):

Lastenfreie Abschreibung von 60/14.358 Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft (A2-LNr. 13a) nach EZ 8 KG 7

In EZ 8 KG 7: (B, geb. tt.mm.jjjj)

Teilung Gst. m/n in dieses und das Gst. k/l Abschreibung von Gst. k/l unter Mitübertragung der unter A2-LNr. 4a ersichtlich gemachten Sicherheitszone L (nunmehr hinsichtlich Gst. k/l), ansonsten lastenfrei, und Zuschreibung nach EZ x KG y

Im 2. Flurbereinigungsverfahren zu AZ tauschte der Bf. seine Anteilsrechte (11/14.358tel) an der A Waldgenossenschaft EZ KG gegen einen Teil des Grundstücks Nr. x/y.

Der Wert der Tauschgegenstände wurde im Bescheid mit EUR 14.575,00 festgehalten, der Übergabestichtag wurde mit festgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor der Agrarbezirksbehörde für Steiermark am wurde in der Verhandlungsschrift als Gegenstand der Verhandlung "***Bf1*** - C, Flurbereinigung, Absonderung von Anteilsrechten" angeführt. Seite 2 dieser Niederschrift hält weiters fest, dass die Parteien zur Kenntnis nehmen, dass die Entrichtung einer allfälligen Immobilienertragsteuer in ihrer Eigenverantwortung liegt.

Gemäß §§ 59 des StAgrGG 1985 und 64 des StELG 1983 ist das Grundbuch wie folgt von Amts wegen richtig zu stellen:

In EZ x KG y: (***Bf1***, geb. tt.mm.jjjj):

Lastenfreie Abschreibung von 11/14.358 Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft (A2-LNr. 13a) nach EZ 3 KG 4

In EZ 3 KG 4: (C, geb. tt.mm.jjjj):

Abschreibung von Trennst. Nr. 1 aus Gst. Nr. x/y unter Mitübertragung der unter A2-LNr. 4a ersichtlich gemachten Sicherheitszone L, ansonsten lastenfrei, und Zuschreibung nach EZ x KG y, Einbeziehung in Gst. r/s

Beide Flurbereinigungsverfahren wurden mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Steiermark vom bestätigt. Die Übertragung erfolgte bereits 2017.

Dem Bf. wurde aufgrund dieser Übereinkommen gem. § 27a EStG 1988 Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen vorgeschrieben, da die Anteilsrechte an der Agrargenossenschaft im Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehalten wurden.

2. Rechtliche Beurteilung

Gem. § 6 Z 14 EStG 1988 liegt beim Tausch von Wirtschaftsgütern jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor. Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen.

Gem. § 27 Abs. 1 EStG 1988 handelt es sich bei Einkünften aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3), aus Derivaten (Abs. 4) und aus Kryptowährungen (Abs. 4a), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

§ 27 Abs. 2 lit. d EStG 1988 hält fest, dass zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital unter anderem auch Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften in den Angelegenheiten der Bodenreform (Agrargemeinschaften) gehören, wenn diese einen Betrag in Höhe von 4.000 Euro im Kalenderjahr übersteigen.

§ 27a Abs. 1 EStG 1988 Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen

2. in allen anderen Fällen einem besonderen Steuersatz von 27,5%.

Gem. § 4 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 sind für Grundstücke im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988, die einem Betriebsvermögen zugehören, die Befreiungsbestimmungen für Abgeltungen von Wertminderungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 33, für einen (drohenden) behördlichen Eingriff sowie für Zusammenlegungen, Flurbereinigungen und Baulandumlegungen gemäß § 30 Abs. 2 Z 3 und Z 4 anzuwenden.

Der Begriff des Grundstücks umfasst nach § 30 Abs. 1 zweiter Satz EStG Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte).

Von der Besteuerung ausgenommen sind gem. § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 die Einkünfte aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens im Sinne der jeweiligen Landesgesetze, soweit sie den Vorschriften des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl Nr. 103/1951 in der Fassung BGBl. I Nr. 189/2013 entsprechen.

§ 124b EStG 1988

Z 185. Die § 27, 27a, 93, 94, 95, 96 und 97 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr 111/2010 treten mit nach Maßgabe der folgenden Regelungen in Kraft, soweit sich nicht aus Z 193 anderes ergibt:

a)§ 27 Abs 3 und 4 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr 111/2010 sind ab erstmals anzuwenden auf

-Beteiligungen, die am die Voraussetzungen des § 31 erfüllen; bei vor dem erworbenen Beteiligungen, an denen der Steuerpflichtige zum mit weniger als einem Prozent beteiligt ist, gilt dies nur dann, wenn die Beteiligungen innerhalb der Frist gemäß § 31 Abs 1 oder innerhalb einer durch das Umgründungssteuergesetz verlängerten Frist veräußert wird;

-Anteile an Körperschaften, die nach dem entgeltlich erworben worden sind;

-Anteilscheine an Investmentfonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes und an Immobilienfonds im Sinne des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, die nach dem entgeltlich erworben worden sind;

-alle anderen Wirtschaftsgüter und Derivate im Sinne des § 27 Abs 3 und 4, die nach dem entgeltlich erworben worden sind; dies umfasst auch Kapitalanlagen im Sinne der Z 85.

§ 31.

(1) Spekulationsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, wenn die Einkünfte nicht gemäß § 27 oder § 30 steuerlich zu erfassen sind und der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
(2) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen.
(3) Die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn sie insgesamt im Kalenderjahr 440 Euro nicht übersteigen.
(4) Führen Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, ist dieser nicht ausgleichsfähig (§ 2 Abs. 2).

a. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Voraussetzungen für diese Steuerbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 ist daher einerseits, dass Grundstücke getauscht werden und andererseits dies im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens erfolgt.

Im konkreten Fall erfolgte jeweils der Tausch eines Grundstücksanteiles gegen Anteile an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft, die aus der Liegenschaft EZ KG besteht. D.h. dass nicht Grundstück gegen Grundstück getauscht wurde, sondern die Anteilsrechte, die mit einem Grundstück verbunden sind gegen ein anderes Grundstück. Es wurde auch in sämtlichen Schriftstücken (Bescheid der Agrarbehörde, Verhandlungsschrift) immer von einer Absonderung von Anteilsrechten gesprochen.

Eine Agrargemeinschaft ist in Österreich eine zweckgebundene Personen- und Sachgemeinschaft, die bestimmte Grundstücke auf Grund alter Urkunden oder alter Übung gemeinschaftlich verwaltet und nutzt. Die Agrargemeinschaft ist ein selbstständiges Rechtssubjekt (juristische Person), also Trägerin von Rechten und Pflichten.

Wenn der Bf. nun argumentiert, dass es sich vorliegend um einen Tausch Grundstück gegen Grundstück handelt, so übersieht er, dass Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nicht mit GuB iSd § 4 Abs 3a Z 3 lit a gleichgesetzt werden können. Anteilsrechte stellen Mitgliedschaftsrechte an einer Körperschaft dar, die Gesellschafterrechten gleichartig sind (Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 30, II. Begrifflichkeiten (Abs 1) [Rz 11 - 23])

Die an der Agrargemeinschaft Beteiligten sind berechtigt, aus den von der Agrargemeinschaft zu verwaltenden (agrargemeinschaftlichen) Grundstücken in der von der jeweiligen Rechtsgrundlage der Agrargemeinschaft vorgesehenen Form Nutzen zu ziehen. Dies kann sowohl durch eigene Tätigkeit des einzelnen Beteiligten (zB Holzschlägerungsrecht, Recht auf Almauftrieb etc) als auch durch gemeinschaftliche Bewirtschaftung mit Ausschüttung der Erträge an die Beteiligten erfolgen.

Gem. § 4 der Verwaltungssatzungen inkl. Holzauszeige -Instruktion der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft EZ KG sind Anteilsrechte an die berechtigten Liegenschaften gebunden und können von diesen ohne Zustimmung der Aufsichtsbehörde nicht rechtswirksam abgesondert werden. Im Fall einer Absonderung von Anteilsrechten müssen diese wieder mit einer Liegenschaft des Erwerbers verbunden werden.

Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Agrargemeinschaften unterliegen gemäß § 27 Abs 2 Z 1 lit d iVm § 27a Abs 1 dem besonderen Steuersatz.

Bei einem Land- und Forstwirt gehört der Anteil an einer Agrargemeinschaft schon allein wegen des inneren Zusammenhanges (Gebundenheit) der Beteiligung mit der Stammsitzliegenschaft zu dessen land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen.

Ist die Beteiligung also dem Betriebsvermögen eines Land- und Forstwirtes zuzurechnen, liegen auf Grund der Subsidiarität Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor (, 1988, 384; , 1988, 384; siehe dazu auch unten Tz 219).

Die Veräußerung der Anteile an der Agrargemeinschaft A führt diesfalls zu Betriebs-einnahmen im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft.
Auch ein Tausch stellt gem. § 6 Abs. 1 Z 14 EStG 1988 eine Veräußerung dar.

Der Veräußerungserlös ist bei pauschalierten Betrieben als außerordentlicher Geschäftsvorfall gesondert anzusetzen und unterliegt dem besonderen Steuersatz (§ 27a Abs 1). (Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (19. Lfg 2017) § 21 Agrargemeinschaften, Rz 219).

Das Anteilsrecht des Nutzungsberechtigten an einer Agrargemeinschaft bildet die Grundlage der gegenseitigen Beziehungen zw der Agrargemeinschaft als solcher, ihren Mitgliedern und den agrargemeinschaftl Grundstücken (Mamut ecolex 09, 79 f mwN; EStR 5030 ff; Bauer/Hammerl RdW 20/66). Liegt Rechtspersönlichkeit vor, bestimmt § 27 Abs 2 Z 1 lit d, dass Ausschüttungen ggf Einkünfte aus KapVerm darstellen (soweit die Anteile im BV gehalten werden, liegen ggf Einkünfte aus LuF vor; vgl Aigner D. taxlex 09, 259); Es besteht eine Freigrenze von 4.000 €. Zur KESt s EStR 6218 ff sowie § 93 Rz 11. (Marschner in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 27, II. Einkünfte aus der Überlassung von Kapital [Rz 35 - 106]

Befindet sich der Anteil - wie im gegenständlichen Fall - im Betriebsvermögen eines Land-und Forstwirtes führt die Veräußerung eines Anteils an einer Agrargemeinschaft zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (siehe ; E , 86/14/0171), es kommt dabei der Sondersteuersatz nach § 27a EStG zur Anwendung. Es ist daher im EStG ganz eindeutig geregelt, dass die Veräußerung von Anteilen an einer Agrargemeinschaft unter § 27 EStG fällt und nicht unter § 30 EStG. Auch die Behandlung der Veräußerung von Anteilen im Betriebsvermögen knüpft an diese Qualifikation.

Die Befreiungsbestimmung des 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 knüpft an den Begriff "Grundstück". Der Begriff des Grundstückes im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 (auf den § 4 Abs 3a EStG 1988 verweist) umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte).

Mit dem 1. StabG 2012 wurde erstmals der ertragsteuerliche Grundstücksbegriff im Gesetz definiert, wobei nur der "nackte" Grund und Boden im ertragsteuerlichen Sinn als Grund und Boden verstanden wird.

Somit können Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nicht unter "Grund und Boden" subsumiert werden, da diese Rechte einerseits selbständig bewertbar und andererseits wesentlich weitreichender sind als lediglich das Eigentum an einem Grundstück, nämlich ein Mitgliedschaftsrecht an einer Körperschaft darstellen.

Die Einordnung eines Anteilsrechts an der Agrargemeinschaft A Waldgenossenschaft unter den Begriff "Bauwerk" (als räumliche Umfriedung von Menschen und Sachen, die Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist) ist bereits per definitionem nicht möglich.

Grundstücksgleiche Rechte sind solche, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen.

Anders als beim Grund und Boden und beim Gebäude ist das "grundstücksgleiche Recht" nach wie vor kein ertragsteuerlich autonomer Begriff. Nach der gesetzlichen Definition fallen darunter Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen und somit zivilrechtlich als Grundstücke gelten. Damit wird ausschließlich auf die zivilrechtliche Einstufung abgestellt, ohne auf den wirtschaftlichen Gehalt Bedacht zu nehmen. Aufgrund der historischen Entwicklung und des gleichlautenden Wortlautes ist der Begriff der grundstücksgleichen Rechte in den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Z 1 und § 30 Abs. 1 deckungsgleich. (Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (17. Lfg 2014), § 30, Grundstücksbegriff Rz 44)

Als grundstücksgleiche Rechte kommen somit nur zivilrechtlich selbständige Rechte in Frage, die als solche den für Grundstücke geltenden zivilrechtlichen Vorschriften (insbesondere hinsichtlich des Erwerbes) unterliegen und gesondert (ohne Grund und Boden) übertragbar sind. Grundstücksgleiche Rechte in diesem Sinne sind daher insbesondere Baurechte an fremden Grundstücken, Fischereirechten an fremden Gewässern oder Bergwerksberechtigungen nach dem Mineral-Rohstoff-Gesetz.

Anteile an einer Agrargemeinschaft stellen keine grundstücksgleichen Rechte dar (siehe Rauscher, Die Veräußerung von Anteilsrechten an Agrargemeinschaften, ).

In seiner aktuellen Entscheidung vom , Ra 2019/15/0066, gelangt der VwGH zum Ergebnis, dass es nur eine Art von grundstücksgleichem Recht iSd § 30 Abs. 1 EStG idF 1. StabG 2012 und 1. AbgÄG 2012 gibt, und das ist das Baurecht im Sinne des Baurechtsgesetzes. (Zorn, ImmoESt bei Veräußerung grundstücksgleicher Rechte, RdW 10/2020, S. 783ff)

Nachdem Anteile an einer Agrargemeinschaft nicht unter Grund und Boden, Gebäude oder grundstücksgleiches Recht subsumiert werden können, sind sie nicht vom Grundstücksbegriff des § 4 Abs. 3a iVm § 30 Abs. 1 EStG 1988 umfasst, weshalb die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 bereits aus diesem Grunde nicht zur Anwendung kommen kann.

Zur in der Beschwerde behaupteten Bindungswirkung der Finanzverwaltung an die rechtskräftigen Bescheide der Agrarbezirksbehörde wird festgehalten, dass sich die Frage der Bindungswirkung nur stellen würde, wenn überhaupt eine Grundstücksveräußerung und somit ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 3a iVm § 30 EStG 1988 vorliegen würde.

Eine Bindungswirkung an die Bescheide der Agrarbezirksbehörde wird im Anwendungsbereich des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 sowohl von der Judikatur als auch von der Literatur verneint. Eine allfällige Bindungswirkung im Bereich der Grunderwerbsteuer spielt bei der Frage der Steuerbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 keine Rolle.

Da im vorliegenden Fall kein Tauschvorgang zweier Grundstücke vorliegt und es somit bereits an den Tatbestandsmerkmalen für die Anwendung des § 30 EStG mangelt, erübrigt sich das nähere Eingehen auf die Frage der Bindungswirkung

Dem weiteren Einwand des Bf unter Verweis auf die Übergangsbestimmung des § 124b Z 185 EStG kann ebenfalls nichts abgewonnen werden. Befindet sich der Anteil - wie im gegenständlichen Fall - im Betriebsvermögen eines Land-und Forstwirtes führt die Veräußerung eines Anteils an einer Agrargemeinschaft zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (siehe ; E , 86/14/0171).

Denn dem Wortlaut des § 27 EStG ist eindeutig zu entnehmen, dass nur dann von Einkünften aus Kapitalvermögen auszugehen ist, SOWEIT es sich nicht bereits um Einkünfte iS des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG handelt. Die hier strittigen Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft sind allerdings Teil des land - und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens und somit bereits unter § 2 Abs. 3 Z1 EStG 1988 zu subsumieren.

Wenn nun im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft, welche sich im Betriebsvermögen befunden haben, gegen ein Grundstück getauscht werden, so ist dies kein Anwendungsfall des § 30 Abs. 1 EStG und somit ist die Befreiungsbestimmung des 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 nicht anzuwenden.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden

b. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Graz, am

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