Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2024, RV/7102635/2023

Antragslegitimation bei einer Verlassenschaft (mangels Einantwortung gibt es keine Gesamtrechtsnachfolge).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 für die Verlassenschaft nach ***AW***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Steuerpflichtige ***AW*** verstarb am xx. Mai 2021.

Mit Eingabe vom stellte ihr Sohn ***Bf1*** für die Verlassenschaft nach ***AW*** einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021. Die Erklärung wurde vom Sohn der Verstorbenen unter Beilage des Gerichtsbeschlusses unterzeichnet.

Mit dem an den Sohn adressierten Bescheid vom wurde der Antrag mangels Legitimation im Sinne des § 19 Abs. 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Sohn der Verstorbenen mit Eingabe vom Beschwerde und verwies auf die im Beschluss vom durch das Bezirksgericht erteilte Berechtigung zum Verlassenschaftsvermögen gehörende Rechte geltend zu machen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Ergänzend wies das Finanzamt darauf hin, dass der Übergang von Rechten und Pflichten im Abgabenrecht gemäß § 19 Abs. 1 BAO ausschließlich im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge stattfinde. Dies beziehe sich auf sämtliche verfahrensrechtliche Positionen, wie etwa das Einbringen einer Abgabenerklärung.

Mit Eingabe vom stellt der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer, Sohn der verstorbenen ***AW***, hat die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2021 von Frau ***AW*** nach deren Tod beim Finanzamt Österreich eingereicht. Die Erklärung wurde vom Beschwerdeführer unterfertigt und lautete auf Verlassenschaft nach ***AW***.

Der Beschwerdeführer ist allerdings nicht als gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses anzusehen und somit nicht legitimiert, Steuererklärungen für die Verstorbene einzubringen.

2. Beweiswürdigung

Dem Beschluss des Bezirksgerichtes vom ist zu entnehmen, dass die Verlassenschaft nach ***AW*** überschuldet ist. Dem Sohn wurden die Aktiva zur (teilweisen) Begleichung der Kosten für das Begräbnis an Zahlungs statt überlassen.

Weiters wurde darin bestimmt, dass dem Sohn gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG die Ermächtigung erteilt wurde, zum Verlassenschaftsvermögen gehörende Rechte geltend zu machen.

Eine Einantwortung hat somit nicht stattgefunden.

3. Rechtslage

Nach § 19 Abs. 1 BAO gehen bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.

Gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt wird.
Einen solchen Antrag kann somit nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen.

Gemäß § 153 AußStrG unterbleibt die Abhandlung, wenn Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden sind oder den Wert von 5.000 Euro nicht übersteigen, sofern kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird.

4. Erwägungen

Kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben liegt keine Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern nur eine Einzelrechtsnachfolge vor (vgl. , zu einer Vorgängerbestimmung). Auch die Ermächtigung gemäß § 153 Abs. 2 AußerStrG führt zu keiner Gesamtrechtnachfolge (vgl. Winkler in Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 13; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußerStreitG I2, § 153 Rn 9). Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass bestehen, auch wenn eine Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erteilt wurde (vgl. ; , 6 Ob 716/85 zur Vorgängerbestimmung; Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 9; Obermaier, ÖJZ 2008, 127; jeweils mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen, dass - im Revisionsfall - der Sozialhilfeverband nicht gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses ist. Auch die Ermächtigung nach § 153 Abs. 2 AußStrG bewirkt nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses und berechtigt daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs. 2 Z 1 ESt 1988 (vgl. ; so auch ; ).

In einem weiteren Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass die Ermächtigung nach § 153 Abs. 2 AußStrG nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses bewirkt und daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 berechtigt (vgl. ).

Der Beschwerdeführer ist nicht der gesetzliche Vertreter des ruhenden Nachlasses. Er verfügt auch nicht über eine Zustellbevollmächtigung für den ruhenden Nachlass.

Insofern konnte dem Beschwerdebegehren kein Erfolg beschieden sein und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall keine Antragslegitimation zukommt.

Der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes erfolgte demnach zu Recht.

5. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 153 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102635.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at