Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2024, RV/7101553/2020

Familienheimfahrten als Werbungskosten (Landwirtschaft, minderjährige Kinder, ständig wechselnde Arbeitsstätte)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.Folge Bf.), ist polnischer Staatsbürger und erzielte im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus mehreren Dienstverhältnissen im Inland.

In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte er die Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten i.H.v. € 3.336,- bzw. für doppelte Haushaltsführung i.H.v. € 750,- als Werbungskosten.

Die Behörde forderte den Bf. mit Ergänzungsersuchen vom zur Vorlage von Unterlagen/Beantwortung von Fragen auf:
Es sei bekanntzugeben, weshalb eine Verlegung des Familienwohnsitzes nicht möglich sei.
Vorzulegen seien u.a.
- Meldebestätigungen aller am Familienwohnsitz lebenden Personen;
- ein Nachweis, wonach es sich beim Familienwohnsitz um den eigenen Hausstand handle;
- ein Einkommensnachweis der Ehegattin (E 9);
- ein belegmäßiger Nachweis der für die doppelte Haushaltsführung bezahlten Beträge;
- ein Mietvertrag bzw. ein Nachweis der Größe der Wohnung in Wien sowie
- eine genaue Aufstellung der Heimfahrten unter Bekanntgabe des Verkehrsmittels. Falls es sich um ein Kfz handle seien Fahrtenbuch, Kfz-Zulassungsschein sowie sämtliche Tankbelege vorzulegen.

Mit Eingabe, einlangend am brachte der Bf. der Behörde die angeforderten Unterlagen zur Kenntnis.
Demnach erzielte die Gattin des Bf., G in Polen keine Einkünfte.
Eine Bescheinigung, wonach der Bf., seine Gattin G sowie die Kinder A (geb. ***2000), B (geb. ***2003) sowie C (geb. ***2008) im Haushalt an der Adresse Adr leben, wurde vorgelegt.
Beigebracht wurde des Weiteren ein Bescheid über die an dem Familienwohnsitz anfallende Grundsteuer, sowie ein Wohnungsuntermietvertrag betreffend die Liegenschaft S 14/1/9+10 vom , mit einem vereinbarten Mietzins von monatlich € 750,-.
Des Weiteren Kopien von Zahlungsbelegen der Mietzahlungen sowie ein Fahrtenbuch in Tabellenform aus dem jeweils Datum der Abfahrt und Ankunft, Wegstrecke, Reisezweck, Kennzeichen sowie der Kilometerstand am Zielort hervorgehen und dazugehörige Tankbelege.

Mit Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 für das Jahr 2018 vom wurde von der Erklärung insoweit abgewichen, als die beantragten Werbungkosten nicht berücksichtigt wurden. In der Begründung wurde dargelegt, dass dem vorgelegten Fahrtenbuch nicht die erforderlichen Inhalte zu entnehmen seien und auch die beantragten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht berücksichtigt werden konnten, da aus den übermittelten Unterlagen nicht hervorgehe, wer die Miete bezahlt habe.

Der Bf. erhob mit Eingabe vom form- und fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid und monierte darin die nicht gewährten Werbungskosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung.
Beigelegt wurden nochmals die Zahlungsbelege betreffend die Wohnung in Wien, sowie ein um die privat zurückgelegten Fahrten ergänztes Fahrtenbuch.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Verwiesen wurde auf den Umstand, dass die Ehegattin am Wohnort keine unselbstständigen Einkünfte in relevanter Höhe (über € 6.000,-) beziehe und ihr eine Wohnsitzverlegung aus diesem Grund zugemutet werden könne.

Der Bf. brachte daraufhin mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein. Nach Darlegung der rechtlichen Grundlagen betreffend Familienheimfahrten bzw. Kosten der doppelten Haushaltsführung sowie der dazu ergangenen Judikatur erläuterte der Bf., weshalb ihm steuerlich zu berücksichtigende Werbungskosten zustehen würden.
- Er arbeite erst ab April 2018 in Österreich und habe bereits 7 Mal sein Arbeitsverhältnis geändert. Die Verlegung des Familienwohnsitzes sei aufgrund des ständigen Wechsels seiner Arbeitsstätte nicht zumutbar.
- Entsprechendes gelte für den Umstand, dass seine auswärtige Tätigkeit von vorne herein mit vier bis fünf Jahren begrenzt sei.
- Seine Gattin bewirtschafte am Familienwohnsitz eine Landwirtschaft, die der Selbstversorgung diene.
- Er besitze in Polen ein Haus. Eine Veräußerung desselben würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen.
Beigelegt wurde dem Vorlageantrag eine Bescheinigung der Sozialversicherung für Landwirte für N vom , wonach die Gattin des Bf. seit als Landwirtin sozialversicherungspflichtig ist und dem Unfall- und Mutterschutz unterliege. Beigelegt wurde des Weiteren ein Bescheid für 2018, wonach dem Bf. für das Grundstück am Familienwohnsitz mit einer Gesamtgröße von 864m2, davon 233,4m2 Gebäudefläche, Grundsteuer vorgeschrieben wurde.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht von Seiten der Behörde am vorgelegt und darin eine teilweise Stattgabe beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a leg.cit. auch die Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung betrifft, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs)tätigkeit bezogenen, höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 beträgt das Pendlerpauschale bei unzumutbarer Verwendung eines Massenbeförderungsmittels bei einer Fahrtstrecke von über 60 km € 3.672,- jährlich.

§ 167 BAO lautet:
(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.


Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Der Bf. ist polnischer Staatsbürger und war in Österreich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für mehrere (fünf) Arbeitgeber tätig. Von bis bezog er (für gesamt 34 Tage) Arbeitslosengeld.
In Österreich bewohnt er eine Wohnung in S 14/9-10, 1200 Wien wo er seit hauptgemeldet ist.
Die Wohnung teilt er nach eigenen Angaben mit 2 weiteren Personen und kommt für 1/3 der anfallenden Kosten auf.
Der Bf. ist verheiratet und hat einen weiteren (Familien-)Wohnsitz an der Adresse V, Polen, den er mit seiner Ehegattin G seinen Töchtern A (geb. ***2000), B (geb. ***2003 sowie C (geb. ***2008) bewohnt.
Die kürzeste Entfernung zwischen seinem Wohnsitz in Wien und dem Familienwohnsitz beträgt (lt. google maps) 389 Kilometer.
Die Gattin des Bf. war im Jahr 2018 in Polen als Landwirtin sozialversicherungspflichtig bezog aber keine Einkünfte.
Der Bf. bezog im Jahr 2018 für seine Töchter Familienbeihilfe (bzw. ab Differenzzahlungen).

I. Doppelte Haushaltsführung
Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung lässt die Verlegung des Familienwohnsitzes auf längere Sicht unzumutbar erscheinen. Dabei gilt allgemein, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Diese Aufwendungen gelten so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in üblicher Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen.

Der Bf. beantragt Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten und begründet die nach seiner Ansicht nach vorliegende Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wie folgt:
1. - Besitz einer Landwirtschaft (mit seiner) Gattin in Polen;
2. - Am Familienwohnsitz leben minderjährige (zwei) Kinder;
3. - Aufgrund seiner Beschäftigungsverhältnisse ist von ständig wechselnden Arbeitsstätten auszugehen;
4. - Immobilienpreise, die einen Verkauf des Hauses in Polen und den Ankauf oder die Anmietung einer Wohnung in Wien aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht zumutbar erscheinen lassen;
5. - Die Tätigkeit des Bf. ist von vorne herein mit 4 bis 5 Jahren begrenzt.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0154 führt der VwGH an:
,Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0137, Slg. NF Nr. 7.390/F). Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen.'

Zu den Einwendungen des Bf. ist festzustellen:
ad 1) Landwirtschaft
Zum Betrieb einer Landwirtschaft durch seine Gattin ist auszuführen, dass eine Bestätigung vorgelegt wurde, wonach die Gattin im Jahr 2018 als Landwirtin versicherungspflichtig war.
Aus einer im Verfahren vorgelegten Bescheinigungen EU (Formular E9) für das Jahr 2018 geht hervor, dass die Gattin des Bf., G aus ihrer Tätigkeit in Polen keine Einkünfte erzielt hat.
Das BFG geht in freier Beweiswürdigung davon aus, das die Landwirtschaft nicht nur im Eigentum des Bf. und seiner Gattin steht sondern auch (zumindest zur Eigenversorgung) betrieben wird.

Der VwGH hat in mehreren Erkenntnissen mit der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort auseinandergesetzt und diese als relevanten Aspekt bejaht, auch wenn am Familienwohnsitz eine nur der Selbstversorgung dienende Landwirtschaft betrieben wird (vgl. Zl. 2013/15/0146 m.V.a. Erkenntnisse vom , 2005/14/0039, vom , 2005/14/0046, vom , 2005/14/0127, und vom , 2006/15/0313).

In den, den Erkenntnissen zugrunde liegenden Sachverhalten waren neben den wirtschaftlichen Gründen aber auch andere Faktoren (zB nicht selbsterhaltungsfähige Kinder, Hindernisse aufgrund von fremdenrechtlichen Bestimmungen) vorhanden, die eine Begründung des Familienwohnsitzes in Österreich nicht bzw. nur unter schwierigsten Bedingungen ermöglichten (vgl. m.V.a. ; , 2006/15/0313; ; , 2005/14/0127).

ad 2) Minderjährige (schulpflichtige) Kinder
Die Töchter des Bf., A, B und C erreichten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum das 8., 15. bzw. 18. Lebensjahr.
Gemäß Lenneis, Jakom EStG14 § 16, Rz. 56 ABC der Werbungskosten Stichwort ,Doppelte Haushaltführung' können einen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in einem gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz wohnende, unterhaltsberechtigte und betreuungspflichtige Kinder darstellen, wenn eine Mit(Übersiedlung) der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Die Unterhaltsverpflichtung der Kinder alleine reicht nach dieser Kommentarmeinung als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aber nicht aus.

Bei den beiden minderjährigen Töchtern des Bf. handelt es sich zweifellos um unterhaltsberechtigte und betreuungspflichtige Kinder.
Schon aus dem Umstand, dass B und C Sx minderjährig und damit als betreuungsbedürftig und unterhaltsberechtigt anzusehen waren, ergibt sich im Zusammenspiel mit der bestehenden, der Selbstversorgung dienenden Landwirtschaft, in Übereinstimmung mit der benannten Literatur, der h.o. gefolgt wird, dass im Jahr 2018 eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vorlag.

ad 3) ständig wechselnde Arbeitsstätten
Wie die Behörde in dem Vorlagebericht zutreffend erkannte, wurde auch mit den ständig wechselnden Arbeitsstätten, die teilweise in Wien und teilweise außerhalb des Stadtgebietes von Wien lagen, eine weitere abgabenrechtliche zu beachtende Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung begründet.

In der Zusammenschau der vom Bf. angeführten Argumente, der eigenbewirtschafteten Landwirtschaft, der minderjährigen Kinder sowie der ständig wechselnden Arbeitsstätten lag daher eine steuerlich beachtliche Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vor, sodaß eine Abwägung der weiteren Einwände des Bf., wonach eine solche unter Bedachtnahme des (im Vergleich zu Polen) hohen heimischen Preisniveaus betreffend die Wohnungs(Immobilien-)kosten wirtschaftlich unzumutbar war bzw. die seine Tätigkeit von vorne herein auf 4 bis 5 Jahre begrenzt war, dahingestellt bleiben kann.

II. Familienheimfahrten
Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Ein entsprechender Sachverhalt ist grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird).
Da die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung gegeben sind, waren damit auch die Kosten für Familienheimfahrten innerhalb des gesetzlich gesteckten Rahmens zu berücksichtigen.

III. Höhe der steuerlich anzuerkennenden Werbungskosten
a) Kosten für doppelte Haushaltsführung
Für den Anfall dieser Kosten hat der Bf. einen Mietvertrag bzw. Zahlungsbestätigungen vorgelegt, wonach an dem von ihm gemeldeten Wohnsitz monatliche Mietzahlungen i.H.v. € 750,- zu entrichten sind. Nachdem er sich die Kosten der Wohnung mit 2 Mitbewohnern teilt und er seit Oktober 2018 diese Wohnung bewohnt, ist der Anfall von Mietkosten i.H.v. € 750,- für das Kalenderjahr 2018 nachvollziehbar begründet. Die Kosten wurden auch vom Finanzamt im Vorlageantrag dem Grunde und der Höhe nach außer Streit gestellt.

b) Kosten für Familienheimfahrten
Der Bf. beantragt in seiner Erklärung die Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten i.H.v. € 3.366,-.
Als Nachweis der von ihm getätigten Fahrten hat er ein letztlich um Privatfahrten korrigiertes Fahrtenbuch, einen Zulassungsschein sowie Tankbelege vorgelegt. Aus dem Fahrtenbuch geht hervor, dass er im Jahr 2018 gesamt 24 Heimfahrten (2 Mal monatlich) getätigt hat, was bei einer angenommenen Fahrtstrecke von 382 Kilometer (einfache Fahrtstrecke) zu einer Gesamtstrecke für Familienheimfahrten von 18.336 Kilometern führt.
Die Angaben sind auch unter Berücksichtigung eines zunächst nicht den vollständigen Erfordernissen eines Fahrtenbuches gerecht werdenden Aufzeichnungen angesichts der oben dargelegten privaten Situation des Bf. glaubwürdig.
Unter Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes von € 0,42 pro Kilometer ergäben sich Kosten i.H.v. € 7.701,12. Die steuerlich zu berücksichtigenden Kosten sind freilich gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 mit € 3.672,- jährlich begrenzt.
Einschränkend war dabei weiters zu beachten, dass der Bf. für den Zeitraum von bis , somit für 34 Tage gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit a EStG 1988 steuerbefreite Einkünfte vom Arbeitsmarktservice (versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld) bezog.
Da gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte keine Aufwendungen, die mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen abgezogen werden dürfen, sind die beantragten Aufwendungen auf Zeiten der aktiven Beschäftigung zu beschränken und werden die beantragten Werbungskosten für Zeiten der Arbeitslosigkeit um 1 Monat, d.h. um 1/12 gekürzt, was zu den vom Bf. beantragten Werbungskosten für Familienheimfahrten i.H.v. € 3.366,- führt.

Der Bf. ist aus den oben getroffenen Erwägungen antragsgemäß zu veranlagen. Die Höhe der zu berücksichtigenden Werbungskosten beträgt gesamt € 4.116,-.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe beträgt:


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Einkommensteuer 2018
Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit
18.070,10
Einkünfte gem. Kontrollrechnung § 3 Abs. 2 EStG
1.099,22
Werbungskosten
-4.116,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
15.053,32
Sonderausgaben
Pauschalbetrag
-60,00
Kinderfreibeträge gem. § 106a Abs. 1 EStG
-1.320,00
steuerpflichtiges Einkommen
13.673,32
Einkommensteuer
0% für die ersten 11.000,-
0,00
25% für die restlichen 2.673,32
668,33
Alleinverdienerabsetzbetrag
-889,00
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Absetzbeträgen
-620,67
anrechenbare Lohnsteuer
-2.441,99
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG
-0,34
festgesetzte Einkommensteuer
-3.063,00

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis erging unter Bezugnahme auf die darin angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 EStG 1988 ÜR, Einkommensteuergesetz 1988 ÜR (Artikel I Steuerreformgesetz 1993), BGBl. Nr. 818/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101553.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at