Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache *W.* *D.* *K.*, *Adr.*, als Gesamtrechtsnachfolger (Erbe) der *P.* *K.*, betreffend die vom *EPK.* eingebrachte Beschwerde vom gegen die an den *EPK.* gerichteten Bescheide des Finanzamtes Österreich vom
betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2018 bis 2020 beschlossen:
Die angefochtenen Bescheide vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Zum bisherigen Verfahren und zum vorliegenden Sachverhalt:
1. *P.* *K.* betrieb bis 2017 eine Frühstückspension. Ab dem Jahr 2018 wurden die Gästezimmer der Pension in Appartements umgebaut, die ab dem Jahr 2020 ohne Verabreichung eines Frühstückes vermietet werden sollten.
2. Mit den Umsatzsteuererklärungen 2018 und 2019 machte *P.* *K.* die Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Umbau der Frühstückspension geltend, und zwar 16.615,67 Euro im Jahr 2018 und 4.180,20 Euro im Jahr 2019.
3. Weil noch nicht absehbar sei, ob die Vermietungstätigkeit in der neuen Bewirtschaftungsart der Appartementvermietung eine Einkunftsquelle darstelle oder aber als steuerlich unbeachtliche Liebhabereibetätigung eingestuft werden müsse, setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom und vom die Umsatzsteuern für die Jahre 2018 und 2019 entsprechend den Umsatzsteuererklärungen gemäß § 200 BAO vorläufig fest.
4. Nach Fertigstellung der Umbauarbeiten im Jahr 2020 erkrankte *P.* *K.* derart, dass sie gepflegt werden musste. Zur beabsichtigten Vermietung der Appartements kam es infolge der Erkrankung nicht. Am XX. Mai 2022 verstarb *P.* *K.*. Die Verlassenschaft nach *P.* *K.* wurde mit Einantwortungsbeschluss vom ihrem erblichen Sohn *W.* *D.* *K.* zur Gänze eingeantwortet.
5. Am erklärte das Finanzamt die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide 2018 und 2019 für endgültig, wohingegen es mit Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2020 vom selben Tag die in den Jahren 2018 und 2019 bescheidmäßig festgesetzten Vorsteuern gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 mit der Begründung berichtigte, die Appartements seien infolge der schweren Erkrankung von *P.* *K.* tatsächlich nicht vermietet, sondern von den Pflegerinnen von Frau *K.* bewohnt worden oder leer gestanden. Da die umgebauten Appartements somit nie unternehmerisch genutzt worden seien, sei eine Korrektur der gesamten Vorsteuer in Höhe von 20.795,97 Euro gemäß § 12 Abs. 11 UStG durchzuführen. Alle drei Umsatzsteuerbescheide vom ergingen an den "*EPK.*, z.H. *K.* *W.* *D.*, *Adr.*".
6. In der gegen diese Bescheide vom "*EPK.*", *W.* *K.*, am erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, von Jänner 2020 bis zu ihrem Ableben am XX.05.2022 sei seine Mutter ein Pflegefall gewesen und von 24-Stunden-Betreuerinnen in häuslicher Pflege betreut worden. Eine Vermietung an Gäste sei daher ausgeschlossen gewesen. Aufgrund der damals geltenden Corona-Maßnahmen wäre eine Vermietung an Gäste aber ohnehin nicht möglich gewesen. Die ausgeführten Umbaumaßnahmen der Frühstückspension in Appartements in den Jahren 2018-2020 seien von seiner Mutter in der weisen Voraussicht veranlasst worden, auch nach ihrem Ableben eine unternehmerische Tätigkeit auf aktuellem Stand zu gewährleisten. Diese Absicht habe er der Finanzbehörde bereits schriftlich dargelegt. Das Objekt *Adr.*, sei so konzipiert, dass es ausschließlich für unternehmerische Zwecke (Vermietung) genutzt werden könne. Eine Geschäftsaufnahme seinerseits nach dem Ableben seiner Mutter sei bis dato infolge von Unklarheiten im Zusammenhang mit der Verlassenschaft (Erbgemeinschaft nach *OB.*), an der auch seine Mutter beteiligt gewesen sei, verhindert worden.
7. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus, es sei zwar unstrittig, dass in den Jahren 2018 und 2019 eine Vermietungsabsicht bestanden habe. Ändere sich aber die ursprünglich beabsichtigte Verwendung eines Gegenstandes vor dessen unternehmerischer Verwendung, sei gemäß § 12 Abs. 11 UStG die gesamte Vorsteuer zu berichtigen. Da nach Fertigstellung des Gebäudes zwei Wohnungen leer gestanden und zwei von Pflegerinnen in Appartements bewohnt worden seien und es bisher nie zu einer Vermietung gekommen sei, hätten sich die Verhältnisse, wenn auch ohne Verschulden oder Absicht der beschwerdeführenden Partei, dahingehend geändert, dass die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nicht mehr gegeben gewesen seien. Die Erklärungen des Beschwerdeführers seien zwar einleuchtend und auch nachvollziehbar, aber nicht geeignet, das auf der Faktenlage beruhende Gesamturteil abzuändern, handle es sich bei der Umsatzsteuer doch um eine Objektsteuer, die persönliche Verhältnisse und Umstände nicht berücksichtige (mit Hinweis auf Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe (Hrsg), Steuerrecht II 8 (2019), Rz 200). Da erst im Jahre 2020 klar geworden sei, dass es trotz fertiggestellter Appartements und vorhandener unternehmerischer Absicht zumindest bis auf Weiteres nicht zu einer unternehmerischen Nutzung kommen werde und sich sohin die Verhältnisse geändert hätten, seien die zuvor in den Jahren 2018 und 2019 zuerkannten Vorsteuern im Jahr 2020 zu korrigieren gewesen und könne die Vorsteuer für 2020 nicht anerkannt werden.
8. Mit Schriftsatz vom wurde vom "*EPK.*" der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht gestellt. Darin wandte er gegen die Beschwerdevorentscheidung ein, aus dem Umstand, dass seine Mutter krankheitsbedingt nicht mehr in er Lage gewesen sei, die Vermietungstätigkeit weiter auszuüben, könne keine endgültige Aufgabe der ursprünglichen Vermietungsabsicht abgeleitet werden. Das Objekt sei bis dato nicht zweckentfremdet verwendet worden, es bestehe auch nicht die Absicht einer Veräußerung. Geändert hätten sich lediglich die Besitzverhältnisse durch den Übergang des Eigentums an den Sohn *W.* als Erbfolger. Eine Wiederaufnahme der Vermietungstätigkeit durch ihn sei am bei der hierfür zuständigen Gemeinde *** bereits zur Anzeige gebracht worden. Es habe somit lediglich eine bereits ausführlich begründete Unterbrechung der Vermietung gegeben.
9. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, diese aufgrund unrichtiger Adressierung der angefochtenen Bescheide als unzulässig zurückzuweisen.
Über die Beschwerde wird erwogen:
I. Bescheidadressat
10. Zum Antrag des Finanzamtes, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, ist zu sagen: Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen, hat er den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht (Bescheidadressat). Bescheidadressat ist der, für den der Bescheid seinem Inhalt nach bestimmt ist.
Bei einem Erbfall kommt es zu einer Gesamtrechtsnachfolge, bei der die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen (§ 19 Abs. 1 BAO). Nach dem Tod des Erblassers ist ein Bescheid über eine in dessen Person entstandene Abgabenschuld vor der Einantwortung an die Verlassenschaft (vertreten durch den Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder den bzw. die erbserklärten Erben) zu richten, nach der Einantwortung an den bzw. die Erben als Rechtsnachfolger des Abgabepflichtigen (vgl. ; , 2010/16/0029). Ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Einantwortung sind Abgabenbescheide, die Besteuerungsansprüche vor dem Tod des Erblassers betreffen, an den namentlich anzuführenden Erben zu richten und zuzustellen. Ein nach rechtskräftiger Einantwortung an die Verlassenschaft gerichteter Bescheid entfaltet keine Rechtswirksamkeit (vgl. ; ). Auch die bloße Anführung "Rechtsnachfolger" kann die Bezeichnung der konkreten Person des Rechtsnachfolgers im Bescheidspruch nicht ersetzen (vgl. ; ). Eine Adressierung an die "Erben nach X." oder "Verlassenschaft nach X. Rechtsnachfolger" ohne Angabe der Namen des oder der Erben, reicht daher nicht aus (vgl. ; ). Allerdings ist die fehlerhafte Bezeichnung des Bescheidadressaten erst dann schädlich und führt zu einem Nichtbescheid, wenn auch aus dem Zusammenhang von Spruch, Begründung und Zustellverfügung der Erledigung die Bezeichnung des gemeinten Bescheidadressaten nicht hervorgeht (vgl. ; ).
11. Die angefochtenen Bescheide enthielten zwar sämtlich die Adressierung *EPK.* ohne namentliche Nennung des Erben. Allerdings konnte diese unvollständige Bezeichnung des Bescheidadressaten durch die Zustellverfügung "z.H. *K.* *W.* *D.*, *Adr.*" geheilt werden. Aus dem Einantwortungsbeschluss war nämlich eindeutig zu entnehmen, dass *W.* *D.* *K.* der einzige Erbe nach *P.* *K.* war und auch in der Adressierung ist nur von Erben in der Einzahl die Rede. Daraus ergibt sich, dass die angefochtenen Bescheide zwar korrekterweise an *W.* *D.* *K.* als Erbe der *P.* *K.* zu adressieren gewesen wären, aus dem Zusammenhang zwischen Spruch und Zustellverfügung aber deutlich zu erkennen war, dass die Schriftstücke an den einzigen Erben *W.* gerichtet waren. Diesen Schriftstücken kam daher trotz fehlerhafter Adressierung Bescheidcharakter zu.
II. Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 11 UStG 1994
12. In der Sache ist zwischen den Parteien strittig, ob die Tatsache, dass nach Fertigstellung der Umbau- und Sanierungsarbeiten, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, keine Vermietungstätigkeit ausgeübt wurde, zu einer Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs. 11 UStG 1994 mit der Konsequenz einer Korrektur der gesamten Vorsteuern in Höhe von 20.795,87 Euro geführt hat.
13. Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, ist für jedes Jahr der Änderung eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und den Kosten von Großreparaturen tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Jahren (vgl. § 12 Abs. 10 UStG 1994).
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, so ist, sofern nicht § 12 Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist (§ 12 Abs. 11 UStG 1994).
Betroffen von der Vorsteuerkorrektur nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 sind neben allen Gegenständen, die nicht als Anlagevermögen verwendet werden wie z.B. Warenvorräte, Büromaterial oder Hilfs- und Betriebsstoffe auch Gegenstände, die zur Verwendung als Anlagevermögen bestimmt waren, die aber als solches nie verwendet wurden (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 324).
Die Bestimmung des § 12 Abs. 10 UStG 1994 gilt auch für Gegenstände, die nicht zum Betriebsvermögen gehören (§ 12 Abs. 12 UStG 1994).
14. Der Ansicht des Finanzamtes, im Jahr 2020 sei eine Änderung der Verhältnisse im Sinne § 12 Abs. 11 UStG eingetreten, kann das Bundesfinanzgericht nicht folgen.
Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland an ihn ausgeführt worden sind, abziehen. Unionsrechtliche Grundlage für den Vorsteuerabzug bilden Art. 167ff der Mehrwertsteuerrichtlinie (MwSt-RL), die Bestimmungen über die Vorsteuerberichtigung sind in den Artikeln 184ff MwSt-RL enthalten. Ein Vorsteuerabzug ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits dann zulässig, wenn die Ausführung eines steuerpflichtigen Umsatzes erst beabsichtigt ist und setzt nicht voraus, dass der Unternehmer einen Umsatz bereits ausgeführt hat. Es genügt vielmehr, wenn die Gegenstände oder Dienstleistungen zur Verwendung im Rahmen steuerpflichtiger Umsätze bestimmt sind (vgl. Ghent Coal Terminal; Gabalfrisa SL; ).
Es ist ebenfalls ständige Rechtsprechung des EuGH, dass das einmal entstandene Recht auf den Vorsteuerabzug bestehen bleibt, selbst wenn die beabsichtigte Tätigkeit später nicht ausgeübt wurde und somit nicht zu besteuerten Umsätzen führte oder wenn der Steuerpflichtige die Gegenstände oder Dienstleistungen, die zu dem Abzug geführt haben, aufgrund von Umständen, die von seinem Willen unabhängig sind, nicht im Rahmen besteuerter Umsätze verwenden konnte. Eine andere Auslegung verstieße, was die Abgabenbelastung des Unternehmens anbelangt, gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Sie könnte bei der steuerlichen Behandlung von gleichen Investitionstätigkeiten zu nicht gerechtfertigten Unterscheidungen zwischen Unternehmen führen, die schon steuerbare Umsätze tätigen, und solchen Unternehmen, die durch Investitionen versuchen, Tätigkeiten aufzunehmen, die zu steuerbaren Umsätzen führen werden. Es würden auch willkürliche Unterscheidungen zwischen letzteren Unternehmen getroffen, da die endgültige Zulassung der Abzüge von der Frage abhinge, ob solche Investitionen zu steuerbaren Umsätzen führen oder nicht (vgl. das UAB Vittamed technologijos, Rn. 43 und 44; ferner vom , INZO, EU:C:1996:67, Rn. 22 und , Ryanair, EU:C:2018:834, Rn. 25 und).
Erst wenn der Steuerpflichtige nicht mehr beabsichtigt, die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen zur Ausführung besteuerter Ausgangsumsätze zu verwenden, oder sie zur Ausführung steuerbefreiter Umsätze verwendet, ist der enge und unmittelbare Zusammenhang, der zwischen dem Vorsteuerabzugsrecht und der Ausführung beabsichtigter besteuerter Umsätze bestehen muss, unterbrochen, und der in den Art. 184 bis 187 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Berichtigungsmechanismus ist anzuwenden (vgl. UAB "Vittamed technologijos", Rn. 48).
Deshalb ist etwa ein Steuerpflichtiger erst dann verpflichtet, die Vorsteuerabzüge für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen, die zur Herstellung von Investitionsgütern bestimmt sind, zu berichtigen, wenn die hergestellten Investitionsgüter nicht im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Tätigkeiten verwendet wurden und es auch nie werden (vgl. abermals UAB "Vittamed technologijos", Rn. 54).
Daraus folgt, dass eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs.11 UStG 1994 nur zu erfolgen hat, wenn der Unternehmer einen Gegenstand nie mehr für die Erzielung von Umsätzen verwenden wird, nicht aber dann, wenn er diese Gegenstände nur vorübergehend nicht unternehmerisch verwendet.
15. Im Beschwerdefall ist die Vermietung von im Jahr 2020 fertiggestellten Appartements aufgrund der Erkrankung der Unternehmerin *P.* *K.* unterblieben. Dass sie die Absicht gehabt hätte, diese nie mehr für Zwecke der Vermietung verwenden zu wollen, geht aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht hervor und ist auch nicht anzunehmen. Nach ihrem Tod im Jahr 2022 ist das Objekt *Adr.*, an ihren Sohn *W.* im Erbwege übergegangen. Dieser hat aber dem Finanzamt und später auch gegenüber dem Bundefinanzgericht versichert, die Vermietungstätigkeit ab der Wintersaison 2023/2024 aufnehmen zu wollen. Und tatsächlich werden auf booking.com zwei Zimmer (Pension ***, "Doppelzimmer mit Bergblick", "Superior-Zimmer mit Kingsizebett") angeboten. Von einer Absicht, den Vermietungsbetrieb nie mehr aufnehmen zu wollen, kann im Beschwerdefall daher nicht gesprochen werden. Eine Berichtigung der gesamten Vorsteuern aus den Jahren 2018 und 2019 nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 ist daher jedenfalls ausgeschlossen. Nur insoweit die in Rede stehenden Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Umbau auf Appartements oder sonstige Räumlichkeiten des Gebäudes entfallen, die endgültig nicht der Vermietung zugeführt werden sollen, wäre eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 gerechtfertigt. Der bloße Leerstand hingegen löst keine Vorsteuerberichtigungspflicht aus. Allenfalls könnte die vorübergehende Nutzung von Appartements durch Pflegerinnen als vorübergehende private Verwendung gewertet und in Hinblick auf § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 einen nicht steuerbaren Eigenverbrauch und in weiterer Folge eine Pflicht zur Vorsteuerberichtigung auslösen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz. 302, Fall 8).
16. Eine abschließende Beurteilung des Beschwerdefalles ist aufgrund des vom Finanzamt nur mangelhaft ermittelten Sachverhaltes aber nicht möglich:
17. Zunächst ist nicht geklärt, in wieviel Appartements die ehemalige Frühstückspension nun tatsächlich umgebaut wurde und wieviel davon vermietet werden oder vermietet werden sollen. Laut Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Frühstückspension in 4 Appartements umgebaut, laut Kurzmitteilung der Gemeinde ***Adr.*** vom wurde vom Bf. um die Vermietung von drei Wohnungen angefragt und auf www.booking.com werden lediglich zwei Wohnungen zur Vermietung angeboten. Daher kann auch nicht beurteilt werden, ob die in Rede stehenden Vorsteuern nun sämtliche vermietete Appartements oder Zimmer oder nur Teile davon betreffen. Stellte sich aufgrund von Ermittlungen etwa heraus, dass nur einige Appartements vermietet werden, andere aber dauerhaft privat verwendet werden sollen, hätte insoweit eine Vorsteuerberichtigung zu erfolgen. Ebensowenig geklärt ist, in welchem Umfang und wie lange Appartements von den Pflegerinnen der *P.* *K.* für deren private Wohnzwecke genutzt wurden.
18. Der Vorsteuerabzug betreffend die Umbaukosten ist freilich nur dann zulässig, wenn eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt. Zum Vorsteuerabzug ist nämlich nur berechtigt, wer Unternehmer ist. Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei). Nach § 1 Abs. 1 LVO liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und nicht unter Abs. 2 fällt. Liebhaberei hingegen ist u.a. bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus Tätigkeiten, die typischerweise in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind (§ 1 Abs. 2 Z 2 LVO), oder aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten (§ 1 Abs. 2 Z 3 LVO). Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn kann nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen (§ 6 LVO).
19. Ohne Zweifel stellte der Betrieb der Frühstückspension eine Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO dar. Anders aber ist der Betrieb von Appartements zu beurteilen, bei denen nur mehr Räume zur Nutzung überlassen werden, ohne dass zusätzliche Dienstleistungen wie etwa die Verabreichung eines Frühstückes hinzukommen. Solch eine Tätigkeit stellt eine Betätigung in Sinne des § 1 Abs. 2 LVO dar (vgl. ). Liebhaberei liegt hier nur dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt. Bei einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Auftreten von Aufwendungen (Ausgaben).
Für die Beurteilung der Ertragsfähigkeit einer Gebäudevermietung ist eine Prognose anzustellen, deren Gegenstand die wirtschaftlichen Ergebnisse sind, die bei der gegebenen Bewirtschaftungsart realistischerweise erzielbar sind. Dabei ist bei Beurteilung der konkreten Art der Bewirtschaftung und der Erstellung der Prognose auf tatsächliche Umstände, die sich in einem Beobachtungszeitraum eingestellt haben, Bedacht zu nehmen (vgl. ; ).
Im Beschwerdefall liegt keine Prognoserechnung vor, nach der die Ertragsfähigkeit der beabsichtigten Vermietung der Appartements innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von höchstens 23 Jahren beurteilt werden könnte. Nach den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Akten ist auch nicht erkennbar, dass das Finanzamt den Bf. zur Vorlage einer derartigen aufgefordert hätte.
Führten Ermittlungen zum Ergebnis, dass die durchgeführte Vermietungstätigkeit in der konkreten Bewirtschaftungsart innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von höchstens 23 Jahren keinen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt, läge eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereibetätigung vor. Ein Vorsteuerabzug wäre dann von Beginn an unzulässig und die Frage der Vorsteuerberichtigung stellte sich gar nicht.
III. Aufhebung und Zurückverweisung
20. Gemäß § 278 Abs. 1 BAO das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
21. Wie oben dargestellt, hat das Finanzamt Ermittlungen unterlassen, die die abschließende Beurteilung des Beschwerdefalles erlauben. Insbesondere wurde nicht ermittelt, inwieweit die Pension *** tatsächlich einer unternehmerischen Nutzung zugeführt wurde oder zugeführt werden soll oder ob und in welchem Ausmaß eine dauerhaft private Verwendung vorgesehen ist, ferner, in welchem Ausmaß Appartements durch Pflegerinnen für die Befriedigung derer Wohnbedürfnisse in Anspruch genommen worden sind und schließlich, ob die beabsichtigte und inzwischen offenbar auch durchgeführte Vermietung in der geänderten Bewirtschaftungsart nach einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren überhaupt einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt. Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zur Durchführungen dieser Ermittlungen zurückzuverweisen. Die Aufhebung war zulässig, weil die Durchführungen dieser Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht weder mit größerer Raschheit oder einer Kostenersparnis verbunden wären. Die Aufhebung war ferner deshalb gerechtfertigt, weil es infolge der mangelhaften Ermittlungen des Finanzamtes zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht ().
Zulässigkeit einer Revision
22. Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
23. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist mit diesem Beschluss nicht angesprochen, weshalb die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Verweise | Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz. 302, Fall 8). Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz. 302, Fall 8 Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 324 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100266.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at