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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2024, RV/7101197/2024

erhöhte Familienbeihilfe - res iudicata

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für Juni 2018 bis Mai 2019, SV-Nr.: ***Nr.***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am stellte die Beschwerdeführerin (Bf.) einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung/ Rückw.:
Im Anhang sende ich Ihnen den Antrag und die Diagnose. Meine Tochter ***A.*** … bekam aktuell eine neue Diagnose, ASS, die Lebenslang, seit der Kindheit wirkt, deshalb stelle ich den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbeitrages zur Familienbeihilfe rückwirkend.
Dem Antrag war ein KLINISCH PSYCHOLOGISCHER BEFUND des Dachverbandes Österreichische Autistenhilfe vom beigelegt.

Am erließ das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Bescheid:
Zurückweisungsbescheid
Ihr Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung, eingebracht am , wird zurückgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum
(Nachname wie Bf.) ***A.*** … 0299 Juni 2018 - Mai 2019
Begründung
Laut Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice wurde ab eine Behinderung im Ausmaß von 50 % sowie die dauernde Erwerbsunfähigkeit von ***A.*** festgestellt. Seit Juni 2019 besteht Anspruch auf den Erhöhungsbetrag.
Die Zurückweisung erfolgte, weil die Eingabe aus folgendem Grund nicht zulässig ist: Ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ist unter anderem dann zurückzuweisen, wenn in ein und derselben Sache die Abgabenbehörde bereits einmal rechtskräftig entschieden hat (Abweisungsbescheid vom ).

Die Bf. erhob Beschwerde und begründete diese wie folgt:
1). Laut Klinisch-Psychologischen Gutachten, erstellt in der Zeit: 11.2022 - 4.2023, vom Fr. Mag. …, Autistenhilfe Wien, kann die Diagnose: ASS (F84.5, 6A02.0) Als rückwirkend betrachtet werden, da ASS angeboren und lebenslange Diagnose ist.
2). Ihr Begründung ist hinsichtlich dem Abweisungsbescheid vom 2015 (der mir nicht zugestellt wurde) unrichtig weil die Erkrankung meiner Tochter schon vorher bestand aber erst im April 2023 diagnostisch festgestellt wurde (Siehe Gutachten 4.2023).
Betrachten Sie unser Anliegen als Ausnahme Fall, da die Diagnose ASS erst im 24 Lebensjahr meiner Tochter bescheinigt wurde.
Davor zahlreiche andere Diagnosen: F43.2, F91.3, F42, F98.2, F82, F92, F45.1, F41.0, F33.1, F50.0, F60.3, ab dem 2 Lj., die erheblich alle Lebensbereiche beeinträchtigen und Hilfe von anderen unerlässlich ist.
Laut Behinderten Verband, in solchen besonderen Fällen, die Nachzahlung des Erhöhungsbetrages auch 10 Jahre rückwirkend geltend gemacht werden kann, und im Idealfall seit des Eintrittes der Erheblichen Behinderung, also seit den Kinderjahren, bzw. der Geburt.
Belege:
Gutachten vom 4.2023 [unten im Erwägungsteil wiedergegebener Befund vom ]
Abweisungsbescheid

Das Finanzamt erließ (am ) eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ist unter anderem dann zurückzuweisen, wenn in ein und derselben Sache die Abgabenbehörde bereits einmal rechtskräftig entschieden hat (Grundsatz "ne bis in idem"). Der Grundsatz "ne bis in idem" besagt, dass eine Abgabenbehörde in ein und derselben Sache nicht zweimal entscheiden darf (Unwiederholbarkeit, Einmaligkeitswirkung).
Im gegenständlichen Verfahren hat das Finanzamt bereits mit Abweisungsbescheid vom und in weiterer Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom abweisend darüber entschieden, dass ab Juni 2015 kein Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung zu gewähren ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen, somit unanfechtbar und unwiderrufbar, sodass die Abgabenbehörde in der durch diesen Bescheid erledigten "Sache" nicht neuerlich entscheiden kann.
Gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht.
Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten.
Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die ärztliche Bescheinigung bildet jedenfalls die Grundlage für die Entscheidung, ob die Familienbeihilfe zusteht, sofern das Leiden und der Grad der Behinderung einwandfrei daraus hervorgehen. Eine andere Form der Beweisführung ist nicht zugelassen.
Laut Sachverständigengutachten vom wurde bei Ihrer Tochter eine Behinderung im Ausmaß von 50% sowie die dauernde Erwerbsunfähigkeit ab attestiert.
Dieses Gutachten war die Grundlage für die Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung ab Juni 2019.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde ein neuerliches ärztliches Gutachten abverlangt.
In diesem Sachverständigengutachten vom wurde, analog dem Gutachten vom , der Grad der Behinderung mit 50% und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit, rückwirkend ab festgestellt.
Da sich somit die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, erfolgte die Zurückweisung Ihres Antrages vom zu Recht.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein und stellte den Antrag:
• Das Bundesfinanzgericht möge die angefochtenen Bescheide vom und aufheben und meinen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages, rückwirkend, 5 Jahre ab der ASS Diagnose von 4.2023 oder 10 Jahre rückwirkend falls möglich, stattgeben.
Begründung:
Da Autismus Spektrum Störung angeboren ist, liegt die Erhebliche Behinderung seit den Kinderjahren vor, die richtige Diagnose wurde aber erst im April 2023 gestellt.
Manifestiert hat sich die Störung ca. ab dem 2-ten Lebensjahr.
Zahlreiche Diagnosen: F43.2, F91.3, F42, F98.2, F82, F92, F45.1, F41.0, F33.1, F50.0, F60.3 sind seit dem oben genannten Zeitpunkt vorhanden.
Da das Vorhandensein der Besonderen Wahrnehmung und Empfindungen sehr stark ausgeprägt sind, ergeben sich daraus Erhebliche Einschränkungen in allen Lebensbereichen und die Unterstützung durch andere unerlässlich ist.
Meine Tochter kann ihre Gefühle nicht steuern, daraus ergeben sich bei Überforderung Gefühlszustände die einhergehen mit Selbstverletzung und Sachbeschädigung.
Die Leistungsfähigkeit ist stark vermindert und Erwerbsunfähigkeit liegt vor.
Bitte beachten Sie diese Tatsachen.
Anhang:
1. Beschwerdevorentscheidung von , Bescheid vom
2. ASS Diagnose von
3. AKH Diagnose von
4. BASB Gutachten von und

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Im Jahr 2015 stellte die Bf. für ihre damals noch minderjährige Tochter ***A.*** (geb. … .02.1999) einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe. Der Antrag auf den Erhöhungsbetrag wurde mit Bescheid vom ab 06/2015 abgewiesen, da lt. Sachverständigengutachten vom ein Grad der Behinderung von 40% (ab ) und keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vorlag. Aufgrund der damals eingebrachten Beschwerde, erfolgte eine neuerliche Begutachtung der Tochter. Das Gutachten vom ergab allerdings keine Änderung zum Vorgutachten, weshalb die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde.
Im August 2019 brachte die Bf. abermals einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für ihre Tochter ein. Lt. Bescheinigung vom wurde ein Grad der Behinderung von 40% ab und von 50% ab sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt. Somit wurde der Bf. der Erhöhungsbetrag ab 06/2019 gewährt. Die Nachuntersuchung im Dezember 2022 ergab keine Änderung zum Vorgutachten. Es wurde abermals ein Grad der Behinderung von 40% ab und von 50% ab , sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ebenfalls ab festgestellt.
Am stellte die Bf. abermals einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für ***A.*** ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, den die/der medizinische Sachverständige feststellt im Höchstausmaß von rückwirkend fünf Jahren ab Antragstellung. Im Sachverständigengutachten vom wurde ein Grad der Behinderung von 50% ab und 60% ab , sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab bescheinigt. Daraufhin erfolgte eine Zurückweisung des Antrages für den Zeitraum 06/2018 bis 05/2019 aufgrund entschiedener Sache.
Beweismittel:
auf den gesamten Akteninhalt wird verwiesen
Stellungnahme:
Ein Abweisungsbescheid betreffend (erhöhter) Familienbeihilfe gilt nach der ständigen Rechtsprechung jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat (vgl. ). Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ; ). Wird somit nach Erlassung eines Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat.
Im gegenständlichen Fall bezieht die Bf. ab 06/2019 bereits den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe. Für Zeiträume davor hat sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert. Im aktuellsten Sachverständigengutachten vom wird ein Grad der Behinderung von 50% ab und 60% ab , sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab bescheinigt. Da mit Abweisungsbescheid vom und in weiterer Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom bereits entschieden wurde, dass ab 06/2015 der Erhöhungsbetrag nicht zusteht, liegt für den Zeitraum bis 05/2019 res iudicata vor.
Nach Ansicht der Abgabenbehörde erfolgte die Zurückweisung für den Zeitraum 06/2018 bis 05/2019 zu Recht.
Es wird beantragt, der Entscheidung der Abgabenbehörde zu folgen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Mai/Juni 2017 - somit zum frühestmöglichen Termin - hat die (18-jährige) Tochter der Bf. die Reifeprüfung an einem Wiener Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium bestanden, abgesehen von Mathematik nur mit der Beurteilung ,sehr gut' und ,gut' (Reifeprüfungszeugnis vom ; dem Schreiben "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" beigelegt).

Im am zum Finanzamt zurückgelangten Schreiben "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" gab die Bf. u.a. an:
Angaben zum Kind
(Nachname wie Bf.) ***A.*** Vers.Nr. d. Kindes … 0299
derzeitige Tätigkeit des Kindes
[vorausgefüllt: Schüler(in)]
Bezeichnung und Anschrift der (Hoch)Schule, Universität, die das Kind besucht
UNI WIEN
Studienrichtung DIPLOMSTUDIUM
RECHTSWISSENSCHAFTEN Studienbeginn OKTOBER 2017

Im ersten Studienjahr - Wintersemester 2017/18 und Sommersemester 2018 - legte die Tochter der Bf. folgende Prüfungen ab (Studienerfolgsnachweis vom :
A 101 Rechtswissenschaften UG2002 von
Diplomstudium Rechtswissenschaften UG2002 ECTS Beurteilung
Einführung in die Rechtswissenschaften und ihre Methoden 15.00 1
Pflichtübung aus dem Fach Rechts- und
Verfassungsgeschichte der neueren Zeit 4.00 3
MP Rechts- und Verfassungsgeschichte der neueren Zeit 7.00 2
MP Europäische und internationale Grundlagen
des Rechts) 14.00 2
UE Anfängerübung zur Falllösung aus Bürgerlichem Recht 2.00 4
UE Anfängerübung zur Falllösung aus Strafrecht 2.00 3
KU Juristische Recherche 2.00 3
UE Übung zur Einführung in die Rechtswissenschaften
und ihre Methoden 4.00 1
UE Übung Romanistische Fundamente (Schuldrecht) 4.00 3

Im zweiten Studienjahr - Wintersemester 2018/19 und Sommersemester 2019 - legte die Tochter der Bf. folgende Prüfungen ab (Studienerfolgsnachweis vom :
A 101 Rechtswissenschaften UG2002 von
Diplomstudium Rechtswissenschaften UG2002
MP Bürgerliches Recht Fach Arbeitsrecht und Sozialrecht 14.00 4
MP Fach Straf- und Strafprozessrecht 14.00 4
MP Straf- und Strafprozessrecht 16.00 4
KU Einführung in die Rechts- und Staatsphilosophie der Moderne 3.00 1
KU Justiz und Rechtsstaatlichkeit 4.00 2
KU Politische Philosophie und Philosophie des Rechts 3.00 1
Übung aus dem Fach Romanistische Fundamente europäischer
Privatrechte und Technik der Falllösung 3.00 1

Zum vorangegangenen Verfahren in den Jahren 2015/2016:

Am hatte das Finanzamt einen an die Bf. gerichteten Bescheid erlassen: Abweisungsbescheid
Ihr Antrag vom auf erhöhte Familienbeihilfe wird abgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum
(Nachname wie Bf.) ***A.*** … 0299 ab Juni 2015
Begründung
Gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem oben angeführten Amt das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden. Die Beschwerde ist zu begründen. Durch die Einbringung einer Beschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides gemäß § 254 Bundesabgabenordnung (BAO) nicht gehemmt.

Am -somit innerhalb der 1- monatigen Rechtsmittelfrist - hatte die Bf. folgende Beschwerde beim Finanzamt persönlich überreicht:
Bei meine Tochter ***A.*** … , vers. Nr.: … 0299, bestehen dauerhafte Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen und Sinneswahrnehmung, belegt durch folgende Befunde:
- Früheste Diagnose wurde in 2002 gestellt, dann
- Willa Kunterbunt, Diagnose: F43.2, (2006)
- Die Boje, Diagnose: F43.2 und F91.3, (2009)
- Autistenhilfe, Diagnose: F42, (2010)
- KH Rosenhügel, Diagnose: F92.8 und F82, (2011)
- Dr. Tenner, Diagnose: F92.8 und F82, (2015)
Die oben genannten Beeinträchtigungen sind fortdauernd, bestehen bereits seit mindestens 10 Jahren. Aufgrund dessen dass verschiedene Wahrnehmungsbereiche betroffen sind ergeben sich daraus erhebliche Einschränkungen in allen Lebenssituationen.
Damit der Schultag und Alltag gemeistert wird benötigt meine Tochter Unterstützung und Begleitung.
Bitte um nochmaliger Überprüfung der Voraussetzungen für die Erhöhte Familienbeihilfe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hatte das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen:
Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung:
Sie haben am einen Antrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für Ihre Tochter ***A.***, geb. … .2.1999 eingebracht.
Gemäß § 8 Abs. 5 ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der derzeit gültigen Fassung gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem nicht nur eine vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Laut neuem fachärztlichem Sachverständigengutachten durch das Sozialministerium vom wurde keine Änderung zum Vorgutachten (GDB 40%) festgestellt.
Es besteht laut oben genannter gesetzlicher Bestimmung kein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im August 2019 brachte die Bf. abermals einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für ihre Tochter ein: "ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, den die/der medizinische Sachverständige feststellt im Höchstausmaß von rückwirkend fünf Jahren ab Antragstellung." (Antrag vom ).
Laut Bescheinigung vom wurde ein Grad der Behinderung von 40% ab März 2011 und von 50% ab Juni 2019 sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt. Somit wurde der Bf. der Erhöhungsbetrag ab Juni 2019 gewährt (Beschwerdevorlage).

Zum Verfahren auf Grund der am eingebrachten Antragstellung:

Der Klinisch psychologisch Befund des Dachverbandes Österreichische Autistenhilfe vom weist Folgendes aus:
Alter zu Testbeginn: 23 Jahre
Untersuchungszeitraum: November 2022 - April 2023
Zuweisungsgrund: Abklärung des Verdachts auf Autismus-Spektrum-Störung
PSYCHOLOGISCHE UNTERSUCHUNG
Verwendete Verfahren …
VORSTELLUNG UND ANAMNESE
anwesend: ***A.*** …
KLINISCH PSYCHOLOGISCHER BEFUND
Frau … ist zum Zeitpunkt des Untersuchungsbeginns 23 Jahre alt. Erbeten werde eine diagnostische Abklärung des Verdachts auf Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung, da Frau … seit der Kindheit mit Herausforderungen hinsichtlich sozialer Interaktion, Kommunikation und Wahrnehmung konfrontiert sei.
Die Anamnese wird als weitestgehend bekannt vorausgesetzt bzw. kann in Vorbefunden nachgelesen werden. Zur aktuellen Fragestellung wird ergänzend festgehalten:
Psychiater habe den Verdacht einer Autismus-Spektrum-Störung angesprochen; studiere derzeit Rechtswissenschaft; Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion seit der Kindheit;
Sensorische Überempfindlichkeiten; eingeschränkte Flexibilität und Spontanität im Alltag; Schlafprobleme, teilweise Tag-Nacht-Umkehr
Bisherige Befunde und / oder Interventionen: PTBS, Essstörung, Zwangsstörung, Somatisierungsstörung, Oppositionelles Verhalten, Sozialverhalten; Sozialphobie, etc.
FREMDANAMNESE
Gespräch mit Mutter:
Es habe schon in der frühen Kindheit Auffälligkeiten gegeben, im Alter von 2,5 Jahren sei die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung gestellt worden; sie habe keinen Zugang zu anderen Kindern gefunden, sei immer sehr aggressiv gewesen, habe es nicht toleriert, wenn sie jemand angegriffen habe, oder wenn jemand den Kinderwagen angegriffen habe, habe geschlagen, gebissen, etc.; es habe keine Vorfälle in der frühen Kindheit gegeben, der Vater sei "krank", Alkoholmissbrauch, verbale und emotionale Gewalt, Sachbeschädigung im Babyalter; Scheidung im Alter von 6 Jahren, Vater habe hier die Wohnung grob sachbeschädigt; es sei in der frühen Kindheit Spieltherapie, Ergotherapie empfohlen worden; Koordination sei immer schwer gewesen, Grob- und Feinmotorik, schnelles Reagieren, Gleichgewicht sei immer schwer gewesen; sensorische Überempfindlichkeiten seit der frühen Kindheit, habe "übermäßige Empfindungen und eine andere Wahrnehmung", könne nicht mit Gefühlen umgehen, habe Affektausbrüche, das Jugendamt sei immer involviert gewesen, die Polizei sei oft gerufen worden, es sei immer gedroht worden von Nachbarn; Psychiater habe den Verdacht einer Autismus-Spektrum-Störung angesprochen; Kindergarten sei schwer gewesen, sie sei nicht sozial gewesen, habe keine soziale Ausrichtung gezeigt, Affektausbrüche, sei in einen psychologischen Kindergarten mit kleiner Gruppe gewechselt (9-13 Uhr), dort habe es besser funktioniert, habe dann Affektausbrüche eher zuhause gehabt; in der Schule habe sie sich eher zurückgehalten, zuhause habe sie dann geweint, geschrien und alles herausgelassen;
Habe in der Kindheit zumeist "böse" geschaut, eher keine Mimik gezeigt; kein soziales Lächeln; sei immer eher in ihrer eigenen Welt gewesen; habe im Kindergarten eine Freundin gehabt, diese Freundin habe das Asperger-Syndrom gehabt; in der Volksschule seien die Aufgaben teilweise schwer für sie gewesen; in der Volksschule habe sie eine Freundin gehabt; diese Freundin sei nach zwei Jahren in eine andere Schule gekommen, habe teilweise andere Freundinnen gehabt, sei zu Geburtstagen eingeladen worden; nach der Scheidung habe sie viel Gewicht zugenommen (auch aufgrund von Risperdal), habe auch ein anderes Verhalten gezeigt, keine soziale Initiative, Gespräche seien immer sachlich gewesen und habe Gespräche immer abrupt beendet; sei eher zurückgewiesen worden, sei gemobbt worden und eine Außenseiterin gewesen; habe viele Fehlzeiten gehabt; Leistungen seien jedoch gut gewesen; Affektausbrüche anderen gegenüber seien bereits in der Volksschule beobachtbar gewesen; wenn etwas nicht so gelaufen sei, wie sie das wollte, habe sie nicht damit umgehen können; habe nicht warten können, sei übergriffig gewesen anderen Kindern gegenüber;
Habe in der Kindheit immer gleichbleibende Routinen und Rituale gebraucht, Änderungen oder spontane Ausflüge seien unmöglich gewesen, man habe alles im Vorhinein besprechen müssen, Pläne machen und einhalten müssen, spontan mit der Nachbarin etwas plaudern sei unmöglich gewesen, sie habe sich sehr aufgeregt und sei ausfallend gewesen;
Habe eine Essstörung, bereits im Stillalter seien Auffälligkeiten beobachtbar gewesen, habe lange Zeit nur sehr weiche Sachen gegessen; habe immer das gleiche gegessen, selektives Essverhalten; auch aktuell sehr restriktives Essverhalten
Durch viele Polizei-, Therapie-, Krankenhausaufenthalte habe sie sich sehr mit ihren Diagnosen identifiziert
Könne den Alltag nicht alleine bewältigen, nicht alleine U-Bahn fahren, Mutter müsse sie zu allen Terminen begleiten
Habe Studium Rechtswissenschaften begonnen, sei selber in die Uni gegangen, Essstörung sei intensiver geworden, sehr viel abgenommen (ca. 38 Kilo Körpergewicht), sei beurlaubt worden; Essstörung sei extrem ausgeprägt gewesen
Habe in der Kindheit Sarkasmus, Humor, Ironie nicht verstanden, nehme mehrdeutige Aussagen wörtlich, erschrecke sich schnell, weil sie Dinge ernst nehme
ADOS 2 (Modul 4)
Die "Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen" ist ein strukturiertes Verfahren zur Erfassung von Kommunikation, sozialer Interaktion und Spielverhalten bzw. restriktiven und repetitiven Verhaltensweisen.
Die Beobachtung des Verhaltens erfolgt anhand standardisierter Spielsituationen. Je nach Entwicklungsstand und sprachlichen Fähigkeiten stehen 4 Module sowie ein Kleinkindmodul (Verdachtsdiagnose) zur diagnostischen Beurteilung zur Verfügung.
Sprache und Kommunikation: Frau … spricht in grammatikalisch korrekten, komplexen Sätzen. Sie versteht und verwendet sprachlichen Ausdruck wörtlich und präzise, das Verständnis von mehrdeutigen oder humorvollen Aussagen ist teilweise beobachtbar.
Frau … gibt an, kommunikative Kompetenzen gelernt zu haben, zwischenmenschliches Verhalten und Kommunikation seien ihr nicht intuitiv zugänglich. Direkte oder verzögerte Echolalie ist nicht beobachtbar. Frau … kann Informationen geben und über Ereignisse berichten, tut dies jedoch nur sehr eingeschränkt, zumeist beziehen sich ihre Aussagen direkt auf eine Frage, gehen selten darüber hinaus. Sie stellt keine (auf Gedanken, Gefühle oder Erfahrungen bezogene) Fragen an die Testleiterin (TL). Die Ausführungen von Frau … wirken präzise.
Wechselseitige soziale Interaktion: Frau … zeigt zumeist ausweichenden oder kurzen Blickkontakt. Der mimische Ausdruck und die Verwendung von beschreibenden oder emotionalen Gesten sind eingeschränkt beobachtbar. Frau … berichtet über ihre Wahrnehmung und Erfahrungen. Ihre eigenen Gefühle seien ihr eingeschränkt zugänglich. Gefühle anderer Menschen erkenne sie nicht intuitiv. Verhalten in sozialen Situationen habe sie vielfach gelernt.
Stereotype Verhaltensweisen und eingeschränkte Interessen: Frau … zeigt im Verlauf der ADOS 2 Untersuchung kaum reizsuchende Verhaltensweisen. Erkennbar sind intensive Interessen an sehr spezifischen Themen. Sensorische Interessen an Materialien können nicht beobachtet werden. Frau … zeigt Überempfindlichkeiten in sensorischen Bereichen.
ADOS 2 (Modul 4) Summenwerte
Kommunikation (K) 2
Soziale Interaktion (Sl) 6
Gesamt (K + Sl) 8
Laut den Ergebnissen der ADOS 2 (Modul 4) Untersuchung sind alle drei Gesamtwerte (Kommunikation, Soziale Interaktion, Gesamt) größer als die jeweiligen kritischen Werte, was für die ADOS 2 Diagnose Autismus spricht.
Reading the Mind in the Eyes Test - Erwachsenenversion
Der "Reading the Mind in the Eyes Test" wurde entwickelt, um die Theory of Mind Fähigkeiten (kognitive Empathie) zu messen. Es werden 36 Bilder von männlichen und weiblichen Augenpaaren präsentiert, anhand derer die Probanden auf den mentalen Zustand schließen sollen. Bei jedem Bild sind vier verschiedene Adjektive zur Auswahl gegeben, welche die gleiche emotionale Wertigkeit besitzen und sich nicht auf Basisemotionen beziehen.
Frau … bearbeitet den Reading the Mind in the Eyes Test konzentriert. Sie erzielt einen Gesamtwert von 19 von möglichen 36 Punkten. Der Erwartungswert von Menschen mit hochfunktionalem Autismus liegt bei 21,9 (SD 6,6). Der Erwartungswert von Menschen ohne Autismus-Spektrum-Störung liegt zwischen 26,2 und 30,9 Punkten (SD 3,0-3,6). Dies spricht für ein im Sinne der Fragestellung deutlich auffälliges Ergebnis.
AQ - Selbstbeurteilung
Der "Autism Spectrum Quotient" ist ein Selbstbeurteilungsinstrument. Der Fragebogen besteht aus 50 Items und wird von der betroffenen Person persönlich ausgefüllt. Der Fragebogen dient als Screening-Instrument.
Der AQ erfasst mit 50 Items fünf Symptombereiche des Asperger-Syndroms (Soziale Fertigkeiten, Schwankungen der Aufmerksamkeit, Detailgenauigkeit, Kommunikation und Vorstellungsvermögen). Das Ergebnis ergibt einen Gesamtwert von 41, was über dem kritischen Wert liegt (kritischer Wert = 32) und damit für ein deutlich auffälliges Ergebnis im Sinne der Fragestellung spricht.
EQ - Selbstbeurteilung
Der "Empathie Quotient" ist eine auf einem Testverfahren beruhende Maßzahl für Defizite in der Fähigkeit zur Empathie. Der Fragebogen ermittelt dabei die subjektiv wahrgenommene Überzeugung hinsichtlich der eigenen Empathie, eine der grundlegenden Komponenten im emotionalen und sozialen Leben.
Der EQ erfasst mit 60 Items Defizite in der Fähigkeit zur Empathie. Werte unter dem kritischen Wert von 30 gelten als auffällig. Frau … erreicht einen Wert von 9, womit sie deutlich unter dem kritischen Wert liegt (Werte zwischen 30-80 gelten als unauffällig, darunter auffällig), was für ein im Sinne der Fragestellung deutlich auffälliges Ergebnis spricht.
AAA
Das "Adult Asperger Assessment" ist ein Screening-Verfahren, welches Items aus dem "AQ", "EQ" und "SQ" berücksichtigt. Beurteilt werden die Items hinsichtlich der Bereich Soziale Interaktion, Kommunikation, Sonderinteressen, Vorstellungsvermögen und Bedingungen.
Das AAA erfasst die Bereiche Soziale Interaktion, Kommunikation, Sonderinteressen und Vorstellungsvermögen mit insgesamt 23 Items. Frau … überschreitet in allen Bereichen den jeweils kritischen Wert, was deutliche Hinweise auf das Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung liefert.
ZUSAMMENFASSUNG
Frau … ist zum Zeitpunkt des Untersuchungsbeginns 23 Jahre alt. Vorstellungsgrund ist die Abklärung des Verdachts auf Autismus-Spektrum-Störung.
Die Ergebnisse aus standardisierter klinisch-psychologischer Untersuchung, diagnostischem Interview, Auswertung der Fragebögen, Verhaltensbeobachtung sowie biographischen Daten aus der Kindheit sprechen insgesamt für das Vorliegen der ICD-10 Diagnose F84.5 Asperger-Syndrom (ICD-11 6A02.0 Autismus-Spektrum-Störung ohne Beeinträchtigung der funktionalen Sprache und ohne Beeinträchtigung des kognitiven Funktionsniveaus).
Frau … habe im Verlauf der frühen Kindheit eine adäquate Sprachentwicklung gezeigt, eine allgemeine oder kognitive Entwicklungsverzögerung liegt nicht vor. Darüber hinaus bestehen Auffälligkeiten in allen drei mit Autismus assoziierten Symptombereichen (Soziale Interaktion, Kommunikation, Stereotype oder repetitive Verhaltensmuster, Aktivitäten oder Interessen). Ausschlaggebend für die Diagnose ist zudem das Bestehen der genannten Symptome seit der Kindheit.
Das Asperger-Syndrom zählt als Teil des Autismus-Spektrums laut internationaler Klassifikation nach ICD-10 zu den Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (ICD-11 Neurologische Entwicklungsstörungen), wonach die Diagnose auch rückwirkend als geltend betrachtet werden kann. Es handelt sich um eine lebenslange Diagnose, welche auf einer veränderten Wahrnehmung und Reizverarbeitung beruht, woraus unter anderem sensorische Überempfindlichkeiten resultieren. Intellektuelle Fähigkeiten sind in vielen Fällen überdurchschnittlich ausgeprägt. Sehr oft kommt es zum sogenannten Camouflaging Effekt, wobei gesellschaftlich erwünschte Verhaltensweisen von anderen Menschen imitiert und gleichzeitig autismusspezifische Verhaltensweisen (z.B. Stimming) in sozialen Situationen unterdrückt werden. Vor allem bei Frauen ist die Symptomatik des Asperger-Syndroms oft sehr subtil oder kann gut "maskiert" werden (z.B. Kompensationsstrategien, "Masking"), sodass zwar lebenslang ein Leidensdruck besteht, die Ursache dafür jedoch nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Sehr häufig entwickeln sich im Verlauf des Lebens aufgrund verschiedenster symptomatischer Mechanismen Komorbiditäten wie Depressionen, Angstzustände, Zwänge oder Essstörungen.
Aufgrund der andauernden sozialen und sensorischen Überforderung kann es zu sogenannten Overloads und Meltdowns kommen. Wichtig ist hierbei, dass derlei Overloads und Meltdowns (Affektausbrüche) nicht "aus dem nichts" kommen, sondern eine Reaktion auf hochsensible Wahrnehmung, Reizüberflutung und konstante sensorische und soziale Überforderung darstellen. Stereotype, repetitive und selbststimulierende Verhaltensweisen im Rahmen einer Autismus-Symptomatik erfüllen eine regulierende und sicherheitsgebende Funktion.
Empfohlen wird eine psychotherapeutische Begleitung im Einzelsetting mit Fokus auf die Symptome des Autismus-Spektrums bzw. daraus entstehende komorbide Symptomatiken. Im Vordergrund stehen hierbei die Themen Ressourcenaktivierung sowie das Schaffen von passenden Ausgleichsmöglichkeiten in oder nach überfordernden Situationen.
Zudem kann die Teilnahme an einer Gesprächsgruppe oder Selbsthilfegruppe eine sinnvolle Maßnahme darstellen. Die Kontaktadressen zu obigen Empfehlungen werden gesondert, schriftlich übermittelt. Zudem wird eine relevante Auswahl an Literatur übermittelt (Berichte von Betroffenen, Fachbücher).
Im Sinne eines Nachteilsausgleichs ist jedenfalls darauf zu achten, dass Frau … ein Setting zur Verfügung gestellt wird, in dem sie ihr volles Potential ausschöpfen und ihre Kompetenzen zeigen kann. Hierbei ist auf mit dem Autismus-Spektrum assoziierte sensorische Besonderheiten Rücksicht zu nehmen (z.B. reizarme Arbeitsumgebung, längere Prüfungszeit bzw. alternative Leistungsbeurteilung).
Empfohlen werden darüber hinaus laufende fachärztliche / psychiatrische Kontrollen.

Dr. P., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, erstellte am folgendes Sachverständigengutachten:
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe): Vorgutachten FLAG
Störung des Sozialverhaltens bei zwanghafter Symptomatik, 50%, unterer Rahmensatz, da
im Alltag großteils selbstständig.
Eine rezent diagnostizierte Anorexia nervosa und eine begleitende depressive Symptomatik werden hier mit beurteilt
GdB liegt vor seit 06/2019
Erwerbsunfähigkeit bestätigt Letztgutachten BBG mit Untersuchung
emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Asperger-Syndrom sowie Essstörung, posttraumatische Belastungsstörung PSD 14,
seit in regelmäßiger Betreuung, aufgrund des Asperger-Syndroms bestehen stereotype oder repetitive Verhaltensmuster ... Auffälligkeiten in den Bereichen der sozialen Interaktion, Kommunikation, der Interessen und Aktivitäten. Es kommt immer wieder zu sozialen und sensorischen Überforderung (Lärm, grelle Lichtverhältnisse) die häufig Ursachen für schwere Affektdurchbrüche, Impulsivität, selbstschädigendes Verhalten, Sachbeschädigung sind. Aufgrund der raschen Reizüberflutung und sozial phobischen Ängste meidet die Patientin Menschenansammlungen.
Diagnose: Asperger-Syndrom, emotional instabile Persönlichkeitsstörung,
posttraumatische Belastungsstörung, Essstörung AKH, Sozialpsychiatrie
Aufenthalt vom 12.4.-
Asperger-Syndrom, emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Aufenthalt 3.7.-
Asperger-Syndrom, emotional instabile Persönlichkeitsstörung Klinik Landstraße, 7.2.-17.7.
emotional instabile Persönlichkeitsstörung Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikation: - Trittico 150 mg 0-0-1 - Temesta bei Bedarf - Atarax bei Bedarf
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB %
emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Asperger-Syndrom sowie Essstörung; posttraumatische Belastungsstörung
eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da ernsthafte und durchgängige Beeinträchtigung der meisten sozialen Bereiche, 3 stationäre Aufenthalte im Kalenderjahr dokumentiert
60

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
--
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten vom wurde Leiden 1 um die Diagnosen Asperger- Syndrom, posttraumatische Belastungsstörung erweitert, der GdB um 1 Stufe auf 60% angehoben
GdB liegt vor seit: 12/2023
GdB 50 liegt vor seit: 06/2019
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
GdB von 60 % vorliegend seit 12/2023 - Untersuchung ho.
GdB von 50 % vorliegend seit 06/2019 - Vorgutachten
Frau ***A.*** … ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
JA
Dies besteht seit: 06/2019
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Die Fähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist weiterhin nicht gegeben, da psychische Beeinträchtigungen vorhanden sind, welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich machen
EU [Anmerkung des Richters: Erwerbsunfähigkeit] bestehend seit 6/2019 - idem zum Vorgutachten
□ Dauerzustand
X Nachuntersuchung: 12/2025
Anmerkung hins. Nachuntersuchung:
Stabilisierung möglich

Das Vorgutachten (vom Dezember 2022) beinhaltete folgende Beurteilung:
Grad der Behinderung
50% ab
40% ab


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Begründung dauernde
Erwerbsunfähigkeit
Die Fähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist weiterhin nicht gegeben da psychische Beeinträchtigungen vorhanden sind welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht möglich machen.
Begründung Nachuntersuchung
Nachuntersuchung, da Besserung des Leidens möglich sowie hinsichtlich Unterhaltsfähigkeit

Die Anlage der Einschätzungsverordnung lautet:
03 Psychische Störungen

03.04 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Erfasst werden spezifische Persönlichkeitsstörungen beginnend in der Kindheit
(Borderline-Störungen).
Andauernde Persönlichkeitsveränderungen im Erwachsenenalter.
Angststörungen, affektive Störungen, disruptive Störungen.
Persönlichkeit- Verhaltensstörung 10 - 40-% mit geringer sozialer Beeinträchtigung 10 - 20 %: Mäßige Einschränkung der sozialen Fähigkeiten mit vorübergehenden oder geringen Schwierigkeiten in nur ein oder zwei sozialen Bereichen 30 - 40 %: Leichte bis mäßige andauernde Beeinträchtigung in ein oder zwei sozialen Bereichen
Persönlichkeits- Verhaltensstörung 50 - 70 % mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen Ernsthafte und durchgängige Beeinträchtigung der meisten sozialen Bereiche
Persönlichkeits- Verhaltensstörung mit 80 - 100 % schweren/schwersten sozialen Beeinträchtigungen Schwere durchgängige soziale Beeinträchtigung Schwere Beeinträchtigung in allen Bereichen der Kommunikation

2. Beweiswürdigung

Die im Einzelnen getroffenen Feststellungen beruhen auf den jeweils angeführten unbedenklichen Grundlagen. Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe um näher definierte Beträge monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist. § 8 Abs. 5 FLAG 1967 normiert, wann ein Kind als erheblich behindert gilt.

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrensnach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO).

Die Feststellung, ob auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit vorliegt, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, hat nach den Bestimmungen des zitierten § 8 Abs. 6 FLAG auf dem Wege der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten zu erfolgen (ohne dass bloßen Bekundungen des anspruchswerbenden Elternteiles oder der untersuchten Person dabei entscheidende Bedeutsamkeit zukäme; vgl. ).

Was ein ärztliches Zeugnis betreffend das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des FLAG anlangt, so hat ein solches - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Feststellungen über Art und Ausmaß des Leidens sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten ().

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bf. voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist (§ 6 Abs. 2 lit d FLAG 1967), ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Fall mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend sind (vgl. ; ; ; , vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Rz 29 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Das Bundesfinanzgericht erwog im Erkenntnis vom , RV/7102842/2022:
Der Verwaltungsgerichtshof stellte im Erkenntnis vom , 2013/16/0170, in einem Fall, wo die Tochter der Beschwerdeführerin am Asperger Syndrom leidet, fest, dass eine Behinderung iSd § 8 Abs. 5 FLAG mit einen Grad von mindestens 50 v.H. durchaus die Folge einer Krankheit sein könne, die schon seit längerem vorliege (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiere. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweise, sei der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG erfüllt. Mithin komme es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußere, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintrete, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreiche (vgl. auch , ). …
Zum Vorbringen der Bf., dass es sich bei der Erkrankung Asperger-Syndrom um eine angeborene Erkrankung handelt, welche nicht nachträglich erworben wurde, sondern von Geburt an besteht, was medizinisch schlichtweg unmöglich sei und die Beeinträchtigungen zu einem viel früheren Zeitpunkt aufgetreten sind und die Erkrankung bereits seit Geburt an besteht, ist auf die obigen Ausführungen, insbesondere auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/16/0170, zu verweisen.

Der Eintrittszeitpunkt einer Krankheit führt nicht automatisch dazu, dass mit Beginn einer Krankheit eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit einhergeht ().

Liegen keine Befunde vor einem bestimmten Zeitraum vor, ist es einem Gutachter nicht möglich, bereits davor eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen, sofern kein Leidenszustand vorliegt, der eindeutig eine Erwerbsfähigkeit bereits von vorneherein ausschließt (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2 § 8 Rz 20 unter Hinweis auf ).

Das Bundesfinanzgericht erwog im Erkenntnis vom , RV/6100100/2021:
Dass die Krankheit der Tochter des Bf angeboren ist, erstmals mit etwa 14 Jahren ausbrach und schleichend verlauft, steht ohne Zweifel fest. Krankheiten können seit der Geburt vorliegen, auch wenn sie sich erst später manifestieren. Maßgebend ist aber der Zeitpunkt, zu dem Behinderungen (als Folge der bestehenden Krankheit) jenes Ausmaß erreichen, das eine Erwerbsunfähigkeit bewirkt. Dieser Zeitpunkt wurde im schlüssigen und vollständigen Letztgutachten (welches auch nicht im Widerspruch zu den Vorgutachten steht) mit Beginn des Monats Februar 2012 festgelegt.

Im Erkenntnis vom , RV/7106245/2019, erwog das Bundesfinanzgericht:
Liegen keine Befunde vor einem bestimmten Zeitraum vor, ist es einem Gutachter nicht möglich, bereits davor eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen, sofern kein Leidenszustand vorliegt, der eindeutig eine Erwerbsfähigkeit bereits von vorneherein ausschließt (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 8 Rz 20 unter Hinweis auf ).
Kann eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice, dass eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, nicht vorgelegt werden und kann daher der Eintritt einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres nicht festgestellt werden, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde:
as Finanzamt hat die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die einem Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag entgegenstehen oder einschränken, der Antragsteller für Tatsachen, die den Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag begründen oder ausweiten bzw. eine (ihn treffende) gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. mutatis mutandis Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, II7, Tz. 1301).
Bescheinigt das Sozialministeriumservice lege artis das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit im Beschwerdezeitraum nicht, geht dies zu Lasten des Antragstellers (vgl. ).
Der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Bf eingetretenen voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit konnte von der Bf nicht erbracht werden.

Im Erkenntnis vom , RV/7100679/2020, führt das Bundesfinanzgericht (iZm einer paranoiden Schizophrenie) aus:
Diagnoseerstellung durch die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice
Die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice ziehen für ihre zu treffenden Feststellungen, wie hoch der Grad der Behinderung bzw. wann die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, neben der durchgeführten Anamnese und Untersuchung des Antragstellers die Kenntnisse der Medizin und ihr eigenes Fachwissen heran. Unerlässlich für die Feststellungen sind auch Befunde und besonders hilfreich "alte" Befunde und Arztbriefe oder sonstige Unterlagen, die darauf schließen lassen, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund der Erkrankung (Behinderung bereits vor dem 21. Lebensjahr (bzw. wenn sich der Antragsteller noch in schulischer Ausbildung befand, das 25. Lebensjahr) eingetreten ist (vgl. , , , Ro 2017/16/0009).
Die Feststellungen, zu welchem Zeitpunkt eine Erkrankung bzw. Behinderung zu einer Erwerbsunfähigkeit geführt hat, können naturgemäß immer nur mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, aber nie mit Sicherheit getroffen werden, da die Gutachter bei ihrer Untersuchung nur das Ausmaß der Erkrankung zum Untersuchungszeitpunkt feststellen können. Die vom Gesetzgeber geforderte Feststellung des tatsächlichen Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit eines Antragstellers kann naturgemäß immer nur mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprechen ().
Der Antragsteller hat die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. ).
Bindung an die Gutachten des Sozialministeriumservice
Die Beihilfenbehörden (Finanzamt), und auch das Gericht, haben bei ihrer Entscheidung von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und sind an die Gutachten des SMS gebunden. Ein Abweichen ist nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung möglich (, ).
Die Beihilfenbehörden und das Gericht dürfen die Gutachten nur insoweit prüfen, ob diese vollständig, nachvollziehbar und schlüssig sind und im Fall mehrerer Gutachten oder einer Gutachtensergänzung nicht einander widersprechen (vgl. ; ; Erkenntnisse VwGH jeweils vom , 2009/16/0307 und 2009/16/0310). Erforderlichenfalls ist für deren Ergänzung zu sorgen (; ; ).
Ein Gutachten ist
• vollständig, wenn es die von der Behörde oder dem Gericht gestellten Fragen beantwortet (sofern diese zulässig waren)
• nachvollziehbar, wenn das Gutachten von der Beihilfenstelle und vom Gericht verstanden werden kann und diese die Gedankengänge des Gutachters, die vom Befund zum Gutachten führten, prüfen und beurteilen kann und
• schlüssig, wenn es nach der Prüfung auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit immer noch überzeugend und widerspruchsfrei erscheint.

Im Erkenntnis vom , RV/3100776/2020, führt das Bundesfinanzgericht aus:
Nach der Judikatur des VwGH bestehen ua bei Begünstigungsvorschriften und in Fällen, in denen die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde eingeschränkt sind, erhöhte Mitwirkungspflichten der Partei. Die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde sind dann massiv eingeschränkt, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die teilweise Jahrzehnte zurückliegen. Auch der Sachverständige kann aufgrund seines medizinischen Fachwissens ohne Probleme grundsätzlich nur den aktuellen Gesundheitszustand des Erkrankten beurteilen. Hierauf kommt es aber nur an, wenn der derzeitige Behinderungsgrad oder eine dauernde Erwerbsunfähigkeit zeitnah zum relevanten Zeitpunkt festzustellen ist. In allen übrigen Fällen kann der Sachverständige nur aufgrund von Indizien, insbesondere anhand von vorliegenden Befunden, Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchem Zeitpunkt eine Behinderung oder dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Dies ist insbesondere zB bei psychischen Krankheiten problematisch, da diese häufig einen schleichenden Verlauf nehmen. Somit ist es primär an den Berufungswerbern, allenfalls den vertretenden Sachwaltern, gelegen, den behaupteten Sachverhalt, nämlich ihre bereits vor der Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, klar und ohne Möglichkeit eines Zweifels nachzuweisen (zB ; siehe in: Lenneis/Wanke,
FLAG-Kommentar, Rz 32 zu § 8 mit weiterer UFS-Judikatur).

Gemäß § 2 lit. a BAO (Bundesabgabenordnung) ist die Bundesabgabenordnung sinngemäß in Angelegenheiten der Familienbeihilfe anzuwenden.

§ 167 BAO lautet:
Abs. 1: Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
Abs. 2: Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 die Kompetenz für die Beurteilung des Grades der Behinderung und der Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ausdrücklich an eine dafür qualifizierte Institution übertragen. Daraus folgt, dass der Entscheidungsfindung durch die Behörde weder Bekundungen der Eltern über den Gesundheitszustand ihres Kindes noch anderer Personen, mögen sie auch über fachärztliche Kenntnisse verfügen, zu Grunde zu legen sind ().

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden (vgl. , ) und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und - im Falle mehrerer Gutachten - nicht einander widersprechen (vgl. , , , Erkenntnisse VwGH jeweils vom , 2009/16/0307 und 2009/16/0310, , vgl. auch die bei Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung).

Eine andere Form der Beweisführung ist nicht zugelassen (vgl. ).

Der Verfassungsgerichtshof äußerte in seinem Erkenntnis vom , keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einschränkung der Beweisführung des Grades der Behinderung oder der voraussichtlichen dauerhaften Unfähigkeit, sich selbst den Erwerb zu verschaffen. Von Gutachten könne nur nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" abgegangen werden, wenn diese nicht schlüssig seien (vgl. hierzu auch auch ; , ).

Für die Abgabenbehörden und auch das Bundesfinanzgericht besteht - wie bereits vorstehend ausgeführt - eine Bindung an die im vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erstellten Gutachten, sofern sie schlüssig sind.

Ein Gutachten ist
- vollständig, wenn es die von der Behörde oder dem Gericht gestellten Fragen beantwortet (sofern diese zulässig waren)
- nachvollziehbar, wenn das Gutachten von der Beihilfenstelle und vom Gericht verstanden werden kann und diese die Gedankengänge des Gutachters, die vom Befund zum Gutachten führten, prüfen und beurteilen kann und
- schlüssig, wenn es nach der Prüfung auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit immer noch überzeugend und widerspruchsfrei erscheint.

Im Erkenntnis vom , RV/7100970/2023, erwog das Bundesfinanzgericht unter dem Titel "Schlüssigkeit der Gutachten":
Im Gutachten vom wird der Beginn der Behinderung von 50% mit November 2022 angegeben. Dies war damals schlüssig, da der erste diesbezügliche Befund von ***8*** ***9***, MSc, am erstattet wurde.

Die Sachverständigen im Sozialministeriumservice ziehen bei ihrer Diagnoseerstellung bzw. um den Zeitpunkt des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit feststellen zu können, neben den Untersuchungsergebnissen und ihrem Fachwissen regelmäßig die von den Antragstellern vorgelegten Befunde heran ( mit Verweis auf ).

Bei der Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe handelt es sich um eine Begünstigungsbestimmung.

Der Grundsatz der Amtswegigkeit tritt bei Begünstigungsbestimmungen in den Hintergrund ().

Der Antragsteller hat die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , ).

Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- und Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. , mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Rechtssatz zum Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0003, ausgeführt:
Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ausdrücklich , und ). Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum vom Zeitpunkt, ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid res iudicata vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine meritorische Entscheidung über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach- oder Rechtslage seit Erlassung des Bescheides über den seinerzeitigen Antrag geändert hat und dem neuerlichen Antrag auch nach Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht vollinhaltlich entsprochen
wird.

Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum vom Zeitpunkt, ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid "res iudicata" vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine Entscheidung in der Sache über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach- oder Rechtslage seit Erlassung über den seinerzeitigen Antrag geändert hat und dem neuerlichen Antrag auch nach Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vollinhaltlich entsprochen wird.

Wie oben ausgeführt wurde (auf Grund eines von der Bf. im August 2019 gestellten Antrages auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe) gemäß der Bescheinigung vom bei der Tochter der Bf. ein Grad der Behinderung von 40% ab März 2011 und von 50% ab Juni 2019 sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt. Somit wurde der Bf. der Erhöhungsbetrag ab Juni 2019 gewährt.
Mit Sachverständigengutachten vom - das die Grundlage für die Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung ab Juni 2019 bildete - war bei der Tochter der Bf. eine Behinderung im Ausmaß von 50% sowie die dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Juni 2019 attestiert worden. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde ein neuerliches ärztliches Gutachten abverlangt. In diesem Sachverständigengutachten vom wurde, analog dem Gutachten vom , der Grad der Behinderung mit 50% und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit (somit rückwirkend ab ) festgestellt.
Eine neuerliche Entscheidung in der Sache scheidet daher bei Vorliegen von "res iudicata" - nicht geänderter Sach- und Rechtslage - aus:
Gelangte der ärztliche Sachverständige im Gutachten vom betreffend die Erwerbsunfähigkeit zur Beurteilung "EU [Anmerkung des Richters: Erwerbsunfähigkeit] bestehend seit 6/2019 - idem zum Vorgutachten" änderte sich somit nichts an der Sachlage - Gewährung des Erhöhungsbetrages ab Juni 2019. Eine Änderung der Rechtslage trat mittlerweile nicht ein. Die Voraussetzungen "res iudicata" vorliegen somit vor.

Festzuhalten ist, dass die fachärztlichen Sachverständigengutachten nicht divergierend (widersprüchlich) sind, vielmehr das letzte Gutachten "idem zum Vorgutachten" lautet.

Die im vorgelegten im April 2023 erstatteten Klinisch psychologischen Befund angeführten Umstände - das Bestehen der genannten Symptome seit der Kindheit und lebenslange Diagnose - lassen nicht den Schluss zu, dass die Tochter der Bf. im Beschwerdezeitraum
- Juni 2018 - Mai 2019 -, in welchem die Tochter der Bf. 19- bzw. 20-jährig war (im April 2023 studierte sie, wie im o.a. Befund angegeben, Rechtswissenschaften {seit wann wurde nicht abgegeben} und demgemäß zuvor erfolgreich die Reifeprüfung abgelegt hatte {das am vorgelegte Reifeprüfungszeugnis belegt, dass dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Mai/Juni 2017 erfolgt war}), voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig war, was, mit Verweis auf die o.a. Erkenntnisse vom und , diesbezüglicher Ausführungen nicht bedarf.
Umstände, die sich auf den beschwerdegegenständlichen Zeitraum Juni 2018 - Mai 2019 beziehen, enthält der Klinisch psychologische Befund nicht (anschließend an die geschilderten Schwierigkeiten in der Volksschule bzw. -zeit wird, ohne Konkretisierung in zeitlicher Hinsicht, angegeben: Studium Rechtswissenschaften begonnen).

Im Übrigen gehen der Gutachter des letzten Sachverständigengutachtens und jener des Vorgutachtens übereinstimmend davon aus, dass keinDauerzustand vorliegt:
- letztes Gutachten: Nachuntersuchung: 12/2025 Anmerkung hins. Nachuntersuchung:
Stabilisierung möglich
- Vorgutachten: Nachuntersuchung, da Besserung des Leidens möglich sowie hinsichtlich
Unterhaltsfähigkeit
Die Betrachtung aus diesem Blickwinkel steht einem Rückprojizieren ohne Befunde des Beschwerdezeitraumes, wie dies die Bf. im Auge hat, entgegen.

Berücksichtigt man schließlich die oben angeführten Studienerfolgsnachweise betreffend ihre Tochter in den Studienjahren 2017/18 und 2018/19, die von der Bf. Jahre zuvor vorgelegt worden sind (welchen Umstand die Bf. aus den Augen verloren zu haben scheint), ist es geradezu unverständlich, dass die Bf. unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Gutachten der fachärztlichen Sachverständigen (beharrlich) die Ansicht vertritt, bei ihrer Tochter sei im Beschwerdezeitraum Juni 2018 - Mai 2019 eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorgelegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101197.2024

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