Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2024, RV/7105047/2015

Zustellfiktion bei Einkünftezurechnung an einen wirtschaftlichen Eigentümer

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7105047/2015-RS1
Werden in einem Feststellungsbescheid Einkünfte einem wirtschaftlichen Eigentümer, der kein Mitglied (Gesellschafter) der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ist, zugerechnet, dann ist der Feststellungsbescheid diesem auch zuzustellen, weil die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO nicht auch für diesen wirkt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit ausgefülltem Formular vom wurde die Feststellungerklärung für das Jahr 2012 der *** B Ltd & Co KG*** eingebracht. Unterzeichnet war diese vom Beschwerdeführer als "Director" der Komplementär Gesellschaft ***D Ltd***.

Mit an ***MV*** als Masseverwalter der *** B Ltd & Co KG*** adressierter als Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2012 bezeichneter Erledigung vom wurden für das Kalenderjahr 2012 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von -106.518,99 Euro festgestellt. Weiters wurde festgestellt, dass bei der Veranlagung des (beteiligten) Steuerpflichtigen ***XY*** 0,00 Euro und bei der Veranlagung des (beteiligten) Steuerpflichtigen ***Bf1*** -106.518,99 Euro zu berücksichtigen seien. Es wurde im Bescheid darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet würden (§ 191 Abs. 3 BAO) wirke. Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gelte die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).

Gegen diese Erledigung erhob die Masseverwalterin Beschwerde, in welcher unter anderem ausgeführt wurde, der Bescheid sei ihr am zugestellt worden. Auf Wunsch des Beschwerdeführers erhebe sie Beschwerde. Der Verlustanteil sei ***XY*** zuzurechnen, der Beschwerdeführer sei kein Gesellschafter, sondern die ***D Ltd***.

Mit dem angefochtenen an den Beschwerdeführer adressierten Bescheid vom setzte die belangte Behörde in Abänderung des (Erst-)Bescheides vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO die Einkommensteuer 2012 mit einer Gutschrift in der Höhe von 2.758,00 Euro fest. Das Einkommen für das Jahr 2012 betrage - 67.402,84. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Änderung gemäß § 295 BAO sei aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen der belangten Behörde zur Steuernummer ***Nr*** (Anmerkung das ist die Steuernummer der *** B Ltd & Co KG***) vom erfolgt.

Mit Schreiben vom (bei der belangten Behörde eingelangt am ) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Begründend führte er aus, er habe im Jahr 2012 keinen Verlust gehabt und sei auch an keiner Gesellschaft beteiligt gewesen, die im Jahr 2012 einen Verlust gehabt habe. Er könne sich jedenfalls nicht vorstellen, woher das Guthaben resultiere.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer für das Jahr 2012 mit einer Gutschrift in der Höhe von 102,00 Euro festgesetzt wurde. Begründend wurde dargelegt, entsprechend den Feststellungen der für die einheitliche und gesonderte Feststellung der *** B Ltd & Co KG*** zuständigen Abgabenbehörde sei der Beschwerdeführer wirtschaftlicher Eigentümer, weshalb die Verlustzurechnung an ihn erfolgt sei. Die diesbezüglichen Feststellungen seien gemäß § 252 BAO nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid anfechtbar. Bei Überprüfung sei jedoch festgestellt worden, dass von der oben genannten Miteigentümergemeinschaft ein Lohnzettel zu Unrecht übermittelt worden sei (keine nicht-selbstständigen Einkünfte, sondern betriebliche), weshalb dieser aus den Steuerbemessungsgrundlagen ausgeschieden worden sei.

Mit als Vorlageantrag zu wertendem Schreiben vom (eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag) erhob der Beschwerdeführer "Beschwerde" gegen die Beschwerdevorentscheidung vom . Begründend führte er aus, er sei nicht wirtschaftlicher Eigentümer der *** B Ltd & Co KG*** und sei dies auch nicht gewesen. Wenn behauptet werde, ein Lohnzettel sei zu Unrecht übermittelt worden, entspreche dies nicht den Tatsachen, weil er als Geschäftsführer für die Firma tätig und bei der Wiener Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen sei. Es werde die ursprüngliche Veranlagung beantragt.

Mit an ***MV*** als Masseverwalter der *** B Ltd & Co KG*** adressierter als Beschwerdevorentscheidung bezeichneter Erledigung vom wurde der Bescheid über die Feststellung von Einkünften 2012 gemäß § 188 BAO vom geändert. Die im Kalenderjahr 2012 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit -55.217,91 Euro festgestellt. Es wurde weiters festgestellt, dass bei der Veranlagung des (beteiligten) Steuerpflichtigen ***XY*** 0,00 Euro und bei der Veranlagung des (beteiligten) Steuerpflichtigen ***Bf1*** -55.217,91 Euro zu berücksichtigen seien. Es wurde ausgeführt, dass die Begründung zu diesem Bescheid gesondert ergehen werde. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass dieser Bescheid gegen alle Beteiligte wirke, denen Einkünfte zugerechnet würden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gelte die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)

In der gesonderten ***MV*** als Masseverwalter der *** B Ltd & Co KG*** adressierten Begründung wurde unter anderem dargelegt, das Unternehmen *** B Ltd & Co KG*** habe im Dezember 2013 seine Tätigkeit wieder eingestellt. Laut Firmenbuch seien an der *** B Ltd & Co KG*** als unbeschränkt haftenden Gesellschafterin die ***D Ltd*** und als Kommanditist ***XY*** beteiligt. Die Komplementärin habe ihren Sitz in London, sei im November 2014 gegründet und im August 2014 im Handelsregister (Companies House) gelöscht worden. Im Mai 2014 sei gegen das Unternehmen *** B Ltd & Co KG*** Konkurs eröffnet und infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden. Als Massevetreterin fungiere ***MV***. Aufgrund der Nachschau im November 2014 durch die Abgabenbehörde sei festgestellt worden, dass der wirtschaftliche Eigentümer der *** B Ltd & Co KG*** der Beschwerdeführer sei. Im Zuge der Veranlagung der Feststellungserklärung 2012 sei dieser Umstand entsprechend berücksichtigt und dem Beschwerdeführer seien 100 % der Einkünfte der *** B Ltd & Co KG*** zugeteilt worden. Dem Kommanditisten seien keine Einkünfte zugeteilt worden.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde mit, dass der Bescheid "Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2012" vom , die Beschwerdevorentscheidung über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2012 vom sowie die Bescheidbegründung zu der zuvor genannten Beschwerdevorentscheidung vom an die Masseverwalterin zugestellt worden seien. Eine gesonderte Zustellung an den Beschwerdeführer sei laut Aktenlage nicht erfolgt. Aufgrund der Beschwerde der *** B Ltd & Co KG*** gegen den Bescheid vom sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer und dessen steuerlicher Vertreter über den Bescheid vom informiert gewesen seien. Als Beweis dafür wurde die Beschwerde vom vorgelegt. Weiters legte die belangte Behörde einen Auszug aus der Insolvenzdatei vom , einen Aktenvermerk der Masseverwalterin vom und zwei Berichte der Insolvenzverwalterin (vom und vom vor).

Auf Nachfrage teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom mit, seines Wissens hätte er keine Feststellungsbescheide vom und vom bekommen. Auch die Bescheidbegründung vom sei ihm nicht zugestellt worden.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung zur Entscheidung über die Beschwerde gründet auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom . Die Umverteilung trat mit in Kraft.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***Datum1*** wurde über die *** B Ltd & Co KG*** mit Sitz in Wien der Konkurs eröffnet. Am ***Datum4*** wurde die *** B Ltd & Co KG*** amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht.

Im Firmenbuch scheinen als unbeschränkt haftende Gesellschafterin die ***D Ltd*** und als Kommanditist ***XY*** auf. Der Beschwerdeführer ist weder Komplementär noch Kommanditist der *** B Ltd & Co KG***.

Im Konkurs der *** B Ltd & Co KG*** wurde ***MV*** als Masseverwalterin bestellt.

Die als Bescheid bezeichnete Erledigung vom über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012 betreffend die *** B Ltd & Co KG*** wurde an die Masseverwalterin gerichtet und dieser zugestellt. An den Beschwerdeführer wurde der Bescheid nicht zugestellt. Der Bescheid enthielt folgenden Hinweis:

"Dieser Bescheid wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)."

In dem Bescheid wurden dem Kommanditisten keine Einkünfte (0,00 €) und dem Beschwerdeführer wurden Einkünfte in der Höhe von -106.518,99 Euro zugerechnet.

Der angefochtene Bescheid vom stützte sich auf § 295 Abs. 1 BAO und erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen der belangten Behörde vom .

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen auf den Verwaltungsakten, insbesondere dem Firmenbuchauszug vom , dem Auszug aus der Insolvenzdatei vom , dem Feststellungsbescheid vom , der Mitteilung der belangten Behörde vom sowie der Mitteilung des Beschwerdeführers vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Der angefochtene Bescheid vom wurde auf Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO erlassen und änderte den an den Beschwerdeführer gerichteten Einkommensteuerbescheid vom . Die Änderung gemäß § 295 BAO wurde auf den Feststellungsbescheid vom gestützt.

Eine auf § 295 Abs. 1 BAO gestützte Abänderung eines Abgabenbescheides ist rechtswidrig, wenn es sich bei einer als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung um einen "Nichtbescheid" handelt. In einer solchen Konstellation wäre der gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Bescheid im Falle seiner Bekämpfung mit Beschwerde aufzuheben (vgl. ).

Im Beschwerdefall ist daher zunächst zu klären, ob die als Feststellungsbescheid intendierte Erledigung vom , die der Änderung des angefochtenen Bescheides zu Grunde lag, wirksam erlassen wurde.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Nach § 191 Abs. 3 BAO wirken Feststellungbescheide (§ 188 BAO) gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung noch vor der Änderung durch das Abgabenänderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 110/2023, sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) tritt die Wirksamkeit eines Feststellungsbescheides nur ein, wenn der Bescheid in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnet (§ 191 Abs. 1 lit. c BAO bzw. § 191 Abs. 2 BAO iVm § 93 Abs. 2 BAO), der Bescheid seinem Adressaten (im Wege eines Vertreters nach § 81 BAO) zugestellt wurde und der Bescheid allen Personen, denen (gemeinschaftliche) Einkünfte zugerechnet werden, kraft Zustellfiktion (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO) als zugestellt gilt oder zugestellt wurde (§ 97 Abs. 1 BAO).

Im Beschwerdefall wurden in der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung vom dem Beschwerdeführer Einkünfte zugerechnet, weil es sich bei ihm nach Ansicht der belangten Behörde um den wirtschaftlichen Eigentümer der *** B Ltd & Co KG*** handelte.

Damit ein Feststellungsbescheid, die ihm nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO zukommende Wirkung entfalten kann, muss er den betreffenden Personen nach § 97 Abs. 1 BAO zugestellt sein oder als zugestellt gelten (vgl. ). Im Beschwerdefall ist daher zu klären, ob die als Feststellungsbescheid intendierte Erledigung vom dem Beschwerdeführer zugestellt wurde oder ob die Erledigung ihm gegenüber aufgrund der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO als zugestellt gilt.

Nach den übereinstimmenden Ausführungen der belangten Behörde und des Beschwerdeführers hat eine Zustellung an den Beschwerdeführer nicht stattgefunden.

Die Zustellung der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung vom erfolgte an die Masseverwalterin der *** B Ltd & Co KG***. Die Erledigung enthielt einen Hinweis, wonach dieser Bescheid gegen alle Beteiligten wirkt, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO) sowie, dass mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO) gilt.

Es ist daher zu beurteilen, ob die in § 101 Abs. 3 BAO normierte Zustellfiktion auch den Beschwerdeführer erfasst hat und daher die Erledigung vom auch an den Beschwerdeführer als zugestellt gilt.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO wirkt die Zustellfiktion für alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft ("… gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personengemeinschaft oder Personenvereinigung als vollzogen…").

Aus § 81 Abs. 1 BAO und § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergibt sich, dass unter den Mitgliedern der Personengemeinschaft oder Personenvereinigung deren Gesellschafter zu verstehen sind.

Gemäß § 161 Abs. 1 UGB sind die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft die Komplementäre und die Kommanditisten.

Im Beschwerdefall waren die Gesellschafter der *** B Ltd & Co KG*** die ***D Ltd*** (als Komplementärin) und ***XY*** (als Kommanditist). Diese waren auch als Gesellschafter in das Firmenbuch eingetragen. Der Beschwerdeführer war nicht Gesellschafter der *** B Ltd & Co KG***.

Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen. Bereits aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass unter Gesellschafter (Mitglied) der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die "tatsächlichen" Gesellschafter (Mitglieder) und nicht Personen, denen aus steuerrechtlicher Sicht die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zu kommt, zu verstehen sind. Es kann nämlich nicht angenommen werden, dass die abgabenrechtlichen Pflichten der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wenn bestellte Geschäftsführer nicht vorhanden sind, von allfälligen wirtschaftlichen Eigentümer zu erfüllen wären. Dies wäre in der Praxis kaum handhabbar, stellt sich doch die Stellung einer Person als wirtschaftlicher Eigentümer in der Regel erst im Zuge eines Abgabenverfahrens heraus. Aufgrund der engen Verbindung zwischen den Bestimmungen des § 81 BAO und des § 101 BAO kann nicht angenommen werden, dass "Mitglied" im § 101 Abs. 3 BAO eine andere Bedeutung als "Mitglied" in § 81 BAO zukommen soll.

Die Beurteilung, dass es sich beim Beschwerdeführer um den wirtschaftlichen Eigentümer der *** B Ltd & Co KG*** handelt, führt daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht dazu, dass es sich bei diesem, um ein von der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO erfasstes Mitglied (Gesellschafter) der KG handelt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer nach den vorliegenden Verwaltungsakten der "Director" der Komplementär LTD bzw. nach seinem Vorbringen im Vorlageantrag als Geschäftsführer der *** B Ltd & Co KG*** tätig war und offenbar Kenntnis von der Erledigung vom hatte. Auch diese Umstände führen nicht zu der für die Zustellfiktion erforderliche Gesellschafterstellung (Mitgliederstellung) im Sinne des § 101 Abs. 3 BAO.

Werden daher, wie im vorliegenden Fall, in einem Feststellungsbescheid Einkünfte einem wirtschaftlichen Eigentümer, der kein Mitglied (Gesellschafter) der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ist, zugerechnet, dann ist der Feststellungsbescheid diesem auch zuzustellen, weil die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO nicht auch für diesen wirkt.

Aus diesem Grund hätte die als Feststellungsbescheid intendierte Erledigung vom , um die in § 191 Abs. 3 BAO vorgesehene Wirkung zu entfalten, auch an den Beschwerdeführer zugestellt werden müssen. Dies ist nicht geschehen.

Es ist somit eine der Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Feststellungbescheides im Beschwerdefall nicht gegeben. Dies widerspricht dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Gewinnfeststellungsverfahrens und steht der Wirksamkeit einer behördlichen Erledigung als Bescheid entgegen. Auch die eingeführten Bestimmungen des § 188 Abs. 5 BAO und § 191 Abs. 5 BAO haben - von den in diesen Bestimmungen ausdrücklich erfassten Fällen abgesehen - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am Grundsatz der Einheitlichkeit des Gewinnfeststellungsverfahrens nichts geändert. Die Einheitlichkeit stellt ein Wesensmerkmal des Feststellungsbescheides nach § 188 BAO dar (vgl. ).

Bei der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung vom handelt es sich daher um einen "Nichtbescheid". Eine auf einen "Nichtbescheid" gestützte Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist allerdings rechtswidrig. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid aufzuheben (vgl. ).

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zu der Rechtfrage, ob im Falle der Einkünftezurechnung an einen wirtschaftlichen Eigentümer in einem Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO, die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO auch für diesen wirkt oder ob diesen der Feststellungsbescheid gesondert zuzustellen ist (und andernfalls ein "Nichtbescheid" vorliegt), besteht keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Aus diesem Grund war die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit § 25a Abs. 1 VwGG zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 81 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 161 Abs. 1 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 101 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7105047.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at