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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2024, RV/4100208/2023

Unterbringung in einer öffentlichen Einrichtung (Heim)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gradischnig Hans u Mitges, Moritschstraße 5, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Kinder ***1***, geb. ***2***, ***3***, geb. ***4*** und ***5***, geb. ***6***, für den Zeitraum von Dezember 2020 - Juli 2022, Ordnungsbegriff ***7***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Sohn des Beschwerdeführers (Bf.), ***1***, beantragte am die Gewährung der Familienbeihilfe im Eigenbezug. Er sei seit zwei Jahren im "Heim ***8***" in ***9*** untergebracht. Er absolviere zurzeit eine Lehre. An seinen freien Wochenenden halte er sich ausschließlich bei seinen Großeltern auf. Zu seinem leiblichen Vater habe er so gut wie keinen Kontakt. Seine Großeltern kämen für seine Bedürfnisse auf.

Die Hausleitung des Hauses ***8*** bestätigte, dass der mj. ***1***, geb. ***2***, seit im Rahmen der stationären Kinder- und Jugendhilfe zur Pflege und Erziehung im Haus ***8*** - Sozialpädagogische Einrichtung für Kinder und Jugendliche, ***9*** - untergebracht ist.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt (FA) die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträge für die Kinder ***1***, ***3*** und ***5*** vom Beschwerdeführer (Bf.) für den Zeitraum 12/2020 - 07/2022 zurück (Familienbeihilfe € 3.590,00, Kinderabsetzbeträge € 1.168,00).
Begründet wurde der Rückforderungsbescheid mit den §§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 und 33 Abs. 3 EStG 1988. Weiters wurde ausgeführt, dass das Kind ***1*** nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Bf. lebe und dieser auch nicht überwiegend für die Unterhaltskosten aufkomme. Für die Kinder ***3*** und ***5*** wurden die anteiligen Geschwisterstaffeln rückgefordert. Der Bescheid wurde am zugestellt.

Am erhob der Bf. Beschwerde. Im Einzelnen führte er aus:

"Mein Sohn befindet sich seit November 2020 in einer externen Unterbringung, ist jedoch an meiner Adresse als Hauptwohnsitz gemeldet und an den geregelten Wochenenden nicht in der Heimunterbringung.

Ich leiste meinen Beitrag zu seiner Lebenserhaltung in Form einer monatlichen Unterhaltszahlung an die Abt. 4 der Kärntner Landesregierung von € 150,00. Somit komme ich für den überwiegenden Teil seiner Unterhaltszahlungen auf.

Des Weiteren finanziere ich das Handy meines Sohnes, mit einem monatlichen Abbucher von aktuell € 23,87. Diese laufenden Kosten belege ich anhand der übermittelten Kontoauszüge.

Natürlich kommen hinzu auch laufende Kosten wie Benzin, für die Hin - und Rückfahrten nach ***9*** ins Haus ***8***.

Auch hat ***1*** immer noch ein Zimmer in meinem Haus, welches ich nicht als tatsächliche Kosten angeben kann, jedoch aber als natürliche. Wenn er zu Hause ist, wird er entsprechend versorgt.
Des Weiteren möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass
***1*** selbst, keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe haben kann, da er keinerlei finanziellen Beitrag zu seiner Lebenserhaltung leistet oder in dem Zeitraum von November 2020 geleistet hat und er auch keinerlei Fixkosten hat.

Im Gegenteil er hatte bis zu seiner Lehre Taschengeld, AMS Bezug und nun seine Lehrlingsentschädigung zu seiner freien Verfügung für nicht lebensnotwendige Luxusausgaben. Dies geht auch aus seinen Kontoauszügen hervor, welche ich ebenfalls als Nachweis beilege.

Vorstellen könnte ich mir nur, dass er Kosten seitens der Großeltern mütterlicherseits geltend machen möchte. Hier gilt jedoch zu erwähnen, dass es sich um keine Kosten von ***1*** selbst handelt, sondern um freiwillige Zugeständnisse.

Diese Zugeständnisse waren zu keiner Zeit notwendig, da ***1*** alle relevanten Dinge, wie zB Schulsachen, Kleidung, Nahrung etc. bereits gestellt bekommen hatte und hat.

Außerdem waren sie von meiner Seite als Vater und alleinigem Sorgerechtsinhaber, auch nicht erwünscht und wurden von mir stets als übergriffig empfunden. Dem zuvor geht eine private Diskrepanz zwischen mir und den Großeltern, darüber wie viel Luxus ein Heranwachsender braucht.

Auch möchte ich erwähnen, dass der eingebrachte Antrag meines Sohnes, von den Großeltern mütterlicherseits ausgefüllt wurde und von ***1*** ohne nachzulesen unterschrieben wurde.

Die Familienbeihilfe kann folglich nur mir zustehen und nach Vorlegung der oben genannten Tatsachen und meiner Zahlungsnachweise, bitte ich Sie höflichst um rasche Bearbeitung, eine rückwirkende Wiederanerkennung der Familienbeihilfe und um Weiterzahlung auf mein unten angeführtes Bankkonto."

Beigelegt wurden monatliche Zahlungsnachweise von € 150,00 an die Abteilung 4 des Amtes der Kärntner Landesregierung, monatliche Zahlungsnachweise des Bf. betreffend die Handy Rechnungen (€ 23,87) des Sohnes sowie für den Zeitraum - Kontoauszüge des Sohnes. Für den streitgegenständlichen Zeitraum (12/2020 - 07/2022) sind daraus keine Überweisungen des Bf. an seinen Sohn ersichtlich.

Aktenkundig ist ein Vermerk des FA vom . Laut telefonischer Auskunft des "***8***heimes" hält sich der Sohn des Bf. nur dort oder an Wochenenden bei den Großeltern auf. Der Kindesvater leiste einen monatlichen Unterhalt von € 150,00 an die Landesregierung für die Unterbringung. Weitere diverse Ausgaben würden von den Großeltern geleistet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 FLAG 1967 und darauf, dass ***1*** seit nicht mehr beim Bf. haushaltszugehörig sei und der Bf. nicht den überwiegenden Unterhalt für Sohn ***1*** leiste, ab. Die Beschwerdevorentscheidung wurde nachweislich am zugestellt.

Mit am beim FA eingelangten Schriftsatz beantragte der Bf. die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand und die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Im Vorlageantrag bekämpfte der Bf. die Ausführungen des FA in der Beschwerdevorentscheidung und verwies darauf, dass sein Sohn seit November 2020 im "Heim" untergebracht sei, da er an einer psychischen Störung leide. Der Bf. beantragte die Parteieneinvernahme und vorzulegende ärztliche Unterlagen.
Er leiste einen monatlichen Unterhaltsbetrag von € 150,00 und bezahle als Naturalunterhalt die Handykosten für seinen Sohn in Höhe von € 23,87 monatlich. ***1*** verbringe jedes zweite Wochenende und Zeiten in den Ferien bei ihm; während dieser Zeit sei er bei ihm untergebracht und werde von ihm verpflegt.
***1*** befinde sich wegen eines Leidens in Anstaltspflege, er trage zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe bei, was bedeute, dass die Haushaltszugehörigkeit nach § 2 Abs. 5 lit c FLAG 1967 nie als aufgehoben anzusehen gewesen sei. Der Rückforderungsbescheid sei daher rechtswidrig.
Damit sei auch die für die mj. ***3*** und den mj. ***5*** rückgeforderte Geschwisterstaffel zu Unrecht erfolgt.

Aktenkundig ist ein beim FA am eingebrachtes Ansuchen des Bf. um Nachsicht.

Mit Bescheid vom gab das FA dem Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens betreffend den Vorlageantrag statt.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme beantragte das FA die Abweisung der Beschwerde.

Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes gab das Amt der Kärntner Landesregierung, Abt. 4, die vom Land Kärnten übernommenen Unterbringungskosten für ***1*** bekannt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tagsatz 2020 € 125,43
mtl. € 3.762,90 (30 Tage)
mtl. € 3.888,33 (31 Tage)
Tagsatz 2021 € 127,74
mtl. € 3.832,20 (30 Tage)
mtl. € 3.959,94 (31 Tage)
Tagsatz 2022 € 131,23
mtl. € 3.936,90 (30 Tage)
mtl. € 4.068,13 (31 Tage)

Das FA teilte dem Bundesfinanzgericht über dessen Ersuchen mit, dass der Antrag auf Nachsicht gem. § 236 Abs. 1 BAO mit Bescheid vom abgewiesen wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn des Bf., ist am ***2*** geboren. Er war im Rahmen der stationären Kinder- und Jugendhilfe zur Pflege und Erziehung im Haus ***8*** - Sozialpädagogische Einrichtung für Kinder und Jugendliche - von November 2020 bis November 2022 untergebracht. Im Haus ***8*** war ***1*** mit seinem Nebenwohnsitz gemeldet.

Für seinen Sohn entrichtete der Bf. monatlich einen Beitrag von € 150,00 an das Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 4, Soziales. Der Bf. finanzierte die monatlichen Handykosten seines Sohnes in Höhe von € 23,87. Der Bf. trug die Benzinkosten für Hin- und Rückfahrten zum Heim. Im Wohnhaus des Bf. stand dem Sohn für allfällige Besuche ein Zimmer zur Verfügung und wurde er entsprechend versorgt.

Der Sohn des Bf. verbrachte die zur freien Verfügung stehenden Wochenenden im überwiegendem Ausmaß bei seinen Großeltern mütterlicherseits.

Die öffentliche Hand leistete für ***1*** folgende Unterbringungskosten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tagsatz 2020 € 125,43
mtl. € 3.762,90 (30 Tage)
mtl. € 3.888,33 (31 Tage)
Tagsatz 2021 € 127,74
mtl. € 3.832,20 (30 Tage)
mtl. € 3.959,94 (31 Tage)
Tagsatz 2022 € 131,23
mtl. € 3.936,90 (30 Tage)
mtl. € 4.068,13 (31 Tage)

2. Beweiswürdigung

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt basiert auf den im elektronischen Weg vorgelegten Akten sowie den vom Bundesfinanzgericht erhobenen Auskünften.

Das Bundesfinanzgericht geht bei seiner Beweiswürdigung davon aus, dass der weitaus überwiegende Teil des Unterhalts für ***1*** durch die öffentliche Hand getragen wurde, auch wenn der Bf. die auf ihn übergegangenen Unterhalts- bzw. Kostenersätze geleistet (€ 150,00 mtl.) bzw. geringfügige Kosten (Handy Rechnungen, Benzinkosten für Heimfahrten, Natualunterhaltsleitungen) für den Sohn entrichtet hat.
Aus diesem Grund wird den Anträgen des Bf. auf Parteieneinvernahme sowie weitere Unterlagen einzuholen, nicht stattgegeben.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalt der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a leg. cit.).

Nach § 8 Abs. 3 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind ab , wenn sie
a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €
b) für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Gleiches gilt für die Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 EStG 1988 und die "Geschwisterstaffel" (§ 8 Abs. 3 FLAG 1967).

Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Rückforderungsbescheid zurecht ergangen ist. Die Rückforderungstatbestände entsprechen mutatis mutandis den Anspruchstatbeständen.

  1. Haushaltszugehörigkeit

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 wird der Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich nach der Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind bestimmt. Voraussetzung für das Vorliegen einer Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Im vorliegenden Fall war der Sohn des Bf. im Streitzeitraum in der sozialpädagogischen Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe für stationäre Erziehungshilfen ("Volle Erziehung") nach dem Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz untergebracht.

Das Bundesfinanzgericht folgt hinsichtlich des Aufenthaltes des Sohnes (laut Angaben des Bf. hat sein Sohn jedes zweite Wochenende und die Ferien bei ihm verbracht - laut Angaben des Sohnes hat er sich ausschließlich an den freien Wochenenden bei den Großeltern aufgehalten und hat zu seinem Vater so gut wie keinen Kontakt), den Auskünften der Heimleitung des Haus ***8***. Danach hat sich ***1*** an den Wochenenden im Heim oder bei den Großeltern aufgehalten.

Bei diesem Sachverhalt liegt jedoch keine Haushaltszugehörigkeit zum Bf. iSd § 2 Abs. 5 FLAG 1967 vor. Verwiesen sei idZ auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, wonach auch mehr oder weniger regelmäßige Aufenthalte an den Wochenenden bei den Eltern nichts an der Haushaltszugehörigkeit ändern (vgl. ).

Was die Meldung des Hauptwohnsitzes beim Bf. anlangt, so handelt es sich dabei um die polizeiliche Ab- und Anmeldung, die im Beschwerdefall aufgrund der obigen Ausführungen nicht entscheidend sind ().

Der Sohn des Bf. galt daher beim Bf. nicht als haushaltszugehörig.

  1. Nachweis der überwiegenden Unterhaltsleistung

Als Alternative zur Haushaltszugehörigkeit sieht § 2 Abs. 2 FLAG 1967 einen Familienbeihilfenanspruch auch dann vor, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend trägt und das Kind bei niemandem sonst haushaltszugehörig ist (, ).

Zu den Kosten des Unterhaltes gehören nicht nur die Kosten für die Unterbringung, sondern auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung eines Kindes aufgewendet werden, wie zB Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke. Es ist gleichgültig, ob diese Ausgaben freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen. Diese direkten Unterhaltsleistungen können jedoch nur dann anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden (vgl. Nowotny in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 150, vgl auch -I/08).

Voraussetzung für diesen alternativen Anknüpfungspunkt ist die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten, nicht die überwiegende Leistung des - vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dessen weiteren Sorgepflichten abhängigen (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 33 Anm. 100) - Unterhalts.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hängt die Beurteilung, ob jemand die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab.

Im Beschwerdefall wurden von der öffentlichen Hand die Kosten für Verpflegung und Unterkunft ( für 2020 € 3.762,90 bzw. € 3.888,33 monatlich, für 2021 € 3.832,320 bzw. 3.959,94 monatlich und für 2022 € 3.936,90 bzw. € 4.068,13 monatlich) getragen.

Es steht außer Streit, dass der Bf. € 150,00 monatlich an das Amt der Kärntner Landesregierung als "Unterhaltszahlung" geleistet hat. Und auch die von ihm bezifferten Handy-Kosten von monatlich € 23,87 sowie die angeführten Naturalleistungen stehen außer Streit. Bezogen auf die Unterhaltsleistungen der öffentlichen Hand trug der Bf. somit nur einen geringen Teil der Unterhaltslast für Sohn ***1***. Den weitaus überwiegenden Teil der Unterhaltslast trug aber die öffentliche Hand.

Es muss daher festgestellt werden, dass ***1*** nicht beim Bf. haushaltszugehörig war und auch der Bf. nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trug. Somit liegt keine Anspruchsvoraussetzung für den Familienbeihilfebezug vor.

Fehlt im Rückforderungszeitraum eine Voraussetzung für einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wurde aber dessen ungeachtet vom Finanzamt Familienbeihilfe ausbezahlt, hat eine Rückforderung zu erfolgen.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. , , ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs oder Verbrauchs der Familienbeihilfe sind nach ständiger Rsp des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (vgl die bei Lenneis/Wanke, FLAG 2,2020, § 26, Rz 13 zitierte Rechtsprechung).

Im strittigen Zeitraum Dezember 2020 - Juli 2022 lag weder eine Haushaltszugehörigkeit des Sohnes beim Bf. vor noch trug der Bf. überwiegend die Unterhaltskosten für seinen Sohn. Dies bewirkt kraft Gesetzes ein Erlöschen des Familienbeihilfenanspruches verbunden mit dem Anspruch auf Kinderabsetzbetrag und der "Geschwisterstaffelung".

Die Vorbringen des Bf., dass sein Sohn keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hätte, da er keinerlei finanziellen Beitrag zu seiner Lebenserhaltung geleistet habe, dass er das ihn zur Verfügung stehende Geld (Taschengeld, AMS-Bezug, Lehrlingsentschädigung udgl.) für nicht notwendige Luxusausgaben verwendet habe, sind für die gegenständliche Beschwerde nicht relevant. Im Beschwerdefall geht es nur darum, den Rückforderungsanspruch des FA gegenüber dem Bf. zu überprüfen. Allfällige Mutmaßungen - wie auch jene die die Großeltern betreffen - sind im Beschwerdefall unmaßgeblich.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegenständliches Erkenntnis betrifft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb die ao Revision nicht zulässig ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 25 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100208.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at