Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2024, RV/7103535/2015

Zurücknahme eines Antrages auf ANV im Beschwerdeverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch "CURA" Treuhand- und Revisions- gesellschaft m.b.H., Gumpendorfer Straße 26, 1060 Wien, diese vertreten durch Mag Sebastian Lackner, über 1.) die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer 2007 und über 2.) die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17, nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2007, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den erstgenannten Bescheid wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen den zweitgenannten Bescheid wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der keinen Pflichtveranlagungstatbestand erfüllende Beschwerdeführer (Bf) stellte einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2007. Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid die Lohnzettel zugrunde, wovon sich einer über den Zeitraum bis und der andere über den Zeitraum bis erstreckte. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Jänner2013 wurde die Einkommensteuer mit EUR 473,36 festgesetzt. Gegen diesen Bescheid berief der Bf form- und fristgerecht mit Schriftsatz vom erhobene Berufung.

Gegen den Anspruchszinsenbescheid 2007 vom 15. Jänner2013 berief der Bf nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom entschied die belangte Behörde über die Berufung und änderte dabei den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu Ungunsten des Bf ab, wogegen der Bf durch seine steuerliche Vertretung mit Schriftsatz vom Vorlageantrag sowie Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid 2007 vom erhob.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerden betreffend Einkommensteuer und Anspruchszinsen für das Jahr 2007 dem BFG elektronisch zur Entscheidung vor und begehrte die Abweisung der nunmehr als Beschwerde zu erledigenden Berufung iSd der verbösernden Beschwerdevorentscheidung.

Mit hg Beschluss vom wurde den Parteien gemäß § 183 Abs 4 BAO der Sachverhalt und Beweiswürdigung zwecks Gelegenheit zu einer Gegenäußerung innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zur Kenntnis gebracht.

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

Mit Schriftsatz vom , hg eingelangt am mit Fax, wurde der Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung 2007 zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 41 Abs 1 und 2 EStG 1988 idf das Streitjahr 2007 geltenden Fassung lautet:

"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7 oder 8 zugeflossen sind,

4. in einem Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr berücksichtigte besondere Verhältnisse gemäß § 63 Abs. 1 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen,

5. der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt wurde, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 nicht nachgekommen ist.

§ 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden. § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden."

§ 295 Abs 3 BAO sieht vor:

"Ein Bescheid ist ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist."

Vor dem beim BFG eingelangte Berufungen sind gemäß § 323 Abs 38 BAO sind im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG, sohin als Bescheidbeschwerden zu erledigen.

Beschwerde und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht. Die Zurücknahme des Antrages im Beschwerdeverfahren ist zulässig und wurde mit Fax ordnungsgemäß eingebracht. Die im Vorlageantrag beantragte mündliche Senatsverhandlung konnte angesichts der Zurücknahme des Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung 2007 entfallen.

Durch den Entfall des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung entbehrt der angefochtene Bescheid seiner Rechtsgrundlage. Es liegen zwei Dienstverhältnisse im Jahr 2007 vor, jedoch ohne Zeitüberscheidung. Der Bf erfüllt keinen Pflichtveranlagungstatbestand iSd § 41 Abs 1 EStG 1988, auf den der angefochtene Bescheid gestützt werden könnte. Die Veranlagung ist somit rechtsgrundlos geworden.

1.) Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides betreffend Einkommensteuer wegen Entfalls des den Bescheid stützenden Antrages ist eine materielle Entscheidung, die mit Erkenntnis (§ 279 BAO) auszusprechen ist. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2007 entfällt mit ex-tunc-Wirkung. Damit wird der Rechtszustand erreicht, als ob der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung nicht gestellt worden wäre.

2.) Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen. § 295 Abs 3 BAO bietet dafür die verfahrensrechtliche Grundlage (vgl ; ).

§ 295 Abs 3 BAO regelt die sog grundlagenähnlichen Bescheide. Leg.cit. verpflichtet die Abgabenbehörde zur Erlassung von Anspruchszinsenbescheiden, wenn der Stammabgabebescheide aufgehoben wird. "Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig" (vgl. Ritz, BAO5, § 205 Tz 34). Betreffend Anspruchszinsen hat gemäß § 295 Abs 3 BAO ein neuer Abgabenbescheid durch die belangte Behörde zu ergehen, mit dem dem Entfall des Stammabgabebescheides Rechnung getragen wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dieses Erkenntnis setzt lediglich die Rechtsfolgen der Prozesserklärung des Bf vom um und entspricht zur Gänze dessen Parteiwillen. Rechtsfragen wurde nicht aufgeworfen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 und 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 295 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103535.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at