Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2024, RV/3100087/2024

Werbungskosten einer Gymnasiallehrerin für ein fremdunüblich angemietetes Arbeitszimmer und allgemeinbildende Literatur

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer 81-217/3102, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

In ihrem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 vom machte die Beschwerdeführerin (Bf.) unter anderem Werbungskosten für ein Arbeitszimmer, Fachliteratur und Unterrichtsmaterial geltend.

Die belangte Behörde erkannte die geltend gemachten Werbungskosten im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom überwiegend nicht an. Bei Lehrern sei als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit jener Ort anzusehen, an dem die Vermittlung von Wissen und Können erfolge; Aufwendungen für ein Arbeitszimmer seien daher nicht abzugsfähig. Die als Fachliteratur geltend gemachten Werke würden Literatur von allgemeinem Interesse darstellen; darauf entfallende Kosten seien selbst dann nicht abzugsfähig, wenn diese Werke tatsächlich beruflich verwendet bzw. daraus Anregungen für die berufliche Tätigkeit gewonnen würden. Die geltend gemachten Arbeitsmittel bzw. Unterrichtsmaterialien seien in Wahrheit Artikel, die auch von den schulpflichtigen Kindern der Bf. verwendet werden können und daher der privaten Lebensführung zuzuordnen. Unter den geltend gemachten Artikeln seien auch Schulbücher gewesen, die eindeutig der Tochter der Bf. zugeordnet werden können, z.B. "Lösungswege Mathematik Oberstufe 5", wobei auf der entsprechenden Rechnung sogar der Name der Tochter angeführt gewesen sei. Die belangte Behörde hat die abzugsfähigen Arbeitsmittel in der Folge mit 200 € geschätzt, das ist ca. ¼ des geltend gemachten Betrages. Von den geltend gemachten Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel (Computerzubehör und dergleichen) hat die belangte Behörde einen Privatanteil im Ausmaß von 40 % ausgeschieden, da die Bf. keine berufliche Nutzung in höherem Ausmaß nachgewiesen habe.

In ihrer nach Verlängerung der Frist rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gegen diesen Bescheid bestreitet die Bf. die Kürzungen bzw. die Schätzung betreffend Unterrichtsmaterialien nicht. Sie begehrt aber weiterhin die Kosten für ihr Arbeitszimmer und für bestimmte näher bezeichnete literarische Werke. Für die digitalen Arbeitsmittel hält sie einen Privatanteil von 30 % für angemessen. Ihr Beschwerdebegehren begründet sie zusammengefasst damit, dass ihr in der Schule kein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe und sie daher ein Büro in ihrem Wohnhaus von einer Familienangehörigen ihres Ehegatten angemietet habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, wobei sie ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer nun auch auf Grundlage der Angehörigenjudikatur bestritt.

Im rechtzeitigen Vorlageantrag vom führte die Bf. näher aus, warum die einzelnen Werke der Literatur ihrer Ansicht nach abzugsfähig seien. In Bezug auf das Arbeitszimmer führte sie aus, sie müsse die Unterrichtsvorbereitung außerhalb der Schule vornehmen, ihre Wohnung habe sich dafür als ungeeignet erwiesen, deshalb sei das außerhalb des Wohnungsverbandes gelegene Arbeitszimmer angemietet worden; das Mietverhältnis sei trotz des geringen Mietzinses fremdüblich, da die angemietete Wohnung mietrechtlich der Kategorie C entspreche. Hinsichtlich des Privatanteils für digitale Arbeitsmittel bekämpfte sie die Beschwerdevorentscheidung nicht.

Das Gericht hat im Vorfeld der Verhandlung Beweis aufgenommen durch Vornahme eines Augenscheins in der Schule der Bf. mit Befragung deren Direktors als Auskunftsperson sowie durch Vornahme eines Augenscheins in den Räumlichkeiten der Bf., welche von dieser als Arbeitszimmer bezeichnet wurden. Die Beweisergebnisse wurden der Bf. während des letzteren Augenscheins mündlich zur Kenntnis gebracht und unmittelbar im Anschluss daran auch der belangten Behörde.

In der mündlichen Verhandlung am , zu welcher kein Vertreter der Abgabenbehörde erschienen ist, wurden die bisherigen Beweisergebnisse der Bf. auch schriftlich zur Kenntnis gebracht. Sie sprach sich gegen die Verwertung der Beweisergebnisse aus dem Augenschein in der Schule aus, da diese ohne Mitwirkung der Bf. aufgenommen wurden und zudem die Situation im Jahr 2020 nicht widerspiegeln würden. Für die im Jahr 2020 teilweise vorgeschriebene Erteilung von ortsungebundenem Unterricht sei die Schule zu diesem Zeitpunkt in technischer Hinsicht nicht ausreichend ausgestattet gewesen und zudem hätten strenge Beschränkungen hinsichtlich der höchstzulässigen Personenanzahl in den Räumen der Schule die Nutzung dieser Räumlichkeiten weiter erschwert. Zur geltend gemachten Literatur führte die Bf. in der Verhandlung aus, dass diese erforderlich gewesen sei, um dem Bildungsauftrag ihrer Schule nachzukommen, und außerdem zur Betreuung spezifischer vorwissenschaftlicher Arbeiten von Schülern unerlässlich gewesen sei.

2. Sachverhalt

2.1. Zur beruflichen Tätigkeit und zur Arbeitsstätte der Bf.

Die Bf. ist Geografie- und Geschichtelehrerin am ***Gymnasium*** in ***Ort***. Neben dem Unterricht ist sie an zahlreichen schulbezogenen Projekten beteiligt und koordiniert den Schulzweig "***Schulzweig***".

Die Lehrkräfte haben im ***Gymnasium*** zwar keinen fixen eigenen Schreibtisch und Computerarbeitsplatz, können sich aber grundsätzlich in einem der beiden Konferenzzimmer, in Sprechzimmern oder in der Lehrerbibliothek auf den Unterricht vorbereiten. Ein freier Sitzplatz an mit anderen Lehrkräften geteilten Schreibtischen ist nahezu immer vorhanden. Es ist den Lehrkräften möglich, Computer und Drucker bzw. Kopierer an der Schule zu nutzen, dabei müssen sie sich aber einige wenige Computerarbeitsplätze teilen.

Im gegenständlichen Jahr 2020 fand der Unterricht aufgrund der COVID-19-Pandemie überwiegend in ortsungebundener Form statt ("distance learning"). Eine vollständige Schließung der Schule mit gesetzlichem oder behördlichem Betretungsverbot für das Lehrpersonal erfolgte zwar nicht, aber die angeordneten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung machten es in diesem Jahr erforderlich, dass die Lehrkräfte den Unterricht in erheblichem Umfang außerhalb der Schule unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel erteilten. Für diese Art des Unterrichts war die Schule der Bf. in diesem Zeitraum nur unzureichend ausgestattet.

2.2. Zum geltend gemachten Arbeitszimmer

Bei den Räumlichkeiten, für welche die Bf. den Abzug von Werbungskosten begehrt, handelt es sich um eine abgetrennte Wohnung von ca. 40 m² Größe im Erdgeschoß des Mehrparteienhauses, in dessen 2. Stock die Bf. mit ihrer Familie wohnt. Das gegenständliche Mehrparteienhaus liegt im Innsbrucker Stadteil ***Stadtteil*** in zentrumsnaher Lage mit exzellenter Anbindung an den öffentlichen Verkehr.

Die gegenständliche Wohnung besteht aus einem großen Zimmer (dem eigentlichen Arbeitszimmer), einem Badezimmer mit WC und Dusche, einer Wohnküche und einem Vorraum. Das eigentliche Arbeitszimmer misst etwas weniger als die Hälfte der Gesamtfläche dieser Wohnung. Küche und Badezimmer wären grundsätzlich funktionsfähig; der Boiler im Badezimmer wurde jedoch von der Bf. zum Stromsparen abgeklemmt. Die Wohnung verfügt über einen Holzofen.

Der Ehegatte der Bf. hat diese Wohnung von seiner Großmutter angemietet. Im Jahr 2020 betrug der monatliche Hauptmietzins 73,97 € und die monatlichen Betriebskosten betrugen 51,66 €, jeweils zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Die geltend gemachten Werbungskosten entsprechen der Höhe nach der Miete inkl. Betriebskosten des ganzen Jahres 2020 für die gesamte Wohnung.

Der Mietvertrag wurde mündlich abgeschlossen, es existiert kein schriftlicher Mietvertrag. Der Abschluss des Mietvertrages erfolgte frühestens im Jahr 2010. Die Bezahlung der Miete und Betriebskosten erfolgte vom Gemeinschaftskonto der Bf. und ihres Gatten. Im Jahr 2020 betrug die Richtwertmiete für eine Wohnung dieser Größe in Tirol 283,60 €. Auf dem Markt wäre für diese Wohnung eine Nettomiete von 630,80 € erzielbar gewesen.

Die Wohnküche sowie das Badezimmer werden überwiegend zur Lagerung diverser privater Gegenstände der gesamten Familie verwendet; insbesondere von Sportgeräten, Bekleidung und Fortbewegungsmitteln. In einem Bücherregal in der Wohnküche wird juristische Fachliteratur des Ehegatten der Bf. aufbewahrt. Das eigentliche Arbeitszimmer wird weitaus überwiegend für berufliche Zwecke der Bf. verwendet. Neben der persönlichen Fachbibliothek der Bf. werden dort auch in großem Umfang Unterrichtsmaterialien aller Art gelagert. Vereinzelt und vorübergehend werden in diesem Zimmer auch private Gegenstände gelagert.

Ihre eigene Wohnung konnte die Bf. im Jahr 2020 aufgrund der beengten Platzverhältnisse und der drei minderjährigen Kinder im gemeinsamen Haushalt nicht zur adäquaten Unterrichtsvorbereitung bzw. zur Erteilung von ortsunabhängigem Unterricht nutzen.

2.3. Zur geltend gemachten Fachliteratur

a) Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg), Tiroler Burgenbuch: Nordtiroler Unterland

In der Reihe "Tiroler Burgenbuch" werden die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen bedeutender Burgen dargestellt. Die Darstellung erfolgt bewusst in gefälliger Form, sodass die Balance zwischen wissenschaftlichem Werk und attraktivem Bildband gewahrt bleibt. Die Herausgeberin führt diesbezüglich im Vorwort aus: "Auch in Band XI wurde versucht, die Gratwanderung zwischen wissenschaftlichem Anspruch und einer auch einem interessierten Publikum erschließbaren Textgestaltung zu schaffen."

b) Hinterstoisser et al (Hrsg), Die k.k. Landwehr Gebirgstruppen

Bei diesem Werk handelt es sich um einen 320 Seiten umfassenden Bildband, der die Uniformierung und Ausrüstung der österreichischen Gebirgstruppen von 1906 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs sowie die Gefahren und Besonderheiten des Gebirgskrieges darstellt.

c) Michael Holzer/Klaus Haselböck, Berg und Sinn: Im Nachstieg von Viktor Frankl

In diesem Buch wird unter anderem die Rolle des Kletterns für den bekannten Psychiater Viktor Frankl und dessen Auswirkungen auf seine Resilienz thematisiert, wobei ausgewählte Klettertouren Frankls nachgezeichnet werden.

d) Geologische Bundesanstalt (Hrsg), Rocky Austria: Geologie von Österreich - kurz und bunt

"Rocky Austria" ist ein Standardwerk der österreichischen Geologie, welche auf 80 Seiten mit zahlreichen Schaubildern, Karten und Fotos allgemein verständlich dargestellt wird.

e) 2 Bildbände des Comitato Cengia Martini - Lagazuoi (Hrsg)

Bei den zwei Bildbänden "Der Große Krieg auf dem Kleinen Lagazuoi" und "Der Erste Weltkrieg auf dem Sasso di Stria" handelt es sich um Publikationen des Comitato Cengia Martini - Lagazuoi, einer italienischen Personenvereinigung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Geschichte des Ersten Weltkrieges auf dem Berg Lagazuoi in den Dolomiten zu bewahren. Diese Bildbände werden von diesem Komitee als für die Allgemeinheit bestimmte Führer bzw. Informationsmaterial beworben.

f) Magazine "Damals" und "National Geographic History"

Bei diesen beiden Magazinen handelt es sich um bekannte populärwissenschaftliche Zeitschriften, die sich mit Geschichte und Kulturgeschichte befassen.

g) Magazine "History of War" und "Militär und Geschichte"

Bei diesen beiden Magazinen handelt es sich um populärwissenschaftliche Zeitschriften, die sich mit Militärgeschichte befassen.

h) Philipp Blom, Die zerrissenen Jahre 1918-1938

Dieses populärwissenschaftliche Buch thematisiert anschaulich die Zwischenkriegszeit und ihre Probleme.

i) Dan Diner, Ein anderer Krieg

Dieses populärwissenschaftliche Buch erzählt den Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive des jüdischen Palästina.

j) Deutsche Geschichte erzählt von Manfred Mai

Dieses umfassend illustrierte Werk bietet einen Überblick über die Geschichte Deutschlands für Leser ab einem Alter von 12 Jahren.

Bei sämtlichen Werken von a) bis j) handelt es sich um Werke, die nicht ausschließlich für die Fachöffentlichkeit erstellt wurden, sondern auch von allgemeinem Interesse sind. Sie wurden von der Bf. für berufliche Zwecke (zur Unterrichtsvorbereitung oder zur unmittelbaren Verwendung im Unterricht) angeschafft.

k) Reliefpostkarte und Georeliefkarte

Die Eigenschaften sowie die Art der Verwendung dieser Werke durch die Bf. konnten nicht festgestellt werden.

3. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur beruflichen Tätigkeit der Bf. gründen auf den übereinstimmenden Angaben der Bf., des Direktors ***Name Direktor*** anlässlich des Augenscheins am sowie den Angaben auf der Homepage der Schule (***Link zur Homepage***), an deren Richtigkeit für das Gericht keine Zweifel bestehen. Die Feststellungen zu den räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten am ***Gymnasium*** gründen ebenfalls auf dem beim Augenschein am gewonnenen Eindruck des erkennenden Richters und hinsichtlich der Situation im Jahr 2020 zusätzlich auf den glaubwürdigen Angaben der Bf. in der mündlichen Verhandlung.

Dass der Unterricht im Jahr 2020 überwiegend in ortsungebundener Form stattfand, aber keine gesetzlichen oder behördlichen Betretungsverbote für das Lehrpersonal ausgesprochen wurden, ergibt sich daraus, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften zwar den Fernunterricht, aber keine vollständigen Schulschließungen (mit Betretungsverboten für das Lehrpersonal) vorsahen, sondern im Gegenteil Hygienevorschriften für den Aufenthalt in der Schule enthielten, siehe Anlage B zur Verordnung vom des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21, BGBl. II 208/2020 (C-SchVO). Auch die strenge Quarantäne in Tirol erlaubte das Betreten öffentlicher Orte zu beruflichen Zwecken (§ 4 Abs. 5 Verordnung des Landeshauptmannes vom nach § 2 Z 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl. 35/2020). Die Bf. hat dies in der mündlichen Verhandlung ebenfalls bestätigt.

Die Feststellungen im Abschnitt 2.2. dieses Erkenntnisses gründen - soweit in der Folge nichts anderes angegeben ist - auf dem Augenschein in den Räumlichkeiten der Bf. am und den anlässlich dieses Augenscheins bzw. bereits mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen (Kontoauszüge, Betriebskostenabrechnung für 2020). Die Lage des Wohnhauses und dessen Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist als gerichtsnotorisch anzusehen. Dass der gegenständliche (mündliche) Mietvertrag frühestens im Jahr 2010 abgeschlossen worden sein konnte, hat die Bf. in der mündlichen Verhandlung für das Gericht nachvollziehbar dargelegt, indem sie auf den Zusammenhang der Anmietung mit ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem im Jahr 2010 gelegenen Dienstantritt verwies. Dass der Mietvertrag zwischen ihrem Gatten und dessen Großmutter abgeschlossen wurde, ergibt sich daraus, dass die vorgelegte Betriebskostenabrechnung den Gatten der Bf. namentlich nennt. Dass sich die Bf. in ihrer eigenen Wohnung nicht adäquat auf den Unterricht vorbereiten konnte, erscheint dem erkennenden Richter nach Besichtigung der Wohnung anlässlich des Augenscheins im Arbeitszimmer auch glaubwürdig. Auf das Vorhandensein eines Holzofens hat die Bf. das Gericht in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

Die festgestellte Richtwertmiete ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Z 7 RichtWG durch Multiplikation mit dem Flächenausmaß von 40 m². Die festgestellte marktübliche Miete ergibt sich durch Multiplikation des Flächenausmaßes mit dem durchschnittlichen Nettomietzins für die Stadt Innsbruck im Jahr 2020 in Höhe von 15,77 € pro m² laut statistischer Erhebung der Arbeiterkammer für Tirol, welche der Bf. in der mündlichen Verhandlung vorgehalten und von ihr nicht substantiiert bestritten wurde.

Die Feststellungen im Abschnitt 2.3. dieses Erkenntnisses gründen hinsichtlich der Werke a) bis f) unmittelbar auf der Begutachtung der gegenständlichen Werke anlässlich des Augenscheins am , wobei neben dem Gesamteindruck die Klappentexte und Vorworte dieser Werke näher betrachtet wurden. Die Werke g) bis j) wurden dem Gericht von der Bf. nicht vorgelegt, da sie verliehen oder verschenkt worden seien. Deren wesentlichen Merkmale wurden vom Gericht daher anhand einer Internetrecherche festgestellt, deren Ergebnis der Bf. in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wurde und zu welchem sie sich nicht weiter äußerte. Die Bf. hat den allgemeinbildenden bzw. populärwissenschaftlichen Charakter der gegenständlichen Werke zuletzt nicht mehr bestritten, sondern lediglich auf die berufliche Notwendigkeit ihrer Anschaffung hingewiesen. Die berufliche Verwendung dieser Werke hat die Bf. nach Ansicht des Gerichts überzeugend dargelegt. Zu Punkt k) musste eine Negativfeststellung getroffen werden, da diese Werke dem Gericht nicht vorgelegt wurden und aufgrund ihrer allgemeinen Beschreibung auch nicht festgestellt werden konnte, um welche Werke es sich konkret handeln soll.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zum Arbeitszimmer

Nach den Feststellungen befindet sich das gegenständliche Arbeitszimmer zwar im selben Haus, aber nicht in der Wohnung der Bf., weshalb das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangt. Nicht von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang daher auch, ob dieses Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Bf. im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

Auf Arbeitszimmer außerhalb des Wohnungsverbandes ist die zum EStG 1972 ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung weiterhin anzuwenden. Nach dieser sind Aufwendungen für ein Arbeitszimmer dann abzugsfähig, wenn das Vorhandensein eines Arbeitszimmers für die Berufsausübung unbedingt notwendig ist und sich die berufliche Nutzung einwandfrei von der privaten Nutzung trennen lässt ( mit Anm Zorn, RdW 2024, 56).

Eine solche Notwendigkeit hat der Verwaltungsgerichtshof etwa bei einer Lehrerin für Deutsch und Englisch mit umfangreichen Korrekturarbeiten angenommen, die einen Teil der Arbeitszeit außerhalb der Schule für Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten aufgewendet hat und eine Durchführung der Arbeiten in der Familienwohnung aufgrund sehr beengter Raumverhältnisse nicht zumutbar war. Voraussetzung dafür ist, dass der aufgewendete Anteil der Arbeitszeit wesentlich ist, weil es sich nicht um eine bloß geringfügige und an sich entbehrliche berufliche Nutzung des Arbeitsraumes handeln darf ().

Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Fall ist jedoch insoweit nicht mit dem hier zu beurteilenden Fall vergleichbar, als in jenem Fall eine Privatnutzung der fraglichen Räumlichkeiten nahezu ausgeschlossen war. Im vorliegenden Fall verhält es sich jedoch insoweit anders, als eine erhebliche Privatnutzung der gegenständlichen Wohnung (mit Ausnahme des darin enthaltenen Arbeitszimmers) durch die Bf. und ihre Familienangehörigen festgestellt wurde. Aufgrund dieser Privatnutzung ist das Kriterium der einwandfreien Trennbarkeit von beruflicher und privater Nutzung in Bezug auf die gesamte Wohnung nicht erfüllt und kann die Bf. jedenfalls nicht die Kosten für die gesamte Wohnung geltend machen. In Betracht käme allenfalls eine Geltendmachung jenes Kostenanteils, der auf das eigentliche Arbeitszimmer entfällt, bei einer dem Gericht grundsätzlich sachgerecht erscheinenden Aufteilung nach dem Flächenausmaß folglich nach den Feststellungen etwas weniger als die Hälfte der geltend gemachten Kosten.

Doch auch der Abzug dieses verbleibenden Kostenanteils bleibt der Bf. verwehrt. Verträge zwischen nahen Angehörigen werden nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (der sogenannten "Angehörigenjudikatur") unabhängig von der zivilrechtlichen Gültigkeit für den Bereich des Steuerrechts nämlich nur dann anerkannt, wenn sie

  1. nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,

  2. einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und

  3. zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Sämtliche dieser Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 2 Rz 160 mit zahlreichen Judikaturfundstellen). Mangels einer schriftlichen Vereinbarung hat das erkennende Gericht erhebliche Zweifel daran, ob die ersten beiden der genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt sind. Es erübrigt sich jedoch, darauf näher einzugehen, da das gegenständliche Mietverhältnis nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedenfalls nicht das Kriterium der Fremdüblichkeit erfüllt.

Der Abschluss eines mündlichen Mietvertrages erscheint dem Gericht schon aufgrund der damit verbundenen Beweisschwierigkeiten und dem Umstand, dass damit im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes zwingend ein unbefristetes Mietverhältnis eingegangen wird (§ 29 Abs. 1 Z 3 lit. a MRG) nicht fremdüblich. Dass die Vermieterin Wohnungen im selben Haus an familienfremde Parteien ebenfalls ausschließlich aufgrund von mündlichen Vereinbarungen vermietet, hat die Bf. weder behauptet noch nachgewiesen; dies erscheint dem Gericht ferner derart lebensfremd, dass es dies ausschließen kann.

Unabhängig davon hält auch der nachgewiesene Inhalt des Mietvertrages dem Fremdvergleich nicht stand: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Hinweis der Bf. auf den Kategoriemietzins der Kategorie C schon dahingehend fehlgeleitet ist, dass die gegenständliche Wohnung nach den Feststellungen zumindest die Kriterien der Ausstattungskategorie B erfüllt (§ 15a Abs. 1 Z 2 MRG). Im Übrigen finden die Kategoriebeträge gemäß § 15a Abs. 3 MRG bei Verträgen, die - wie der vorliegende Mietvertrag - nach dem geschlossen wurden, keine Anwendung, da § 16 Abs. 2 MRG seit BGBl. 800/1993 für Wohnungen der Kategorien A, B und C stattdessen eine Anknüpfung an die Richtwerte laut Richtwertgesetz vorsieht. Nach den Feststellungen entspricht der vereinbarte Mietzins nur ungefähr einem Viertel der Richtwertmiete, was dem Gericht völlig fremdunüblich erscheint. Selbst die Berücksichtigung allfälliger nach dem Mietrechtsgesetz zulässiger Zu- und Abschläge vermag diese Diskrepanz nicht aufzulösen.

Zusammengefasst sind die von der Bf. geltend gemachten Kosten für ihr Arbeitszimmer zum Teil schon deshalb nicht abzugsfähig, weil nur ein Teil der angemieteten Wohnung überhaupt als Arbeitszimmer genutzt wird. Zum anderen Teil sind sie deshalb nicht abzugsfähig, weil das Mietverhältnis, aufgrund dessen die geltend gemachten Zahlungen geleistet wurden, dem Fremdvergleich nicht standhält und damit im Sinne der "Angehörigenjudikatur" steuerlich nicht anzuerkennen ist.

4.2. Zur Fachliteratur

Die Anschaffung von Werken, die von allgemeinem Interesse oder für einen nicht fest abgrenzbaren bzw. nicht abgegrenzten Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, begründet im Allgemeinen nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung (; , 2006/15/0065). Der Umstand, dass aus diesen Werken fallweise Anregungen und Ideen für die berufliche Tätigkeit gewonnen werden können, ändert daran nichts ().

Ausdrücklich verneint hat der VwGH beispielsweise die Abzugsfähigkeit von Nachschlagewerken allgemeiner Art und Landkarten (), Wanderkarten und
-büchern, Reise- und Kunstführern (; , 98/14/0063), Atlanten (), Bildbänden () sowie Illustrierten und populärwissenschaftlichen Magazinen (). Insbesondere hat der VwGH sogar die Abzugsfähigkeit mehrerer Bände eines Werks namens "Geschichte des Christentums" bei einer Geografie- und Geschichtelehrerin verneint () sowie verschiedene Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterrichtsgestaltung eines Lehrers ().

Vor diesem Hintergrund müssen auch die Aufwendungen der Bf. für die im Abschnitt 2.3. dieses Erkenntnisses unter a) bis j) genannten Werke als Kosten der Lebensführung angesehen werden, welche dem Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 unterliegen. Auf die auch nach Ansicht des Gerichts zweifellos gegebene berufliche Nutzung der gegenständlichen Literatur kommt es nicht an. Hinsichtlich der Werke unter Punkt k) des Abschnitts 2.3. muss der Bf. der Abzug zudem mangels Nachweisführung einer konkreten beruflichen Veranlassung versagt werden.

4.3. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Tatfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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