Abzugsfähigkeit der Kosten des Lehrgangs "Lebens- und Sozialberatung" als Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schmidauer-Steindl-Rechtsanwälte GmbH, Stadtplatz 36, 4710 Grieskirchen, über
1. die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 und
2. die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022,
beide zur Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:
a. Die Einkommensteuer 2021 wird mit -1.359,00 Euro festgesetzt.
b. Die Einkommensteuer 2022 wird mit -990,00 Euro festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist im gegenständlichen Verfahren zwischen den Parteien im Wesentlichen, ob die Kosten der von der Beschwerdeführerin (Bf.) - einer Volksschullehrerin - absolvierten Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin abzugsfähige Werbungskosten darstellen.
1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen
Am reichte die Beschwerdeführerin (Bf.) über FinanzOnline einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 ein, in welchem sie neben diversen anderen Werbungskosten 4.864,00 € an Aus- bzw. Fortbildungskosten geltend machte. Nach Durchführung eines diesbezüglichen Vorhalteverfahrens erließ die belangte Behörde am den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021, mit welchem sie der Bf. den Abzug dieser Kosten versagte. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, die gegenständlichen Bildungsmaßnahmen würden dem Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen unterliegen, da eine Aufteilung in einen der beruflichen Sphäre zuzuordnenden und einen der Privatsphäre zuzuordnenden Anteil nach nachvollziehbaren objektiven Kriterien nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Bf. vom , in welcher sie zusammengefasst vorbringt, dass es sich um eine berufliche Fortbildung im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur handle und die Bildungsdirektion auch Reisekostenersatz geleistet habe, was ebenfalls für eine berufliche Veranlassung spreche. Zudem habe die Abgabenbehörde die Kosten für dieselbe Fortbildung im Jahr 2020 nicht beanstandet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde nach Durchführung eines weiteren Vorhalteverfahrens als unbegründet ab, wobei sie begründend ausführte, ein Nutzen der Bildungsmaßnahme für die Berufstätigkeit reiche für die Abzugsfähigkeit nicht aus, vielmehr sei für diese eine berufliche Notwendigkeit Voraussetzung. Da aber als allseits bekannt vorausgesetzt werden könne, dass der weitaus überwiegende Teil von Volksschullehrern diesen Beruf auch ohne Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater ausüben kann, könne keine berufliche Notwendigkeit vorliegen.
Mit rechtzeitigem Vorlageantrag vom beantragte die Bf., die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen, ohne dabei weiteres Vorbringen zu erstatten.
Das Verfahren betreffend das Jahr 2022 lief teilweise parallel zum Verfahren betreffend das Jahr 2021. Der Antrag der Bf. auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 vom wurde mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 vom erledigt, auf welchen die Beschwerde vom , die Beschwerdevorentscheidung vom und der Vorlageantrag vom folgten. In all diesen Erledigungen bzw. Schriftsätzen wurde begründend auf das Verfahren betreffend das Jahr 2021 verwiesen bzw. das in diesem Verfahren erstattete Vorbringen wiederholt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Mit Schreiben vom legte die Bf. dem Gericht eine Bestätigung der Schulleitung vor, wonach die Bf. ab dem Schuljahr 2017/18 für mehrere Jahre die Klassenführung einer Integrationsklasse übernommen hat, sowie zwei Rundschreiben der Gewerkschaft, in welchen die gegenständliche Ausbildung als "spezielles Upgrade für Lehrer*innen" angepriesen wird. Die belangte Behörde führte dazu in ihrer Stellungnahme vom zusammengefasst aus, dass die Nützlichkeit der Ausbildung für den Beruf der Bf. seitens der Behörde nicht in Abrede gestellt werde, aber sich deren Notwendigkeit aus den vorgelegten Unterlagen nicht ergebe. Das Angebot richte sich auch nicht speziell an Lehrer, sondern sei es lediglich so, dass Lehrern - wie auch anderen Personen mit entsprechender Vorbildung - Teile des Lehrgangs angerechnet würden.
In der beantragten mündlichen Verhandlung am brachte die belangte Behörde weiters vor, bei den übrigen Werbungskosten seien die Hausschuhe sowie jene Ausgaben, die mit Rechnungen auf den Namen des Lebensgefährten der Bf. belegt wurden, auszuscheiden; im Falle der Abweisung seien die Literaturaufwendungen im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Fortbildung ebenfalls auszuscheiden; im Falle der Stattgabe sei hingegen die vom Land erhaltene Förderung zu berücksichtigen. Der Richter hielt der Bf. in der Verhandlung ferner die Nichtabzugsfähigkeit von Ausgaben für Geschenke, einen Rechenfehler in der Steuererklärung für das Jahr 2021 sowie Unstimmigkeiten des vorgelegten Fahrtenbuchs vor, welche allesamt eingeräumt wurden. Die Bf. brachte ihrerseits vor, die gegenständliche Fortbildung sei ihr auch auf die Fortbildungsverpflichtung angerechnet worden.
2. Sachverhalt
2.1. Berufliche Tätigkeit der Bf.
Die Bf. war in den Jahren 2021 und 2022 als klassenführende Lehrerin zunächst an der Volksschule ***VS1*** und ab dem Schuljahr 2021/22 an der Volksschule ***VS2*** tätig. Sie unterrichtete in diesem Zeitraum Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Bildnerische Erziehung, Bewegung und Sport, Englisch, Werken und erteilte Förderunterricht. In den Schuljahren 2017/18 bis 2020/21 führte die Bf. eine Integrationsklasse. Die Bf. befindet sich derzeit in Karenz, möchte aber danach wieder als Lehrerin tätig werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie auch in Zukunft wieder eine Integrationsklasse führen wird. Die Bf. strebt eine nebenberufliche Tätigkeit als selbständige Lebens- und Sozialberaterin an.
2.2. Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung"
Sie besuchte von September 2020 bis Juni 2022 den Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung" bei den Lebens- und Unternehmensberatern ***Berater1*** und ***Berater2*** und absolvierte am erfolgreich die kommissionelle Abschlussprüfung. Das Curriculum dieses Lehrgangs umfasst folgende Module, wobei ihr aufgrund ihrer Vorbildung Module im Ausmaß von einem Semester angerechnet wurden, die sie aber überwiegend dennoch freiwillig besuchte:
Die Ausübung des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung setzt zusätzlich zum erfolgreichen Abschluss dieses Lehrgangs Folgendes voraus:
90 Einheiten Gruppensupervision
10 Einheiten Einzelsupervision
100 protokollierte Beratungseinheiten
30 Einheiten "Einzel-Selbsterfahrung"
Peergruppentreffen zur Prozessreflexion, Vertiefung, Diskussion, Übungen
Leitung bzw. fachliche Assistenz bei Seminaren
Beratungstätigkeiten in Praxen bzw. Institutionen
Folgende Tätigkeiten dürfen aufgrund einer diesem Gewerbe entsprechenden Gewerbeberechtigung ausgeübt werden:
1. Beratung, Coaching, Counselling und Betreuung im individuumsorientierten Bereich im Zusammenhang mit
a. Persönlichkeitsthemen (Lebenssituationsanalyse, Entscheidungsfindung, Freizeit und Bildung, Emotionaler Umgang mit Geld, Themen im Zusammenhang mit der Single-Lebensform, Bewältigung von Krisen)
b. beruflichen Themen (Berufswahl und Karriereentwicklung, Alltags- und Arbeitsorganisation, Psychohygiene) und
c. Lebensabschnitt-Themen (Umgang mit Krankheit und Tod, Persönlichkeitsförderung alter Menschen, Beratung von Angehörigen und Pflegepersonal;
2. Beratung, Coaching, Counselling und Betreuung im beziehungsorientierten Bereich im Zusammenhang mit
a. persönlichen Beziehungsthemen (Partnerschaft und Ehe, Familie, Scheidung und Trennung, Erziehung, Sexualität)
b. sozialen Beziehungsthemen (Konflikte und Konfliktmanagement, Analyse und Bearbeitung von gruppendynamischen Interaktionsprozessen, Supervision)
c. Kommunikationsthemen (Gesprächsführung und Metakommunikation, Soziales Kommunizieren und Lernen, Gesprächs- und Führungsverhalten, Kommunikation und Kooperation in Gruppen und Teams)
3. (nur mit zusätzlichen, hier nicht einschlägigen Ausbildungen) Beratung, Coaching, Counselling und Betreuung von Personen oder Institutionen in ernährungsbezogenen, ernährungswissenschaftlichen oder sportwirtschaftlichen Fragestellungen
Für den Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung" hat die Bf. im Jahr 2021 3.968,00 € und im Jahr 2022 1.984,00 € bezahlt. Die Bf. hat kursbegleitend im Jahr 2021 32 Einheiten und im Jahr 2022 21 Einheiten Gruppensupervision absolviert und dafür weitere 512,00 € bzw. 336,00 € bezahlt.
Die Arbeitgeberin der Bf. (Bildungsdirektion für Tirol) hat der Bf. Tagesgebühren und Beförderungszuschüsse nach der Tiroler Reisegebührenvorschrift für die Teilnahme an allen Präsenzkursen des Lehrgangs, aber nicht für die Teilnahme an der Abschlussprüfung gewährt. Der Höhe nach entsprechen diese Reisekostenersätze jenen, die Bundesbediensteten nach der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. 133/1955 idF BGBl. I 153/2020, gebührten. Dieselben Module wurden der Bf. auch auf ihre Fortbildungsverpflichtung angerechnet. Dies umfasst die weitaus überwiegende Anzahl der Module des Lehrgangs, da der Lehrgang nur in geringfügigem Ausmaß online abgehalten wurde.
Die Teilnahme an der Abschlussprüfung sowie den Gruppensupervisionen wurde von der Bildungsdirektion nicht verlangt, sondern erfolgte auf eigenen Antrieb der Bf. im Hinblick auf eine zukünftige nebenberufliche selbständige Tätigkeit als Lebens- und Sozialberaterin.
Die Bf. kann die durch diesen Lehrgang erworbenen Kenntnisse bei ihrer Tätigkeit als Lehrerin verwerten; besonders nützlich sind sie für eine Tätigkeit als Lehrerin einer Integrationsklasse, Beratungslehrerin oder im Hinblick auf eine allfällige spätere Bewerbung um eine Schulleitung.
Das Land Tirol hat der Bf. für die Teilnahme an diesem Lehrgang am aufgrund der "Richtlinie Bildungsgeld update" gemäß Beschluss der Tiroler Landesregierung vom eine Förderung in Höhe des Maximalbetrages von 3.500 € ausbezahlt.
2.3. Zu den übrigen Werbungskosten
Neben den unmittelbaren Kurskosten hat die Bf. folgende Werbungskosten geltend gemacht:
In den geltend gemachten Beträgen für Arbeitsmittel (KZ 719) sind folgende Beträge enthalten:
In beiden Jahren jeweils 12,99 € für ein Paar Hausschuhe
In beiden Jahren jeweils 60,00 € für HP-Tintenpatronen, wobei die Rechnungen jeweils auf den Lebensgefährten der Bf. ***Lebensgefährte*** lauten
In beiden Jahren jeweils 125,60 € für ein und dasselbe iPhone, welches die Bf. im Jahr 2021 erworben hat und zu 40 % beruflich nutzt (125,60 € = 40 % des Kaufpreises)
Im Jahr 2021 insgesamt 88,45 € für Geburtstags- und Abschlussgeschenke an die Schülerinnen und Schüler der Bf.
Auch einige weitere Belege zu den Arbeitsmitteln der Bf. lauten auf ***Lebensgefährte***, weil dieser vereinzelt im Auftrag und auf Kosten der Bf. Bestellungen tätigte.
Die geltend gemachten Beträge an Reisekosten (KZ 721) sowie der im Jahr 2022 zusätzlich zu den unmittelbaren Kurskosten geltend gemachte Betrag an Aus-/Fortbildungskosten (KZ 722) setzen sich folgendermaßen zusammen:
Bei sämtlichen dieser Reisen erfolgte die Hin- und Rückfahrt am gleichen Tag; weitaus überwiegend stehen sie mit dem Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung" im Zusammenhang. Die Bf. nutzte für die gegenständlichen Reisen den damals auf ihre Mutter ***Mutter*** mit dem amtlichen Kennzeichen ***Kennzeichen*** angemeldeten Opel Astra, Motor 88 kW Benzin, mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ***FIN***, Erstzulassung . Das von der Bf. vorgelegte Fahrtenbuch ist jedenfalls unrichtig. Die durchschnittliche jährliche Laufleistung des gegenständlichen Fahrzeugs beträgt 10.000 km. Die tatsächlichen Fahrtkosten können mangels geeigneter Unterlagen nicht ermittelt werden.
3. Beweiswürdigung
3.1. Zur beruflichen Tätigkeit der Bf.
Die Feststellungen in Abschnitt 2.1. dieses Erkenntnisses gründen auf den von der Bf. vorgelegten Unterlagen und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung, deren Richtigkeit von der belangten Behörde insoweit nicht bestritten wurde und welche auch das erkennenden Gericht für glaubwürdig hält. Insbesondere hält das Gericht auch die Aussage der Bf. in der mündlichen Verhandlung, wonach sie eine nebenberufliche Tätigkeit als selbständige Lebens- und Sozialberaterin anstrebt, für glaubwürdig, da für das Gericht kein anderer Grund für die Absolvierung der - von der Bildungsdirektion nicht geforderten - kommissionellen Abschlussprüfung sowie der mit zusätzlichen Kosten verbundenen Gruppensupervisionen ersichtlich ist. Auch dieser Umstand wurde zudem von der belangten Behörde nie bestritten.
3.2. Zum Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung"
Die Feststellungen im Abschnitt 2.2. dieses Erkenntnisses ergeben sich - soweit in der Folge nichts anderes angegeben ist - widerspruchsfrei aus den vorgelegten Zahlungsbestätigungen bzw. Honorarnoten, Reisekostenabrechnungen, Stundenplänen und dem Kontoauszug betreffend die Förderung des Landes Tirol.
Der Inhalt des Lehrgangs (das Curriculum) wurde anhand der Angaben auf der Webseite der Fortbildungsveranstaltung festgestellt, wobei die Bf. in der mündlichen Verhandlung bestätigte, dass es sich dabei um das Curriculum des von ihr besuchten Lehrgangs handelte und auch die belangte Behörde dagegen keine Einwendungen erhob. Die weiteren Voraussetzungen für die Gewerbeausübung wurden anhand der Darstellung der Bf. in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom festgestellt, gegen die seitens der Behörde ebenfalls keine Einwendungen erhoben wurde. Die Tätigkeiten, welche aufgrund einer einschlägigen Gewerbeberechtigung ausgeübt werden dürfen, ergeben sich aus dem vom Gericht amtswegig eingeholten "Informationsblatt für Gewerbebehörden" Nr. 2 vom der Wirtschaftskammer Österreichs bzw. dem darin enthaltenen Tätigkeitskatalog des Gewerbes der Lebens- und Sozialberatung, an deren Richtigkeit für das Gericht nicht zweifelt.
Keine Zweifel hegt das Gericht ferner an den glaubwürdigen und von der belangten Behörde auch nicht bestrittenen Angaben der Bf. in der mündlichen Verhandlung, wonach die Bildungsdirektion den Besuch der einzelnen Module auf die Fortbildungsverpflichtung anrechnete und weder die Gruppensupervisionen noch die Teilnahme an der Abschlussprüfung verlangte sowie daran, dass die Bf. die erworbenen Kenntnisse bei ihrer Tätigkeit als Lehrerin oder im Rahmen allfälliger Zusatztätigkeiten bzw. höher qualifizierter Tätigkeiten verwerten kann.
3.3. Zu den übrigen Werbungskosten
Die Feststellungen im Abschnitt 2.3. dieses Erkenntnisses ergeben sich unmittelbar aus den von der Bf. vorgelegten Aufstellungen über die Werbungskosten sowie den übermittelten Belegen betreffend das Jahr 2021. Dass einzelne Belege auf den Lebensgefährten der Bf. lauten, weil dieser manche Bestellungen im Auftrag und auf Kosten der Bf. tätigte, konnte die Bf. in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegen und wurde von der belangten Behörde auch nicht bestritten. Dass das iPhone der Bf., welches von ihr zweimal abgesetzt wurde, zu 40 % beruflich genutzt wird, hat sie in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage glaubhaft bestätigt.
Die Feststellungen zum verwendeten Fahrzeug gründen auf der vom Gericht amtswegig vorgenommenen Einsichtnahme in die Zulassungsdatenbank und die Zentrale Begutachtungsplakettendatenbank (ZBD). Die Differenzen zwischen dem Gutachten vom aus der ZBD sowie dem von der Bf. vorgelegten (Excel-)Fahrtenbuch konnten von der Bf. in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel erklärt werden, weshalb das Gericht von der Unrichtigkeit des vorgelegten Fahrtenbuchs ausgeht. Hinsichtlich der tatsächlichen Fahrtkosten konnte nur eine Negativfeststellung getroffen werden, da für deren exakte Ermittlung keine geeigneten Nachweise vorliegen.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu den Aus-/Fortbildungskosten
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 stellen Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit sowie Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten dar.
Im vorliegenden Fall weist der Besuch des gegenständlichen Lehrgangs "Lebens- und Sozialberatung" durch die Bf. sowohl Elemente einer Fortbildungsmaßnahme im Zusammenhang mit ihrem bereits ausgeübten Beruf als auch Elemente einer Umschulungsmaßnahme im Sinne dieser Bestimmung auf.
Nach den Feststellungen leistete die Arbeitgeberin der Bf. für ihre Teilnahme an den in Präsenz abgehaltenen Modulen des Lehrgangs Kostenersätze nach der Tiroler Reisegebührenvorschrift (TRGV), LGBl. 45/1996 idF LGBl. 113/2011. Voraussetzung für die Leistung von Kostenersätzen ist nach diesem Gesetz, dass eine Dienstreise vorliegt. Eine Dienstreise liegt gemäß § 3 Abs. 1 TRGV vor, "wenn sich ein Bediensteter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begibt […]". Folglich geht das erkennende Gericht davon aus, dass ein dienstlicher Auftrag zum Besuch dieser Module vorlag. Ferner ist aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs davon auszugehen, dass sich dieser Auftrag auch auf die (vereinzelten) Onlinemodule des Lehrgangs erstreckte, obwohl diesbezüglich keine Nachweise vorgelegt wurden.
Daraus sowie aus dem Umstand, dass der gegenständliche Lehrgang der Bf. auch auf ihre Fortbildungsverpflichtung (15 Stunden pro Jahr gemäß § 29 Abs. 3 iVm § 43 Abs. 3 Z 4 LDG 1984) angerechnet wurde, folgt für das Gericht, dass der Besuch des Lehrgangs durch die berufliche Tätigkeit der Bf. veranlasst war und somit gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stand. Neben dem Veranlassungszusammenhang spricht nämlich auch der - selbst von der Behörde ausdrücklich außer Streit gestellte - Umstand, dass die Bf. die im Zuge des Lehrgangs erworbenen Kenntnisse zweifellos im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit verwerten kann, für einen Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit im Sinne der genannten Bestimmung (vgl. ).
Die Teilnahme an der Abschlussprüfung sowie an den Gruppensupervisionen steht jedoch nicht mehr zwingend in einem solchen Zusammenhang. Dies sind aber notwendige Schritte auf dem Weg zur Erlangung einer Gewerbeberechtigung für die selbständige Ausübung der Tätigkeit als Lebens- und Sozialberaterin (§ 119 GewO 1994) und daher - zusammen mit dem Lehrgang - als Teile einer umfassenden Umschulungsmaßnahme im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 anzusehen. Das in diesem Fall zusätzlich erforderliche Kriterium des Abzielens auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes liegt nach den Feststellungen ebenfalls vor. Mangelnde Zielstrebigkeit kann der Bf. jedenfalls nicht vorgeworfen werden, da sie nicht nur den Lehrgang innerhalb der vorgesehenen Zeit abgeschlossen, sondern mit den Gruppensupervisionen auch schon weitere konkrete Schritte im Hinblick auf die Erlangung einer Gewerbeberechtigung gesetzt hat. Eine Umschulungsmaßnahme im Sinne der vorgenannten Bestimmung liegt auch dann vor, wenn der aktuelle Hauptberuf nicht aufgegeben werden soll, sondern lediglich eine neue nebenberufliche Tätigkeit angestrebt wird (; , 2011/15/0159; , Ra 2015/15/0069; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Rz 203/10).
Es ist daher festzuhalten, dass die Aufwendungen für den gegenständlichen Lehrgang und die Gruppensupervisionen nach Ansicht des erkennenden Gerichts insgesamt Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 darstellen, weil eine umfassende Umschulungsmaßnahme vorliegt, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt. Der (weitaus) überwiegende Teil dieser Aufwendungen stellt zudem schon deshalb Werbungskosten dar, weil der gegenständliche Lehrgang auch als Fortbildungsmaßnahme angesehen werden kann, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Bf. als Lehrerin steht.
Zu prüfen ist aber noch, ob die gegenständlichen Aufwendungen - wie von der belangten Behörde vorgebracht - dem Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen unterliegen.
Der belangten Behörde ist dabei zuzustimmen, dass in Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden darf, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen (; , 2002/14/0012).
Allerdings hat die belangte Behörde nicht aufgezeigt, warum die Aufwendungen für den gegenständlichen Lehrgang überhaupt eine private Veranlassung nahelegen sollen, zumal dieser offenkundig auf die Erlangung einer Gewerbeberechtigung und die nachfolgende selbständige Ausübung einer Tätigkeit als Lebens- und Sozialberater gemäß § 119 GewO 1994 abzielt. Dagegen, dass bei Lehrgängen dieser Art von vornherein eine private Veranlassung anzunehmen wäre, spricht weiters die auch der Bf. gewährte Förderung seitens des Landes Tirol, welche nach § 1 der Förderrichtlinie gewährt wird, um "die berufliche Qualifikation von Arbeitskräften zu erhöhen" und als Bestandteil der Arbeitsmarktförderung des Landes Tirol angesehen wird.
Abgesehen davon, dass der Besuch des Lehrgangs für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung zur selbständigen Ausübung einer Tätigkeit als Lebens- und Sozialberater ohnehin notwendig ist und damit von vornherein kein Raum für die Anwendung des Abzugsverbotes für gemischt genutzte Aufwendungen besteht, wenn man den Lehrgang - wie das Gericht - als umfassende Umschulungsmaßnahme ansieht, liegt auch beim Besuch eines solchen Lehrgangs als Fortbildungsmaßnahme nach Ansicht des Gerichts keine private Veranlassung nahe, sodass das Abzugsverbot selbst dann nicht zur Anwendung käme, wenn man das Vorliegen einer umfassenden Umschulungsmaßnahme oder deren Abzielen auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs im vorliegenden Fall verneinte.
Die vom Land Tirol erhaltene Förderung ist allerdings von den geltend gemachten Werbungskosten abzuziehen. Abweichend vom Grundsatz, dass Einnahmen bei den außerbetrieblichen Einkunftsarten im Zeitpunkt ihres Zuflusses steuerwirksam werden, normiert § 19 Abs. 1 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 nämlich, dass erhaltene Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln in jenem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für welches sie getätigt werden. Da der gesamte Lehrgang "Lebens- und Sozialberatung" Gegenstand dieser Förderung ist, muss die im Jahr 2022 erhaltene Förderung nach Ansicht des erkennenden Gerichts wie folgt gleichmäßig auf die gesamte Kursdauer verteilt werden:
Die anteiligen Beträge für 2021 und 2022 sind folglich von den Werbungskosten der jeweiligen Jahre abzuziehen. Der auf das Jahr 2020 entfallende Anteil kann vom Gericht mangels eines anhängigen Verfahrens nicht berücksichtigt werden. Es obliegt der Abgabenbehörde, zu prüfen, ob diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung (etwa nach § 295a BAO, vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Rz 30/12) vorliegen und gegebenenfalls die nötigen Schritte zu setzen.
Ausgehend von den geltend gemachten und nachgewiesenen Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Lehrgang verbleiben nach Abzug der anteiligen Förderung folgende Beträge:
4.2. Zu den übrigen Werbungskosten
Aufwendungen für auch in der Freizeit tragbare Bekleidung und Schuhe unterliegen dem Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 (vgl. ). Daher sind die geltend gemachten Aufwendungen für Hausschuhe in Höhe von 12,99 € pro Jahr nicht abzugsfähig.
Aufwendungen für Computer, Drucker und dergleichen inklusive Zubehör unterliegen nicht dem Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, aber aufgrund der gewöhnlich damit verbundenen privaten Nutzung solcher Wirtschaftsgüter ist ein Privatanteil ggf. griffweise zu schätzen (). Das Gericht schätzt den Privatanteil mangels anderer Anhaltspunkte im vorliegenden Fall mit 50 %, wobei damit sowohl die Nutzung durch den Lebensgefährten der Bf. als auch die - unter den vorliegenden Umständen wohl recht geringfügige - Privatnutzung durch die Bf. selbst abgegolten ist. Die Hälfte der geltend gemachten Aufwendungen für Druckerpatronen, sohin der Betrag von 30,00 € pro Jahr, ist daher nach Ansicht des Gerichts nicht abzugsfähig.
Geschenke aller Art sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 als Repräsentationsaufwendungen nicht abzugsfähig (zur strengen diesbezüglichen Judikatur siehe Peyerl in Jakom EStG16 [2023], § 20 Rz 63). Der Betrag von 88,45 €, den die Bf. im Jahr 2021 für Abschluss- und Geburtstagsgeschenke an ihre Schülerinnen und Schüler aufgewendet hat, ist daher nicht abzugsfähig.
40 % des Kaufpreises für das im Jahr 2021 angeschaffte iPhone wurden bereits im Jahr 2021 abgezogen. Damit wurde das nach den Feststellungen zu 40 % beruflich verwendete Gerät steuerlich vollständig berücksichtigt. Eine erneute Berücksichtigung im Jahr 2022 kommt nicht in Betracht. Der Betrag von 125,60 € ist im Jahr 2022 daher nicht abzugsfähig.
Insgesamt sind die geltend gemachten Aufwendungen für Arbeitsmittel wie folgt zu kürzen:
Fahrtkosten im Zusammenhang mit beruflicher Fortbildung sind im Ausmaß der tatsächlichen Kosten abzugsfähig. Ein Rechtsanspruch darauf, das amtliche Kilometergeld anzusetzen, besteht nicht (). Im vorliegenden Fall hält das Gericht allerdings - offenbar in Übereinstimmung mit der belangten Behörde - eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld für sachgerecht. Parkgebühren sind jedoch nach herrschender Auffassung mit dem amtlichen Kilometergeld bereits abgegolten (vgl. ). Sie können daher nicht zusätzlich in Abzug gebracht werden.
Abgesehen davon, dass der Bf. für die gegenständlichen Dienstreisen ohnehin Tagesgebühren gezahlt wurden, die gerade der Abdeckung eines allfälligen Verpflegungsmehraufwandes dienen sollen, ist darauf hinzuweisen, dass für lediglich eintägige Dienstverrichtungen, die keine Übernachtung notwendig machen, kein Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht werden kann (). Die Ausgaben der Bf. für Mittagessen können daher nicht abgezogen werden.
Von den geltend gemachten Reisekosten sind folglich allein die geltend gemachten Kilometergelder (amtliches Kilometergeld abzüglich der Beförderungszuschüsse von der Arbeitgeberin) steuerlich anzuerkennen.
Die geltend gemachten Werbungskosten für Fachliteratur waren zwischen den Parteien - jedenfalls für den Fall der Stattgabe hinsichtlich der Lehrgangskosten - nicht strittig und begegnen auch keinen Bedenken des Gerichts.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden. Eine tabellarische Zusammenfassung der vom Gericht festgesetzten Beträge für die einzelnen Kennzahlen ist den Berechnungsblättern zu entnehmen, die diesem Erkenntnis beigefügt sind.
4.3. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Tatfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 119 GewO 1994, Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100094.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at