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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2024, RV/1100046/2021

Gemischte Schenkung oder Veräußerung einer Liegenschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch SPT Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Messestraße 11, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer erklärungsgemäß erfolgten Veranlagung der Einkommensteuer 2018 mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin (in der Folge abgekürzt Bf.) mit Datum vom Finanzamt ***1*** (nunmehr Finanzamt Österreich) folgender verfahrensgegenständlicher Vorhalt übermittelt:

"Bisher wurde von Ihnen beim Verkauf der Anteile an der Liegenschaft ***3*** von einer unentgeltlichen Übergabe ausgegangen und keine Immobilienertragsteuer abgeführt. Lt. Pkt. III des Kaufvertrages vom beträgt der Kaufpreis aber 214.066,06 €. Sie werden daher gebeten, den Restbuchwert und dessen Ermittlungsdetails im Zeitpunkt des Verkaufes bekanntzugeben."

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die Bf. ein mit datiertes, von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen erstelltes Gutachten, mit dem der Verkehrswert des auf der Liegenschaft GSt. Nr. ***13*** in EZ ***11***, KG ***20*** befindlichen "Wohnhauses mit Carport "***7***", ***9***, ***23***" wie folgt ermittelt wurde:

1. "Zweck:

  • Verkehrswert der Liegenschaft für die interne Verwendung schätzen

2.Auftragsgeber:

  • ***Bf1***

3.Verkehrswert:

  • Den Verkehrswert der Liegenschaft "***7***" in der ***9*** in ***10*** schätze ich aufgrund nachfolgender Annahmen und Berechnungen auf 950.000,00 € incl. Mwst.

4.Grundlagen:

5.Grundbuchsauszug, Beilage 1

6.Grundrisspläne, Beilage 2

7.Luftbild, Beilage 3

8.Flächenwidmungsplan, Beilage 4

9.Fotos

10.örtl. Besichtigung am , anwesende Personen: ***Bf1***, Bmstr. ***6***, Sachverständiger

11.Stichtag der Bewertung:

12.Erklärungen des Sachverständigen:

  • Der Sachverständige steht in keinem Verhältnis, welches Ausschließungsgründe beinhalten könnte.

13.Bewertungskriterien:

14.Grundstückswert:

  • Die Bewertung des Grundstücks erfolgt meist im Vergleichswertverfahren, unter Berücksichtigung der Verbauungsmöglichkeit, der Lage, der Form, der Bodenbeschaffenheit sowie der Zufahrtsmöglichkeit, der Flächenwidmung und sonstigen Einflüssen.

15.Gebäudeneuwert (Herstellkosten):

  • Im Gebäudewert sind sämtliche zur Erstellung des betreffenden Gebäudes erforderlichen Leistungen enthalten, also auch die Baunebenkosten wie Planung, Bauleitung und Statik, sowie sämtliche Anschlüsse (Wasser, Gas, Strom, Telefon, Fernschreiber etc.) und alle Abwasserleitungen - soweit vorhanden - usw.

16.Umsatzsteuer:

  • Die Herstellungskosten werden zuerst netto, also ohne Vorsteuer, errechnet.

  • Sodann sind 2 Berechnungsarten möglich:

a) Private Nutzung:

  • Die Vorsteuer wird beim Neuwert zugerechnet.

  • Die Mieteinnahmen werden mit Umsatzsteuer angesetzt.

b) Vorsteuerabzugsberechtigte Kunden:

  • Die Berechnung des Verkehrswertes erfolgt netto in den Herstellungskosten, mit netto Mietansatz.

  • Die Mehrwertsteuer wird am Schluss hinzugerechnet.

  • Im Gutachten wird die Berechnung ohne Mwst nach POS b) geführt.

17.Sachwert des Objektes (Zeitwert):

  • Die Ermittlung des Zeitwertes des Gebäudes erfolgt derart, dass aufgrund des Alters, der wirtschaftlichen Nutzungsdauer, der technischen Lebensdauer und des Allgemeinzustandes der einzelnen Gebäudeteile eine Wertminderung gebildet wird, die sich aus drei Komponenten ergibt:

a) Altersentwertung:

  • Das ist die Entwertung, welche die Abnutzung durch den Gebrauch des Objektes und das Alter berücksichtigt.

b) Abwertung infolge Schäden:

  • Das ist jener Abschlag, der wegen Schäden wie Risse, Feuchtigkeit, mechanische Schäden usw. anzusetzen ist.

c) Abwertung infolge Mängel:

  • Beim Abschlag wegen Mängel werden der Grundriss, die Raumaufteilung, eventuelle Schräglagen, schlechte Wärme- oder Schalldämmung, sonstige Einflüsse und eventueller verlorener Bauaufwand berücksichtigt.

  • Beim Ortstermin wurde keine Baustoffprüfung, keine Bauteilprüfung, Bodenuntersuchung sowie Funktionsprüfung haustechnischer oder sonstiger Anlagen durchgeführt, d.h. was bei der Besichtigung erkennbar war, wird berücksichtigt.

  • Wenn nichts anderes angeführt, wird davon ausgegangen, dass keine Kontamination vorliegt.

18.Gesamtsachwert:

  • Das ist der Zeitwert der Objekte zuzüglich dem Grundwert.

19.Ermittlung des Ertragswertes:

  • Der Ertragswert wird durch die Annahme der nachhaltig erzielbaren Erträge ermittelt. Von diesen Gesamterträgen werden die anfallenden Ausgaben abgezogen. Der Einnahmenüberschuss wird dann mit einem Zinsfuß kapitalisiert, wobei die Restnutzungsdauer vom Sachverständigen angenommen wird.

  • Bei speziellen Objekten kann die Ertragswertberechnung entfallen.

  • Bezüglich der Mehrwertsteuer und Vorsteuer wird auf den Pkt. "Umsatzsteuer" verwiesen.

  • Mietrechtliche Einflüsse (kündigungsgeschützte Mietverhältnisse etc.) werden bei der Bewertung nicht berücksichtigt.

20.Ermittlung des Verkehrswertes:

  • Der Verkehrswert liegt meist zwischen dem Gesamtsachwert und dem Ertragswert.

  • Der Verkehrswert wird aufgrund der Lage, Beschaffenheit, Zweckbestimmung der Gebäude und der Lage auf dem derzeitigen Realitätenmarkt (Marktlage) vom Sachverständigen festgelegt.

21.Mietverhältnis:

  • Werden keine einschränkenden Mietverhältnisse angegeben, so wird von einer freien Vermietbarkeit ausgegangen.

22.Grundstücksbeschreibung:

23.Allgemeines:

  • EZ: ***11***, GB ***12***

  • GST-NR ***13*** mit einer Fläche lt. Grundbuch von 707 m²

  • Dingliche Rechte: Lt. Grundbuch keine

  • Eigentümer: ***Bf1*** (***14***) ½ Anteil, ***17*** (***16***) ½ Anteil

  • Dingliche Lasten: lt. Grundbuch

  • Form: Vieleckig leicht anfallend gegen Osten

  • Lage: Direkt südlich der Einmündung der ***2*** in die ***18*** gelegen

  • Widmung: BM-Baufläche Mischgebiet

  • Zufahrt: Über die ***3*** im Nordwesten bzw. die ***18*** im Nordwesten

  • REK-***10***: Die Grundstücksfläche befindet sich lt. REK ***10*** im "Zentralen Siedlungsgebiet". Die dafür zulässigen Höchstgeschosszahlen und die Baunutzung beeinflussen den Grundstückswert des unbebauten Bodens und werden in der Bewertung berücksichtigt; Vergleichswerte/Grundpreise: Die Erhebungen in der direkten Umgebung und die Wertentwicklung der Grundstücke in der ***2*** und der ***18*** ergeben eine eindeutige Tendenz zu einem Grundstückspreis einer unbebauten Liegenschaft von deutlich über € 600,00/m². Bebauungsabschlag: Ein Bebauungsabschlag ist gerechtfertigt, da auf Grund des REK eine intensivere Bebauung möglich wäre und auf Grund der Lage des Objektes eine solche technisch nicht durchführbar ist.

24.Grundstückswert:

  • Angesetzter Quadratmeterpreis:

  • Grundwert:

  • 707 m² * 620,00 € = 438.340,00 €

  • abzüglich Bebauungszuschlag: -15% -65.751,00 €

  • Grundwert zum Sachwert: 372.589,00 €

25.Gebäudebeschreibung:

26.Gliederung des Objektes:

  • Kellergeschoss: Kellerräume, Fahrrad- und Geräteraum

  • Erdgeschoss: Wohnräume Top 1 und Top 2, Carports

  • Obergeschoss: Wohnräume Top 3 und Top 4

  • Dachgeschoss: Wohnräume Top 5 und Top 6

27.Bewilligungen:

  • Bau- und Benützungsbewilligungen sind lt. Angabe vorhanden. Ich habe jedoch keine Einsicht in den Bauakt der Gemeinde genommen.

28.Baubeschreibung in Kurzform:

  • Auf eine eingehende technische Beschreibung wird verzichtet, da es sich nur um eine überschlagsmäßige Bewertung handelt. Ich bin in Kenntnis der Baustoffe, da der Energieausweis des Objekts gerechnet wurde.

29.Anschlüsse:

  • Wasserversorgung: Gemeinde

  • Kanalisation: Gemeinde

  • Strom: öffentl. Netz

  • Gas: Gasgesellschaft

30.Energieausweis:

  • vorhanden Nr ***19***

31.Reparaturfond:

  • nicht vorhanden

32.Erklärung nach § 37 Abs. 4 WEG 2006:

  • Gemäß § 37 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz 2006 ist im Gutachten der Bauzustand der allgemeinen Bauteile des Hauses anzuführen, vorausgesetzt die Baubewilligung ist älter als 20 Jahre. Insbesondere sind die in absehbarer Zeit notwendigen Erhaltungsarbeiten anzuführen (10 Jahre).

  • Aufgrund des sichtbaren Bauzustandes sind folgende Erhaltungsarbeiten innert 10 Jahren zu erwarten:

  • alle wasserführenden Leitungen und den damit verbundenen Bauarbeiten,

  • die Fassade,

  • die Dachhaut samt Spenglerarbeiten,

  • die Heizungsanlage samt Heizzentrale,

  • die Fenster,

  • die Lüftungen,

  • die Estriche.

33.Raumangebot und Ausstattung der Räume:

  • Auf eine eingehende technische Beschreibung wird verzichtet, da es sich um eine überschlagmäßige Bewertung handelt.

34.Berechnungen:

35.verbaute Fläche:

  • Die Flächen wurden aus den Plänen M1:100 gemessen.

  • Kellergeschoss: Kellerräume: 14,30*11,60=165,88 m², 5,60*0,40=2,24 m², insgesamt 168,12 m² Geräte- und Fahrradraum: 7,15*3,60=25,74 m², -0,90*0,50=-0,45 m², insgesamt 25,29 m²

  • Erdgeschoss: 14,10 m²*11,40=160,74 m², 5,60*0,40=2,24 m², insgesamt 162,98 m²; Carpot: 10,00*6,00=60,00 m²; Kiosk: 3,00*4,00=12,00 m²

  • Obergeschoss: wie EG=162,98 m²

  • - Dachgeschoss: wie EG=162,98 m²

36.Brutto-Grundfläche (beheizt)

  • lt. EAW=397,60 m²

37.Brutto-Volumen (beheizt)

  • lt. EAW=1.192,80 m²

38.Neuwert des Objektes:

  • nach der verbauten Fläche:

  • Kellergeschoss: Kellerräume: 168,12 m² à 1.100,00 € = 184.932,00 €; Geräte- u. Fahrradraum: 25,29 m² à 1.500,00 € = 37.935,00 €

  • Erdgeschoss: Wohnräume: Top 1+2: 162,98 m² à 2.100,00 € = 342.258,00 €; Carport: 60 m² à 700,00 € = 42.000,00 €; Kiosk: 12,00 m² à 1.600,00 € = 19.200,00 €

  • Obergeschoss: 162,98 m² à 2.100,00 = 342.258,00 €

  • Dachgeschoss: 162,98 m² à 2.100,00 = 342.258,00 €

  • Gesamtneuwert des Objektes: 1.310.841,00 €

39.Sachwert des Objektes:

  • Alter des Objektes:

  • Ersterrichtung ca. 1890, generalsaniert 2004

  • fiktives Alter:

  • (2018-1890)*0,25+(2018-2004)*0.75 = 43 Jahre

  • Ansätze:

  • Neu/Alt linear auf 100 Jahre: -43%

  • verlorener Bauaufwand: -10%

  • Schäden/Angestauter Reparaturaufwand: -2%

  • Gesamtabschlag: -55% = -720.962,55 €

  • Sachwert des Objektanteils: 589.878,45 €

  • zuzüglich Sachwert Grundanteil aus POS 8.2.: 372.589,00 €

  • Gesamtsachwert des Objektes: 962.467,45 €

40.Ertragswert:

  • Anhand der derzeitigen Marktsituation und der Anzahl der Wohnungen sehe ich eher einen ertragswertorientierten Markt als gegeben.

  • Monatsmietertrag Netto ohne Betriebskosten: 3.875,00 €

  • Rohertrag/Jahr: 3.875*12 = 46.500,00 €

  • abzüglich Mietausfallswagnis: - 1.395,00 €

  • abzüglich Instandhaltungskosten (0,8% vom Neuwert): = - 8.738,94 € (-1310841/1,2*0,008)

  • Zwischensumme: 36.366,06 €

  • abzüglich Ertragsteil des Grundes (mit 3,2% verzinst): = -11.922,85 € (-372589*0,032)

  • Reinertrag des Gebäudeanteiles: 24.443,21 €

  • Ansätze: Restlebensdauer 40 Jahre, Risikozinssatz 5%, Faktor: 17,16

  • Ertragsanteil des Objektes: = 419.445,48 € (24443,21*17,16)

  • zuzüglich Grund zum Sachwert: 372.589,00 €

  • Gesamtwert des Objektes: 792.034,48 € + 20% Mwst: 158.406,90 €)

  • Gesamtertragswert inclusive Mehrwertsteuer: 950.441,38 €

41.Verkehrswert:

  • Anhand der derzeitigen Marktsituation sehe ich den Marktwert in Anlehnung an einen ertragswertorientierten Markt wie folgt:

  • Ertragswert aus POS 13: 950.441,38 €, Anpassung an Marktsituation und Rundung - 441,38 €,

  • Verkehrswert gerundet: 950.000,00 incl. MwSt".

Ergänzend führte die Bf. aus, mit der Übergabe des Hälfteeigentums an der gegenständlichen Liegenschaft an ihren Sohn ***5*** sei auch die Übernahme der anteiligen Schulden erfolgt, die mit dem Objekt im Zusammenhang stünden. Die anteiligen Schulden würden 214.066,06 € betragen. Das sei jener Betrag, der im Kaufvertrag unter Pkt. III aufscheine. Laut Schätzung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, Baumeister ***6***, vom betrage der Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaft 950.000,00 €. Da die Gegenleistung 50% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht erreiche, liege eine gemischte Schenkung vor, die keine Immobilienertragsteuer auslöse (EStR Rz 6625).

In der Folge wurde der Einkommensteuerbescheid vom mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und mit selben Datum ein neuer Einkommensteuerbescheid erlassen, aus dem sich aufgrund der erstmaligen Festsetzung von Immobilienertragsteuer in Höhe von 15.615,36 € ein Nachforderungsbetrag im selben Ausmaß ergab. Begründend wurde hierzu ausgeführt, es sei bisher bei der Übergabe der Anteile an der Liegenschaft "***3***" von einer unentgeltlichen Übergabe ausgegangen und kein Veräußerungsgewinn erklärt worden. Nunmehr sei jedoch festgestellt worden, dass lt. Punkt III des Kaufvertrages vom der Kaufpreis 214.066,06 € (dabei handle es sich um die übernommenen Darlehen) betragen habe. Ertragsteuerlich werde in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch bei einer gemischten Schenkung Unentgeltlichkeit des gesamten Vorgangs angenommen, wenn insgesamt Zuwendungsabsicht bestehe und der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiege. Dies sei der Fall, wenn die Gegenleistung 50% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht erreiche. Es werde darauf hingewiesen, dass der gemeine Wert keine Umsatzsteuer beinhalte ().

Der anteilige gemeine Wert betrage lt. vorgelegtem Gutachten netto 396.000,00 €. Somit betrage die Gegenleistung 54% des gemeinen Wertes. Von einer Schenkung könne daher nicht ausgegangen werden. Da der Restbuchwert nicht bekanntgegeben worden sei, werde dieser geschätzt. Die Immobilienertragsteuer werde daher wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis HK 2003 + 2004 ca. Abzgl. geltend gemachte Herstellungskosten ca. Abzgl. geltend gemachte Afa ca.
399.717,00 € 151.837,50 € -131.592,50 € -95.932,08 €
Restbuchwert gesamt Anteil der Bf. Veräußerungspreis
324.029,92 € 162.014,96 € 214.066,16 €
Veräußerungsgewinn Immobilienertragsteuer
52.051,20 € 15.615,36 €

Die gegen den obigen Bescheid erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Einstufung der Übertragung des Hälfteanteils an der gegenständlichen Liegenschaft als ertragsteuerlich entgeltlichen Vorgang. Im Wesentlichen wird begründend ausgeführt, das Finanzamt führe an, dass der gemeine Wert keine Umsatzsteuer enthalte und deshalb 20% aus dem geschätzten Verkehrswert herauszurechnen sei. Diesbezüglich verweise das Finanzamt auf das Erkenntnis des , in welchem Folgendes ausgeführt werde:

"Der Beschwerdeführer bringt vor, bei Liegenschaften sei es nicht üblich, dass der Wert der Liegenschaft zuzüglich 20% Umsatzsteuer ermittelt werde. Liegenschaften unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn darauf optiert werde. Normalerweise werde daher der Wert der Liegenschaften im Geschäftsverkehr exklusive Umsatzsteuer ermittelt. Auch im vorliegenden Fall sei der gemeine Wert der Gebäude verkehrsüblich ermittelt worden. Hätte der Beschwerdeführer die Gebäude an einen Dritten veräußert und von diesem den vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert zuzüglich 20% Umsatzsteuer erhalten, dann hätte er diese 20% Umsatzsteuer abführen müssen, Veräußerungserlös wäre jedenfalls der Nettoverkaufspreis gewesen. Die Auffassung der Abgabenbehörde führe dazu, dass bei Unterbleiben einer Veräußerung und Überführung in das Privatvermögen eine Schlechterstellung erfolge. Eine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes erfordere, dass auch in seinem Fall vom Nettoerlös auszugehen sei.

….

Der gemeine Wert wird gemäß §10 Abs.2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert ergibt sich im Wesentlichen aus Angebot und Nachfrage im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (vgl.etwa das hg.Erkenntnis vom 6.März1989, 86/15/0109). Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Sinne des §10 Abs.2 BewG sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl.etwa die hg.Erkenntnisse vom 22.Oktober1992, 91/16/0044, und vom 28.April1994, 93/16/0186).

Da das EStG den gemeinen Wert nicht definiert, gelten die Bestimmungen des BewG (§1 Abs.1 i.V.m. §10 Abs.1 BewG). Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses gemeinen Wertes ist der Markt. Im unternehmerischen Bereich umfasst der gemeine Wert grundsätzlich keine Umsatzsteuer (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, §6 Tz.95ff, 101).

Nach Hofstätter/Reichel (EStG1988, Kom.§20 Tz10ff) ist bei Entnahmen im Sinn des §4 Abs.1 EStG1988 der Nettobetrag anzusetzen, weil die auf Entnahmen entfallende Umsatzsteuer nach §20 Abs.1 Z6 EStG1988 nicht abzugsfähig ist. Diese Grundsätze sind auch im Beschwerdefall anzuwenden, weil der Ansatz inklusive Umsatzsteuer im Hinblick auf das Abzugsverbot des §20 Abs.1 Z.6 EStG1988 zu einer systemwidrigen Besteuerung der Umsatzsteuer führt. Als einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Aufgabegewinnes bzw. für die Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kann daher nur der (netto) Wert der Entnahme herangezogen werden."

Aus dem Verweis auf das Einkommensteuer-Handbuch (Quantschnigg/Schuch) gehe hervor, dass eine zusätzlich in Rechnung gestellte Umsatzsteuer den gemeinen Wert nicht erhöhe. Noch deutlicher ergebe sich dies aus dem Verweis auf Hofstätter/Reichel. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 erhöhe nur der Nettobetrag den Gewinn, weil die auf die Entnahmen entfallende Umsatzsteuer nach § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht abzugsfähig sei.

Als Resümee dieses Erkenntnisses und auch diverser Kommentare werde ersichtlich, dass der gemeine Wert, der Verkaufswert, nicht um die (angenommenen) 20% Umsatzsteuer zu erhöhen sei. Bei einer Erhöhung um die 20% Umsatzsteuer würde der "Verkaufswert" im vorliegenden Fall 1.140.000,00 € betragen. Eine Kürzung des gemeinen Wertes um 20% sei aus diesem Erkenntnis nicht abzuleiten.

Bezüglich der Handhabung der Umsatzsteuer werde vom Sachverständigen im gegenständlichen Gutachten vom Folgendes ausgeführt: "Die Herstellkosten werden zuerst netto, also ohne Vorsteuer errechnet. Sodann sind zwei Berechnungsarten möglich:

a. Private Nutzung:

  • Die Vorsteuer wird beim Neuwert zugerechnet. Die Mieteinnahmen werden mit Umsatzsteuer angesetzt.

b. Vorsteuerabzugsberechtigten Kunden:

  • Die Berechnung des Verkehrswertes erfolgt netto in den Herstellkosten, mit netto Mietansatz. Die Mehrwertsteuer wird am Schluss hinzugerechnet.

Im Gutachten wird die Berechnung ohne Mehrwertsteuer nach POS b. geführt."

Der Sachverständige schätze schlussendlich folgende Werte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtsachwert Gesamtertragswert (inklusive MwSt) Verkehrswert
962.467,45 € 950.441,38 € 950.000,00 €

Eine Plausibilitätsprüfung des im Gutachten vom ermittelten gemeinen Wertes (Verkehrswert) in Höhe von 950.000,00 € ergebe, dass dieser Wert unter Heranziehung von Vergleichswerten den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Der Gutachter schätze sowohl den Sach- als auch den Ertragswert in dieser Größenordnung. Im Immobilienpreisspiegel 2020 (jener aus dem Jahr 2018 liege der Bf. nicht vor) würden gebrauchte Eigentumswohnungen in ***10*** zwischen 2.000,00 €/m² (einfacher Wohnungswert) und 4.000,00 €/m² (sehr guter Wohnungswert) bewertet. Bei Ansatz eines Wertes von 2.000,00 €/m² (eine Untergrenze) ergebe sich für die gegenständliche Liegenschaft, welche eine Wohnnutzfläche von rund 489 m² verteilt auf drei Stockwerke aufweise, ein Wert von 978.000,00 €. Anzumerken sei, dass die Wohnungen jedenfalls einen höheren als einen "einfachen" Wohnungswert besitzen würden. Bei dieser überschlagsmäßigen Berechnung seien die sonstigen Räumlichkeiten sowie die Grundstücksfläche außer Ansatz gelassen worden. Es sei folglich denkunmöglich, dass der tatsächliche Wert/gemeine Wert der Liegenschaft nur 792.000,00 € betrage. In Anbetracht des Umstandes, dass die unterschiedlichen Bewertungsmethoden alle in etwa zum selben Ergebnis kommen würden, gelte der Verkehrswert als gegeben.

Für die Ermittlung des gemeinen Wertes, der auch als Einzelveräußerungspreis, Liquidationswert und Verkaufswert bezeichnet werde, gebe es mehrere Schätzungsmethoden. Die Art der Berechnung könne nicht relevant für die steuerliche Qualifizierung des Ergebnisses sein. Wesentlich sei einzig das korrekte Ergebnis. Bei der Schätzung des Verkehrswertes der Liegenschaft sei zu ermitteln, welchen Preis ein Erwerber für diese Liegenschaft bezahlen würde, wobei eine bei der Veräußerung allfällig zusätzlich anfallende Umsatzsteuer den Verkehrswert nicht erhöhen würde.

Auch in anderen Normen werde der gemeine Wert definiert. So werde in der Richtlinie für die Ermittlung der Bodenwerte (Bodenwert-RL) vom unter Pkt. 1 "Anwendungsbereich" unter anderem Folgendes ausgeführt: "Es sei hiezu noch bemerkt, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Z 1246/68, folgendes dargelegt hat: "In der Regel wird die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes auf Grund der Entwicklung tatsächlich gezahlter Preis für sogenannte Vergleichsliegenschaften die brauchbarste sein."

Die Einkommensteuerrichtlinien führten unter Rz 2591 Folgendes aus: "Während bei Ermittlung des Teilwertes die Wiederbeschaffungskosten (, das von einem Beschaffungsmarkt ausgeht) im Vordergrund stehen, ergibt sich der gemeine Wert aus einem Marktwert ohne Zusammenhang mit einem Betrieb und entspricht dem Liquidationswert bei Einzelveräußerung (). Der gemeine Wert ist ein Verkaufswert und schließt die Anschaffungsnebenkosten nicht mit ein, während der Teilwert diese beinhaltet (). Ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse einschließlich personenbezogener Verfügungsbeschränkungen sind bei Ermittlung des gemeinen Wertes auszuschalten (§ 10 Abs. 2 und 3 BewG 1955). Der gemeine Wert beinhaltet keine Umsatzsteuer ()."

Auch diese Richtlinien führten aus, dass der gemeine Wert dem Verkaufswert entspreche. Falls der Veräußerer die Lieferung des Grundstückes gemäß § 28 Abs. 2 UStG 1994 umsatzsteuerpflichtig behandle, würde diese Umsatzsteuer entsprechend den Richtlinien und der Judikatur den gemeinen Wert nicht erhöhen.

Aufgrund der Tatsache, dass der gemeine Wert somit jedenfalls mehr als das Doppelte der übernommenen Verbindlichkeiten betrage, liege keine Veräußerung im Sinne des Einkommensteuerrechts vor, weshalb um eine antragsgemäße Erledigung ersucht werde.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde begründend ausgeführt, es sei der erzielbare Einzelveräußerungspreis anzusetzen. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Wertes sei der Markt, idR umfasse der gemeine Wert keine Umsatzsteuer (, zur Entnahme im Rahmen einer Betriebsaufgabe). Bei Liegenschaften gehörten zu den preisbeeinflussenden Umständen die Lage und die Größe des Grundstücks (). Der gemeine Wert sei bei Entnahmen ins Privatvermögen idR aus dem Durchschnitt von Substanz- und Ertragswert abzuleiten (-I/05; vgl. hierzu Jakom/Laudacher EStG 2020, § 6 Rz 50).

Auch die in der Beschwerdeschrift zitierten Gesetzeskommentare würden von einem entsprechenden Wert ohne Umsatzsteuer ausgehen. Im gegenständlichen Gutachten habe der Sachverständige folgende Werte ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtsachwert Gesamtertragswert (inklusive MwSt) Verkehrswert
962.467,45 € 950.441,38 € 950.000,00 €

Aus dem vom Gutachter ermittelten Gesamtertragswert bzw. dem davon abgeleiteten Verkehrswert sei den obigen Aussagen folgend die Umsatzsteuer noch herauszurechnen. Somit ergebe sich folgende Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Verkehrswert inkl. 20% USt Abzüglich 20% USt von 950.000,00 Verkehrswert netto ohne USt
950.000,00 € 158.333,33 € 791.666,67 €
Anteiliger Verkehrswert des übertragenen Liegenschaftsanteils (Hälfteanteil)
395.833,33 €
Anteilig übernommene Schulden
214.066,06 €
Verhältnis Verkehrswert zu den übernommenen Schulden in %
54,08% zu 45,95%

Der Wert der Gegenleistung (Übernahme der aushaftenden Verbindlichkeiten) übersteige daher die Hälfte des gemeinen Wertes deutlich. Es liege somit insgesamt ein entgeltliches Rechtsgeschäft vor, welches zu einer Besteuerung mit ImmoEst führe. Anzumerken sei, dass der Verkehrswert nach den Beschwerdeangaben tendenziell sogar noch höher liege.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom wurde ergänzend bemängelt, dass in der Beschwerdevorentscheidung das Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Verkehrswert höher anzusetzen sei als im gegenständlichen Gutachten, weder einer Prüfung unterzogen noch rechtlich gewürdigt worden sei. Wäre der Verkehrswert höher, würde jedenfalls eine Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts vorliegen.

Im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt in seiner Stellungnahme nochmals aus, dass bei der vom Gutachter vorgenommenen Berechnung des Marktwertes (gemeiner Wert nach BewG) die USt herauszurechnen sei. Es werde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. hat mit Vertrag vom den in ihrem Eigentum befindlichen Hälfteanteil an der Liegenschaft GSt. Nr. ***13*** in EZ ***11***, KG ***20*** (Anschrift: ***21***) an ihren Sohn übertragen. Hierfür wurde vom Sohn der Bf. anteilig das auf der Liegenschaft grundbücherlich sichergestellte Darlehen (C-LNr. 2) in Höhe von 214.066,06 € übernommen.

Zur Bestimmung des Verkehrswertes der bebauten Liegenschaft (Grundstücksfläche 707 m², Wohnnutzfläche 489 m² verteilt auf drei Etagen (Erdgeschoß, Obergeschoß, Dachgeschoß), Kiosk (12 m²) sowie Carport (60 m²)) wurde von der Bf. ein mit datiertes, von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen erstelltes Gutachten in Auftrag gegeben. Laut diesem, dem Finanzamt mit Schriftsatz vom übermittelten Gutachten beträgt der Verkehrswert der bebauten Liegenschaft gerundet 950.000,00 € inklusive Mwst.

Im Beschwerdeschriftsatz wurde unter Bezugnahme auf den Immobilienpreisspiegel 2020, der für gebrauchte Eigentumswohnungen in ***10*** einen Wert zwischen 2.000,00 €/m² (einfacher Wohnungswert) und 4.000,00 €/m² (sehr guter Wohnungswert) auflistet, der Verkaufswert der übertragenen Immobilie mit 978.000,00 € (Wohnnutzfläche 489 m² mal 2.000,00 € ergibt 978.000,00 €) beziffert. Ein geringerer Wertansatz für die beschwerdegegenständliche Liegenschaft ist nach Auffassung der Bf. schon deshalb denkunmöglich, weil die insgesamt 6 Wohnungen jedenfalls einen höheren als einen "einfachen" Wohnungswert besitzen würden und zudem der Wert der sonstigen Räumlichkeiten sowie der Grundstücksfläche im Sachverständigengutachten bei Ermittlung des Verkehrswertes außer Ansatz gelassen worden sei.

Das BFG erachtet den im Sachverständigengutachten angeführten Verkehrswert von 950.000,00 € inklusive Mwst. bzw. 791.667,00 € netto aus folgenden Gründen für die übertragene Immobilie für zutreffend:

Die Übertragung des Liegenschaftsanteils erfolgte im Jahr 2018, die Bf. stützt sich jedoch auf für das Jahr 2020 ausgewiesene Werte. Für das Jahr 2018 werden im ***24*** Immobilienpreisspiegel für gebrauchte Eigentumswohnungen in ***10*** Wohnungswerte zwischen 1.800,00 €/m² (einfacher Wohnungswert) und 3.100,00 €/m² (sehr guter Wohnungswert) angeführt.

Im ***24*** Immobilienspiegel werden unter anderem Werte für gebrauchte Eigentumswohnungen und gebrauchte Einfamilienhäuser aufgelistet. Bei der beschwerdegegenständlichen Immobilie handelt es sich jedoch weder um eine Eigentumswohnung noch um ein Einfamilienhaus, sondern um ein Gebäude mit mehreren (Miet)Wohnungen.

Es trifft auch nicht zu, dass im Sachverständigengutachten lediglich die Wohnnutzfläche von 489 m² bei der Ermittlung des Verkehrswertes berücksichtigt wurde. Vielmehr wird im betreffenden Gutachten der Wert des Grundanteils (707 m²) mit 372.589,00 € beziffert.

Dass sich ein Immobilienpreisspiegel nicht für die Bestimmung des Verkehrswertes einer Liegenschaft eignet, sondern allenfalls ein erster Anhaltspunkt für die Bestimmung des Wertes einer Liegenschaft sein kann, ergibt sich bereits aus dem folgenden, in den Immobilienpreisspiegeln der Jahre 2018 und 2020 angeführten Hinweis: "Die im Immobilienpreisspiegel enthaltenen Preise und Werte wurden mit größter Sorgfalt erstellt und basieren auf Erfahrungswerten, laufenden Beobachtungen des Marktes und Schätzungen, welche die aktuelle Situation am Immobilienmarkt möglichst transparent und umfassend darstellen……Da sich jede Immobilie im Baujahr, der Wohnlage und Ausstattung unterscheidet, sind diese Immobilienpreise keine Grundlage für eine exakte Berechnung des Quadratmeterpreises, sondern dienen nur als Anhaltspunkt."

Demgegenüber wurde im Sachverständigengutachten im Zuge der Befundaufnahme eine ausführliche Grundstücks- und Gebäudebeschreibung vorgenommen. So ist bei der Grundstücksbeschreibung insbesondere die Flächenwidmung dargestellt worden, es wurden Angaben zu den dinglichen Rechten und Lasten gemacht, es wurde die Lage und Form des Grundstücks beschrieben, auf die Wertentwicklung der benachbarten Grundstücke Bezug genommen sowie die Auswirkung der vorhandenen Bebauung auf den Grundstückswert erläutert. Bei der Gebäudebeschreibung wurde die Gliederung des Objekts (Kellerräume, Fahrrad- und Geräteraum, Anzahl der Wohnungen, Anzahl der Geschosse, etc.) sowie die vorhandenen Anschlüsse (Wasserversorgung, Kanalisation, Strom, Gas) dargestellt, es wurden Angaben zum Energieausweis (ein solcher existiert) und zum Reparaturfonds (nicht vorhanden) gemacht und erläutert, welche notwendigen Erhaltungsarbeiten innerhalb von 10 Jahren zu erwarten sind (alle wasserführenden Leitungen samt den damit verbundenen Bauarbeiten, Fassade, Dachhaut samt Spenglerarbeiten, Heizungsanlage samt Heizzentrale, Fenster, Lüftungen und Estriche). Im Gutachten erfolgte eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik und es wurde die Berechnung des Sachwertes des Grundstücks, des Sach- und Ertragswertes des Gebäudes sowie des daraus resultierenden Verkehrswertes nachvollziehbar und schlüssig aufgezeigt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt dem BFG übermittelten Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

In Streit steht die Höhe des Verkehrswertes eines Hälfteanteils an einer Liegenschaft bzw. ob die Übertragung dieses Liegenschaftsanteils als ertragsteuerlich entgeltlicher Vorgang einzustufen ist.

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

Wie unter Pkt. II.1. dargestellt wurde, ist das BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, dass der im Sachverständigengutachten angeführte Verkehrswert von 791.667,00 € netto der Prüfung zugrunde zu legen ist, ob die beschwerdegegenständliche Grundstücksübertragung unter den Einkünftetatbestand des § 30 EStG 1988 zu subsumieren ist, oder ob es sich hierbei um eine gemischte Schenkung handelt, die (insgesamt) als unentgeltlich einzustufen ist.

Im Erkenntnis vom , Ro 2020/15/0015, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass bei der zur Anknüpfung an den Tatbestand des § 30 EStG 1988 erforderlichen Abgrenzung von entgeltlichen zu unentgeltlichen Geschäften nicht § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 heranzuziehen ist; vielmehr ist diese Abgrenzung ausschließlich nach den von der höchstgerichtlichen Judikatur entwickelten Grundsätzen vorzunehmen. Nach dem zitierten Erkenntnis ist von einer gemischten Schenkung auszugehen, "wenn die beteiligten Personen einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollen (vgl. zuletzt Ra 2019/15/0052, Rn. 16, mwN). Sie liegt bei einem offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nahe, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten ist, dass sie - aus privaten Motiven - einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollten. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist gegeben, wenn sich nach Lage des Falles für den einen Teil auf jeden Fall eine Vermögenseinbuße, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung ergibt ( 2010/13/0139).

Bei der gemischten Schenkung müssen sich die Vertragsparteien subjektiv des Charakters der Leistung als unentgeltlich bewusst sein, sie müssen die (teilweise) Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt haben ( 97/15/0021, mwN). Das subjektive Element des "Bereichernwollens" wird bei Zuwendungen zwischen nahen Angehörigen - im Gegensatz zu Rechtsgeschäften zwischen unabhängigen Vertragspartnern im gewöhnlichen geschäftlichen Verkehr - im Zweifel grundsätzlich als gegeben vermutet (vgl. nochmals Ra 2019/15/0052 und 2010/13/0139).

Ein krasses Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen reicht zwar für sich allein nicht aus, eine gemischte Schenkung anzunehmen; es kann jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen (vgl. zuletzt Ra 2019/15/0052, Rn. 17, mwN).

……

Der in der bisherigen Rechtsprechung enthaltenen Formulierung, wonach ein unentgeltlicher Erwerb nicht nur bei (reinen) Schenkungen, sondern auch bei gemischten Schenkungen anzunehmen ist (vgl. neuerlich zuletzt Ra 2019/15/0052, mwN), liegt die Beurteilung des gemischten Vertrags als einheitliches Rechtsgeschäft mit deutlich im Vordergrund stehenden unentgeltlichen Komponenten zugrunde. Erfolgte eine Verfügung teils entgeltlich, teils unentgeltlich, ist nämlich nach dem Hauptzweck und Gesamtcharakter des Geschäftes zu beurteilen, ob Unentgeltlichkeit vorliegt (vgl. aus der zivilrechtlichen Judikatur und Lehre 6 Ob 175/01f und , 6 Ob 311/04k; vgl. auch RIS-Justiz RS0018777; Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 917, Rz 6). Weicht allerdings der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25% vom Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes ab, und liegen keine besonderen Umstände vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist für die Frage der ertragssteuerlichen Behandlung in der Regel von einem einheitlichen, entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen.

…."

Im Beschwerdefall hatte der Sohn der Bf. für die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft GSt. Nr. ***13*** in EZ ***11***, KG ***20***, ein grundbücherlich sichergestelltes Darlehen in Höhe von 214.066,06 € übernommen. Der Verkehrswert dieses Hälfteanteils betrug gerundet 396.000,00 € netto. Somit hatte der Sohn der Bf. Zahlungen in Höhe von 54% des Verkehrswerts der Liegenschaft zu leisten. Die Gegenleistung beträgt somit weniger als 75 % des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes.

Da überdies eine Vermögensübertragung unter (nahen) Angehörigen vorliegt und das Vorbringen im Beschwerdeverfahren eine Bereicherungsabsicht vermuten lässt (siehe dazu und ; vgl. insbesondere auch Lenneis, wobl 2023, 395ff; Knechtl, Gemischte Schenkung oder Veräußerung einer Liegenschaft, BFGjournal 2022, 17ff; Neufassung der EStR durch den Wartungserlass 2023 vom va in der Rz 6625) liegt eine ertragsteuerlich unbeachtliche gemischte Schenkung vor.

Der Beschwerde war demnach Folge zu geben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob der im Sachverständigengutachten angeführte Verkehrswert von 791.667,00 € netto der Prüfung zugrunde zu legen ist, ob die beschwerdegegenständliche Grundstücksübertragung unter den Einkünftetatbestand des § 30 EStG 1988 zu subsumieren ist, oder ob es sich hierbei um eine gemischte Schenkung handelt, die (insgesamt) als unentgeltlich einzustufen ist, war in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Eine solche Tatsachenfrage ist einer Revision nicht zugänglich.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu beurteilen waren, waren diese bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das gegenständliche Erkenntnis nicht abweicht, geklärt, sodass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof auch insofern unzulässig ist.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100046.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at