Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2024, RV/5100712/2022

Übersehen ist auch verspielt! Keine Anwendung des § 299 BAO bei nachträglicher Geltendmachung pauschaler Betriebsausgaben

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100712/2022-RS1
Es ist keine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zulässig, wenn der Abgabepflichtige zunächst laut Erklärung seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, erklärungsgemäß veranlagt wird und dann in einem Verfahren iSd § 299 BAO die Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales iSd Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden begehrt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***V*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Käferböck Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG, Kreuznerstraße 6, 4360 Grein, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit dem der Antrag vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2020 vom gemäß § 299 BAO abgewiesen wurde, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Geschäftsverteilungsausschuss mit Verfügung vom die gegenständliche Beschwerdesache wegen Versetzung der Richterin in den Ruhestand der Gerichtsabteilung 6026 abgenommen hat. In der Folge wurde sie mit Wirkung vom der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung 6007 zugeteilt.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer entsprechend der Erklärung vom veranlagt.

Mit Eingabe vom beantragt die beschwerdeführende Partei die Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO. Begründend wurde ausgeführt, dass im Jahr 2020 die Anwendung der Verordnung zu § 17 EStG über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden Anwendung finden würde. Der Beschwerdeführer sei im Bereich des Gewerbes der Schlosser tätig. Der Durchschnittssatz betrage daher 16 %. Als pauschale Betriebsausgaben würde somit der Betrag von 44.318,13 € geltend gemacht. Die abpauschalierten Betriebsausgaben würden ausgeschieden. Eine korrigierte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung liege bei.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass durch die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2020 und der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung durch das Ankreuzen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht worden sei. Dieses Wahlrecht habe in der Folge dazu geführt, dass ein Einkommensteuerbescheid ergangen sei, dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 142.346,44 € zugrunde gelegt worden seien. Weder zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides noch zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO habe der Spruch des Bescheides in Widerspruch zum geltenden Recht gestanden. Er habe der getätigten Willensausübung des Abgabepflichtigen bzw. dessen steuerlichen Vertreters entsprochen und würde dies immer noch tun, wonach der Gewinn im Wege einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sei. Dies würde auch den gesetzlichen Bestimmungen über die Ermittlung der Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb entsprechen.

Zur Frage, wann das Pauschale gewählt bzw. ob diese Wahl geändert werden könne, werde angemerkt, dass die Geltendmachung des Pauschales grundsätzlich in der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung ersichtlich zu machen sei. Dies sei eine grundsätzliche Voraussetzung, die sich aus der Verwaltungsübung und der technischen Umsetzung der Einkünfteermittlung und der Bescheiderstellung ergeben würde.

Darüber hinaus werde auch in der Literatur (Doralt/Mayr/Zorn: Einkommensteuerkommentar zu § 17 Punkt 5.), welche durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt werde, die Rechtsmeinung vertreten, dass die Pauschalierung nach den Verordnungen aus der Steuererklärung hervorzugehen habe und vor allem in jeder Rechtslage bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides beantragt werden könne.

In Hinblick auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100428/2012, sei festzuhalten, dass es sich grundsätzlich beim Vertreterpauschale um Werbungskosten im außerbetrieblichen Bereich und nicht um Betriebsausgaben handeln würde. Darüber hinaus bestehe ein wesentlicher Unterschied auch darin, dass bei der zitierten Entscheidung die Voraussetzungen völlig anders gelagert seien. Dort sei es darum gegangen, ob das Vertreterpauschale oder überhaupt keine Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Gegenständlich stehe zur Debatte, ob die tatsächlichen Betriebsausgaben gegen das - wie sich offensichtlich nachträglich herausgestellt habe - günstigere Betriebsausgabenpauschale für nichtbuchführende Gewerbetreibende "ausgetauscht" würden.

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt, dass eine Bescheidausübung gemäß § 299 BAO voraussetze, dass sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweise. Der Inhalt eines Bescheides sei nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entsprechen würde. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliege, sei nicht ausschlaggebend.

Die Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes und des Unabhängigen Finanzsenates würden bekräftigen, dass die Nichtausübung eines Wahlrechtes zu einer Unrichtigkeit des Spruches führen würde und folgedessen die Bescheide gemäß § 299 BAO aufzuheben seien. (BGF , RV/3100330/2012; UFS RV/0415-I/12)

Entscheidend für einen Aufhebungsantrag gemäß § 299 BAO sei somit nicht, ob der Bescheid, dessen Aufhebung beantragt werde, im Zeitpunkt der Erlassung unrichtig gewesen sei oder nicht. Ebenso stehe der Anwendung des § 299 BAO nicht entgegen, dass ein Bescheid mit derselben Begründung bereits in einem Rechtsmittelverfahren bekämpft worden sei. Der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei die Pauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende gemäß der Verordnung zu § 17 EStG im Veranlagungsverfahren nicht beantragt hätte und der Einkommensteuerbescheid 2020 vom dem Gesetz entsprochen habe, hindere somit eine Antragstellung gemäß § 299 BAO nicht ().

Für die Geltendmachung der Pauschalierung sehe die Verordnung keine Fallfrist oder keine Einschränkung vor, wonach diese nur in der Steuererklärung beantragt werden könne (BFG RV/11000428/2012). Somit sei nach Maßgabe des Bundesfinanzgerichtes im vorliegenden Fall der Antrag gemäß § 299 BAO möglich und zulässig.

Die Verordnung zu § 17 EStG über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden enthalte entgegen der Bescheidbegründung keine Antragspflicht.

Das vom Finanzamt zitierte Erkenntnis (, 99/15/0143) beziehe sich auf die Basispauschalierung gemäß § 17 EStG. Bei der Basispauschalierung sei im Gesetzeswortlaut dezidiert verlangt, dass aus der Steuererklärung hervorgehen müsse, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch mache. In Rz 4133 EStR finde man sogar, dass die Basispauschalierung nicht gesondert beantragt werden müsse, sondern dass es ausreichend sei, wenn in der Beilage zur Steuererklärung dies eindeutig dokumentiert werde.

In diesem Sinne führe das Finanzamt selbst aus, dass das Erfordernis, das Pauschale in der Steuererklärung geltend zu machen, nicht in der Verordnung als Voraussetzung für die Geltendmachung angeführt sei. Das Finanzamt stelle weiters zutreffend fest, dass über die Antragspflicht der Pauschale für nichtbuchführende Gewerbetreibende keine Rechtsgrundlage bestehe.

Erst nach der Rechtskraft des Bescheides 2020 habe sich ergeben, dass die Anwendung der Pauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende in der Steuererklärung 2020 möglich sei. Diese erst spätere Feststellung der Unrichtigkeit des Bescheidspruches habe die steuerliche Vertretung veranlasst, die Bescheidaufhebung zu beantragen. Die erst spätere erweisliche Unrichtigkeit schließe laut Ritz, BAO, 5. Auflage, § 299 Tz 1, die Beantragung der Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO nicht aus.

In der Bescheidbegründung werde dennoch angeführt, dass die Pauschalierung für nicht buchführende Gewerbetreibende nur bis zum Eintritt der Rechtskraft beantragt werden könne. Dies würde nicht der - durch die Judikatur des Bundesfinanzgerichts abgesicherte - Rechtslage entsprechen. Dass demgegenüber die im vorliegenden Fall anwendbare Pauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende nur bis zur Rechtskraft beantragt werden könne, könne weder in der Verordnung, im EStG noch in den EStR gefunden werden.

Darüber hinaus sei es für die Frage der Aufhebung gemäß § 299 BAO rechtsunerheblich, ob es sich materiell um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handle. Zudem könne dem Argument, dass bei der Entscheidung des BFG (RV/11000428/2012) die Voraussetzungen völlig anderes gelagert seien als im gegenständlichen Fall, nicht gefolgt werden. Zu prüfen sei alleine die oben dargestellten Tatbestandsmerkmale des § 299 BAO, insbesondere, dass sich der Spruch des Bescheides als unrichtig erweise. Für diese Frage sei somit völlig unerheblich, ob das Verteterpauschale oder überhaupt keine anderen Werbungskosten geltend zu machen seien oder ob Betriebsausgaben gegen pauschale Betriebsausgaben getauscht würden.

Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und eine Stattgabe des Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO beantragt. Die Betriebsausgaben mögen nach dem Durchschnittssatz für nichtbuchführende Gewerbetreibende für Schlosser iHv 16 % berücksichtigt werden. Darüber hinaus werde ersucht, die Steuerberatungskosten iHv 1.120,00 € als Sonderausgabe zu berücksichtigen.

Weiters werde der Antrag auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde nach Darstellung von Sachverhalt und Rechtslage ausgeführt, dass es richtig sei, dass die Pauschalierungsverordnung keine ausdrückliche Antragspflicht sondern ein Wahlrecht vorsehe. Die Anwendung der Pauschalierung sei nicht zwingend vorgesehen sondern die Ausnahme. Im Fall der Nichtausübung des Wahlrechtes sei der Gewinn durch eine in § 4 EStG 1988 vorgesehene zulässige Gewinnermittlungsart zu ermitteln.

Der Beschwerdeführer habe eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung seiner Einkommensteuererklärung für 2020 zugrunde gelegt. Er habe im Formular E1a die Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs. 3 EStG ausgewählt.

Die Ausführungen in der Beschwerde zu Rz 4133 EStR betreffend Basispauschalierung würden ins Leere gehen, weil der Beschwerdeführer eben nicht die Anwendung der Pauschalierung dokumentiert habe.

In Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100330/2012, wurde darauf hingewiesen, dass in diesem Fall davon ausgegangen worden sei, dass der Kinderfreibetrag zwingend zu berücksichtigen und diesbezüglich kein Wahlrecht gegeben sei. Die gleiche Problematik sei Gegenstand der Entscheidung vom , RV/0415-I/14.

Was die Berücksichtigung der Vertreterpauschalierung anlangt, sei die zutreffende Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes in RV/6100017/2017 zur Unzulässigkeit der erstmaligen Anwendung der Gaststättenpauschalierung im Wege eines Antrages gemäß § 299 BAO zu berücksichtigen: "Durch den VwGH geklärt und damit unter § 299 BAO subsumierbar sind jedenfalls Fälle, bei denen Tatsachen neu hervorkommen, die zwingende Rechtsfolgen nach sich ziehen (vgl. )"

Dem Vorbringen, dass eine Rechtsprechung dazu fehle, ob § 299 BAO auch dann anwendbar sei, wenn er bloß auf die Änderung der Ausübung eines Wahlrechtes gestützt werde, hielt das Finanzamt entgegen, dass hinsichtlich der Vertreterpauschalierung das Bundesfinanzgericht davon ausgehe, dass die Pauschalierung der Regeltatbestand und der Ansatz darüber hinausgehender tatsächlicher Kosten der Ausnahmetatbestand sei. Überdies seien die Regeln für die Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Z 1 EStG 1988) im Bereich der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nicht anwendbar. Sie würden nur für die Geltendmachung von Wahlrechten innerhalb der Gewinnermittlungsart "Betriebsvermögenvergleich" gelten. Eine nachträgliche Änderung einer bereits getroffenen Entscheidung über die Gewinnermittlung könne darauf nicht gestützt werden (vgl. ).

Die Pauschalierung nach den Verordnungen für nichtbuchführende Gewerbetreibende könne zwar grundsätzlich in jeder Verfahrenslage bis zur Rechtskraft des Bescheides beantragt werden, ihre Anwendung sei aber weder vorrangig noch zwingend gesetzlich vorgesehen. Es liege vielmehr ein Wahlrecht des Abgabepflichtigen vor.

Der Beschwerdeführer würde die Verordnung weder im Jahr 2020 noch in den Vorjahren anwenden. Durch den Verzicht auf die Geltendmachung des Wahlrechtes in der Abgabenerklärung bzw. durch den Verzicht eines Rechtsmittels sei der Einkommensteuerbescheid 2020 formell rechtskräftig. Die Geltendmachung eines Wahlrechtes bzw. eine nachträgliche Änderung einer bereits getroffenen Entscheidung einer Gewinnermittlungsart sei im Zuge eines Antrages gemäß § 299 BAO nicht zulässig.

Mit Schreiben vom , eingebracht am , brachte die beschwerdeführende Partei einen Vorlageantrag ein. Ein weiteres inhaltliches Vorbringen wurde nicht erstattet.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanz-gericht vor. Im Wesentlichen wurden die Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung wiederholt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist in der Branche Stahl- und Leichtmetallbau tätig und ermittelt den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2020 erklärungsgemäß veranlagt. Dabei wurde die vom Beschwerdeführer vorgelegte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zugrunde gelegt und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 142.346,44 € festgesetzt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom wurde die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2020 gemäß § 299 BAO und die Anwendung der Verordnung zu § 17 EStG über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden beantragt. Aus der Beilage ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetreib in Höhe von 126.979,14 €.

Der Beschwerdeführer ist im Bereich des Gewerbes der Schlosser tätig. Der Durchschnittssatz beträgt 16 %.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem Einkommensteuerbescheid vom und dem Antrag gemäß § 299 BAO vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gegenständlich ist die Rechtsfrage zu klären, ob die Säumnis der Ausübung eines Wahlrechts in Zusammenhang mit der Pauschalierung nach den Verordnungen für nichtbuchführende Gewerbetreibende einer Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zugänglich ist.

§ 299 Abs. 1 BAO lautet:
"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt."

Die Aufhebung ist gem. § 302 Abs. 2 lit. b BAO nur dann zulässig, wenn der Antrag auf Aufhebung vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides eingebracht wurde.
Diese Voraussetzung ist hier jedenfalls erfüllt.

§ 299 Abs. 1 BAO räumt demjenigen, gegen den ein Bescheid wirkt, ein Antragsrecht auf Bescheidaufhebung ein. Der diesbezügliche Antrag ist bei der zuständigen Abgabenbehörde einzubringen.

Der Beschwerdeführer ist Adressat des Bescheides vom und hat den Antrag gemäß § 299 BAO beim Finanzamt für Österreich eingereicht.

Für eine Aufhebung nach § 299 BAO ist nur entscheidend, dass sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist ().

Der Inhalt eines Bescheids ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheids nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt, ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs 1 BAO nicht ausschlaggebend (). Eine unzureichende Begründung des Bescheids oder allfällige andere Mängel in dem Verfahren, das zur Erlassung des Bescheids geführt hat, stellen für sich allein noch keinen Grund für eine Aufhebung des Bescheids nach § 299 dar. (Vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 299 BAO (Stand , rdb.at)

Die Rechtswidrigkeit muss nicht offensichtlich, wohl aber gewiss sein. Die bloße Möglichkeit der Rechtswidrigkeit reicht nicht. Vor Erlassung eines Aufhebungsbescheides muss daher der Sachverhalt, aus dem sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Bescheides ergibt, einwandfrei geklärt sein (vgl. ).

Das Verwaltungsgericht hat im Allgemeinen seiner Entscheidung grundsätzlich die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen.

Nach Lehre und Rechtsprechung (etwa ) ist auch im Verfahren nach § 299 BAO auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung nach § 299 BAO abzustellen, es sei denn, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des für eine Aufhebung eines in Betracht kommenden Bescheides nur die Sachlage im Zeitpunkt seiner Erlassung relevant ist.

Gegenständlich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag vom relevant.

Den Aufhebungsgrund bestimmt bei der Aufhebung auf Antrag die betroffene Partei. Sie gibt im Aufhebungsantrag an, aus welchen Gründen sie den Bescheid für inhaltlich rechtswidrig erachtet. Die Sache, über die in der Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem der Aufhebungsantrag abgewiesen wird, zu entscheiden ist, wird bei der beantragten Aufhebung somit auch durch die Partei im Aufhebungsantrag festgelegt (). Vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 299 BAO (Stand , rdb.at)

Die beschwerdeführende Partei geht davon aus, dass der Grund für eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO gegenständlich darin liegt, dass im Jahr 2020 die Anwendung der Verordnung zu § 17 EStG über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden Anwendung findet.

Gemäß § 17 Abs 1 EStG 1988 können die Betriebsausgaben bestimmter Einkunftsarten mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden.

Für die Ermittlung des Gewinnes können mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen. Solche Durchschnittssätze sind nur für Fälle aufzustellen, in denen weder eine Buchführungspflicht besteht noch ordnungsmäßige Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ermöglichen (§ 17 Abs. 4 EStG 1988).
Da hier nach Aktenlage beides nicht der Fall ist, wäre die Pauschalierung nach dieser Methode gegenständlich grundsätzlich gesetzeskonform.

§ 1 Abs. 1 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden, BGBl. Nr. 55/1990, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 215/2018, lautet:

"Die folgenden Durchschnittssätze für die Ermittlung der nicht von § 2 umfassten Betriebsausgaben können bei Gewerbetreibenden der angeführten Gewerbezweige unter folgenden Voraussetzungen angewendet werden:
1. Es besteht keine Buchführungspflicht und es werden keine ordnungsmäßigen Bücher geführt, die eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ermöglichen.
2. Die gemäß § 2 erforderlichen Aufzeichnungen werden ordnungsmäßig geführt."

Der beschwerdeführenden Partei ist insofern zuzustimmen, als für die Anwendung der Pauschalierung nach den Verordnungen für nichtbuchführende Gewerbetreibende keine Fallfrist vorgesehen ist und auch nicht normiert wurde, dass deren Anwendung in der Abgabenerklärung beantragt werden muss.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung muss jedoch der Abgabepflichtige bekanntgeben, nach welchen Vorschriften er den Gewinn ermittelt. Es ist vorgesehen, dass in der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung die Art der Gewinnermittlung bekanntgegeben wird. Damit ist faktisch vorgesehen, dass der Abgabepflichtige - sollte er von der Pauschalierung Gebrauch machen wollen - dies im Rahmen der Einkommensteuererklärung deklariert. Mit der Abgabe dieser Erklärung entscheidet sich der Abgabepflichtige, nach welchen zulässigen Vorschriften er den Gewinn ermitteln will.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer am mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung und der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung dargelegt, dass er den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermitteln würde. Er hat somit von seinem Wahlrecht Gebrauch genommen und sich gegen die Anwendung der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden und für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 entschieden. Antragsgemäß wurde die Einkommensteuer 2020 unter Zugrundelegung von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv 142.346,44 € mit Bescheid vom veranlagt. Der Beschwerdeführer ließ nicht erkennen, dass er pauschale Betriebsausgaben geltend machen möchte.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Bescheid als nicht richtig erweisen würde. Daran ändert auch der Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO nichts, da der Bescheid vom den gesetzlichen Regelungen in Zusammenhang mit der Gewinnermittlung iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und der vom Beschwerdeführer gewählten Option auf Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 entspricht. Der Beschwerdeführer hatte sich bewusst gegen die Anwendung der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden entschieden.

Es spricht nichts gegen eine (zumindest) sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 2 Z 3 EStG hinaus (es muss bereits aus der Steuererklärung hervorgehen, dass der Pflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht; damit konsumiert der Pflichtige sein Wahlrecht), der für die Veranlagung 2020 noch Anwendung findet (vgl. § 124b Z 423 EStG 1988). Gegen eine solche sinngemäße Anwendung ist nach Ansicht des Senates nichts einzuwenden, weil die Verordnung für nichtbuchführende Gewerbetreibende zu "§ 17 EStG" ergangen ist und daher wohl eine DurchführungsVO zum gesamten § 17 EStG ist, während etwa die Gastgewerbepauschalierungsverordnung, die Verordnung für Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler, die Verordnung für Drogisten, die Verordnung für Handelsvertreter und die Künstler und Schriftsteller alle zu "§ 17 Abs. 4 und 5" EStG ergangen sind.

Wie in der Beschwerde richtig ausgeführt wird, bekräftigen Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes und des Unabhängigen Finanzsenates, dass die Nichtausübung des Wahlrechtes in Zusammenhang mit der Pauschlierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende einer Aufhebung gemäß § 299 BAO zugänglich ist. In diesem Sinne hat zuletzt das Bundesfinanzgericht () entschieden. In diesem Fall hat ein Abgabepflichtiger keine Abgabenerklärung abgegeben. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden dem Abgabepflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet, ohne Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Dieser Bescheid wurde gemäß § 299 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen aufgehoben, weil er sich insofern als nicht richtig erwiesen hat, als eben keine Betriebsausgaben berücksichtigt worden waren. Da der Abgabepflichtige sein Wahlrecht noch nicht konsumiert hatte, konnte er dies im Rahmen der Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO tun und die Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 EStG 1988 beantragen.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer jedoch eine Einkommensteuererklärung eingereicht, in der er dokumentiert hat, dass er den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermitteln würde. Er hat sein Wahlrecht konsumiert. Während im zitierten Fall gar keine Betriebskosten berücksichtigt worden waren, wurden gegenständlich die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Betriebsausgaben berücksichtigt, weil sich der Beschwerdeführer dafür und nicht für die Anwendung der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden entschieden hat.

Der Unabhängige Finanzsenat () hat - ebenso wie das Bundesfinanzgericht (z.: ) - eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zugelassen, nachdem es der Abgabepflichtige verabsäumt hatte, den Kinderfreibetrag in der Abgabenerklärung geltend zu machen. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof () die Entscheidung bestätigt und Folgendes ausgesprochen: "In der Amtsbeschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, allein auf Grund des nachträglich innerhalb der Jahresfrist gestellten Antrages auf Berücksichtigung der Kinderfreibeträge sei der Spruch des Bescheides nicht unrichtig. Eine nachträgliche Ausübung des Wahlrechtes bewirke noch nicht die grundsätzliche Unrichtigkeit des Spruches des Einkommensteuerbescheides. Ansonsten wäre es dem Abgabepflichtigen anheimgestellt, durch Willensänderungen in die Rechtskraft von Bescheiden einzugreifen, deren Erlassung er in der erklärten Form begehrte.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass der in Rede stehende Kinderfreibetrag nach § 106a EStG 1988 (idF AbgÄG 2009) durch ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 oder ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 EStG 1988 vermittelt wird (vgl. z.B. Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 106a Tz 4) und nach dem Gesetzeswortlaut auch von Amts wegen zusteht (vgl. § 106a Abs. 1 erster Satz EStG 1988 bzw. § 106a Abs. 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2009). Eine Antragstellung ist damit entgegen der offenbar der Beschwerde zu Grunde liegenden Meinung zum Entstehen des Anspruches auf den Kinderfreibetrag nach der Konzeption des Gesetzes an sich nicht erforderlich
."

Das heißt, auch diese Fallkonstellation ist insofern nicht mit dem gegenständlichen Fall zu vergleichen, als auf die Anwendung der Pauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende kein Rechtsanspruch besteht, so wie dies bei der Berücksichtigung des Kinderfreibetrages der Fall ist. Vor allem besteht ein solcher Anspruch nicht, wenn bereits Betriebsausgaben in beantragter Höhe berücksichtigt worden sind.

In Zusammenhang mit dem Werbungskostenpauschale ist darauf hinzuweisen, dass die Werbungskostenverordnung so konzipiert, dass das Pauschale - wie auch der Werbungskostenpausch-Betrag - als Regelfall gilt (§ 1 Z 9) und § 5 wohl nur als Ausnahmefall vorsieht, dass in diesem Fall keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden dürfen. Die Textierung der Werbungskostenverordnung deutet damit auf eine Bestimmung hin, die von Amtswegen anzuwenden ist und weist damit zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Kinderfreibetrag auf, zu dem der Verwaltungsgerichtshof eine Nachholung im Wege eines Antrages gem. § 299 BAO zuließ (vgl. oben).

In der von der beschwerdeführenden Partei zitierten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100428/2012, kommt noch hinzu, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides der Sachverhalt nicht vollständig bekannt war. Erst im Rahmen des Antrages gemäß § 299 BAO wurde eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Abgabepflichtige als technischer Verkäufer im Außendienst tätig ist und keine steuerfreien Kostenersätze gewährt werden. Erst dadurch wurde offenkundig, dass das Vertreterpauschale zusteht und der Umstand, dass dieses im Erstbescheid nicht berücksichtigt wurde, dazu führt, dass sich dieser als nicht richtig erweist.

Auch der Hinweis auf diese Entscheidung kann dem gegenständlichen Fall nicht zum Erfolg verhelfen, da einerseits kein Rechtsanspruch auch die Anwendung der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden besteht (und sich der Beschwerdeführer eben dagegen entschieden hat) und sowohl der beschwerdeführenden Partei als auch dem Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides alle wesentlichen Fakten bekannt waren. Es sind keine neuen Feststellungen bekannt geworden, die dazu führen würden, dass sich der Bescheid vom nunmehr als nicht richtig erweisen würde.

Abschließend sei auf Folgendes hingewiesen: Mit dem AbgÄG 2023 wurde zwar § 17 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 aufgehoben, aber auch § 39 Abs. 4 in das EStG neu eingefügt wurde, der lautet (und ab der Veranlagung 2023 anzuwenden ist):
"Besteuerungswahlrechte und Anträge sind in der Steuererklärung auszuüben, wenn dies auf dem amtlichen Vordruck oder im Rahmen der automationsunterstützten Datenübertragung vorgesehen ist (§ 133 BAO). Soweit nichts anderes bestimmt ist, können derartige Besteuerungswahlrechte und Anträge nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft nachträglich ausgeübt oder geändert bzw. zurückgezogen werden. Die bloße Stellung bzw. Zurückziehung eines Antrages oder Ausübung bzw. Änderung eines Besteuerungswahlrechtes stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar."

Dazu wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG Folgenes festgehalten:
"Das EStG 1988 sieht für die Stellung von Anträgen in Zusammenhang mit der Veranlagung unterschiedliche Regelungen vor. Teilweise sind derartige Anträge nach dem Gesetzestext in der Steuererklärung zu stellen (z. B. § 6 Z 6 lit. c), in anderen Fällen besteht keine derartige Verknüpfung (z. B. § 28 Abs. 2, 3 und 4). Teilweise ist eine Antragstellung durch den Eintritt der Rechtskraft beschränkt (z. B. § 1 Abs. 4, § 10 Abs. 7 Z 2). Auch dem Begriff "Rechtskraft" wird kein einheitliches Verständnis beigelegt: Einerseits ist darunter die "erstmalige" Rechtskraft zu verstehen (vgl. und diesem folgend Rz 3834 EStR 2000 zum Gewinnfreibetrag). Demgegenüber besteht z. B. beim Investitionsfreibetrag (§ 11) keine derartige Einschränkung, sodass eine Berücksichtigung auch nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten offen steht. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung soll in § 39 Abs. 4 eine generelle Regelung aufgenommen werden, die die Wahrnehmung von veranlagungsbezogenen Besteuerungswahlrechten und Anträgen betrifft. Sie soll eine Generalnorm darstellen, die nur durch ausdrückliche speziellere Einzelbestimmungen verdrängt werden soll: Es soll daher vorgesehen werden, dass Besteuerungswahlrechte und Anträge in der Steuererklärung auszuüben sind, wenn sie die veranlagte Einkommensteuer betreffen und dies auf dem amtlichen Vordruck oder im Rahmen der automationsunterstützten Datenübertragung vorgesehen ist (§ 133 BAO). Diese Regelung soll zu keiner Veränderung gegenüber der bisherigen Praxis führen und soll eine verwaltungsökonomische Abwicklung des Besteuerungsverfahrens gewährleisten. Insbesondere soll es nach wie vor möglich sein, einzelne Änderungen nach dem Erstbescheid formlos in Rücksprache mit dem Finanzamt ohne weitere Abgabe einer vollständigen Steuererklärung vorzunehmen. Es soll weiters ausdrücklich verankert werden, dass Besteuerungswahlrechte und Anträge nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft nachträglich ausgeübt oder geändert bzw. zurückgezogen werden können. Nur in Fällen, in denen eine abweichende Spezialregelung besteht (z. B. § 37 Abs. 9), soll diese vorgehen. Damit wird die Praxis gesetzlich verankert, die dies bereits vielfach vorsah. Voraussetzung dafür ist aber stets das Vorliegen eines tauglichen Verfahrenstitels zur allgemeinen Rechtskraftdurchbrechung (insbesondere eine Wiederaufnahme des Verfahrens, nicht aber Fälle von "Teilrechtskraftdurchbrechung" wie etwa § 293b BAO). Zudem soll klargestellt werden, dass die nachträgliche Ausübung/Änderung von Besteuerungswahlrechten allein kein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellt. § 295a BAO kann somit keinen Verfahrenstitel darstellen, der - ohne Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes - eine nachträgliche Ausübung/Änderung eines Besteuerungswahlrechtes ermöglicht."

Damit kommt es entscheidend darauf an, ob ein Verfahrenstitel für die Rechtskraft-durchbrechung vorliegt. § 299 BAO stellt in gegenständlichen Fall jedenfalls keinen solchen Verfahrenstitel dar, sodass auch aus der neuen Regelung des § 39 Abs. 4 EStG 1988, die ohnehin erst ab der Veranlagung 2023 Anwendung findet, für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen wäre.

Aus den dargelegten Gründen gelangte der Senat zur Ansicht, dass die beschwerdeführende Partei ihr Wahlrecht zwischen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 und Anwendung der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden mit dem Einreichen der Einkommensteuer-erklärung bereits konsumiert und sich für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 entschieden hat.
Ein richtiger, dem Gesetz entsprechender Bescheid wird nicht dadurch unrichtig, dass der Abgabepflichtige nach Rechtskraft dieses Bescheides ein bereits ausgeübtes Wahlrecht nochmals ausüben will, ohne dass sich der Sachverhalt geändert hat.
Der Bescheid vom erweist sich nicht als unrichtig, sodass kein Raum für eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO bleibt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zulässig ist, wenn der Abgabepflichtige zunächst laut Erklärung seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und dann in einem Verfahren iSd § 299 BAO die Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales iSd Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden begehrt, liegt bislang nicht vor. Daher ist im gegenständlichen eine ordentliche Revision zulässig.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 302 Abs. 2 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100712.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at