Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.04.2024, RV/1100312/2021

Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO iVm § 16 WiEReG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch die ***S*** GmbH, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO iVm § 16 WiEReG, ***StNr***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Zwangsstrafe wird mit 2.000,00 € festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Erinnerungsschreiben vom forderte das Finanzamt die beschwerdeführende GmbH & Co KG auf, die bisher unterbliebene Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 WiEReG bis zum nachzuholen und wies darauf hin, dass andernfalls gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt werde.

2. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € fest. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € neuerlich aufgefordert, die bisher unterlassene Handlung bis zum nachzuholen.

3. Nachdem die Beschwerdeführerin der Aufforderung wiederum nicht fristgerecht nachgekommen war, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € fest.

4. Gegen den Bescheid vom erhob die steuerliche Vertreterin der GmbH & Co KG Beschwerde. Die Meldung sei für die Komplementär-GmbH fristgerecht erfolgt. Es sei noch bei keinem Klienten eine Offenlegung sowohl für die KG als auch die GmbH erforderlich gewesen und werde daher um Stornierung der Strafe ersucht.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Bei der Beschwerdeführerin seien im Firmenbuch die GmbH und die KG jeweils als Gesellschafterin der anderen Gesellschaft eingetragen. Da somit bei beiden Gesellschaften nicht ausschließlich natürliche Personen als Gesellschafter aufschienen, sei sowohl die GmbH als auch die Kommanditgesellschaft meldepflichtig.

5. Mit Vorlageantrag beantragte die steuerliche Vertreterin im Wesentlichen unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte, hinweisend darauf, dass die Zwangsstrafe von 4.000,00 € unbillig erscheine, die Zwangsstrafe zu reduzieren bzw. zur Gänze nachzulassen.

6. Mit Schreiben vom zog die steuerliche Vertreterin den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

An der beschwerdeführenden GmbH & Co KG sind laut Firmenbuchauszug die ***A*** GmbH als unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) sowie zwei natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt. Als Gesellschafterin der ***A*** GmbH ist im Firmenbuch neben einer natürlichen Person die ***A*** GmbH & Co KEG (nunmehr: KG) eingetragen.

Die wirtschaftlichen Eigentümer der Komplementär-GmbH wurden von der steuerlichen Vertreterin den Bestimmungen des WiEReG entsprechend gemeldet. Hinsichtlich der GmbH & Co KG unterblieb die Meldung und setzte das Finanzamt nach Ablauf der mit Erinnerungsschreiben vom gesetzten Frist mit Bescheid vom die im Erinnerungsschreiben angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € fest. Nachdem die beschwerdeführende KG der unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € erfolgten Aufforderung zur Nachholung der Meldung bis zum wiederum nicht nachgekommen war, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € fest.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Firmenbuchauszügen sowie den im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen und ist zwischen den Verfahrensparteien auch nicht strittig.

2. Rechtliche Beurteilung

Das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG) ist nach § 1 Abs. 1 auf die in Abs. 2 genannten Rechtsträger anzuwenden; dazu gehören ua. Kommanditgesellschaften (Z 2) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Z 4).

Gemäß § 3 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung seiner Identität zu ergreifen. Die Rechtsträger haben diese Sorgfaltspflichten nach § 3 Abs. 3 WiEReG zumindest jährlich durchzuführen und dabei ua. zu prüfen, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.

Nach § 5 Abs. 1 WiEReG in der hier anzuwendenden Fassung haben die Rechtsträger näher genannte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden. Der Rechtsträger hat die Daten binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister zu übermitteln. Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln. Bei Vorliegen einer Meldebefreiung gemäß § 6 WiEReG entfällt die Verpflichtung zur Meldung der Änderungen, wenn die Eintragung im jeweiligen Stammregister binnen vier Wochen beantragt wird. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 von der Meldepflicht befreit sind, haben binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3 WiEReG, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Von der Meldepflicht nach § 5 WiEReG befreit sind gemäß § 6 Abs. 1 WiEReG ua. Kommanditgesellschaften, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind, es sei denn, wirtschaftlicher Eigentümer ist eine andere (als die aus dem Firmenbuch zu übernehmende) natürliche Person. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 2 WiEReG für Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Nach der dargelegten Rechtslage gehören sowohl Kommanditgesellschaften als auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu den unter das WiEReG fallenden Rechtsträgern und unterliegen gegenständlich daher - nachdem keine der beiden Gesellschaften die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Meldeverpflichtung erfüllt - sowohl die beschwerdeführende GmbH & Co KG als auch die Komplementär-GmbH den dort normierten Verpflichtungen und müssen folglich auch beide Gesellschaften ihre wirtschaftlichen Eigentümer melden (vgl. auch Reiner/Zahradnik, WiEReG, Kommentar, § 2 Rz 237, Stand , rdb.at).

Wird die Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme nach § 16 Abs. 1 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

Gemäß § 111 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch die Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. , mwN). Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen, die das Gesetz dem Ermessen zieht, nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (vgl. , mwN).

Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (, mwN). Zweck der Zwangsstrafe ist, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. , mwN) und die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen (vgl. , mwN, sowie Ritz/Koran, BAO7, § 111 Rz 1, mwN).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch, dass mit dem WiEReG ua. Art. 30 und 31 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom umgesetzt wurden (Art. 1 BGBl. I Nr. 136/2017) und diese die Mitgliedstaaten verpflichtet, Maßnahmen vorzusehen, die gewährleisten, dass die gespeicherten Daten der wirtschaftlichen Eigentümer aktuell und richtig sind. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1660 BlgNR 25. GP 1) soll das Register einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung leisten. Dies kann nach den Gesetzesmaterialien "nur dann gelingen, wenn alle inländischen zuständigen Behörden, die Geldwäschemeldestelle sowie alle inländischen Verpflichteten, die Sorgfaltspflichten gemäß der nationalen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 anzuwenden haben, auf ein Register zugreifen können, in dem aussagekräftige Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer von Rechtsträgern gespeichert sind." Das Register kann seine Funktion dabei nur dann erfüllen, wenn die Rechtsträger ihrer Verpflichtung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nachkommen und soll die Erfüllung der gesetzlichen Meldeverpflichtung daher durch das Beugemittel der Zwangsstrafe herbeigeführt werden können (vgl. ErlRV 1660 BlgNR 25. GP 17).

Die Voraussetzungen für eine Androhung und in weiterer Folge die Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO iVm § 16 WiEReG waren somit ohne Zweifel gegeben.

Die "einzelne" Zwangsstrafe darf nach § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000,00 € nicht übersteigen. Unter einer "einzelnen" Zwangsstrafe ist dabei die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen (vgl. , mwN).

Indem das Finanzamt die erste Zwangsstrafe mit 1.000,00 € und die hier streitgegenständliche zweite Zwangsstrafe mit 4.000,00 € festgesetzt hat, wurde der gesetzliche Rahmen somit bereits voll ausgeschöpft. Aus welchen Gründen dies im Beschwerdefall als erforderlich und sachgerecht angesehen wurde, wurde nicht näher dargelegt.

Außer Streit steht, dass die Beschwerdeführerin der nach dem WiEReg bestehenden Meldeverpflichtung - trotz Erinnerungsschreibens des Finanzamtes vom , der Androhung und Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € sowie der Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € - bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht nachgekommen ist. Die Meldung gemäß § 5 WiEReG erfolgte erst nach der Verhängung der bekämpften Zwangsstrafe. Selbst wenn die steuerliche Vertretung einem Rechtsirrtum hinsichtlich der die Beschwerdeführerin treffenden Meldepflicht unterlegen sein sollte, erklärt dies angesichts der angedrohten und festgesetzten Zwangsstrafen nicht das gänzliche Untätigbleiben in dieser Sache.

Zutreffend hat das Finanzamt die zweite Zwangsstrafe im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der Gesetzgeber der Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer beimisst, mit einem höheren Betrag festgesetzt als die erste Zwangsstrafe, zumal diese die Beschwerdeführerin nicht zum Tätigwerden bewog und damit als Druckmittel ganz offensichtlich nicht ausreichend war (vgl. ). In Würdigung der gegebenen Umstände erscheint eine Verdoppelung der im ersten Bescheid festgesetzten Zwangsstrafe auf 2.000,00 € und damit in Summe (3.000,00 €) eine Ausschöpfung des gesetzlich normierten Höchstbetrages zu 60% ausreichend und sachgerecht, zumal zum einen Gründe für eine höhere Zwangsstrafe vom Finanzamt nicht aufgezeigt wurden und zum anderen konkrete unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu berücksichtigende Umstände von der steuerlichen Vertretung nicht vorgebracht wurden.

Der Beschwerde war somit insoweit teilweise Folge zu geben, als der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert und die Zwangsstrafe mit 2.000,00 € festgesetzt wird.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung der Frage, ob bei der gegebenen Sachlage eine Verpflichtung zur Abgabe einer Meldung gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG bestand, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Eine zu treffende Ermessensentscheidung (hier hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe) geht im Regelfall nicht über die Bedeutung des Einzelfalles hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. , mwN). Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 16 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100312.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at