Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2024, RV/7100225/2021

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten (Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort aus privaten Gründen)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe ergeben sich aus der in der Beilage angeschlossenen Beschwerdevorentscheidung vom und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) war im Streitjahr 2019 unselbständig erwerbstätig und machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung bzw. im Beschwerdeverfahren den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung machte der Bf. Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von Euro 3.672,00 und für doppelte Haushaltsführung in Höhe von Euro 10.619,16 geltend.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Bekanntgabe, ob er im Rahmen der Veranlagung die Berücksichtigung des Familienbonus Plus beantrage.

Mit Eingabe vom reichte der Bf. das Formular L 1k nach und beantragte die Berücksichtigung des Familienbonus Plus.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Bf., ergänzende Angaben zur doppelten Haushaltsführung zu machen.

Mit Eingabe vom reichte der Bf. Unterlagen nach und führte aus, dass der Hauptwohnsitz nach Wien verlegt worden sei, da der Sohn in Wien zu studieren begonnen habe und von der Ehefrau des Bf. Hilfe im Haushalt benötigt habe. Der Bf. habe für sich eine kleine Wohnung am Arbeitsort gemietet.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer in Höhe von Euro 222,00 fest. Die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten konnten nicht berücksichtigt werden, da die Wohnsitzverlegung aufgrund des Studiums des Sohnes erfolgt sei.

Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages.

In der Beschwerdevorentscheidung vom berücksichtigte die belangte Behörde den Alleinverdienerabsetzbetrag und setzte die Einkommensteuer in Höhe von Euro -272,00 fest.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte aus, dass die Kosten für die doppelte Haushaltsführung trotz beruflicher Veranlassung nicht berücksichtigt worden seien.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Entscheidung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der GA 1017 zur Entscheidung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist im Streitjahr 2019 unselbständig erwerbstätig. Der Arbeitsort des Bf. befindet sich in ***B***.

Der Bf. war im Zeitraum bis mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 1*** gemeldet. Seit dem ist der Bf. mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 2*** und seit dem mit Nebenwohnsitz an der Adresse ***Adresse 3*** gemeldet.

Die Ehefrau des Bf. war im Zeitraum bis mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 1*** und ist seit dem mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 2*** gemeldet.

Der Sohn des Bf. war im Zeitraum bis mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 1***, im Zeitraum bis mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Studentenheim*** und ist seit dem mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse 2*** gemeldet.

Da der Sohn des Bf. ein Studium in Wien begonnen hat und dieser Unterstützung durch die Ehefrau des Bf. im Haushalt benötigte, erfolgte mit der Umzug in eine gemeinsame Wohnung nach Wien. Der Bf. mietete für sich eine kleine Wohnung am Arbeitsort.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Streit besteht im vorliegenden Fall darüber, ob die geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten zu berücksichtigen sind.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar (vgl. ).

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. ).

Als Familienwohnsitz gilt bei einem verheirateten Steuerpflichtigen jener Ort, an dem er mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. ).

Die Wohnung mit der Adresse ***Adresse 1***, in der der Bf. mit seiner Ehefrau und zunächst auch seinem Sohn bis zum Umzug nach Wien lebte, begründete bis zum Umzug nach Wien am unstrittig den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Der Familienwohnsitz befand sich folglich an der genannten Adresse.

Der Bf. verlegte den Familienwohnsitz aufgrund des Studiums des Sohnes und des diesbezüglichen Unterstützungsbedarfes nach Wien. Die Verlegung des Familienwohnsitzes erfolgte folglich ausschließlich aus privaten Gründen. Am Beschäftigungsort begründete der Bf. einen weiteren Wohnsitz.

Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. ).

Demnach sind die mit dem Wohnsitz am Beschäftigungsort in Zusammenhang stehenden Aufwendungen privat veranlasst, wenn der Bf. am Beschäftigungsort einen weiteren Wohnsitz beibehält, den Familienwohnsitz jedoch aus privaten Gründen an einen auswärtigen Ort wegverlegt. Eine Anerkennung der Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten scheidet somit im vorliegenden Fall aus.

Insgesamt war daher der angefochtene Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung, in der der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt wurde, abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist bei der Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfrage der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ) gefolgt, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100225.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at