Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.04.2024, RV/7400050/2024

Verjährung von Abgaben, Inhaltserfordernis eines Kommunalsteuerbescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, Ebendorferstraße 2, 3. Stock, 1010 Wien vom betreffend Kommunalsteuer 2011 bis 2014, GZ MA 6/ARL - 356514-2018, zu Recht erkannt:

I.a. Der Beschwerde wird, soweit es die Festsetzung von Kommunalsteuer 2011 bis 2013 betrifft, gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit (betreffend Kommunalsteuer 2011 bis 2013) ersatzlos aufgehoben.

b. Die Beschwerde wird, soweit es die Festsetzung von Kommunalsteuer 2014 betrifft, gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Angefochtener Bescheid

Die Beschwerdeführerin ist eine deutsche im Straßenbau tätige Aktiengesellschaft. Im Anschluss an eine unter anderem auch die Kommunalsteuer für 2011 bis 2014 betreffende vom zuständigen Finanzamt durchgeführte Außenprüfung wurden die in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vom auch festgehaltenen Mehrergebnisse an Kommunalsteuer am Abgabenkonto verbucht und der Beschwerdeführerin eine Kontonachricht übermittelt. Da diese mit dem Einwand, die ausgewiesenen Summen würden mit dem "Prüfbescheid des Finanzamtes ***2*** vom " nicht übereinstimmen, "Einspruch" gegen die Kontonachricht erhob und um Ausstellung eines Bescheides ersuchte, wurde der Beschwerdeführerin mit Bemessungsbescheid vom gemäß § 11 Abs. 3 KommStG 1993 Kommunalsteuer für die in "der/den Betriebsstätte/n" in Wien gewährten Arbeitslöhne in den Jahren 2011 bis 2014 in folgender Höhe vorgeschrieben:


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage
Abgabenbetrag
2011
476.644,38 €
14.299,33 €
2012
484.661,24 €
14.539,84 €
2013
335.177,35 €
10.055,32 €
2014
324.240,25 €
9.727,21 €
Summe
1.620.723,22 €
48.621,70 €

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Abgabe bereits fällig war.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen angeführt, die Beschwerdeführerin habe die Kommunalsteuer für die an die Dienstnehmer der in Wien gelegenen "Betriebsstätte/n" des Unternehmens gewährten Arbeitslöhne nicht vollständig erklärt, weshalb die Voraussetzungen für die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe vorgelegen seien.

Die Bemessungsgrundlagen seien im Zuge einer Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (bzw. ab Prüfung Lohnabgaben und Beiträge) durch Organe der Bundesfinanz oder eines Krankenversicherungsträgers erhoben worden. Auf Grund der bei der Prüfung vorhandenen Unterlagen sei die Bemessungsgrundlage für den im Spruch des Bescheides angeführten Zeitraum mit 1.620.723,22 € ermittelt worden.

Das von der Selbstbemessung der Abgabepflichtigen abweichende Prüfergebnis resultiere aus der Nachverrechnung von KFZ-Sachbezügen, Sachbezügen (Zurverfügungstellung von Wohnraum) sowie für "Auslösen Arbeitstage".

Zur Klärung der Höhe der Bemessungsgrundlagen seien jährlich Anfragen an das zuständige Finanzamt erfolgt, die jedoch erfolglos geblieben seien. Somit sei eine Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten.

2. Beschwerde

Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde folgendermaßen begründet:

Die Kommunalsteuer für die Nachverrechnung der KFZ-Sachbezüge, Sachbezüge für die Zurverfügungstellung von Wohnraum sowie für "Auslösen" sei im Jahr 2018 im Zuge einer GPLA bzw. GPLB des zuständigen Finanzamtes vorgeschrieben und im Februar 2018 an das zuständige Finanzamt überwiesen worden. Weiters seien sämtliche Arbeitslöhne der an der Betriebsstätte in Wien tätigen Arbeitnehmer ordnungsgemäß und vollständig erklärt worden, wodurch sämtliche Abgabenschulden beglichen worden seien.

Aus diesem Grund beantrage die Beschwerdeführerin den Bescheid (inkl. -eines eventuellen Säumniszuschlages) aufzuheben.

3. Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen neuerlich auf die anlässlich der GPLA festgestellte Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für 2011 bis 2014 in Höhe von insgesamt 1.620.723,22 € hingewiesen, aus der ein Kommunalsteuerbetrag von insgesamt 48.621,70 € resultiere. Da sich die Selbstberechnung als nicht richtig erwiesen habe, sei ein Kommunalsteuerbescheid zu erlassen gewesen.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde werde entgegengehalten, dass für die Erhebung und Verwaltung der Kommunalsteuer grundsätzlich die Gemeinden zuständig seien. Lediglich zur Prüfung der für Zwecke der Kommunalsteuer zu führenden Aufzeichnungen sehe § 14 KommStG 1993 ein Vorgehen des Finanzamtes bzw. des Krankenversicherungsträgers vor.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage verwiesen in diesem Zusammenhang darauf, dass der Prüfer die Eigenschaft eines Gutachters habe, wobei die Gemeinde an das Gutachten (Prüfungsfeststellungen) des Prüfers nicht gebunden sei. Die Prüfungstätigkeit des Finanzamtes bzw. des Krankenversicherungsträgers berühre die Abgabenhoheit der Gemeinde in Angelegenheiten der Kommunalsteuer nicht (Verweis auf ).

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 sei die Kommunalsteuer an die Gemeinde (Anmerkung: erhebungsberechtigte Gemeinde, Betriebsstättengemeinde) zu entrichten.

Dieser Sachverhalt sei der Beschwerdeführerin sinngemäß mit Vorhalt vom zur Kenntnis gebracht worden. In der Eingabe vom sei dem weder widersprochen worden, noch sei ein Nachweis für die tatsächliche (irrtümliche) Entrichtung der Kommunalsteuer an das Finanzamt vorgelegt worden.

Aufforderungsgemäß seien über Auftrag der Beschwerdeführerin von der ***1*** GmbH mit E-Mail vom die Jahreslohnkonten betreffend die Betriebsstätte in Wien übermittelt worden.

Zusätzlich seien Aufstellungen hinsichtlich der Nachversteuerungen für die Jahre 2011 bis 2014 übermittelt worden. Aufgrund dieser Aufstellungen sei von der Richtigkeit der Zahlen laut Prüfungsfeststellungen bzw. Bemessungsbescheid auszugehen, zumal in diesen angeführt werde, dass die "Nachzahlung Kommunalsteuer" für das Jahr 2011 in Höhe von 811,65 Euro, für das Jahr 2012 in Höhe von 552,14 Euro, für das Jahr 2013 in Höhe von 467,33 Euro und für das Jahr 2014 in Höhe von 353,62 Euro betrage.

Aus den übermittelten Aufstellungen sei somit auch ersichtlich, dass die eingereichten Jahreserklärungen und somit die Selbstberechnungen nicht richtig gewesen seien. Da sich im gegenständlichen Fall die Selbstberechnung als nicht richtig erwiesen habe, sei die Kommunalsteuer für die Jahre 2011 bis 2014 bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen.

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe der Abgabenbescheid die gesamte Abgabe festzusetzten und nicht nur die Nachforderung bzw. Gutschrift, um die sich die Selbstberechnung als unrichtig erweise (Verweis auf ). Im Allgemeinen könne aufgrund eines Bemessungsbescheides oder einer Jahreserklärung auch nicht auf Zahlungen der festgesetzten Abgabe geschlossen werden. Im gegenständlichen Fall könne jedoch aufgrund eines Aktenvermerkes vom der kontoführenden Stelle, Magistratsabteilung Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 33, festgestellt werden, dass nach Verbuchung der Abgabenbeträge laut Bemessungsbescheid vom kein Rückstand bestehe.

Da in der Beschwerde keine inhaltlichen Argumente gegen die Prüfungsfeststellungen angeführt würden und aufgrund der von der Beschwerdeführerin übermittelten Aufstellungen gefolgert werden könne, dass die Festsetzung der nachverrechneten Kommunalsteuer für KFZ-Sachbezüge, Sachbezüge betreffend Zurverfügungstellung von Wohnraum sowie für erhaltene "Auslösen" von Arbeitstagen zu Recht erfolgt sei, sei die entsprechende Lohnsumme in die Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer einzubeziehen gewesen.

4. Vorlageantrag

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde zur Begründung des Begehrens und der beantragten Änderungen auf die Beschwerde vom verwiesen und diese wie folgt ergänzt:

Anlässlich der gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB) für 2011 bis 2014 sei vom zuständigen Finanzamt festgestellt worden, dass zu wenig an Kommunalsteuer abgeführt worden sei. Dies sei von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und der Gesamtbetrag der Abgabennachforderung im Februar 2018 an das Finanzamt zeitgerecht und vollständig überwiesen worden. Auf die dazu beigelegten Zahlungsnachweise werde verwiesen, welche die Zahlung der Abgabennachforderung aus der gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB) bestätige.

Dieser Umstand werde in der Beschwerdevorentscheidung vom auch bestätigt. Deren Begründung zufolge "kann jedoch [...] festgestellt werden, dass nachVerbuchung der Abgabenbeträge laut Bemessungsbescheid vom keinRückstand besteht."

Im Bescheid vom seien vom Magistrat Wien nicht nur die Abgabennachforderung, sondern der Gesamtbetrag an Kommunalsteuer für die Jahre 2011 bis 2014 vorgeschrieben worden, was unrichtig sei, da für diesen Zeitraum bereits monatlich die Kommunalsteuer an den Magistrat überwiesen worden sei.

Neben der Höhe der Abgabe sei die Nachforderung ein unerlässlicher Spruchbestandteil. Im Hinblick auf die bereits erfolgte Zahlung der Abgabenachforderung im Februar 2018 ergebe sich keine offene Abgabenschuld mehr. Der Umstand, dass eine Abgabennachforderung von 0,00 EUR bestehe, könne nach Meinung der Beschwerdeführerin nicht so verstanden werden, dass auf diesen Spruchbestandteil zur Gänze verzichtet werde. Der Bescheid müsse diese Tatsache als Spruchbestandteil beinhalten, dass keine Nachforderung mehr bestehe. Ansonsten sehe die Beschwerdeführerin das Risiko, dass durch den gegenständlichen Bescheid der Abgabenbetrag von 48.621,70 € erneut vorgeschrieben werde. Insofern erweise sich der gegenständliche Bescheid als nicht vollständig und damit unrichtig.

Im Bescheid werde angeführt: "Die Abgabe war bereits fällig!". Grundsätzlich reiche eine derartige Angabe als Spruchbestandteil zur Fälligkeit. Die Beschwerdeführerin habe durch Beilagen nachgewiesen, dass der Restbetrag im Februar 2018 gezahlt worden sei. Es ergebe sich keine Nachforderung und insgesamt keine offene Abgabenschuld mehr. Deswegen erweise sich die Angabe im Bescheid "Die Abgabewar bereits fällig!" als falsch, weil nichts mehr fällig sei, und der Bescheid dahingehend als unrichtig.

In der Anlage übermittle die Beschwerdeführerin alle Kommunalsteuererklärungen für den genannten Zeitraum und zusätzlich die Überweisungsbelege, die die Zahlung der monatlichen Kommunalsteuer und Zahlung der Abgabennachforderung aus der GPLB bestätige.

Die Beschwerdeführerin als Steuerschuldner müsse davon ausgehen, dass die im Rahmen einer Abgabenprüfung vorgeschriebenen Beiträge zentral an die prüfende Behörde zu bezahlen seien, und diese Behörde dann die geleisteten Zahlungen an die zuständigen Stellen weiterleite, da ansonsten die prüfende Behörde die noch ausstehende Zahlung reklamieren würde. Es sei daher die gesamte Abgabennachforderung an das Finanzamt ***2*** überwiesen worden.

Aus diesem Grund beantrage die Beschwerdeführerin, den Bescheid inklusive der Festsetzung eines eventuellen Säumniszuschlages aufzuheben, da die laufende Kommunalsteuer und auch alle Nachforderungen bezahlt worden seien.

5. Beschwerdevorlage

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab im Vorlagebericht vom unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an, bereits mit Schreiben vom (AS 45) sei angemerkt worden, dass die Kommunalsteuer immer an die hebeberechtigte Gemeinde zu entrichten sei. Eine fälschlicherweise an das Finanzamt entrichtete Kommunalsteuer könne jedoch nicht zu Lasten der hebeberechtigten Gemeinde gehen. Der Magistrat der Stadt Wien habe außerdem keinen Einblick in das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin beim Finanzamt, daher könne nicht festgestellt werden, ob die zu Unrecht getätigte Zahlung zurücküberwiesen oder anderweitig verwendet worden sei.

Das bei der GPLA festgestellte Ergebnis treffe keine Aussagen über einen etwaigen Abgabenrückstand, sondern sei lediglich die Differenz zwischen den erklärten Abgabenbeträgen und den im Rahmen der Prüfung festgestellten Abgabenbeträgen. Mit den Prüfungsfeststellungen werde weder festgestellt, ob die Abgabenbeträge laut Jahreserklärungen vollständig entrichtet worden seien, noch ob ein etwaiges Guthaben am Abgabenkonto bestehe. Somit sei aus den Prüfungsfeststellungen nicht zu entnehmen, welcher Betrag nachzuzahlen sei. Dies falle in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden, im gegenständlichen Fall der Magistratsabteilung Rechnungs-und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 33.

Auch im Kommunalsteuer-Bemessungsbescheid sei im Allgemeinen nicht über Zahlungen abzusprechen. Die Zahlungen bzw. Vorschreibungen würden von der kontoführenden Stelle, Rechnungs-und Abgabenwesen-Buchhaltungsabteilung 33, verwaltet; darauf werde im Bescheid vom unter "Zahlungsinformationen" hingewiesen. Ein Bemessungsbescheid stelle keine Buchungsmitteilung dar.

Die Kommunalsteuer sei gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten. Die Abgaben seien daher zum Zeitpunkt der Erlassung des Bemessungsbescheides bereits fällig gewesen. Gemäß § 198 Abs. 2 BAO erübrige sich eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit, wenn die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten ist, wenn auf diesen Umstand hingewiesen werde.

Im gegenständlichen Fall sei die Fälligkeit der mit Bemessungsbescheid festgesetzten Kommunalsteuer bereits vor deren Festsetzung mit Bemessungsbescheid eingetreten, die Angabe im Bescheid "Die Abgabe war bereits fällig" sei daher gemäß § 198 Abs. 2 BAO erfolgt.

Die im Vorlageantrag ergänzend vorgebrachten Argumente seien daher nach Ansicht der belangten Behörde nicht berechtigt.

6. Verwaltungsgerichtliches Verfahren

6.1. Beschluss vom

Mit Beschluss vom forderte die Richterin die belangte Behörde auf, innerhalb von drei Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses

1. eine Stellungnahme dazu abzugeben, dass das Bundesfinanzgericht aufgrund nachfolgender Begründung davon ausgehe, dass die Kommunalsteuer für 2011 bis 2013 wegen Verjährung mit dem angefochtenen Bescheid nicht mehr hätte festgesetzt werden dürfen;

2. bekanntzugeben, in welcher Höhe eine Abgabennachforderung aufgrund der Abgabenfestsetzung für 2014 entstanden und ob diese bereits entrichtet worden sei.

Begründend wurde zunächst zu Punkt 1. unter Hinweis auf die maßgeblichen Bestimmungen der BAO und des Kommunalsteuergesetzes dargelegt, dass für die Kommunalsteuerfestsetzung der Jahre 2011 und 2012 die absolute Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 3 BAO von zehn Jahren zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits abgelaufen gewesen sei.

Hinsichtlich der Kommunalsteuerfestsetzung für 2013 fehle es an einer Verlängerungshandlung im Jahr 2019, weil in den vorgelegten Unterlagen lediglich eine Verständigung aus dem Jahr 2019 über das neue Bankkonto der belangten Behörde enthalten sei und dieses Schreiben auf keine bestimmte Abgabe Bezug nehme.

Der zu Punkt 2. erteilte Auftrag wurde damit begründet, dass aus dem bekämpften Bescheid weder erkennbar sei, in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage von der selbst berechneten Bemessungsgrundlage und damit auch die festgesetzte Abgabe von der bisher entrichteten abwichen, noch welche Feststellungen zu diesen Abweichungen geführt hätten.

6.2. Schreiben der belangten Behörde vom

Im Schreiben vom erklärt die belangte Behörde zunächst, den Verjährungsvorhalt zu Punkt 1. des Beschlusses vom für die Jahre 2011 bis 2013 zur Kenntnis zu nehmen.

Zu Punkt 2. wurde ausgeführt, die Bemessungsgrundlage für das Jahr 2014 habe 324.240,25 € bei einem Abgabenbetrag in Höhe von 9.727,21 € betragen. Der erklärte Abgabenbetrag für das Jahr 2014 laute 9.373,59 €, die Bemessungsgrundlage laut Erklärung entspreche daher 312.453,00 €, der Differenzbetrag zwischen Bemessungsgrundlage laut Jahreserklärung und Bemessungsgrundlage laut Bemessungsbescheid betrage daher 11.787,25 €.

Laut Kontonachricht der kontoführenden Stelle, der Buchhaltungsabteilung 33, vom (AS 11) sei hinsichtlich des Jahres 2014 ein Betrag in Höhe von 11.426,89 Euro entrichtet worden, obwohl nur ein Betrag in Höhe von 9.373,59 Euro erklärt worden sei, somit sei die Nachforderung laut Bemessungsbescheid in Höhe von 353,62 € bereits zu diesem Zeitpunkt entrichtet gewesen.

Zu den Ausführungen in der Begründung des Beschlusses vom zu Punkt 2., dass aus dem bekämpften Bescheid nicht erkennbar sei, welche Feststellungen zu den Abweichungen laut Bescheid geführt hätten, wurde dargelegt:

Laut Prüfungsfeststellungen seien der Behörde drei Werte für das Jahr 2014 übermittelt worden:

Bemessungsgrundlage vor Prüfung: 312.453,00 €
Bemessungsgrundlage A: 369.109,00 €
Bemessungsgrundlage nach Prüfung. 380.896,25 €

Die Differenz zwischen der Bemessungsgrundlage A und der Bemessungsgrundlage nach Prüfung betrage 11.787,25 €.

Daher sei dieser Wert zur Bemessungsgrundlage vor Prüfung addiert worden und ergebe in Summe 324.240,25 €.

Der Differenzbetrag in Höhe von 11.787,25 € teile sich laut Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO wie folgt auf:

Aufwandsentschädigung 3.643,20 €
Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kfz 144,05 €
Sonstige Sachbezugswerte 8.000,00 €

Die Differenz zwischen der Bemessungsgrundlage vor Prüfung und der Bemessungsgrundlage A betrage 56.656,00 € (Kommunalsteuerbetrag: 1.699,68 €) und werde in den Aufstellungen zum Jahr 2014, welche mit E-Mail vom im Auftrag der Beschwerdeführerin übermittelt worden seien (AS 73-120), damit erklärt, dass diese die ***3*** GmbH betreffe. Mit gleicher E-Mail sei auch eine Kommunalsteuererklärung der ***3*** GmbH für das Jahr 2014 mit einem Abgabenbetrag in Höhe von 1.699,68 € übermittelt worden.

Nach Einsichtnahme in das Abgabenkonto der ***3*** GmbH habe festgestellt werden können, dass der Betrag in Höhe von 1.699,68 €der Behörde gegenüber erklärt und entrichtet worden sei. Auf die Beilage werde verwiesen.

Daher sei dieser Betrag in Höhe von 56.656,00 € nach Ansicht der Behörde von der vom Prüforgan übermittelten Bemessungsgrundlage nach Prüfung der Beschwerdeführerin für das Jahr 2014 abzuziehen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine deutsche im Straßenbau tätige Aktiengesellschaft.

Im Anschluss an eine bei der Beschwerdeführerin vom Finanzamt ***2*** durchgeführte gemeinsame Prüfung (GPLA) wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom den im Bericht über die GPLA vom getroffenen Feststellungen Rechnung tragend Kommunalsteuer für 2011 bis 2014 festgesetzt.

Aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen ist davon auszugehen, dass im Jahr 2019 keine die Kommunalsteuer der Jahre 2011 bis 2014 betreffende nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt wurden.

Betreffend Kommunalsteuer für das Jahr 2014 wurde der von der Beschwerdeführerin erklärten Bemessungsgrundlage Arbeitslöhne in Höhe von insgesamt 11.787,25 € wie folgt hinzugerechnet:

Aufwandsentschädigung 3.643,20 €
Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kfz 144,05 €
Sonstige Sachbezugswerte 8.000,00 €

Die sich daraus ergebende Nachforderung beträgt 353,62 €, und wurde von der Beschwerdeführerin bereits entrichtet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen sowie dem Schriftsatz vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

a. Betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei der Kommunalsteuer fünf Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Gemäß § 11 Abs. 1 KommStG 1993 entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonates, in dem Lohnzahlungen gewährt, Gestellungsentgelte gezahlt oder Aktivbezüge ersetzt worden sind.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt gemäß § 209 Abs. 3 BAO spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.

Die sogenannte absolute Verjährungsfrist ist weder verlängerbar noch hemmbar.

Der Abgabenanspruch für die Jahre 2011 und 2012 entstand in den einzelnen Monaten der beiden Jahre, weshalb mit Ende der Jahre 2021 (für 2011) bzw. 2022 (für 2012) für alle Monate der Jahre 2011 und 2012 absolute Verjährung eingetreten ist. Einer Abgabenfestsetzung im Jahr 2023 stand daher jedenfalls die absolute Verjährung entgegen.

Da der Abgabenanspruch gemäß § 11 Abs. 1 KommStG 1993 mit Ablauf des jeweiligen Kalendermonats entsteht, in dem Lohnzahlungen gewährt, Gestellungsentgelte gezahlt oder Aktivbezüge ersetzt worden sind, waren auch die Abgabenansprüche hinsichtlich der in den Monaten Jänner bis März 2013 gewährten Löhne im April 2023 bereits absolut verjährt.

Hinsichtlich der Monate April bis Dezember 2013 endete die absolute Verjährungsfrist erst nach dem . Diesbezüglich ist daher eine Überprüfung hinsichtlich der Verjährungsfrist im Sinne der § 207 Abs. 2 BAO und § 209 Abs. 1 BAO erforderlich.

Die Verjährungsfrist für die Kommunalsteuer 2013 endete gemäß § 207 Abs. 2 BAO mit Ende des Jahres 2018. Da 2018 durch die GPLA Unterbrechungshandlungen gesetzt wurden, verlängerte sich die Verjährungsfrist um ein Jahr - bis Ende 2019.

Im Jahr 2109 wurde lediglich eine allgemeine Information über das neue Bankkonto der belangten Behörde ohne jeglichen Bezug auf die Kommunalsteuer 2013 an die Beschwerdeführerin versendet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs setzt allerdings die Verlängerung der Verjährungsfrist die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl. ; , 2001/16/0364; , 2002/16/0027; , 2008/15/0090; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 209 Rz 3).

Da der gegenständlichen Aussendung eine Geltendmachung eines Abgabenanspruches aber nicht entnommen werden kann, konnte dadurch keine weitere Fristverlängerung bewirkt werden. Die Verjährungsfrist endete somit mit Ende 2019.

Auch wenn- wie die belangte Behörde dargelegt hat - in den Jahren 2020 bis 2022 mit den Anfragen beim Finanzamt ***2*** Verlängerungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurden, konnte der bereits Ende 2019 eingetretene Ablauf der Verjährungsfrist damit nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Für 2014 ergibt sich die Problematik im Hinblick auf die 2018 sowie 2020 bis 2022 gesetzten Verlängerungshandlungen nicht.

b. Betreffend Kommunalsteuer für 2014

Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Gemäß § 7 Abs. 1 KommStG 1993 unterliegt das Unternehmen der Kommunalsteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten. Werden laufende Bezüge für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt, ist die Kommunalsteuer bis zum 15. Februar abzuführen.

Wird kein selbstberechneter Betrag der Abgabenbehörde bekannt gegeben oder erweist sich die Selbstberechnung als nicht richtig, hat gemäß § 11 Abs. 3 zweiter Satz KommStG 1993 die Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid zu erfolgen. Von der Erlassung eines solchen Abgabenbescheides kann gemäß § 11 Abs. 3 dritter Satz KommStG 1993 abgesehen werden, wenn der Steuerschuldner nachträglich die Selbstberechnung binnen drei Monaten ab Einreichung der Abgabenerklärung berichtigt; erweist sich die Berichtigung als nicht richtig, hat die Gemeinde einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen.

Gemäß § 201 Abs. 4 BAO kann innerhalb derselben Abgabenart die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Festsetzungsbescheide gemäß § 11 Abs. 3 KommStG 1993 sind Abgabenbescheide.

Sie haben daher im Spruch jene Bestandteile zu enthalten, die sich aus den § 93 Abs. 2 BAO und § 198 Abs. 2 BAO ergeben. Solche Bescheide haben die gesamte Abgabe festzusetzen, nicht nur die Abgabenhöhe (Nachforderung), um die sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 201 Rz 42 und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.

Die Argumentation der belangten Behörde, insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung, ist daher zutreffend. Die belangte Behörde musste im Kommunalsteuerbescheid weder die Höhe der Nachforderung anführen noch Angaben über die Fälligkeitszeitpunkte machen, die jedenfalls vor Erlassung des Kommunalsteuerbescheides lagen. Die von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken sind daher unzutreffend.

Im Hinblick auf die im Schreiben vom dargelegten Umstände wäre es aber durchaus im Sinne beider Parteien gelegen, wenn die belangte Behörde jene Umstände dargelegt hätte, die zu einer Nachforderung geführt haben, und dabei jene Beträge angeführt hätte, um die sich sowohl die Bemessungsgrundlagen als auch die Abgabe erhöht haben.

Soweit sich die Beschwerdeführerin jedoch sorgt, bereits entrichtete Abgaben ein zweites Mal entrichten zu müssen, wäre es ihr jedenfalls freigestanden, einen Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO zu beantragen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die gegenständlichen Fragestellungen der Verjährung sowie der Abgabenfestsetzung bereits aus dem Gesetz ergeben, war die Unzulässigkeit der ordentliche Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 11 Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 3 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400050.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at