Verwaltungsstrafe Gebrauchsabgabe, Ladenvorbau und Sonnenschutz
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungsstrafsache gegen B., A-1, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Mariahilfer Straße 20, 1070 Wien, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 sowie Tarifpost B 2 und Tarifpost B 3 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBl für Wien Nr. 57/2019 über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen vom , N-1, nach der in entschuldigter Abwesenheit der Behördenvertreterin, jedoch in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers P-1 und der Schriftführerin P-3 am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte 1.-5. (TP B 2) insoweit abgeändert, als die Geldstrafe für nunmehr eine Verwaltungsübertretung für den Zeitraum bis mit € 100,00 neu bemessen wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird mit 6 Stunden neu bestimmt. Hinsichtlich Punkt 6. (TP B 3) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid insofern aufgehoben.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis insofern bestätigt.
Gemäß § 64 VStG hat die beschwerdeführende Partei € 10,00 als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu ersetzen.
Der nunmehr zu zahlende Gesamtbetrag an Strafe und Kosten beträgt € 110,00.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am erging an den Beschuldigten folgendes Straferkenntnis:
Er habe es zu verantworten, dass in den Jahren 2016 (Punkt 1.), 2017 (Punkt 2.), 2018 (Punkt 3.), 2019 (Punkt 4.) und 2020 (Punkt 5.-6.) vor der Liegenschaft in A-2, den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr diene, durch eine Sonnenschutzvorrichtung mit einer auf die Frontlinie projizierten Länge von 12 m (Punkt 1.-5.) sowie durch einen Ladenvorbau (Geschäftsportal) mit einer Schaufläche von 55,83 m2 (12,62 m Länge und 4,4 m Höhe) (Punkt 6.) genutzt worden seien, wobei er hierfür bis zum weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch die Gebrauchsabgabe für die Jahre 2016-2020 bis zum mit folgenden Beträgen verkürzt und insgesamt sechs Verwaltungsübertretungen begangen:
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1. | € 42,00 |
2.-3. | je € 43,70 |
4.-5. | je € 45,30 |
6. | € 373,10 |
Er habe dadurch die Rechtsvorschriften § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost B 2 (Punkt 1.-5.) sowie Tarifpost B 3 (Punkt 6.) des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) in den Fassungen des LGBl. für Wien Nr. 45/2013 (Punkt 1.), der Kundmachung des ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2016 (Punkt 2.-3.), des LGBl. für Wien Nr. 71/2018 (Punkt 4.) und des LGBl. für Wien Nr. 57/2019 (Punkt 5.-6.), in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 45/2013 (Punkt 1.-4.) sowie in der derzeit geltenden Fassung (Punkt 5.-6.) über ihn folgende Strafen verhängt:
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Geldstrafen von jeweils | falls diese uneinbringlich seien, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils | |
1.- 5. | € 20,00 | 7 Stunden |
6. | € 150,00 | 12 Stunden |
Ferner habe er gemäß § 64 VStG € 65,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das seien 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt, zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/ Kosten/ Barauslagen) betrage daher € 315,00.
Begründung
Gemäß § 1 Abs. 1 GAG sei für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angeben sei.
Im vorliegenden Fall gehe aus der Anzeige der Magistratsabteilung 46 vom hervor, dass der öffentliche Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, durch die oben angeführten Taten ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen worden sei, indem zu den im Spruch genannten Zeiten eine Sonnenschutzvorrichtung und ein Ladenvorbau an der Adresse in A-2, vorhanden gewesen seien, ohne dass zuvor eine Genehmigung nach dem Gebrauchsabgabegesetz eingeholt bzw. die gebotene Gebrauchsabgabe entrichtet worden sei.
Mit Strafverfügung vom sei der in der oben zitierten Anzeige gelegte Sachverhalt zur Last gelegt worden. Der Vorwurf habe gelautet, dass ad 1. bis 5. in den Jahre 2016 bis 2020 sowie ad 6. im Jahr 2020 an der genannten Liegenschaft jeweils zu ad 1. bis 5. eine Sonnenschutzvorrichtung und zu ad 6. ein Ladenvorbau vorhanden gewesen seien, für welche bis zum die jeweilige jährliche Gebrauchsabgabe für die oben genannten Jahre bis zum nicht entrichtet worden sei, sodass die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt worden sei.
Dagegen richte sich der rechtzeitige und vollständige Einspruch vom , worin vorgebracht worden sei:
"Der Einspruchswerber bekämpft die Strafverfügung zur Gänze wegen materieller und formeller Mängel und Nichtigkeit.
Der von der Magistratsabteilung 6 erhobene Vorwurf, der Einspruchswerber hätte gegen § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und TP B 2 Gebrauchsabgabengesetz verstoßen, indem er für die an dem von ihm gemieteten Geschäftslokal A-2, Top 3-6, angebrachte Sonnenschutzvorrichtung keine Gebrauchserlaubnis erwirkt und für die Jahre 2016 bis 2020 auch keine Gebrauchsabgabe geleistet habe, ist ebenso unrichtig wie der Vorwurf, der Einspruchswerber habe gegen § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und TP B 3 Gebrauchsabgabengesetz verstoßen, indem er für den am Geschäftslokal bestehenden Ladenvorbau keine Gebrauchserlaubnis erwirkt und für das Jahr 2020 auch keine Gebrauchsabgabe geleistet habe.
Der Einspruchswerber ist Mieter des Geschäftslokals A-2, Tür 3-6. Diese Liegenschaft steht im Eigentum von Herrn P-4 (2/3) sowie Herrn P-5 (1/3).
Mit gesondertem Bescheid vom hat die Magistratsabteilung 46 den Liegenschaftseigentümern außerdem die Gebrauchsabgabe in Höhe von EUR 593,10 für den Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes vor der Liegenschaft in A-2, ohne Gebrauchserlaubnis für die Sonnenschutzvorrichtung, Tarif B 2, vom bis sowie für den Ladenvorbau (Portal), Tarif B 3, vom bis festgesetzt. Mit Buchungsmitteilung vom hat die Buchhaltungsabteilung 40 der Stadt Wien den Liegenschaftseigentümern die Gebrauchsabgabe unter anderem für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorgeschrieben. Die Liegenschaftseigentümer haben die festgesetzte Gebrauchsabgabe auch fristgerecht entrichtet.
Die Liegenschaftseigentümer und der Einspruchswerber als Mieter des Geschäftslokals sind gemäß § 6 BAO hinsichtlich der zu entrichtenden Gebrauchsabgabe Gesamtschuldner. Dem Gläubiger steht insgesamt nur einmal die Befriedigung seiner Ansprüche zu. Ist die gesamte Schuld entrichtet, so erlischt das Gesamtschuldverhältnis (Verweis auf , ). Da die Liegenschaftseigentümer die Gebrauchsabgabe für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum geleistet haben, ist auch die Zahlungsverpflichtung des Einspruchswerbers erloschen. Der Vollständigkeit halber hält der Einspruchswerber noch fest, dass er aufgrund einer mit dem Liegenschaftseigentümer getroffenen Vereinbarung, den auf die Sonnenschutzvorrichtung entfallenden Teil der Gebrauchsabgabe im Innenverhältnis getragen hat.
Aus all diesen Gründen hat den Einspruchswerber keine Pflicht getroffen, neben den Liegenschaftseigentümern eine Gebrauchserlaubnis für die Nutzung des öffentlichen Grundes aufgrund des Bestehens des Ladenvorbaus sowie der Sonnenschutzvorrichtung zu erlangen oder eine gesonderte Gebrauchsabgabe für diese Objekte zu entrichten.
Der Einspruchswerber hat die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen daher nicht begangen."
Weiters sei zur Untermauerung des Vorbringens ein Grundbuchsauszug, der gegenständliche Bescheid der Magistratsabteilung 46 vom sowie die dazugehörige Buchungsmitteilung beigelegt worden.
Zudem sei vorgeworfen worden, das rechtliche Gehör des Beschuldigten sei verletzt worden, da keine Zustellung einer Aufforderung zur Rechtfertigung ergangen sei. Unter anderem sei um Übermittlung einer Aktenabschrift gebeten worden.
Anlässlich der darauffolgenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom samt Übermittlung einer Aktenabschrift sei durch seine rechtsfreundliche Vertretung das Vorbringen, welches im Zuge des Einspruchs eingebracht worden sei, unverändert aufrecht geblieben.
Ferner sei in seiner Rechtfertigung vorgebracht worden:
"Die Magistratsabteilung 6 legt dem Einschreiter zur Last, er habe es zu verantworten, dass er in den Jahren 2016 - 2020 durch die an der Liegenschaft A-2, angebrachte Sonnenschutzvorrichtung öffentlichen Gemeindegrund genutzt habe, ohne dafür eine Gebrauchserlaubnis erwirkt oder eine Gebrauchsabgabe entrichtet zu haben.
Ferner habe er im Jahr 2020 öffentlichen Gemeindegrund durch einen Ladenvorbau (Geschäftsportal) genutzt, ohne dafür eine Gebrauchserlaubnis erwirkt oder eine Gebrauchsabgabe entrichtet zu haben.
Der von der Magistratsabteilung 6 erhobene Vorwurf ist jedoch unrichtig. Der Einschreiter hat die Verwaltungsübertretung weder in objektiver noch in subjektiver Sicht begangen.
Der Einschreiter ist im Jahr 1946 in das zwischen dem damaligen Liegenschaftseigentümer und seinem Rechtsvorgänger bestehende Mietverhältnis betreffend das Geschäftslokal A-2, eingetreten. Bereits zu diesem Zeitpunkt war am Geschäftslokal ein Ladenvorbau sowie eine Sonnenschutzvorrichtung errichtet. Zu diesem Zeitpunkt waren weder das Gebrauchsabgabegesetz 1966 noch das Gebrauchsgebührengesetz 1949 in Geltung.
Gemäß § 1 Abs. 2 GAG 1966 hat der Nutzungswillige vor dem Gebrauch von öffentlichem Grund eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken. Dies war dem Einschreiter faktisch aufgrund des bereits Bestehens des Ladenvorbaus und der Sonnenschutzvorrichtung nicht möglich.
Der Einschreiter war außerdem damals - wie auch heute - der Auffassung, dass es in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich des Liegenschaftseigentümers fällt, sämtliche Gebrauchserlaubnisse für die Baulichkeiten am Mietgegenstand einzuholen. Schließlich hat der Liegenschaftseigentümer diese Baulichkeiten auch selbst angebracht und waren der Ladenvorbau und die Sonnenschutzvorrichtung bereits im Zeitpunkt des Mietbeginnes bzw. des Eintrittes des Einschreiters in den bestehenden Mietvertrag vorhanden.
Dass diese Ansicht des Einschreiters korrekt ist, ergibt sich auch aus dem Wortlaut des Gesetzes. Gemäß § 2 Abs. 3 iVm § 3 Abs. 1 GAG 1966 darf die Gebrauchserlaubnis für sämtliche in der Tarifpost B 3 angeführten Baumaßnahmen nur dem Liegenschaftseigentümer erteilt werden. Darunter fällt auch die Gebrauchserlaubnis für den am Geschäftslokal befindlichen Ladenvorbau. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Gebrauchserlaubnis nur vom Liegenschaftseigentümer erwirkt werden kann und auch die mit der Gebrauchserlaubnis verbundene Gebrauchsabgabe nur von diesem zu entrichten ist. Diesen Schluss hat auch bereits das Bundesfinanzgericht gezogen. Dieses hat ausgesprochen, dass die Gebrauchserlaubnis für Ladenvorbauten dem jeweiligen Eigentümer der Baulichkeit zusteht, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll. Damit hat der Landesgesetzgeber dem Umstand, wer die Gebrauchserlaubnis tatsächlich erwirkt hat, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, sondern festgelegt, dass der Gebrauch von öffentlichem Grund durch mit dem Gebäude befestigten Ladenvorbauten jedenfalls dem Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen ist. Dieser hat daher gemäß § 9 Abs. 1 GAG als Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde die Gebrauchsabgabe zu entrichten. Daraus geht aber auch hervor, dass den Gebrauch von öffentlichem Grund durch einen Ladenvorbau nicht die Mieter der Geschäftslokale zu verantworten haben, sondern dass jedenfalls der Vermieter als Eigentümer des Gebäudes mit den Anbauten öffentlichen Grund benutzt. Im Übrigen zieht er ja auch im Rahmen der Vermietung dieser Geschäftslokale einen Nutzen aus den damit verbundenen Portalverkleidungen. Er könnte darüber hinaus auch den Rückbau dieser Vorbauten veranlassen (Verweis auf BFG RV/7500011/2022).
Dass dem Einschreiter an dem Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen gelegen ist, zeigt bereits der Umstand, dass er die Gebrauchserlaubnis für die von ihm auf dem öffentlichen Grund aufgestellten Warenständer eingeholt hat. Wäre der Einschreiter nicht davon überzeugt gewesen, dass es in die Pflicht des Liegenschaftseigentümers fällt, die Gebrauchserlaubnis für den bereits vorhandenen Ladenvorbau und die bereits vorhandene Sonnenschutzvorrichtung zu beantragen und die dafür fällige Gebrauchsabgabe zu entrichten, hätte er die erforderlichen Schritte selbstverständlich selbst gesetzt. Allein aus dem Umstand, dass der Einschreiter irrig darauf vertraut, dass der Liegenschaftseigentümer die Gebrauchserlaubnis für die von ihm errichteten und bereits bei Mietbeginn vorhandenen Baulichkeiten (Ladenvorbau und Sonnenschutzvorrichtung) einholen wird, kann dem Einschreiter - wenn überhaupt - nur als minderer Grad des Versehens angelastet werden.
Schlussendlich haben die Liegenschaftseigentümer ihr Versäumnis nachgeholt und die Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabengesetz 1966 betreffend den bestehenden Ladenvorbau sowie der bestehenden Sonnenschutzvorrichtung beantragt. Mit Bescheid vom hat die Magistratsabteilung 46 auch die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund bzw. den darüber befindlichen Luftraum für die bestehenden Baulichkeiten zu verwenden. Darüber hinaus hat die Magistratsabteilung 46 die jährliche Gebrauchsabgabe für beide Tarifposten mit EUR 418,40 bestimmt.
Die mit gesondertem Bescheid vom vorgeschriebene Gebrauchsabgabe in Höhe von EUR 593,10 haben die Liegenschaftseigentümer auch geleistet. Durch Zahlung der Gebrauchsabgabe für das gegenständliche Geschäftslokal im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ist auch die Schuld des Einschreiters erloschen (Verweis auf ; ). Durch die Bezahlung der Gebrauchsabgabe für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach deren bescheidmäßiger Vorschreibung durch die Magistratsabteilung 46 hat der Liegenschaftseigentümer einen allenfalls der Stadt Wien entstandenen Schaden vollständig wieder gut gemacht. Den auf die Sonnenschutzvorrichtung entfallenden Teil der Gebrauchsabgabe hat der Einschreiter im Innenverhältnis auch an die Liegenschaftseigentümer geleistet.
Aus all diesen Gründen hat der Einschreiter die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen."
Weiters sei zur Untermauerung seiner Stellungnahme ein Bewilligungsbescheid der (damaligen) Magistratsabteilung 35 vom betreffend Warenausräumungen und die Überweisungsbestätigung der vorgeschriebenen Gebrauchsabgabe beigelegt worden.
Den Ausführungen des Beschuldigten sei Folgendes entgegenzuhalten:
Als Mieter des gegenständlichen Geschäftslokals sei er ebenso wie der Liegenschaftseigentümer dafür verantwortlich gewesen, vor dem Gebrauch des öffentlichen Gemeindegrundes eine entsprechende Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die dafür anfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten.
Die zugrundeliegende verkürzte Gebrauchsabgabe hänge auch nicht davon ab, wem die die Gebrauchsabgabepflicht auslösenden Gegenstände gehörten oder von wem diese angebracht worden seien. Gemäß § 9 Abs. 1a GAG treffe nämlich sowohl den Eigentümer eines Gebäudes oder Geschäftslokals (als mittelbaren Nutzer durch die Vermietung oder Verpachtung des Geschäftslokals) als auch den Mieter oder Pächter des Lokals die Abgabepflicht für die Nutzung öffentlichen Gemeindegrundes. Beide hätten daher die Verwaltungsübertretung(en) zu verantworten, da beide, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, den öffentlichen Gemeindegrund durch die am Gebäude angebrachten Gegenstände genutzt hätten (vgl. Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts RV/7500010/2022 vom ; RV/7400077/2020 vom oder RV/7400061/2021 vom ).
Weiters normiere § 6 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), dass Personen, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schuldeten, Gesamtschuldner seien (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Es würden damit der Eigentümer eines Gebäudes oder Geschäftslokals und der Mieter des entsprechenden Geschäftslokals für die Gebrauchsabgabe zu Gesamtschuldnern.
Wer nun im Innenverhältnis verpflichtet sei, die Gebrauchsabgabe wirtschaftlich zu tragen, sei eine Frage, die im Rahmen der privatrechtlichen Schuldverhältnisse zu klären sei.
Dass auch die Vermieterin den gleichen Tatbestand erfülle und daher auch die Gebrauchsabgabe schulde, vermöge den Bf. nicht zu befreien. In diesem Falle schuldeten wie in § 6 BAO geregelt beide Abgabepflichtige die gleiche Abgabe und würden dadurch für die Gebrauchsabgabe zu Gesamtschuldnern.
Der Mieter und der Gebäudeeigentümer erfüllten hinsichtlich des gebrauchsabgabepflichtigen Objekts (Ladenvorbau, Portal, etc) denselben Abgabentatbestand. Sie seien daher gemäß § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner (siehe Stoll, BAO 90). Bei der Gesamtschuld sei jeder Gesamtschuldner nach außen hin (gegenüber der Abgabenbehörde) verpflichtet, die Schuld (Abgabe) in voller Höhe zu entrichten. Es liege im Ermessen der Behörde, an welchen von mehreren Gesamtschuldnern sie sich wende. Zahle einer der Gesamtschuldner die Abgabe, so erlösche die Schuld und somit auch die Zahlungsverpflichtung der übrigen Gesamtschuldner gegenüber der Abgabenbehörde. Die Abgabenbehörde könne die Abgabe somit insgesamt nur einmal einfordern. Der zahlende Gesamtschuldner könne sich an den anderen dann im Innenverhältnis nach § 896 ABGB regressieren.
Dass der Beschuldigte Mieter des Geschäftslokals an der gegenständlichen Örtlichkeit im geahndeten Tatzeitraum sei, habe er zu keinem Zeitpunkt bestritten.
Für die Abgabenverkürzung nach § 16 Abs. 1 GAG sei relevant, dass bis zur Tilgung jeder Gesamtschuldner zur Zahlung der Abgabe in voller Höhe verpflichtet sei. Jeder Gesamtschuldner unterliege daher einer eigenständigen, von den anderen Gesamtschuldnern unabhängigen Pflicht zur Abgabenzahlung. Werde die Abgabe nicht rechtzeitig (von einem der Gesamtschuldner) entrichtet, so erfülle jeder Gesamtschuldner für sich den Tatbestand der Abgabenverkürzung. Da die Abgabe bereits durch die Nichtentrichtung bei Fälligkeit verkürzt sei, sei der Tatbestand nach § 16 Abs. 1 GAG auch dann verwirklicht, wenn die Abgabe nachträglich gezahlt werde, sowohl beim zahlenden Gesamtschuldner als auch bei allen übrigen. Die Tilgung der Abgabenschuld hebe den Strafanspruch nicht nachträglich auf.
Da die gegenständlichen Strafbestimmungen über das Verschulden nichts Anderes bestimmten, genüge gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außer Acht lasse, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten sei, und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche (§ 6 StGB).
Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit habe der VwGH festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden könne, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten gewesen sei, sie tatsächlich aufzuwenden. Objektiv sorgfaltswidrig habe der Täter dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. ).
Der Beschuldigte habe dadurch die Gebrauchsabgabe leicht fahrlässig verkürzt, indem er die gebotene Sorgfalt verletzt habe, für die an der Hausfassade angebrachten und in den Luftraum über dem Gemeindegrund hinausragenden Gegenstände bzw. Baulichkeiten rechtzeitig eine Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz zu erlangen und die jährlich fälligen Abgaben zu entrichten.
Der von ihm im Zuge seiner Rechtfertigung übermittelte Bescheid der Magistratsabteilung 35 vom betreffend Bewilligungen von Warenausräumungen stehe nicht mit den gegenständlichen Tatanlastungen im Zusammenhang und habe daher im hier relevanten Kontext nicht näher berücksichtigt werden können.
Nachdem der Beschuldigte mit seinem Vorbringen weder die objektiven noch die subjektiven Voraussetzungen für eine Strafbarkeit entkräften noch einen geeigneten Schuldausschließungsgrund belegen habe können, sei es als erwiesen anzusehen gewesen, dass er den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, in Anspruch genommen habe, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Er habe somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.
Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehöre der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe komme (). Durch sein fahrlässiges Verhalten habe die Behörde die Abgabe nicht bei deren Fälligkeit erhalten, sondern nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung vorgehen müssen.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG könne das Verfahren eingestellt oder allenfalls eine Ermahnung verhängt werden, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering seien. Im gegenständlichen Fall seien eine Sonnenschutzvorrichtung mit einer auf die Frontlänge projizierten Länge von 12 m und ein Ladenvorbau mit einer Schaufläche von 55,83 m² an der Straßenfront in A-2, genutzt worden, ohne dass zuvor die gesetzlich gebotene Gebrauchsabgabe entrichtet worden wäre. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes sei angesichts der dadurch in Anspruch genommenen erheblichen flächenmäßigen Bereiche im öffentlichen Bereich bedeutend, weiters sei die Intensität der Beeinträchtigung des genannten Rechtsgutes angesichts der erheblichen Abmessungen der genannten Nutzungen keinesfalls gering, sodass bereits aus diesen Erwägungen sowohl eine Einstellung des Verfahrens als auch eine Ermahnung ausschieden. Für eine Anwendung der Bestimmungen über die Ermahnung oder Einstellung des Verfahrens sei nämlich das kumulative Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erforderlich, geringes Verschulden und geringe Auswirkungen der Verwaltungsübertretung. Es könne gegenständlich weder von geringem Verschulden noch von geringen Auswirkungen der Verwaltungsübertretung gesprochen werden.
Die Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten vorliegenden Rechtsgutes des öffentlichen Gemeindegrundes, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene und ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen worden sei, finde ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens (vgl. ). Da dieser im gegenständlichen Fall gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung LGBl. Nr. 45/2013 Geldstrafen bis zu € 21.000,00 und in der derzeit geltenden Fassung (ab 2020) € 42.000,00 vorsehe, könne die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes keinesfalls als gering angesehen werden.
Eine Verkürzung liege in solchen Fällen bereits dann vor, wenn eine Abgabe unter Verletzung einer Anzeigepflicht nicht zu den vorgesehenen Terminen entrichtet werde (vgl. 94/69).
ad. 1.-4.) Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der in der Fassung des LGBl. Nr. 45/2013 seien Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt werde, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis € 21.000,00 zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe sei eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauere so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachhole oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde.
ad. 5.-6.) Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung seien Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt werde, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis € 42.000,00 zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe sei eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauere so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachhole oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde.
Für die Strafbemessung sei zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend gewesen, wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollten, den Beschuldigten wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention). Die verhängten Strafen befänden sich im untersten Segment der bis zu € 21.000,00 bzw. € 42.000,00 reichenden Strafdrohung und sei daher jedenfalls angemessen.
Die Strafbemessung sei unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse erfolgt. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse hätten zu seinen Gunsten nicht angenommen werden können, da er von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht habe und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt bestehe.
Als erschwerend sei kein Umstand zu werten gewesen.
Im Rahmen der Bemessung sei auch ausreichend auf die vorliegende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit Bedacht genommen worden, welche mildernd gewirkt habe. Weiters sei zu seinen Gunsten beachtet worden, dass die Abgabenbeträge zeitnah nach Erlassung des Nachbemessungsbescheides entrichtet worden seien, weshalb unter Berücksichtigung dieser Umstände die Strafen spruchgemäß hätten herabgesetzt werden können.
Die Verschuldensfrage sei aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Der Ausspruch über die Kosten sei im § 64 Abs. 2 VStG begründet.
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Dagegen erhob der Beschuldigte am das Rechtsmittel der Beschwerde und wandte ein, dass der von der belangten Behörde erhobene Vorwurf unrichtig sei. Er habe die Verwaltungsübertretung weder in objektiver noch in subjektiver Sicht begangen.
Er sei im Jahr 1946 in das zwischen dem damaligen Liegenschaftseigentümer und seinem Rechtsvorgänger bestehende Mietverhältnis betreffend das Geschäftslokal A-2, eingetreten. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei am Geschäftslokal ein Ladenvorbau sowie eine Sonnenschutzvorrichtung errichtet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien weder das Gebrauchsabgabegesetz 1966 noch das Gebrauchsgebührengesetz 1949 in Geltung gewesen.
Gemäß § 1 Abs. 2 GAG 1966 habe der Nutzungswillige vor dem Gebrauch von öffentlichem Grund eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken. Dies sei dem Beschuldigten aufgrund des bereits Bestehens des Ladenvorbaues und der Sonnenschutzvorrichtung nicht möglich gewesen.
Er sei außerdem damals - wie auch heute - der Auffassung (gewesen), dass es in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich des Liegenschaftseigentümers falle, sämtliche Gebrauchserlaubnisse für die Baulichkeiten am Mietgegenstand einzuholen. Schließlich habe der Liegenschaftseigentümer diese Baulichkeiten auch selbst angebracht und seien der Ladenvorbau und die Sonnenschutzvorrichtung bereits im Zeitpunkt des Mietbeginnes bzw. des Eintrittes des Beschuldigten in den bestehenden Mietvertrag vorhanden gewesen.
Dass diese Ansicht des Beschuldigten korrekt sei, ergebe sich auch aus dem Wortlaut des Gesetzes. Gemäß § 2 Abs. 3 iVm § 3 Abs. 1 GAG 1966 dürfe die Gebrauchserlaubnis für sämtliche in der Tarifpost B 3 angeführten Baumaßnahmen nur dem Liegenschaftseigentümer erteilt werden. Darunter falle auch die Gebrauchserlaubnis für den am Geschäftslokal befindlichen Ladenvorbau. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass die Gebrauchserlaubnis nur vom Liegenschaftseigentümer erwirkt werden könne und auch die mit der Gebrauchserlaubnis verbundene Gebrauchsabgabe nur von diesem zu entrichten sei. Diesen Schluss habe auch bereits das Bundesfinanzgericht gezogen. Dieses habe ausgesprochen, dass die Gebrauchserlaubnis für Ladenvorbauten dem jeweiligen Eigentümer der Baulichkeit zustehe, von der aus der Gebrauch erfolge oder erfolgen solle. Damit habe der Landesgesetzgeber dem Umstand, wer die Gebrauchserlaubnis tatsächlich erwirkt habe, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, sondern festgelegt, dass der Gebrauch von öffentlichem Grund durch mit dem Gebäude befestigten Ladenvorbauten jedenfalls dem Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen sei. Dieser habe daher gemäß § 9 Abs. 1 GAG als Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde die Gebrauchsabgabe zu entrichten. Daraus gehe aber auch hervor, dass den Gebrauch von öffentlichem Grund durch einen Ladenvorbau nicht die Mieter der Geschäftslokale zu verantworten hätten, sondern dass jedenfalls der Vermieter als Eigentümer des Gebäudes mit den Anbauten öffentlichen Grund benutze. Im Übrigen ziehe er ja auch im Rahmen der Vermietung dieser Geschäftslokale einen Nutzen aus den damit verbundenen Portalverkleidungen. Er könne darüber hinaus auch den Rückbau dieser Vorbauten veranlassen.
Dass dem Beschuldigten an dem Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen gelegen sei, zeige bereits der Umstand, dass er die Gebrauchserlaubnis für die von ihm auf dem öffentlichen Grund aufgestellten Warenständer eingeholt habe. Wäre er nicht davon überzeugt gewesen, dass es in die Pflicht des Liegenschaftseigentümers falle, die Gebrauchserlaubnis für den bereits vorhandenen Ladenvorbau und die bereits vorhandene Sonnenschutzvorrichtung zu beantragen und die dafür fällige Gebrauchsabgabe zu entrichten, hätte er die erforderlichen Schritte selbstverständlich selbst gesetzt. Allein aus dem Umstand, dass er irrig darauf vertraue, dass der Liegenschaftseigentümer die Gebrauchserlaubnis für die von ihm errichteten und bereits bei Mietbeginn vorhandenen Baulichkeiten (Ladenvorbau und Sonnenschutzvorrichtung) einholen werde, könne ihm - wenn überhaupt - nur als minderer Grad des Versehens angelastet werden.
Schlussendlich hätten die Liegenschaftseigentümer ihr Versäumnis nachgeholt und die Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 betreffend den bestehenden Ladenvorbau sowie die bestehende Sonnenschutzvorrichtung beantragt. Mit Bescheid vom habe die Magistratsabteilung 46 auch die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund bzw. den darüber befindlichen Luftraum für die bestehenden Baulichkeiten zu verwenden. Darüber hinaus habe die Magistratsabteilung 46 die jährliche Gebrauchsabgabe für beide Tarifposten mit € 418,40 bestimmt.
Die mit gesondertem Bescheid vom vorgeschriebene Gebrauchsabgabe in Höhe von € 593,10 hätten die Liegenschaftseigentümer auch geleistet. Durch Zahlung der Gebrauchsabgabe für das gegenständliche Geschäftslokal im verfahrensgegenständlichen Zeitraum sei auch die Schuld des Beschuldigten erloschen. Durch die Bezahlung der Gebrauchsabgabe für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach deren bescheidmäßiger Vorschreibung durch die Magistratsabteilung 46 habe der Liegenschaftseigentümer einen allenfalls der Stadt Wien entstandenen Schaden vollständig wiedergutgemacht. Den auf die Sonnenschutzeinrichtung entfallenden Teil der Gebrauchsabgabe habe der Beschuldigte im Innenverhältnis auch an die Liegenschaftseigentümer geleistet.
Aus all diesen Gründen habe er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen.
Im Übrigen bekämpfe er auch die Höhe der verhängten Verwaltungsstrafe von € 265,00.
Die Behörde hätte bei der Strafbemessung zusätzlich zu den berücksichtigten Milderungsgründen die Unbescholtenheit des Bf. als besonderen Milderungsgrund iSd § 34 Abs. 1 Z 2 StGB berücksichtigen müssen.
Er rege an, der Magistrat der Gemeinde Wien möge eine stattgebende Beschwerdevorentscheidung erlassen.
Andernfalls richte er an das Bundesfinanzgericht die Anträge, das BFG möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu die Strafhöhe mindern, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Magistrat der Stadt Wien zurückverweisen.
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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:
Auf die Frage der Verhandlungsleiterin, wieso in der Beschwerde behauptet werde, dass der Beschuldigte bereits im Jahr 1946 in den Mietvertrag des Vorgängers eingetreten sei, obwohl er erst 1954 geboren sei, antwortete der Beschuldigte:
"Dabei muss es sich um einen Irrtum handeln, ich habe dieses Lokal erst im Jahr 1976 angemietet, zu diesem Zeitpunkt wurde das Lokal von einer KG betrieben, die wahrscheinlich bereits im Jahr 1946 gegründet wurde. Ich habe dann 1976 die Gesellschaft übernommen.
Zum Zeitpunkt meines Eintrittes waren sowohl der Ladenvorbau als auch die Sonnenschutzvorrichtung bereits vorhanden, die mittlerweile bereits Museumscharakter aufweist."
Auf die Frage der Verhandlungsleiterin, ob er sich im Laufe der Mietdauer erkundigt habe, dass sowohl für die Ladenvorbauten als auch die Sonnenschutzvorrichtung eine Gebrauchserlaubnis einzuholen gewesen wäre, wandte der Beschuldigte ein:
"Ich bin immer davon ausgegangen, dass dies alleinige Aufgabe der Eigentümer des Hauses war. Auch die Vormieter haben meines Wissens nach einen Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nicht gestellt. Unterlagen über damalige Absprachen zwischen den Eigentümern und den vorhergehenden Mietern existieren nicht mehr."
Auf den Vorhalt der Verhandlungsleiterin, dass in der Beschwerde angeführt worden sei, dass der auf die Sonnenschutzeinrichtung entfallende Teil der Gebrauchsabgabe im Innenverhältnis vom Beschuldigten an die Liegenschaftseigentümer geleistet worden sei, führte dieser aus:
"Ich kann mich nicht erinnern, dass ich einen darüberhinausgehenden Teil neben der Miete den Eigentümern entrichtet hätte, es ist meines Erachtens vielmehr so, dass dieser Teil bereits in der Miete enthalten ist."
Verteidiger:
"Zu den Fragen, wie die Verhältnisse zwischen meinen Mandaten und den damaligen Eigentümern im Zeitpunkt der Übernahme des Mietverhältnisses waren und ob die Zahlungen an Gebrauchsabgabe für die Sonnenschutzeinrichtung tatsächlich im Innenverhältnis für den Beschuldigten vorgesehen waren, ersuche ich um Nachbringung der entsprechenden Dokumente."
Auf die Frage der Verhandlungsleiterin an den Beschuldigten, ob er Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen machen möchte, antwortete dieser:
"Zunächst gehe ich davon aus, dass ein strafbares Verhalten meinerseits gar nicht vorliegt. Zu berücksichtigen wäre andernfalls, dass es bekanntermaßen meiner Branche als Buchhändler nicht gut geht. Branchenkollegen haben in der Zwischenzeit ihren Betrieb, der in Häusern angesiedelt war, die nicht ihnen gehört haben, geschlossen. Obwohl dies auf mich auch zutrifft, kann ich mein Geschäft deshalb noch halten, weil die Lage im 8. Bezirk eine gute Verkaufslage bietet, da die Anwohner offensichtlich nicht alle im Internet bestellen, sondern noch gerne mein Geschäft aufsuchen."
Verteidiger:
"Auch diesen Punkt, genauere Angaben zur wirtschaftlichen Lage meines Mandanten erstatten zu können, werde ich nachreichen."
Die Verhandlungsleiterin entsprach dem Antrag des Verteidigers auf Einreichung der avisierten Stellungnahme innerhalb einer Frist von 3 Wochen.
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Mit Schreiben vom übermittelte die Vertretung des Bf. den Handelsregistereintrag, der den Eintritt des Bf. als persönlich haftender Gesellschafter in die "G-1" am D-1 bestätige. Wie bereits in der Verhandlung dargelegt, sei der Bf. daher nicht 1946 in das Mietverhältnis eingetreten, sondern im Jahr 1987 indirekt über den Eintritt in die Gesellschaft.
Schriftliche Vereinbarungen mit dem Vermieter über die Gebrauchsabgabe lägen dem Bf. nicht vor. Bei dem Vorbringen im Hinblick auf die Zahlung eines Teils der Gebrauchsabgabe im Innenverhältnis handle es sich offenbar um ein Missverständnis bei Erstellung des Schriftsatzes - hierzu lägen ihm daher auch keine Unterlagen vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Objektive Tatseite:
Abgabenanspruch
Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.
Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben
B. Jahresabgaben je begonnenes Kalenderjahr
2. für Rollbalkenkasten und einziehbare oder lamellenartige Sonnenschutzvorrichtungen - ausgenommen für Räume, die ausschließlich oder überwiegend Wohnzwecken dienen - für den ersten begonnenen auf die Frontlänge projizierten Längenmeter 14,50 Euro (in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 45/2013), 15,10 Euro (in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2016), 15,60 Euro (in den Fassungen LGBl. für Wien Nr. 71/2018 und 57/2019), für jeden weiteren begonnenen auf die Frontlänge projizierten Längenmeter 2,50 Euro (in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 45/2013), 2,60 Euro (in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2016), 2,70 Euro (in den Fassungen LGBl. für Wien Nr. 71/2018 und 57/2019);
3. für Ladenvorbauten, portalartige Verkleidungen, aus welchem Material immer, Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sowie für Portalköpfe und Schaukästen an Gebäuden bzw. Bauwerken für den ersten begonnenen m² der Schaufläche 6,50 Euro (in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 57/2019); portalartige Verkleidungen oder Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sind abgabenfrei, wenn sie entweder mit dem übrigen Mauerputz in einer Ebene liegen oder nicht mehr als 7 cm über die Baulinie vorragen.
Da der Abschluss eines Abgabenbemessungsverfahrens nicht Voraussetzung für ein Verwaltungsstrafverfahren in derselben Angelegenheit ist, entfaltet der Inhalt von Abgabenbescheiden weder hinsichtlich der Sachverhaltsannahme noch in Bezug auf die rechtliche Beurteilung Bindungswirkung für die Strafbehörde (). Der Sachverhalt ist vielmehr von der Abgabenstrafbehörde selbst zu beurteilen, was nicht ausschließt, dass die im Abgabenverfahren erzielten Beweisergebnisse ohne Wiederholung der Beweisaufnahme verwertet werden können.
Im Anlassfall liegt eine Abgabennachbemessung des Magistrates der Stadt Wien MA 46 vom vor, wonach sich im Zeitraum bis eine Sonnenschutzvorrichtung mit 12 m Länge und im Zeitraum bis ein Ladenvorbau (Portal) mit 12,62 m Länge und 4,40 m Höhe jeweils vor der Liegenschaft A-2, ohne Gebrauchserlaubnis befanden und eine Gebrauchsabgabe für diese Zeiträume als Einmalzahlung in Höhe von € 593,10 vorgeschrieben wurde.
Die Ergebnisse der Beweisaufnahme wurden dem Beschuldigten mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom zur Kenntnis gebracht und blieben unbeanstandet.
Da gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange andauert, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird, war die objektive Tatseite darüber hinaus auch für den Zeitraum bis erfüllt.
Fortgesetztes Delikt:
Bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0077, judizierte das Bundesfinanzgericht in ständiger Rechtsprechung, dass einerseits gemäß § 22 Abs. 2 VStG bei Verwirklichung mehrerer Verwaltungsübertretungen die Strafen nebeneinander zu verhängen seien, womit das Kumulationsprinzip gelte, und dass andererseits ein fortgesetztes Delikt nur bei vorsätzlicher Tatbegehung vorliegen könne (zB das dem aufhebenden Erkenntnis des VwGH zugrundeliegende Erkenntnis des ).
Dagegen argumentiert der VwGH in der genannten Entscheidung:
"Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim fortgesetzten Delikt (vgl. etwa Ra 2020/02/0252; , Ra 2020/02/0103).
Im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz liegt eine Ausnahme vom Kumulationsprinzip dann vor, wenn die Voraussetzungen einer tatbestandlichen Handlungseinheit erfüllt sind. Diese liegen insbesondere dann vor, wenn - wie im revisionsgegenständlichen Fall - eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl. Ra 2016/03/0108; sowie Ra 2020/06/0156, mwN)."
Im Erkenntnis des , wird zum fortgesetzten Delikt und zur Strafbemessung ausgeführt:
"Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt (vgl. etwa Ra 2014/03/0023, mwH; 2007/09/0183). Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten ( 2010/03/0025; 2006/09/0202; 96/03/0076). Als objektive Voraussetzungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes müssen sowohl gleichartige Einzelhandlungen als auch ein Angriff auf dasselbe Rechtsgut gegeben sein, und die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen zu großen Zeitraum unterbrochen werden. Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss getragen sein ( 92/09/0286; 2009/08/0056 (VwSlg 18.081 A/2011)).
Die neben der Gleichartigkeit der äußeren Umstände auch auf das Merkmal des einheitlichen Willensentschlusses abstellende Betrachtungsweise ist dabei nicht nur auf die "fortgesetzten" Delikte in der engeren Bedeutung dieses Wortes, sondern auch auf gleichzeitig gesetzte Einzelhandlungen anzuwenden. Darüber hinaus wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts grundsätzlich nicht die Identität des Angriffsobjekts gefordert, es sei denn, es handelt sich um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden ( 2004/04/0185; 96/03/0076). Der einheitliche Willensentschluss bzw. das Gesamtkonzept des Täters ist der Entschluss, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, und muss alle vom Täter gesetzten Einzelhandlungen umfassen. Es handelt sich dabei um nicht mehr als ein Motiv zu wiederholtem, gleichartigem deliktischem Handeln ( Ra 2016/02/0031).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen, wie sie das Verwaltungsgericht hier angenommen hat, ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht ( 2010/03/0025).
Wenn in § 5 Abs. 1 VStG angeordnet wird, dass zur verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten "genügt", wird aber zum Ausdruck gebracht, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem normativen Stufenverhältnis des Mehr und Weniger stehen (vgl. idS aus dem Blickwinkel des gerichtlichen Strafrechtes Burgstaller, § 6 StGB, in: Höpfl/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 19 (2001)). Die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten kann damit nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets allgemein zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der wiederholt begangenen Taten zu führen hat. Damit würde nämlich der fahrlässige Täter - den zwar nach § 5 Abs. 1 VStG das geringere Verschulden trifft, über den aber aufgrund der Häufung der einzelnen Strafen eine insgesamt höhere Strafsumme verhängt wird - im Ergebnis strenger bestraft werden können als der Vorsatztäter, den zwar im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG die schwerer wiegende Schuld trifft, über den aber - soweit er ein fortgesetztes Delikt verwirklicht hat - nur eine einzige Gesamtstrafe zu verhängen ist. Auf diese Weise würde dem Gesetz ein grober Wertungswiderspruch unterstellt, der dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, wobei dieser Wertungswiderspruch zudem im Lichte des im Art 7 B-VG verankerten Gleichheitsgrundsatzes problematisch wäre (zur verfassungsrechtlichen Problematik vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 1084).
In dieselbe Richtung führt eine Betrachtung des für die Bemessung der Strafe maßgeblichen § 19 VStG. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Bemessung der Strafe eine Ermessensentscheidung ist (vgl. dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) vom , 3273/78 (VwSlg 10.077 A/1980); Ro 2015/03/0042, mwH). Diese ist nach den in § 19 VStG normierten Kriterien vorzunehmen.
Im Revisionsfall sind im Grunde des § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Angesichts der ausdrücklichen Nennung des § 32 StGB in § 19 Abs. 2 VStG sind zudem sinngemäß die in § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung maßgeblich, weshalb die in § 32 StGB als Grundlage für die Bestrafung normierte Schuld des Täters zu den in § 19 Abs. 1 VStG genannten Kriterien der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat hinzutritt (vgl. dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 439), zumal auch für den Bereich des Verwaltungsstrafrechtes im Lichte des § 5 VStG das Verschulden des Täters maßgeblich ist und aus der Perspektive des § 32 StGB der Erfolgsunwert als eine Komponente der Strafbemessungsschuld gesehen wird (vgl. Ebner, § 32 StGB, in: Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 4 (2014); Wessely, in N.Raschauer/Wesely (Hrsg), VStG2, 2016, § 19 VStG, Rz 3). Wenn bezüglich der persönlichen Täterschuld die subjektive Schwere des Vorwurfs gegen den Täter maßgeblich ist (vgl. dazu etwa Leukauf/Steiniger/Tipold, Strafgesetz Kommentar4, 2017, § 32, Rz 8), kann im Lichte des genannten Stufenverhältnisses von Vorsatz und Fahrlässigkeit bei sonst gleichartiger Konstellation ein fahrlässiges Verhalten zu keinem gravierenderen Vorwurf gegen den Täter führen als ein vorsätzliches Verhalten.
Daraus ergibt sich, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung, also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden kann. Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab.
Im vorliegenden Fall wurden zu mehreren Zeitpunkten vom Unternehmen der zweitmitbeteiligten Gesellschaft aus E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung an eine Empfängerin ohne deren vorherige Einwilligung versendet, wobei sich der Zeitraum, in dem die E-Mails versendet wurden, vom bis zum erstreckte. Die gegenständlichen E-Mails wurden in der Regel viermal wöchentlich versendet, also annähernd an jedem Werktag. Unter diesen Gesichtspunkten kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten Handlungen im Ergebnis (wenn auch mit einer von der Rechtslage abweichenden Begründung) als eine Tat beurteilt und über den Erstmitbeteiligten - auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise - sowie über die zweitmitbeteiligte Gesellschaft dafür nur eine Strafe verhängt hat. Im vorliegenden Fall stellt § 109 Abs. 3 Z 20 TKG die Zusendung elektronischer Post entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 TKG unter Strafe. Der Tatbestand erfordert nicht, jede einzelne Sendung als selbständige Tat zu bestrafen, sondern er lässt mit seiner "pauschalierenden" Tatbildformulierung auch den Schluss zu, dass unter den zuvor beschriebenen Voraussetzungen für die Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit mehrere vorsätzlich oder fahrlässig begangene Einzeltaten nur als ein Delikt anzusehen sind.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der vom Gesetzgeber vergleichsweise sehr hoch angesetzten Höchststrafe für das hier begangene Delikt von 37.000 Euro. Der Gesetzgeber hat bei der Normierung des Delikts der unzulässigen Zusendung elektronischer Post nach § 107 Abs. 2 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG offenkundig mitberücksichtigt, dass dieses in der Praxis regelmäßig durch eine Mehrzahl wiederholter Einzelhandlungen begangen wird, weshalb der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit gegeben werden soll, die Strafhöhe sowohl nach steigendem Ausmaß der versendeten E-Mails als auch nach wachsender Zahl der dadurch belästigten Empfänger schrittweise bis zur Obergrenze des gesetzlichen Strafrahmens zu erhöhen.
Vor diesem Hintergrund kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten, in ihrer Begehungsform gleichartigen, nach den äußeren Begleitumständen ähnlichen und zeitlich eng zusammenhängenden Einzeltaten als eine Tat beurteilt und - auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise - über den Erstmitbeteiligten sowie über die zweitmitbeteiligte Gesellschaft dafür nur eine Strafe verhängt hat. Somit zeigt die Revision insoweit - im Ergebnis - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses auf.
Nach § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im für den Revisionsfall maßgeblichen ordentlichen Verfahren sind § 19 Abs. 2 VStG zufolge überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Entscheidend für die Beurteilung des Unrechtsgehalts der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG ist nicht die abstrakte Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts - diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens - sondern das Ausmaß, in dem dieses Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde. Die in § 19 Abs. 1 VStG geforderte Beurteilung verlangt daher entsprechende konkrete Sachverhaltsfeststellungen (vgl. etwa 2011/21/0259).
Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht lediglich die Strafbemessungserwägungen der revisionswerbenden Behörde wiedergegeben, wonach nach der Auffassung der revisionswerbenden Behörde keine Milderungsgründe hervorgekommen wären, zwei Vorstrafen als erschwerend zu werten gewesen wären, und daher jeweils (also für jedes der vermeintlich 30 Delikte) Strafen in der Höhe von 500 Euro zu verhängen gewesen wären, die im Hinblick auf das Verschulden und die als erschwerend zu wertenden Vorstrafen milde bemessen sowie tat- und schuldangemessen wären. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass es durch die inkriminierten Handlungen nicht mehrere einzelne Delikte, sondern nur ein Delikt verwirklicht sehe, für welches aus den bereits von der revisionswerbenden Behörde dargelegten Gründen eine Strafe von 500 Euro verhängt würde. Damit allein hat das Verwaltungsgericht aber keine konkrete Beurteilung der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und der Intensität seiner Beeinträchtigung vorgenommen. Außerdem hat das Verwaltungsgericht unterlassen, die erforderlichen Feststellungen zu den nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründen, zum Ausmaß des Verschuldens sowie zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten des Beschuldigten zu treffen. Damit hat das Verwaltungsgericht seiner Verpflichtung nicht entsprochen, in der Begründung seiner Entscheidung die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. dazu Ro 2015/03/0042, mwH).
Derart hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis in dem im Spruch bezeichneten Umfang, der vom Ausspruch über die Schuld getrennt werden kann (vgl. dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) vom , 2261/77 (VwSlg 9828 A/1979); 84/02/0255; Ra 2014/02/0053; Ra 2015/04/0078), mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet."
Im Lichte der oben zitierten Entscheidungen des VwGH war daher hinsichtlich der Sonnenschutzvorrichtungen nicht von fünf Straftaten, sondern gleichfalls vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes auszugehen, weshalb für den Tatbestand nach TP B 2 GAG nunmehr lediglich eine Strafe für eine Verwaltungsübertretung vom bis zu verhängen war. Dazu war mit Spruchberichtigung zum Straferkenntnis der Behörde und mit Strafneubemessung vorzugehen.
Subjektive Tatseite:
Heranziehung als Beschuldigter
Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, hat - unbeschadet der §§ 6 und 16 - gemäß § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten.
Wer, ohne hierdurch den Tatbestand des Abs. 1 zu verwirklichen, öffentlichen Grund in der Gemeinde in einer im angeschlossenen Tarif angegebenen Art ohne bestehende Gebrauchserlaubnis nutzt, begeht gemäß § 16 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 57/2019 eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 42.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Übertretung dauert so lange an, bis die Abgabenbehörde die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festsetzt.
Unbestritten ist, dass der Beschuldigte im gegenständlichen Tatzeitraum als Einzelunternehmer das am Standort A-2, befindliche Geschäftslokal gemietet hat und bis dato mietet, das unter der Bezeichnung "G-1" geführt wird. Als Hauseigentümer sind P-4 zu 2/3 und P-5 zu 1/3 im Grundbuch eingetragen.
Der Beschuldigte wandte im Wesentlichen ein,
1) dass ihm aufgrund des bereits Bestehens des Ladenvorbaus und der Sonnenschutzvorrichtung im Zeitpunkt seines Eintrittes in den bestehenden Mietvertrag im Jahr 1976 die Erwirkung einer Gebrauchserlaubnis nicht möglich gewesen sei, zumal zum Zeitpunkt der wahrscheinlichen Gründung der KG im Jahr 1946 weder das Gebrauchsabgabegesetz 1966 noch das Gebrauchsgebührengesetz 1949 in Geltung gewesen seien,
2) dass die Gebrauchserlaubnis gemäß § 2 Abs. 3 iVm § 3 Abs. 1 GAG nur den Liegenschaftseigentümern erteilt werden könne, weshalb auch die Gebrauchsabgabe nur von diesen zu entrichten sei, die darüber hinaus durch die Vermietung den Nutzen aus den angebrachten Baulichkeiten zögen, und
3) dass die mit Bescheid vom vorgeschriebene Gebrauchsabgabe von den Liegenschaftseigentümern geleistet worden sei, weshalb auch seine Schuld erloschen sei.
ad 1)
Dieser Einwand ist nicht entscheidungswesentlich, da es nicht darauf ankommt, ob zu Beginn der Nutzung des öffentlichen Gemeindegrundes die Gebrauchserlaubnis eingeholt und die Gebrauchsabgabe entrichtet wurde, sondern ob dies im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis der Fall war.
Aus diesem Grund lässt sich auch aus dem Vorbringen, dass im Jahr 1946 das Gebrauchsabgabegesetz 1966 sowie das Gebrauchsgebührengesetz 1949 noch nicht in Geltung waren, nichts gewinnen.
ad 2)
Gemäß § 2 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur auf Antrag zulässig.
In den Fällen des § 3 Abs. 1 darf die Gebrauchserlaubnis gemäß § 2 Abs. 3 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 nur dem Eigentümer der Baulichkeit erteilt werden.
Wurde die Gebrauchserlaubnis für Arten des Gebrauches gemäß Tarif A, Post 1 bis 4, sowie Tarif B, Post 3, erteilt, so steht sie gemäß § 3 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 57/2019 dem jeweiligen Eigentümer der Baulichkeit zu, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll.
Der weitere Einwand des Beschuldigten, dass die Gebrauchserlaubnis gemäß § 2 Abs. 3 iVm § 3 Abs. 1 GAG nur den Liegenschaftseigentümern erteilt werden könne, weshalb auch die Gebrauchsabgabe nur von diesen zu entrichten sei, vermag ihn nur hinsichtlich des Ladenvorbaus zu exkulpieren, da diese Bestimmungen nur für den Gebrauch nach Tarif A, Post 1 bis 4, sowie für die im gegenständlichen Fall verkürzten Gebrauchsabgaben des Tarifes B, Post 3 (Ladenvorbau, Portal), nicht jedoch für den Tarif B, Post 2 (Sonnenschutzvorrichtungen) gelten.
Den Mieter des zu den Baulichkeiten gehörigen Geschäftslokals trifft nämlich nicht die Verpflichtung zur Entrichtung der Gebrauchsabgaben gemäß § 9 Abs. 1a GAG, da er (ebenso wie den Eigentümer des Hauses) zwar durch den Ladenvorbau den öffentlichen Gemeindegrund nutzt, allerdings nicht "ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben", weil er einen solchen Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis in der im Zeitraum der Verwirklichung des ihm zur Last gelegten Deliktes geltenden Fassung der §§ 2 Abs. 3 und 3 Abs. 1 GAG gar nicht zu stellen berechtigt war.
ad 3)
Gemäß § 11 Abs. 3 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 ist die Jahresabgabe für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten; Abgabenjahr ist das Kalenderjahr. Für das begonnene Abgabenjahr, für das die Gebrauchserlaubnis erteilt wurde, wird die Abgabe mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheides bzw. des gesonderten Abgabenbescheides fällig; für jedes spätere Abgabenjahr ist die Abgabe jeweils bis 31. Jänner im Vorhinein zu entrichten.
Dem Vorbringen des Beschuldigten, dass die mit Bescheid vom vorgeschriebene Gebrauchsabgabe von den Liegenschaftseigentümern geleistet worden sei, weshalb auch seine Schuld erloschen sei, ist entgegenzuhalten, dass der Tatbestand nach § 16 Abs. 1 GAG auch dann verwirklicht ist, wenn die Abgabe nachträglich gezahlt wird, da die Abgabe bereits durch die Nichtentrichtung bei Fälligkeit, die bei den jährlich zu entrichtenden Gebrauchsabgaben nach TP B 2 gemäß § 11 Abs. 3 GAG iVm § 9 Abs. 1a GAG wegen der sinngemäßen Geltung im Falle der Nutzung ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis jeweils am -2020 eintrat, verkürzt ist, zumal zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung der Eintritt eines Schadens gehört, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt ().
Verschulden
Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Hinsichtlich der für eine Strafbarkeit geforderten subjektiven Tatseite genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit, also eine Sorgfaltspflichtverletzung in der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Belange.
Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit hat der VwGH festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden kann, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. ).
Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Da es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bedarf, wäre es im gegenständlichen Fall geboten gewesen, eine rechtliche Auskunft bei der zuständigen Behörde, bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person oder bei gesetzlichen beruflichen Vertretungen () einzuholen. Da der Beschuldigte diese nicht eingeholt hat, vermag er sich nicht mit seiner Unkenntnis des Gesetzes zu entschuldigen und ihn die Unkenntnis der Vorschriften nicht von seiner Schuld zu befreien ().
Der Beschuldigte als Mieter des von ihm genutzten Geschäftslokals hätte sich auch mit den einschlägigen Bestimmungen hinsichtlich des Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis bzw. Entrichtung der damit verbundenen Abgaben auseinanderzusetzen gehabt. Daher ist ihm das Unterlassen dieser Erkundigungspflicht jedenfalls vorwerfbar und durfte die belangte Behörde sohin zu Recht von einer Verletzung der ihm zukommenden Sorgfaltspflicht und somit von einer fahrlässigen Handlungsweise ausgehen.
Die dem Straferkenntnis zugrundeliegende verkürzte Gebrauchsabgabe hängt auch nicht davon ab, wer die die Gebrauchsabgabepflicht auslösende Sonnenschutzvorrichtung am Gebäude angebracht hat. Auch wenn diese nicht vom Beschuldigten selbst angebracht wurde, sondern von einem der Vorgänger der Eigentümer oder einem ihrer Mieter, befreit ihn dies nicht von seiner Verpflichtung, zumal er diese Baulichkeit angebracht belassen hat.
Den Beschuldigten trifft daher ein Verschulden, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Er hat dadurch die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt, indem er die gebotene Sorgfalt verletzt hat, für die an der Hausfassade angebrachte und in den Luftraum über dem Gemeindegrund hinausragende Baulichkeit (Sonnenschutzvorrichtung) die jährlich fälligen Abgaben zu entrichten.
Durch das zumindest fahrlässige Verhalten des Beschuldigten hat die Behörde die Abgabe nicht bei deren Fälligkeit erhalten, sondern musste nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung vorgehen.
Strafbemessung:
Anzuwendendes Recht
Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
Die Strafe richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 VStG nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.
Wer, ohne hierdurch den Tatbestand des Abs. 1 zu verwirklichen, öffentlichen Grund in der Gemeinde in einer im angeschlossenen Tarif angegebenen Art ohne bestehende Gebrauchserlaubnis nutzt, begeht gemäß § 16 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 45/2013 eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Übertretung dauert so lange an, bis die Abgabenbehörde die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festsetzt.
Gemäß § 16 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 57/2019 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 42.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.
Da es sich bei den Anlastungen wie bereits ausgeführt um ein fortgesetztes Delikt über den gesamten Zeitraum bis handelt und sich die maximale Strafandrohung des § 16 Abs. 1 GAG durch das LGBl. für Wien Nr. 57/2019 von € 21.000,00 (LGBl. für Wien Nr. 45/2013) auf € 42.000,00 mit erhöht hat, war zunächst zu klären, welche Fassung zur Anwendung kommt.
Dazu judiziert der Verwaltungsgerichtshof () Folgendes:
"Ist hinsichtlich der Strafsanktionsnorm während des Tatzeitraumes eine Änderung der Rechtslage eingetreten, so ist bei Dauerdelikten in Bezug auf die anzuwendende Strafsanktionsnorm das Tatende entscheidend; liegt dieses nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes, so ist die Tat - selbst im Falle einer strengeren Regelung - nach dem neuen Recht zu beurteilen, weil das strafbare Verhalten in der Zeit der strengeren Strafdrohung fortgesetzt wurde."
Somit ist klargestellt, dass die Abgabenverkürzung für den gesamten Zeitraum mit der Maximalstrafe von € 42.000,00 bedroht ist.
Strafhöhe
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß des jeweiligen Verkürzungsbetrages maßgebend (eine Verkürzung liegt bereits dann vor, wenn die geschuldete Abgabe nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entrichtet wird, es ist nicht gefordert, dass eine Abgabe auf Dauer entzogen werden sollte), wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollten, den Beschuldigten wirksam von weiteren Sorgfaltspflichtverletzungen abzuhalten (Spezialprävention).
Ausgehend von einer fahrlässigen Handlungsweise des Beschuldigten wird bei der Strafbemessung als mildernd die verwaltungsbehördliche Unbescholtenheit sowie die rasche Schadensgutmachung, die entgegen der Rechtsansicht des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschuldigten bereits im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt wurden, gewertet.
Als erschwerend war kein Umstand zu werten.
Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Gunsten des Beschuldigten nicht angenommen werden, da er von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht hat und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.
Somit war für den Zeitraum bis unter Berücksichtigung der Milderungsgründe sowie einer Strafdrohung von € 42.000,00 eine schuld- und tatangemessene Strafe für die über einen mehrjährigen Zeitraum fortgesetzte Verwaltungsübertretung nach Tarifpost B 2 GAG in Höhe von € 100,00 zu verhängen.
Zur Strafbemessung des insgesamt verkürzten Abgabenbetrages von € 220,00 wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 149/76, B 397/76 und B 416/76, verwiesen, wonach bei einer derart niedrigen Abgabe die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurücktritt. Es ist durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert.
lm Falle der Uneinbringlichkeit ist gemäß § 16 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen festzusetzen.
Die Ersatzfreiheitsstrafe war in Höhe von 6 Stunden zu verhängen und entspricht ebenfalls dem festgestellten Verschulden des Beschuldigten in der Vernachlässigung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen.
In jedem Straferkenntnis ist gemäß § 64 Abs. 1 VStG auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Dieser Beitrag ist gemäß § 64 Abs. 2 VStG für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 EURO zu bemessen.
Die Kostenbestimmung für das verwaltungsbehördliche Verfahren ergibt sich aus § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes und war der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens mit € 10,00 neu festzusetzen.
Kostenentscheidung:
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens waren daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht festzusetzen.
Vollstreckungsbehörde:
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 16 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 2 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 2 Abs. 3 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 3 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 11 Abs. 3 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 5 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 1 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 1 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise | , B 397/76 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500612.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at