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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2024, RV/2100543/2022

§ 19 Abs. 1 EStG 1988: Kein Zufluss von Einnahmen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) abgeändert. Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2019 festgesetzt mit: 8.456,00 Euro (bisher: 8.883,00 Euro).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Beschwerdezeitraum 2019 Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit und brachte die Einkommensteuererklärung 2019 elektronisch am ein. Der Bf. erklärte darin u.a. im Abschnitt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit "2" inländische gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen.

Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid 2019 und setzte die Einkommensteuer iHv. 8.456,00 Euro fest.
Im Abschnitt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden als bezugsauszahlende Stellen angeführt:
Insolvenz-Entgelt-Fonds
Unt.1
Unt.2
Österreichische Gesundheitskasse
Bauarbeiter- Urlaubs-u. Abfertigungskasse

Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2019 wieder auf und begründete dies damit, dass "es nachträglich eine oder mehrere der folgenden Änderungen gegeben hat:
- Ein Lohnzettel wurde berichtigt oder neu übermittelt
- Eine Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe wurde berichtigt oder neu übermittelt.
Die nähere Begründung finden Sie im neuen Einkommensteuerbescheid.
"

Im neuen Sachbescheid (Einkommensteuer 2019), ebenfalls datiert , setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer neu mit 8.883,00 Euro (Nachforderung iHv. 427,00 Euro) fest.
Im Abschnitt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden neben den bereits im Erstbescheid vom angeführten bezugsauszahlende Stellen zusätzlich erfasst:
"Y. Vornamen". Die steuerpflichtigen Bezüge wurde mit 1.751,73 Euro angegeben.
Zur Begründung wurde ausgeführt:
"... Wir haben nachträglich Informationen zu Lohnzettelangaben oder Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe erhalten. Die Beträge finden Sie in der Aufstellung."

Dr Bf. erhob mit Schreiben vom über FinanzOnline Beschwerde "bezüglich der Wiederaufnahme der Einkommensteuererklärung von 2019 mit Bescheidzustellung vom ." Es sei angeblich ein Arbeitgeber mittels L16 Formular gemeldet worden, aber der Bf. sei niemals bei der Firma Q.Y. [Anm. BFG: korrekte und in Folge verwendete Schreibweise des Vornamens: Q.] beschäftigt gewesen und darüber hinaus hätte er keine Gehaltsauszahlung von dieser Stelle erhalten, weshalb er dafür auch keine Steuern bezahlen werde. Der richtige Arbeitgeber sei das Einzelunternehmen Frau X. gewesen und diese sei in die Insolvenz gegangen, weshalb der Insolvenzfond sein Gehalt übernommen und dieser auch die L16 dafür eingereicht hätte. Aus diesem Grund würde er bitten den bisherigen Bescheid von 2020 wieder herzustellen und den Arbeitgeber (Q.Y.) und deren eingereichte L16 zu löschen da dies keinem Dienstverhältnis zugrundeliege.

Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde gegen den Sachbescheid (Einkommensteuerbescheid 2019) ab, da es lt. aktueller Aktenlage berufliche Verflechtungen zwischen Frau X. und Frau Y. gebe und der Lohnzettel vom Insolvenzverwalter eingegeben worden sei, weshalb der Lohnzettel nur von diesem storniert werden könne. Der Bf. möge sich daher an den Insolvenzverwalter wenden.

Der Bf. brachte mit den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen ein (Vorlageantrag). Er habe sich mit dem Bescheid vom auseinandergesetzt und den Masseverwalter von der Einzelunternehmerin Frau X. Vorname kontaktiert, Rechtsanwalt / Insolvenzverwalter RA Adr.RA. Nach einem Gespräch am mit dem Masseverwalter habe dieser vermeint, dass er gar keinen Jahreslohnzettel (L16) beim Finanzamt eingereicht hätte. Durch das Insolvenzgericht sei der Masseverwalter bereits seiner Aufgabe enthoben worden, weshalb dieser dem Grunde nach gar keine Befugnisse mehr habe. Die einreichende Stelle war Y.Q. (Einzelunternehmen). Leider lasse sich diese Firma oder Person nicht ausfindig machen. Aus diesem Grund sei es auch nicht seine Aufgabe hier kostspielige Nachforschungen anzustellen. In seinem Fall gelte die Frau Einzelunternehmerin Frau X. Vorname als rechtmäßiger Arbeitgeber im Jahr 2019. Diese Dame sei im Jänner 2020 in den Konkurs (Antragsteller war ÖGK) gegangen. Dieses Unternehmen sei nicht weitergeführt bzw. saniert worden und daher könne dieses Unternehmen gar nicht an den Herrn [Anm. BFG: korrekt: Frau] Y. (Einzelunternehmen) übertragen worden sein. Ob es Verflechtungen zwischen den beiden Unternehmen gebe oder gegeben habe könne er als natürliche Person in diesem Fall nicht beurteilen, aber sei für seinen Fall gänzlich uninteressant da der Masseverwalter alleine diese Entscheidungen durchführen habe dürfen, aber er hier keine Handlungen gesetzt habe. Diese Forderung von Frau X. Vorname sei an den Insolvenzfond abgetreten worden, welcher auch bereits sein ausstehendes Gehalt überwiesen habe und dadurch sei es uninteressant was eine Person einreiche zu der er keinen Bezug habe. Sämtliche Zahlungen die er in diesem Zusammenhang erhalten habe, sei vom Insolvenzfond ausbezahlt und auch das Formular L16 beim Finanzamt eingereicht worden. Die Folgeeingabe durch Y.Q. entsage jeder Rechtsgrundlage, weshalb er um Löschung der L16 von Y.Q. ersuche.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde auch die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens ab und begründete dies damit, dass aufgrund des rechtskräftigen Zahlungsbefehles xyz des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht und dem anschließenden Lohnabgabenprüfverfahren durch die ÖGK ein neuer Lohnzettel übermittelt worden sei.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom wurde kein Vorlageantrag eingebracht.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht unter Punkt Stellungnahme aus: Aufgrund der vom GPLB-Prüforgan Frau J.J. (ÖGK) vorgelegten Unterlagen (rechtskräftiger Zahlungsbefehl xyz) und des in weiterer Folge ausgestellten Lohnzettels für den Bf., der zur automatischen Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2019 geführt habe, werde an der Abweisung der Beschwerde festgehalten.

Das Bundesfinanzgericht erließ zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit an die Verfahrensparteien Vorhalteschreiben. Die belangte Behörde wurde aufgefordert darzustellen, aufgrund welcher konkreten Feststellungen die belangte Behörde davon ausgeht, dass der Bf. Dienstnehmer von Frau Y.Q. und nicht von Frau Vorname X. gewesen ist. Zudem wurde gefragt, ob bei Frau X. Vorname ebenfalls eine GPLA-Prüfung durchgeführt wurde.
Der Bf. wurde gefragt wie und durch wen die Kontaktaufnahme mit Frau Vorname X. erfolgte, wie er sich mit Frau Vorname X. verständigt habe, wie bzw. mit wem die Arbeitsaufgaben besprochen wurden und ob es schriftliche Aufzeichnungen über das Arbeitsverhältnis zwischen dem Bf. und Frau Vorname X. und/oder mit Frau Y.Q. gibt.

Der Bf. brachte mit Antwortschreiben vom vor, er habe im Jahr 2019 in Zeitungen inseriert, dass er die Gewerbeberechtigung für die Überlassung von Arbeitskräften frei hätte. Daraufhin habe sich Frau Vorname X. bei ihm telefonisch gemeldet und sie hätten sich ein Vorstellungsgespräch ausgemacht und wie der Ablauf einer weiteren Zusammenarbeit sein könnte. Nach einigen verstrichenen Tagen bzw. Wochen habe sich Frau Vorname X. wieder telefonisch bei ihm gemeldet. Sie hätten sich dann auf ein Gehalt geeinigt und den Dienstantritt terminisiert. Frau Vorname X. spreche auf jeden Fall sehr gut Deutsch. Sämtliche Aufgaben in diesem Dienstverhältnis seien von hier delogiert [Anm. BFG: Gemeint wohl: von ihr delegiert] worden. Der Bf. wisse nicht, in welchem Verhältnis Frau Y.Q. zu Frau Vorname X. stünde, aber erstmalig sei ihm dieser Name aufgefallen als rechtlicher Vertreter bzw. Vertreterin im Insolvenzverfahren vor dem Landesgericht Salzburg zu Aktenzeichen zzz. Jedenfalls sei die Insolvenz gegenüber Frau Vorname X. eröffnet und im Insolvenzverfahren über ihre Insolvenz verhandelt worden.
Der Bf. könne sich leider nicht mehr genau erinnern ob der Dienstvertrag mündlich oder schriftlich abgeschlossen worden sei, es sei aber jedenfalls zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart worden. Die Klage sei beim zuständigen Arbeit und Sozialgericht in Graz eingeklagt und nach Nichtzahlung bzw. fehlendem Einspruch sei der bedingte Zahlungsbefehl rechtskräftig geworden. Nach geführter Exekution sei keine Zahlung geleistet worden. Der Bf. habe weder von einer Vorname X. bzw. noch von einer Y.Q. eine Gehaltsauszahlung erhalten.
Abschließend könne gesagt werden, dass er als seinen Arbeitgeber in diesem Dienstverhältnis - Frau Vorname X. - angeben könne. Daher kenne er auch nur Frau Vorname X. und nicht Y.Q.. Dies spiegle sich auch wieder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor dem Landesgericht Salzburg, Klage beim Arbeit und Sozialgericht Graz und die geführte Exekution. Seine Forderungen seien auf den Insolvenzfond übergegangen, welche hier dann auch den Jahreslohnzettel eingebracht hätten. Ein Geld habe er nur aus dem Insolvenzentgelt-Fond erhalten, weshalb jeder eingereichte weitere Jahreslohnzettel zweck fehlender Auszahlung durch die GPLA-Prüfung bzw. den Insolvenzverwalter wieder zu stornieren gewesen wäre bei Frau Vorname X. bzw. und / oder Y.Q.. Der zuständige Masseverwalter habe vermeint hier keine Möglichkeit zu sehen, denn Jahreslohnzettel von Frau Y.Q. zu stornieren und das zuständige Finanzamt wäre hier zuständig dies zu berichtigen.
Als Beilagen legte der Bf. vor:
- Den Beschluss des LG Salzburg als Insolvenzgericht in der Konkurssache Vorname X. vom , Gz zzz, nach dem der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gem. § 123a IO aufgehoben wurde[BFG-Akt OZ 30, S. 6 und 7],
- einen Auszug aus der Insolvenzdatei vom betr. Konkursverfahren Vorname X. [BFG-Akt OZ 30, S. 11],
- den Auszug aus dem Anmeldeverzeichnis in der Konkurssache Vorname X., vertreten durch Q.Y., LG Salzburg als Insolvenzgericht zu Gz zzz vom [BFG-Akt OZ 30, S. 5],
- die Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution durch das BG Salzburg, Gz yyy, verpflichtete Partei Vorname X., vom [BFG-Akt OZ 30, S. 8 - 10],
- die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom [BFG-Akt OZ 30, S. 4],
- einen FinanzOnline-Auszug betr. Datenübermittlung Lohnzettel/Meldungen/Mitteilungen für 2019 vom [BFG-Akt OZ 30, S. 12 und 13].

Die belangte Behörde übermittelte mit Anbringen vom eine E-Mail-Korrespondenz zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse und der belangten Behörde. Daraus ist ersichtlich, dass für Frau X. keine Steuernummer vergeben worden sei, da sie eine vorgeschobene Unternehmerin gewesen sei. Das Strafverfahren wegen § 153 (d) StGB gegen X. Vorname sei eingestellt worden, da es eine Verantwortungsübernahme der faktischen Geschäftsführerin Q.Y. gegeben habe.
Das SV-Beitragskonto "X. Vorname" sei daher mit der Steuernummer von Frau Y.Q., faktische Geschäftsführerin, verknüpft worden. Frau Y. sei vom Landesgericht Salzburg nach § 153d Abs. 1 und Abs. 3 StGB verurteilt worden.
Im einem beigefügten Aktenvermerk "zur Neuaufnahme X. Vorname" wird u.a. über die Niederschrift, welche anläßlich des Risikoantrittsbesuch vom mit Frau Y.Q. (Tante von Frau X.) als Auskunftsperson aufgenommen wurde, Aussagen von Frau Y. wiedergegeben. Frau Y. gab u.a. an, dass ihre Aufgaben sei, alle Dinge zu erledigen, welche in deutscher Sprache abgewickelt werden müssten, da Frau X. der deutschen Sprache nicht mächtig sei.

Auf Nachfrage durch das Bundesfinanzgericht gab der Bf. in einer E-Mail-Mitteilung vom bekannt, dass er mit Frau X. Vorname persönlich und telefonisch gesprochen habe.

Die belangte Behörde reichte mit weiterer Eingabe vom das Urteil des Landesgericht Salzburg vom , Zahl ccc, btr. Frau Y., nach. Aus der dortigen Sachverhaltsdarstellung ist u.a. ersichtlich, dass Frau Y. in der Zeit von Juli 2019 bis November 2019 faktische Geschäftsführerin des Einzelunternehmens "Vorname X. ABM Personaldienste" war. Unternehmensgegenstand dieses Einzelunternehmens war Personalleasing. Frau Y. entschied über die Annahme von Aufträgen und führte auch Verhandlungen mit zukünftigen Auftraggebern. Darüber hinaus traf sie auch Entscheidungen über die Einstellung von Mitarbeitern. Im Zeitraum Juli 2019 bis Oktober 2019 führte die Angeklagte die Anmeldung von 59 Personen zur Sozialversicherung durch oder ließ diese durchführen. Die für diese Mitarbeiter auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge, ausgenommen einer einmaligen Zahlung, wurden nicht abgeführt. Im Zeitraum September 2019 bis November 2019 meldete oder ließ die Angeklagte die Beschäftigung von gesamt 61 Personen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse melden, zumal das Tätigkeitsfeld des Einzelunternehmens "Vorname X. ABM Personaldienste" sich auch auf die Vermittlung von Arbeitskräften im Baugewerbe erstreckte. Die dadurch abzuleistenden Zuschläge nach der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse wurden nicht geleistet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. erzielte im Beschwerdejahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit [BFG-Akt OZ 16, Erstbescheid 2019].

Im Zeitraum bis war er als Angestellter im Einzelunternehmen von Frau Vorname X. tätig [BFG-Akt OZ 18, Abfrage Hauptverband SV]. Das Dienstverhältnis endete durch Auflösung innerhalb der Probezeit [BFG-Akt OZ 15, Zahlungsbefehl, S. 2].

Der Bf. erhielt für seine nichtselbständige Arbeit im Zeitraum bis kein Entgelt [BFG-Akt OZ 15, Zahlungsbefehl, S. 2; OZ 30, Vorbehaltsbeantwortung, S. 2].

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht erließ mit auf Betreiben des Bf. einen bedingten Zahlungsbefehl gegen Frau Vorname X., btr. Bruttoentgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis im Zeitraum bis . Der Zahlungsbefehl wurde mit vollstreckbar [BFG-Akt OZ 15, Zahlungsbefehl].

Die Forderung wurden in Folge an den Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF, verwaltet durch die IEF Service GmbH) abgetreten, welcher den eingeforderten Gehalt an den Bf. ausbezahlte und wurde gem. § 69 Abs. 6 EStG 1988 ein Lohnzettel (§ 84 EStG 1988) an das Finanzamt übermittelt [BFG-Akt OZ 38, Lohnzettel IEF 2019].

Am wurde mit Beschluss des LG Salzburg zu Gz qqq über das Vermögen der Schuldnerin Vorname X. der Konkurs eröffnet, welcher in Folge mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gemäß § 123a IO mit Beschluss des LG Salzburg als Insolvenzgericht vom , Gz zzz, aufgehoben wurde [BFG-Akt OZ 30, Vorbehaltsbeantwortung, S. 6]. Im Insolvenzverfahren zu zzz wurde die Forderung des Bf. mit 3.921,03 Euro anerkannt und festgestellt, in weiterer Folge vom BG Salzburg am zu Gz yyy die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt [BFG-Akt OZ 30, Vorbehaltsbeantwortung, S. 8-9].

Bei der "faktischen Geschäftsführerin" des Einzelunternehmens Vorname X. ABM Personaldienste [BFG-Akt OZ 35, Strafurteil Y., S. 6], Frau Q.Y., fand eine Außenprüfung der ÖGK für den Zeitraum - statt. Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung [BFG-Akt OZ 3, NS zur Schlussbesprechung vom ; OZ 14, Nachverrechnung SV] wurde ein Lohnzettel [BFG-Akt OZ 17, Lohnzettel] von der ÖGK erstellt und an das Finanzamt übermittelt. Frau Y. wurde in Folge mit Urteil vom , Gz ccc, nach § 153d Abs. 1 und Abs. 3 zweiter Fall StGB schuldig gesprochen [BFG-Akt OZ 35, Strafurteil Y.].

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren Einkommensteuer 2019 des Bf. wiederaufgenommen und ein neuer Sachbescheid erlassen. Aufgrund des zusätzlichen Lohnzettels wurden steuerpflichtige Bezüge iHv. 1.751,73 Euro ausgewiesen und ergab sich daraus eine Nachforderung von 427,00 Euro [BFG-Akt OZ 1 und 2, Bescheide]. Gegen den neuen Einkommensteuerbescheid 2019 wurde vom Bf. Beschwerde erhoben und nach abweisender Beschwerdevorentscheidung der Vorlageantrag eingebracht.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerde vom btr. den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2019 wurde kein Vorlageantrag eingebracht und erwuchs dieser daher in Rechtskraft.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im Akt einliegenden Unterlagen - insbesondere auf der Abfrage Hauptverband SV, dem Zahlungsbefehl des LGZ Graz als Arbeits- und Sozialgericht und dem Strafurteil des LG Salzburg vom . Die genannten Urkunden und Schriftstücke stellen Beweismittel gem. § 166ff BAO dar und liegen diese der rechtlichen Würdigung des Bundesfinanzgerichts zugrunde.

Zur Frage, mit wem der Bf. Kontakt hatte (Frau Vorname X. oder Frau Q.Y.) ist auszuführen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (, mwN).
Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (, mwH).
Zwar besteht diese Bindung nur hinsichtlich jener Personen, denen gegenüber das Strafurteil ergangen ist - im Beschwerdefalls also gegenüber Frau Y. -, nicht aber gegenüber Dritten (, mwH), allerdings, ist das Strafurteil ccc des LG Salzburg vom betr. Frau Y. für das gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevant, da durch den Spruch die Tatsache festgestellt wurde, dass Frau Y. im Zeitraum Juli bis November 2019 "faktische Geschäftsführerin des Einzelunternehmens, Vorname X. ABM Personaldienste'" war [BFG-Akt OZ 35, Strafurteil, S. 1].
Der Bf. argumentiert, dass er bei Frau X., nicht bei Frau Y. beschäftigt gewesen sei und begründet dies damit, dass er immer nur mit Frau X. in Kontakt gewesen sei.
Die Aussage des Bf., dass Frau Vorname X. sehr gut Deutsch spreche [BFG-Akt OZ 30, Vorbehaltsbeantwortung, S. 2] und er mit ihr persönlich und telefonisch gesprochen habe [BFG-Akt OZ 33, E-Mail Bf.] ist für das Bundesfinanzgericht glaubwürdig und sprechen folgende Umstände dafür, dass der Bf. davon ausgehen konnte, dass Frau X. als Dienstgeberin aufgetreten ist:
Aus den Strafurteil und der Niederschrift der Finanzpolizei mit der Auskunftsperson Q.Y. vom geht klar hervor, dass Frau Y. über die Annahme von Aufträgen entschied, Verhandlungen mit zukünftigen Auftraggebern führte, Entscheidungen über die Einstellung von Mitarbeitern traf [BFG-Akt OZ 35, Strafurteil, S. 3] und alle Dinge erledigte, welche in deutscher Sprache abgewickelt werden mussten, da Frau X. der deutschen Sprache nicht mächtig sei [BFG-Akt OZ , Niederschrift Finanzpolizei mit Frau Y., S. 3]. Zudem gab sich Frau Y. bei einer telefonischen Kontaktaufnahme am durch die belangte Behörde als Frau X. am Telefon aus, bzw. gab sich nicht als Frau Y. zu erkennen [BFG-Akt OZ 31, Aktenvermerk, S. 5].
Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. im Glauben mit Frau X. zu sprechen tatsächlich Kontakt mit Frau Y. hatte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

A. Verfahrensrechtliche Beurteilung der Beschwerde:

Der Bf. brachte am über FinanzOnline die "Beschwerde gem. § 243 BAO- Einkommensteuer 2019" vom ein. In der Begründung führte der Bf. aus, dass er Rechtsmittel "bezüglich der Wiederaufnahme der Einkommensteuererklärung von 2019" einlege und beantragte er "den bisherigen Bescheid von 2020 wieder herzustellen".
Ein Vorlageantrag wurde am gegen die Beschwerdevorentscheidung btr. Einkommensteuer 2019, nicht aber gegen die Beschwerdevorentscheidung btr. Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht. Im Vorlageantrag wurde abschließend ausgeführt: "Würde Sie bitten die L16 von Y. Vornamen löschen".

Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (). Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (zB ).

Der Bf. ist unvertreten und entsprechend der Verwaltungsgerichtshof-Judikatur ist die Parteierklärungen nach dem objektiven Erklärwert auszulegen. Der Bf. führt zwar in der Beschwerdebegründung die "Wiederaufnahme der Einkommensteuererklärung 2019" an, allerdings ergibt sich aus der weiteren Begründung und in Folge aus dem Vorlageantrag, dass der Bf. die vorgenommene Änderung im Sachbescheid vom (Einspielung eines weiteren Lohnzettels aufgrund eines vermeintlich weiteren Dienstverhältnisses) bekämpft. Entsprechend wurde vom Bf. auch kein Vorlageantrag btr. Wiederaufnahme eingebracht.
Das Bundesfinanzgericht sieht daher in der eingebrachten Beschwerde den Willen des Bf. auf Abänderung des bekämpften Einkommensteuerbescheids 2019 vom als gegeben an.

B. Inhaltliche Beurteilung der Beschwerde:

Beschwerdegegenständlich im wiederaufgenommenen Verfahren Einkommensteuer 2019 ist die Neufestsetzung der Einkommensteuer aufgrund des eingespielten Lohnzettels btr. Frau Q.Y. als Arbeitgeberin (im Einkommensteuerbescheid vom "Y. Vornamen" geschrieben).
Während der Bf. darauf verweist, dass er zu keiner Zeit bei Frau Q.Y. beschäftigt gewesen und daher der von dieser Arbeitgeberin eingereichte Lohnzettel nicht rechtens sei, vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dass aufgrund der Feststellungen in der Außenprüfung btr. Frau Q.Y. (u. a. Vorliegen des rechtskräftigen Zahlungsbefehls des LGZ Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom ) der neue Lohnzettel zu Recht erstellt worden sei.

Nach § 167 Abs. 2 BAO iVm. § 2a BAO haben die Verwaltungsgerichte unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung).

Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile unter anderem aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4) zufließen ().

§ 19 EStG 1988 idF BGBl I Nr 112/2011 lautet (auszugsweise):
"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1) …
2) In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:
- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,
- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie
- Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.
[…]"

Zufolge § 25 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 zählt das Insolvenz-Entgelt, das durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgezahlt wird, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Einnahmen nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Betrag ist zugeflossen, wenn der Empfänger über ihn rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann, wenn sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl. , mwN).

Für Insolvenz-Entgelt nach dem Insolvenz-EntgeltsicherungsG erfolgt abweichend die Zuordnung zu dem Jahr, für das der Anspruch besteht (vgl Peyerl in Jakom EStG14 2021, § 19 Rz 26 "Insolvenz-Entgelt"). Diese Sonderregelung will somit Bezüge den Zeiträumen zuordnen, in denen sie bei normalem Lauf der Dinge zugeflossen wären, wäre dem nicht im Insolvenzfall die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners entgegengestanden (vgl. ).

Nach § 69 Abs. 6 EStG 1988 hat die IEF Service GmbH über das ausbezahlte Insolvenz-Entgelt einen Lohnzettel auszustellen und dem Finanzamt zu übermittelt. Die ausgezahlten Bezüge sind in das Veranlagungsverfahren einzubeziehen (vgl. Ebner in Jakom EStG17 2024, § 69 Rz 11)

Im Beschwerdefall ist die Zahlung des IEF daher dem Jahr 2019 zuzuordnen und wurde ein entsprechender Lohnzettel vom IEF auch übermittelt.

Der Bf. war im verfahrensgegenständlichem Jahr 2019 im Zeitraum bis bei der Einzelunternehmerin "Vorname X. ABM Personaldienste" nichtselbständig beschäftigt. Der belangten Behörde ist zwar dahingehend zu folgen, dass nicht - wie der Bf. vermeinte - Frau X. sondern tatsächlich Frau Y. für das Unternehmen als "faktische Geschäftsführerin" aufgetreten ist, allerdings ist die Einspielung eines weiteren Lohnzettels für diesen Zeitraum aus folgenden Grund zu Unrecht erfolgt:
Würde man der Ansicht der belangten Behörde folgen, müssten dem Bf. für denselben Zeitraum, bis , sowohl vom Insolvenz-Entgelt-Fond als auch von der Einzelunternehmerin X. oder deren "faktischen Geschäftsführerin" Y. Einnahmen zugeflossen sein. Diese Einnahmen hätten eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage und der Einkommensteuer zur Folge gehabt.
Der Bf. konnte aber glaubhaft machen, dass er für den Zeitraum bis weder eine Zahlung von Frau Vorname X. als Einzelunternehmerin, noch von Frau Q.Y. als deren "faktische Geschäftsführerin" erhalten hat. Diese Aussage des Bf. wird durch die festgestellte Zahlung des Insolvenz-Entgelt-Fonds bestätigt, da bei tatsächlichen Gehaltszahlungen durch die Einzelunternehmen X., keine Entgelt-Leistung aus dem Insolvenz-Entgelt-Fond erfolgt wäre. Hinsichtlich der fehlenden Gehaltszahlung durch Frau Y. als "faktische Geschäftsführerin" ist auf die Feststellungen im Strafurteil des LG Salzburg zu Gz ccc vom zu verweisen.
Demgegenüber wurde von der belangten Abgabenbehörde außer dem nach der GPLA Prüfung eingespielten Lohnzettel kein Nachweis eines tatsächlichen Zuflusses der in diesem Lohnzettel ausgewiesenen Einkünfte erbracht.

Das Bundesfinanzgericht gelangt daher in Ausübung der freien Beweiswürdigung zur Feststellung, dass die im streitgegenständlichen Lohnzettel ausgewiesenen steuerpflichtigen Bezüge dem Bf. nicht zugeflossen sind und somit die Einkommensteuer 2019 iHv. 8.456,00 Euro festzusetzen ist (bisher laut angefochtenem Bescheid vom : 8.883,00 Euro).

Hinsichtlich der Berechnung der Einkommensteuer 2019 wird auf den Erstbescheid vom
verwiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, sondern eine nicht über den Einzelfall hinausgehende Sachverhaltsfrage, welche auf Ebene der freien Beweiswürdigung zu lösen war (§ 167 Abs. 2 BAO). Im Übrigen folgt das Erkenntnis der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

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ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100543.2022

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