Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.04.2024, RV/7101374/2024

Herabsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Irene Kohler in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2024 und Folgejahre, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

  • I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2022 datiert vom ergab eine Nachforderung in Höhe von € 5.077,00.

In der Folge hat das Finanzamt mit dem am ausgefertigten Bescheid (zugestellt am ) die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2024 und Folgejahre mit € 5.533,00 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass die für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgebliche Veranlagung das Jahr 2022 betrifft. Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 wurde daher die maßgebliche Abgabenschuld in Höhe von € 5.077,00 um 9,00 % erhöht.

Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf.) rechtzeitig dagegen Beschwerde und stellte einen Antrag gem. § 299 BAO auf Nichtigerklärung des Vorauszahlungsbescheides 2024 und Folgejahre. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt:

"….Als gültiger Erstbescheid wurde seit Jahren in meinem Steuerakt der Vorauszahlungsbescheid vom eingetragen, welcher Vorauszahlungen in Höhe von 0,00 € vorschreibt. Das hat die Behörde für das Jahr 2024 unterlassen. Gemäß § 41 EStG ist zu gewährleisten, dass Bezüge, welche getrennt lohnversteuert wurden, im Rahmen einer Arbeitnehmerveranlagung erfasst werden können. Das trifft bei mir zu. Diese rechtliche Grundlage hat der Bescheid vom offenbar berücksichtigt.

Wie Sie aus meinen Daten ersehen können, bin ich im 62. Lebensjahr und arbeite in dem Mangelberuf einer Altenpflegerin. Bei meinem 2. Einkommen handelt es sich um die Palliativbetreuung einer schwer demenzkranken 88 Jahre alten Frau, deren Lebenserwartung und daher auch mein 2. Einkommen nicht vorhersehbar ist. Die Erhöhung der Vorauszahlungen um 9% ist in Frage zu stellen, da die Höhe meines 2. Einkommens für 2024 und erst recht für die Folgejahre nicht vorhersehbar ist, es sich nicht erhöhen wird und es jedenfalls im Zuge einer Arbeitnehmerveranlagung erfasst wird.

Mein monatliches Nettoeinkommen ab dem beträgt ca. 2.600,00 €, ich habe aber zusätzlich zu meinen Lebenshaltungskosten auch noch eine monatliche Kreditrückzahlung von 400,00 € zu leisten. Da ich jetzt schon eine Abgabenschuldigkeit aus dem Jahr 2021 in Höhe von 800,00 € pro Monat entrichte, wird das mir zustehende Existenzminimum von 1.557,00 € bereits unterschritten. Eine zusätzliche Zahlung von Vorauszahlungen bedeutet daher für mich keine unzumutbare Härte, sondern sie stellt meine Existenz in Frage."

Abschließend stellte die Bf. den Antrag auf Herabsetzung der in Höhe von 5.533,00 € festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2024 und Folgejahre auf 0,00 € aufgrund obiger Angaben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt:

"Gemäß § 45 EStG 1988 sind Vorauszahlungen nur dann vorzuschreiben, wenn ein Pflichtveranlagungsgrund im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 vorliegt. Ein Pflichtveranlagungsgrund im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG liegt vor, wenn die Steuerpflichtige neben den lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere Einkünfte erzielt, deren Gesamtbetrag € 730,00 im Jahr übersteigt.

Ein Pflichtveranlagungsgrund im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 liegt vor, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert werden, bezogen worden sind.

Eine Sozialversicherungsabfrage hat ergeben, dass Sie bis dato als Haushaltsgehilfin bei B. und als Angestellte bei der A. gemeinnützige GmbH tätig sind.

Eine Herabsetzung oder Löschung der Vorauszahlungen 2024 kann nur bei teilweisem oder gänzlichem Wegfall eines Arbeitgebers/einer bezugsauszahlenden Stelle erfolgen. Sollte es diesbezüglich zu einer Änderung kommen, sind die entsprechenden Unterlagen (Herabsetzung der Bruttolöhne, Abmeldung bei der Sozialversicherung, Kündigung etc.) dem formlosen Antrag auf Herabsetzung/Löschung der Vorauszahlungen 2024 in Kopie beizulegen.

Ihrem Begehren auf Löschung der Vorauszahlungen 2024 kann daher nicht entsprochen werden."

Mit Eingabe vom stellte die Bf. einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Finanzamt angegebene Begründung nicht zutreffe, denn es sei nicht strittig gewesen, ob für das Kalenderjahr 2024 Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt werden dürften, sondern sie habe in ihrer Beschwerde vom einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen auf 0,00 € und einen Antrag auf Aussetzung gem. § 212a BAO gestellt. Das Finanzamt habe in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom die Bestimmungen der § 45 und § 41 EStG zitiert, eine Sozialversicherungsabfrage erwähnt und behauptet, dass eine Herabsetzung oder Löschung der Vorauszahlungen 2024 nur bei teilweisem oder gänzlichem Wegfall eines Arbeitgebers erfolgen könne und daher ihrem Begehren auf Löschung der Vorauszahlungen 2024 nicht entsprochen werden könne. Die Begründung für diese Behauptung fehle. Die von der Bf. angesprochene unzumutbare Härte sei mit keinem Wort erwähnt worden. Somit habe das Finanzamt keine dem § 93 Abs. 3a BAO entsprechende Darstellung seiner Ermessensentscheidung gem. §20 bzw. § 212 Abs. 1 BAO angegeben.

Abschließend stellt die Bf. den Antrag den Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom wegen Rechtswidrigkeit gem. § 299 BAO aufzuheben sowie den Antrag die Vorauszahlungen für 2024 und Folgejahre in Höhe von 0,00 € festzusetzen.

Mit Eingabe vom (eingelangt beim BFG am ) brachte die Bf. beim BFG eine Vorlageerinnerung gem. § 264 Abs. 6BAO ein. Begründend führte die Bf. im Wesentlichen aus, dass seit Übermittlung ihres Vorlageantrages vom an das Finanzamt mehr als 2 Monate verstrichen seien.

Mit wurde die belangte Behörde aufgefordert, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die Akten des Verwaltungsverfahrens gemäß § 266 BAO vollständig vorzulegen und dem Gericht und der Bf. einen Vorlagebericht zu übermitteln (§ 265 Abs 2-4 BAO).

Am legte die belangte Behörde die Akten samt Vorlagebericht dem BFG vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 vom wurde die Einkommensteuer in Höhe von € 8.443,18 abzüglich der anrechenbaren Lohnsteuer in Höhe von € 3.366,04 mit € 5.077,00 festgesetzt.

Mit Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2024 und Folgejahre vom wurden Vorauszahlungen in Höhe von € 5.533,00 auf Basis des Einkommensteuerbescheides 2022 festgesetzt.

Die Bf. bezog im Jahr 2022 jedenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von zwei Arbeitgebern (A. GmbH und B.).

Festzuhalten ist, dass aufgrund der Anträge der Bf. vom bzw. vom die Vorauszahlungen für die Jahre 2019 und 2020 mit 0,00 € festgesetzt worden sind. In den Jahren 2019 bis 2022 kam es zu Steuernachzahlungen.

In der Beschwerde bringt die Bf. vor, dass eine Zahlung der gegenständlichen Vorauszahlungen ihre Existenz in Frage stelle.

2. Rechtliche Begründung und Beweiswürdigung

§ 45 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:

"Der Steuerpflichtige hat auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:

- Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 und Z 3.

- Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4 %, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5 % für jedes weitere Jahr erhöht.

….."

Vorauszahlungen können auf Antrag oder von Amts wegen angepasst werden. Nach dem 30.9. darf das Finanzamt Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr nicht mehr erlassen. Dies gilt nicht für Bescheide auf Grund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30.9. gestellt hat, sowie für eine Änderung in einem Rechtsmittelverfahren (§ 45 Abs. 3 und 4 EStG).

Nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ist - wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind - der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

Zweck der Veranlagung ist die gemeinsame Erfassung der Bezüge aus sämtlichen Dienstverhältnissen, da die Anwendung des Einkommensteuergesetztarifs auf die Gesamtbezüge in der Regel eine höhere Einkommensteuerschuld zur Folge hat als bei einem getrennten Lohnsteuerabzug (; ).

Die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer bzw. der Nachforderung resultiert aus folgendem Umstand, nämlich dass im Falle mehrerer Dienstverhältnisse jeder Arbeitgeber so vorzugehen hat, als ob nur dieses Arbeitsverhältnis vorläge (Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar III C, Tz. 2 zu § 66).

Mit einer Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid kann (erfolgreich) nur die Fehlerhaftigkeit des Bescheids im Zeitpunkt seiner Erlassung aufgezeigt werden. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Vorauszahlungen mit rückwirkender Wirksamkeit ab der Erlassung des angefochtenen Bescheides (; ).

In einem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlung muss die voraussichtliche Höhe der Besteuerungsgrundlagen für das laufende Jahr durch die Vorlage dazu geeigneter Unterlagen bzw. Berechnungen glaubhaft gemacht werden ().

Geänderte Einkommenserwartungen rechtfertigen entsprechende Änderungen oder Anpassungen der ursprünglichen Vorauszahlungen. Um solche geänderte Einkommenserwartungen auch berücksichtigen zu können, bedarf es eines glaubhaften, substanziellen und konkreten Vorbringens des Antragstellers.

Die Bf. begründet ihren Antrag auf Herabsetzung damit, dass sie einen Antrag bei ihrem zweiten Arbeitgeber gestellt hätte, die zusätzlich anfallende Lohnsteuer abzuführen. Einen Nachweis, dass tatsächlich Lohnsteuer abgeführt wurde, wurde seitens der Bf. nicht erbracht.

Das bloße Vorhaben, eine monatliche Abfuhr der Lohnsteuer schon während des jeweiligen Jahres sicher zu stellen, ist nicht geeignet, eine Herabsetzung der Vorauszahlungen zu rechtfertigen, denn eine Glaubhaftmachung fehlt und darüber hinaus ist eine derartige zusätzliche Lohnsteuer gesetzlich nicht vorgesehen.

Auch das Vorbringen der Bf. in der Beschwerde, dass die Höhe ihres zweiten Einkommens für 2024 (Betreuung einer schwer demenzkranken 88 Jahre alten Frau, deren Lebenswartung ungewiss ist), nicht vorhersehbar sei, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da - wie schon die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom ausgeführt hat - es bei Wegfall eines Arbeitgebers/einer bezugsauszahlenden Stelle an der Bf. gelegen sein wird, dies der belangten Behörde in einem formlosen Antrag belegt durch entsprechende Unterlagen (zB. Kündigung des Arbeitsverhältnisses, Abmeldung bei der Sozialversicherung etc.) nachzuweisen.

Erfolgt sohin die Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen für 2024 und Folgejahre im gegenständlichen Fall dem Grunde nach zu Recht, so bleibt noch zu prüfen, ob die Vorauszahlungen in der richtigen Höhe vorgeschrieben wurden.

Die für die Festsetzung der Vorauszahlungen für 2024 und Folgejahre maßgebliche Veranlagung war jene des Jahres 2022; gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 wurde die Abgabenschuld des Jahres 2022 (€ 5.077,00) rechtskonform um 9% erhöht, was den Vorauszahlungsbetrag von € 5.533,00 ergab.

Zum Antrag der Bf. auf Aufhebung des Bescheides vom und der Beschwerdevorentscheidung vom wegen Rechtswidrigkeit gem. § 299 BAO ist festzuhalten, dass innerhalb eines Beschwerdeverfahrens die Aufhebung des angefochtenen Bescheides als Begehren beantragt werden kann. § 299 BAO ist jedoch im Beschwerdeverfahren unnötig und nicht vorgesehen.

Da - wie oben ausgeführt- die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2024 zu Recht erfolgt ist, ist dem Antrag auf Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides 2024 und Folgejahre nicht Folge zu geben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Frage, ob Gründe vorliegen, die zu einer Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen führen, war im Rahmen freier Beweiswürdigung bezogen auf das konkret vorliegende Geschehen zu lösen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101374.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at