Familienbeihilfe - kein Anspruch bei mehrjähriger krankheitsbedingter Studienhinderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe ab April 2021, SVNR: ***Nr.*** , zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am stellte die Beschwerdeführerin (Bf.) den Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für ihren im Oktober 2000 geborenen Sohn:
Zuerkennung ab Mai 2021
Grund Studienbehinderung d. Krankheit (s. Beilage) Die Beilage lautet:
Aufgrund der Erkrankung an Angst (soziale Phobie) und Depression, konnte mein Sohn in der Vergangenheit das Studium nicht erfolgreich absolvieren. Diese Erkrankung kam schleichend und war unvorhersehbar. Sie entwickelte sich erst im Laufe der letzten 2 Jahr, möglicherweise durch die Pandemie ausgelöst, und konnte daher nicht früher diagnostiziert und eine Behandlung eingeleitet werden.
Leider war auch ich durch Covid-19 Infektion, Post-Covid-19, OP-Mamma, Burnout und Depression in den letzten Monaten nicht in der Lage mich um behördliche Angelegenheiten zu kümmern. Daher mein spätes Ansuchen um finanzielle Unterstützung und Zuerkennung der Familienbeihilfe für meinen Sohn (Vor- und Nachname).
In der Anlage einige Schreiben mit Diagnose (in Kopie) vom behandelnden Facharzt Dr. … ***F.*** (Psychiatrie). Die angeführten Schreiben werden unten im Erwägungsteil wiedergegeben.
Am erließ das Finanzamt zwei Bescheide an die Bf.:
1.
Rückforderungsbescheid Einzahlung- Familienbeihilfe (FB)- Kinderabsetzbetrag (KG)
für das Kind
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum
(Nach- und Vorname) … 1000 FB Apr. 21-Apr. 21 KG Apr. 21-Apr. 21
Der Rückforderungsbetrag beträgt
Art der Beihilfe Summe in €
FB € 165,10
KG € 58,40
Rückforderungsbetrag gesamt: € 223,50
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen. …
Begründung:
Familienbeihilfe steht nach dem ersten Studienjahr nur dann zu, wenn einer der folgenden Leistungsnachweise erfolgreich erbracht wurde:
• Prüfungen im Ausmaß von 8 Semesterwochenstunden
• Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten
• 14 ECTS-Punkte der Studieneingangs- oder Orientierungsphase
• eine Teilprüfung der ersten Diplomprüfung
Keiner dieser Leistungsnachweise wurde erbracht, Familienbeihilfe steht daher nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Die Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 erfolgte aufgrund gesetzlicher Vorgaben (§ 15 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
2.
Abweisungsbescheid
Ihr/e Antrag auf Familienbeihilfe vom wird abgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum
(Nach- und Vorname) … 1000 ab Mai 2021
Begründung:
{wie obiger Bescheid]
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn ein Kind voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihrem Kind ist das nicht der Fall (§ 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Am brachte die Bf. Beschwerde wie folgt ein:
Hiermit bringe ich, (Bf.), alleinerziehende Mutter, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Finanzamt Österreich gegen den Bescheid Abweisung auf Antrag Familienbeihilfe sowie den Rückforderungsbescheid Einzahlung FB und KG f. April 2021, vom ein.
Mein Sohn (Nach- und Vorname), geb. … .10.2000 konnte auf Grund der unerwarteten und unabwendbaren Erkrankung an Depressionen, Angst und Sozialphobie im ersten Studienjahr 2019/2020 keine erforderlichen Leistungsnachweise erbringen. Die Pandemie verstärkte die Krankheit. Dies wurde vom Facharzt der Psychiatrie Dr. … ***F.***, der klinischen Psychologin Mag. … ***X.*** und der Psychotherapeutin … ***C.*** BA, bestätigt.
Infoblatt: Familienbeihilfe für Studierende • Ausnahmen vom Wegfall der Familienbeihilfe:
- Eine Studienbehinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis
(z.B. Krankheit)
Daher gehe ich davon aus, dass im Anschluss von der Gewährung der FB wegen der gesetzlichen Vorgabe (§ 15 Familienausgleichsgesetz) Okt 2020 - März 2021, der Punkt "Ausnahme vom Wegfall der Familienbeihilfe wegen Krankheit", zur Geltung kommt und daher für diese folgenden Monate die Familienbeihilfe wiedergewährt werden sollten. Der Beschwerde war der unten im Erwägungsteil wiedergegebene Ärztliche Untersuchungsbefund vom beigelegt.
Am erließ das Finanzamt zwei Beschwerdevorentscheidungen:
1.
Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von (Bf.) gegen den Rückforderungsbescheid vom . Über die Beschwerde wird aufgrund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Mit gegenständlicher Beschwerdevorentscheidung wird über den Rückforderungsbescheid vom mit welchem Familienbeihilfe für den Zeitraum April 2021 in Höhe von € 223,50 für Ihren Sohn (Vorname) rückgefordert wurde, abgesprochen.
Begründung
Für (Vorname) hätte aufgrund seines ersten Studiums bis September 2020 nach dem ersten Studienjahr ein Erfolgsnachweis erfolgen sollen, welcher nicht erbracht wurde. Aufgrund Ihrer Aussagen und der Antwort vom gehen wir davon aus, dass (Vorname) das erste Studium ernsthaft betrieben hat, da in diesem Zeitraum auch ein Prüfungsantritt nachgewiesen werden konnte.
Im Wintersemester 2020 erfolgte ein schädlicher Studienwechsel von (Vorname) zum zweiten Studium ohne, dass zuvor ein Studienerfolgsnachweis erbracht wurde. Deshalb ist § 17 Abs. 1 Z. 3 Studienförderungsgesetz anzuwenden, welcher besagt, dass bis zum Nachweis eines positiven Erfolgsnachweises aus dem neuen Studium der Familienbeihilfenanspruch vorerst ruht.
Da bis September 2020 Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat, konnte seitens des Finanzamtes Österreich aufgrund von § 15 Familienlastenausgleichgesetz 1967 bis inklusive März 2021 Familienbeihilfe gewährt werden.
Ab April 2021 besteht jedoch kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr, da weiterhin kein Studienerfolg nachgewiesen wurde.
Die vorliegende ärztliche Bestätigung spricht von einer allgemeinen Studienbehinderung für einen Zeitraum von Wintersemester 2019 bis mindestens Sommersemester 2023. Eine solche Bestätigung vermag keinen Nachweis zu erbringen, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre (vgl. oben ), weshalb diese keine Studienbehinderung iSd § 2 Abs. 1 lit. b, 4 u. 5. Satz FLAG darstellt.
Zumal hat (Vorname) im zweiten Studium (10/2020 bis 09/2022) als auch im dritten Studium (ab 10/2022) trotzdem ECTS-Punkte erreicht, so dass in diesem Zeitraum eine tatsächliche Studienbehinderung nicht vorgelegen sein kann.
2.
Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von (Bf.) gegen den Abweisungsbescheid vom . Über die Beschwerde wird aufgrund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Mit gegenständlicher Beschwerdevorentscheidung wird über den Abweisungsbescheid vom mit welchem Ihr Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für Ihren Sohn (Vorname) für den Zeitraum ab Mai 2021 abgewiesen wurde, abgesprochen.
Begründung
[wie oben wiedergegebene Beschwerdevorentscheidung]
Am langte folgendes Schreiben beim Finanzamt ein:
Hiermit stelle ich, (Bf.) alleinerziehende Mutter meines nichtselbsterhaltungsfähigen in Ausbildung befindenden, jedoch durch Krankheit eingeschränkten Sohnes (Vor- und Nachname) geb. … .10.2000, fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung laut Rechtsmittelbelehrung den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) beim Finanzamt Österreich.
Anfechtungspunkt sind Bescheide Beschwerdevorentscheidungen, Aufhebungsbescheide sowie den Rückforderungsbescheid Einzahlung FB und KG f. April 2021 - Sept. 2022, vom und beantrage hiermit die Abänderung der o.a. Beschwerdevorentscheidung und stelle den Antrag auf Anspruch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ab April 2021 bis Februar 2023.
Begründung: Mein Sohn (Nach- und Vorname) auf Grund seiner Erkrankung an Depressionen, Angst, Zyklothymie und Sozialphobie bereits ab dem ersten Studiensemester 2019 keinen Nachweis Studienerfolg in notwendigem Ausmaß der Vorgaben erbringen. Ebenso erfolgte der Studienwechsel infolge der angeführten Erkrankung/Diagnose. Diese Tatsache wurde auch vom Facharzt der Psychiatrie Dr. … ***F.***, sowie der Psychologin und Psychotherapeutin bestätigt und die Unterlagen mit der Bezeichnung der konkreten Krankheit als auch die konkreten Zeiten dem Finanzamt Österreich vorgelegt.
Diagnose: Angst und Depression gemischt, Zyklothymie, Sozialphobie, ICD 10: F41.2, F34.0, F43.2
Bei meinem Sohn besteht laut Befundbericht vom behandelnden Facharzt für Psychiatrie Dr. … ***F.***, Klinische Psychologin Mag. ***X.*** und Psychotherapeutin … ***C.*** BA, die o.a. Diagnose und Erkrankung bereits zumindest ab WS 2019 (Oktober) bis Beginn Sommersemester 2023 (März).
Aus diesem Grund konnte mein Sohn keine ausreichende Leistungsnachweise erbringen. Er hat immer wieder versucht, das Studium in den etwas besseren Tage, Phasen/Episoden der Erkrankung weiter zu führen und konnte wegen der Erkrankung ausschließlich "Online" Prüfungen absolvieren u. daher auch nicht ausreichend ECTS-Punkte erreichen. Dies waren lediglich einzelne Tage (Stunden) an denen die jeweilige Prüfung stattfand und zwar 09/01/2020, 30/11/2020, 02/02/2021, 02/03/2021, 08/12/2022, 23/02/2023, 27/02/2023 wobei die Beurteilung meist negativ ausfiel eben auf Grund der Erkrankung und er erlitt durch die anhaltende Erkrankung, Angst und Depression gemischt, Zyklothymie, Sozialphobie, immer wieder Rückschläge mit monatelange anhaltenden Symptomen der Depression, wo (Vorname) nicht aus dem Bett konnte. Daher war er die restlichen Studienzeiten samt Studienwechsel durch diese beschriebene Erkrankung vom Studium behindert. Siehe Befundbericht vom von FA Dr. ***F.***.
Infoblatt Familienbeihilfe für Studierende:
• Ausnahmen vom Wegfall der Familienbeihilfe: Eine Studienbehinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit)
§ 17 Abs. 1 und 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 76/2000 lautete:
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden
Einen weiteren Nachweis des Facharztes f. Psychiatrie mit abermals angeführter konkreten Krankheit und den konkreten Zeiten der Beeinträchtigung, dass mein Sohn am Studium verhindert gewesen ist und daher eine Studienbehinderung samt Studienwechsel durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) ohne Verschulden d. Studierenden darstellt, werde ich zeitnahe beim Finanzamt Österreich vorlegen (vgl. unten: Befundbericht).
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Mit ihrer Antwort vom (Dok.8) auf das Anspruchsüberprüfungsschreiben vom gab die Beschwerdeführerin (Bf.) einen Studienwechsel ihres Sohnes mit Wintersemester 2020 zum Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bekannt und führte im beiliegenden Schreiben aus, dass der Studienerfolgsnachweis für das im Studienjahr 2019/20 betriebene Studium Politikwissenschaft aufgrund der außergewöhnlichen Bedingungen iZm der Covid-19-Pandemie leider nicht erbracht werden habe können.
Vom Finanzamt wurde der Familienbeihilfenanspruch daraufhin mit April 2021 befristet (Dok.9).
Mit Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe vom (Dok.1) beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Familienbeihilfe für ihren Sohn ab Mai 2021 aufgrund einer Studienbehinderung durch Krankheit im nunmehr seit Oktober 2022 betriebenen dritten Studium Raumplanung und Raumordnung. Ärztliche Unterlagen vom bzw. wurden vorgelegt.
Mit Abweisungsbescheid vom (Dok.3) wurde der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Mai 2021 abgewiesen, da ein Familienbeihilfenanspruch nur bestehe, wenn nach dem ersten Studienjahr ein Studienerfolgsnachweis erbracht worden sei.
Ebenfalls am erging mit derselben Begründung ein Rückforderungsbescheid betreffend den Monat April 2021 (Dok.2), in welchem die Bf. auch darauf hingewiesen wurde, dass die Rückforderung für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 lediglich aufgrund von § 15 FLAG 1967 unterblieben sei.
Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die Beschwerde vom (Dok.4). Begründend verwies die Bf. auf die gesundheitlichen Probleme ihres Sohnes, weshalb dieser im ersten Studienjahr 2019/20 keine erforderlichen Leistungsnachweise habe erbringen können. Ein ärztlicher Untersuchungsbefund vom befand sich in der Beilage.
Mit Ergänzungsersuchen vom (Dok.10) wurde die Bf. aufgefordert eine ärztliche Bestätigung über die Dauer der vollständigen Studienbehinderung des Sohnes sowie einen Studienerfolgsnachweis ab Oktober 2019 vorzulegen.
Am legte die Bf. mit ihrer Antwort (Dok.11) einen Befundbericht vom über eine aus psychiatrischer Sicht volle Studienbehinderung von Wintersemester 2019 bis Beginn Sommersemester 2023 vor.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (Dok.12 und 13) wurde der Beschwerde gegen beide Bescheide vom (Dok.2 und 3) stattgegeben.
Vom Bereich Private erhielt die Dienststelle NÖM am die Weisung (Dok.14) aufgrund einer Beschwerde der Bf. bei der Volksanwaltschaft in dem Fall zusätzliche Ermittlungen anzustellen.
Im Ergänzungsersuchen vom (Dok.15) wurde die Bf. nochmals zur Vorlage von Unterlagen, die einen tauglichen Nachweis für die Studienbehinderung des Sohnes liefern sowie von Bestätigungen über Vorlesungsbesuche und sämtliche Prüfungsantritte aufgefordert.
Der Antwort der Bf. vom (Dok.16) waren ärztliche und therapeutische Nachweise aus 2015 bzw. ab Dezember 2021 sowie Nachweise zu den Prüfungsantritten beigelegt.
Mit Weisung vom (Dok.17) beauftragte der Bereich Private die Dienststelle NÖM im Auftrag des Bundeskanzleramts die Beschwerdevorentscheidungen vom aufzuheben und neue abweisende Beschwerdevorentscheidungen sowie einen Rückforderungsbescheid betreffend den Zeitraum April 2021 bis September 2022 zu erlassen.
Dieser Weisung wurde mit den beiden Aufhebungsbescheiden (Dok.18 und 19), den beiden neuen Beschwerdevorentscheidungen (Dok.5 und 6) und dem Rückforderungsbescheid (Dok.20) vom entsprochen.
Gegen diese fünf Bescheide richtet sich das am eingelangte und als Vorlageantrag bezeichnete Anbringen (Dok.7), welches hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidungen vom als Vorlageantrag und hinsichtlich des Rückforderungsbescheides vom als Beschwerde zu werten war.
Beweismittel:
insbesondere
Antwort vom (Dok.11)
Antwort vom (Dok.16)
Stellungnahme:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und u.a. ein Studium betreiben.
Demnach gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht u.a. dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.
Die Studienzeit eines Studienabschnittes oder Studiums kann unter bestimmten Voraussetzungen (§ 2 Abs. 1 lit b 4.-9. Satz FLAG 1967) verlängert werden. Wenn die Behinderung pro Semester mindestens drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat, kann eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester (bzw. bei längerer Dauer um mehrere Semester) erfolgen. Dabei ist es unerheblich, ob die Studienbehinderung in die Vorlesungszeit oder in die Ferienzeit fällt.
Die Art des Beweismittels einer (krankheitsbedingten) Studienbehinderung ist im Gesetz nicht festgelegt, die für eine Verlängerung der Studienzeit (oder des Nachweiszeitraumes) maßgeblichen Umstände sind daher durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen.
Ist ein zwingender Zusammenhang zwischen der Krankheit einerseits und der behaupteten Studienbehinderung andererseits für den medizinischen Laien nicht erkennbar, bleibt die Beurteilung, ob die Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zu einer Studienbehinderung zu führen, ebenso einem Arzt vorbehalten wie die Diagnose der Krankheit selbst. Eine schlüssige ärztliche Bestätigung ist erforderlich (). Es muss dargelegt werden, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre ().
Der VwGH hat zum StudFG klar ausgeführt, dass es Sache des Antragstellers ist, nicht nur Art und Ausmaß des behaupteten Ereignisses konkret darzulegen, sondern auch dessen Auswirkungen auf den Fortgang der Studien (-I/10, unter Verweis auf ; , 2006/10/0001, sowie , 2003/10/0118).
Laut dem von der Bf. mit ihrer Antwort vom (Dok.11) vorgelegten Befundbericht vom bestätigt ein Facharzt für Psychiatrie eine aus psychiatrischer Sicht bestehende volle Studienbehinderung des Sohnes der Bf. von Wintersemester 2019 bis Beginn Sommersemester 2023. Bemerkenswert dabei ist, dass diese Studienbehinderung ab Wintersemester 2019 von einem Arzt, der erstmals im Dezember 2021 aufgesucht wurde, bescheinigt wird.
Die vorliegende ärztliche Bestätigung spricht auch nur von einer allgemeinen Studienbehinderung für einen Zeitraum von Wintersemester 2019 bis mindestens Sommersemester 2023. Eine solche Bestätigung vermag keinen Nachweis zu erbringen, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre (vgl. oben ), weshalb diese keine Studienbehinderung iSd § 2 Abs. 1 lit. b, 4 u. 5. Satz FLAG darstellt.
Mit ihrer Antwort vom (Dok.14, Seiten 4 bis 29) legte die Bf. zusätzliche Unterlagen über psychotherapeutische Sitzungen, psychiatrische Diagnostik und Intervention, klinisch-psychologische Behandlungen, physiologische Berichte und ärztliche Untersuchungsbefunde beginnend mit Dezember 2021 sowie eine Bestätigung und eine Honorarnote aus dem Jahr 2015 vor.
Auch diese Unterlagen belegen aus Sicht des Finanzamtes keine konkreten Zeiten einer solchen Beeinträchtigung, die zu der Studienbehinderung geführt haben soll. Diesbezüglich wird auch auf das Gutachten des Sozialministeriumservice vom verwiesen (Dok.14, Seiten 30 bis 34).
Hinzu kommt, dass der Sohn der Bf. im Zeitraum der angeblichen vollen Studienbehinderung dennoch am , , , , , und zu Prüfungen angetreten ist und vier dieser Prüfungen auch bestanden hat (Dok.14, Seiten 35 bis 40).
Das Finanzamt beantragt daher die Abweisung des Vorlageantrages.
Die Bf. gab folgende Stellungnahme zur Ausfertigung des Vorlageberichtes ab:
Infoblatt Familienbeihilfe für Studierende:
• Ausnahmen vom Wegfall der Familienbeihilfe: Eine Studienbehinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit)
Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden.
(Mein Sohn) musste wie aus den Unterlagen ersichtlich, bereits in seiner Jugend und während der Gymnasiumzeit aus psychotherapeutischem Zweck immer wieder zu Gesprächen mit Sozialarbeiterinnen in der Schule und Psychotherapeuten.
Angst und Depression begleiten ihn nun bereits seit mehr als 10-13 Jahren.
Ich, als Mutter war ab ungefähr seinem 19 Lebensjahr leider nicht mehr in der Lage ihn zu einem Arztbesuch zu motivieren oder zu zwingen, um Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Belastung der Erkrankung stieg schleichend stätig mehr und mehr in den Jahren an und erreichte ab Okt. 2019 den Höhepunkt mit massiven Anzeichen und Symptome der Depressionen, Angst, Sozialphobie. (Siehe ärztl. Untersuchungsbefund Fragebogen 2 bvaeb, in dem auch dieser Verlauf erwähnt wurde)
Erst als der Leidensdruck auch für ihm selber unerträglich wurde, konnte ich ihn in der Ordination FA OA Dr. F… zu einem ersten Termin anmelden und (mein Sohn) besuchte erstmals einen Facharzt für Psychiatrie Dr. … F… (OA im LKH … und Wahlarzt in …). Zu diesem Zeitpunkt vergingen bereits knapp 5 Semester von WS 10/2019 bis WS 12/2021, in denen mein Sohn an Sozialphobie, Angst und Depressionen ICD F41.2, Verdacht Zyklothymie noch unbehandelt und noch nicht diagnostiziert, litt. Mitte 2022 stimmte mein Sohn dann auch einer Tabletteneinnahme, Psychopharmaka, zu.
Als erfahrener Facharzt für Psychiatrie ist OA Dr. … F… sehr wohl in der Lage die Situation und Beeinträchtigung der Erkrankung einzuschätzen und den Beginn der Erkrankung und somit den Zeitpunkt der Studienbehinderung ab WS 10/2019 als auch ein Datum des möglichen wiedererlangen einer voraussichtlichen Leistungsfähigkeit mit dem Datum SS 03/2023 anzugeben. (siehe ausführlicher Befundbericht Feb2024)
Zum Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Bundesabgabenverordnung (BAO) vom wurde ich bei einer Rechtsauskunft darauf aufmerksam gemacht, dass die Begründung fehlt.
Wie in meinem Schreiben vom angeführt, konnte mein Sohn zwar einige "online" Prüfungen vom PC zu Hause in seinem Zimmer absolvieren, da es für ihn mit Sozialphobie, Angst, Depression unmöglich war, mit Menschen in persönlichen Kontakt zu kommen. Zu beachten ist hierbei der Absatz im Schreiben Bericht Vorlageantrag der Behörde Finanzamt Österreich, die meinen Sohn weder persönlich kennt und die fachärztliche Expertise von OA Dr. F… in Frage stellt, wie die Diagnose ICD F41., Zyklothymie, Sozialphobie, Angst, Depression ein Menschenleben beeinträchtigt und sich der Verlauf samt plötzlichen immer wiederkehrenden Rückschlägen zeigt.
Bemerkenswert ist, dass die Behörde Finanzamt Österreich am "Mitteilung über Bezug der Familienbeihilfe" "Beschwerdevorentscheidung" anhand der bis zu diesem Zeitpunkt von mir eingebrachten Unterlagen als Studienbehinderung wegen Krankheit anerkennt und eine Zuerkennung der FB und KG April 2021 bis Sept 2022 ausbezahlt und nun diese Studienbehinderung wieder abspricht und den Betrag in der Höhe von 4203€ zurückfordert.
Ich ersuche Sie daher, aufgrund der eingebrachten Unterlagen und ärztlichen Nachweis, die die Beeinträchtigung der konkret angegebenen Bezeichnung der psychischen Erkrankung und konkret angegebene Zeiten die zu einer Studienbehinderung meines Sohnes … geführt haben, anzuerkennen.
Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes "um Übermittlung der Studienerfolgsnachweise - bis zum letzten Nachweis" legte die Bf. die bereits aktenkundig gewesenen Unterlagen (letzter Nachweis: Bestätigung des Studienerfolges Nachweiszeitraum: - der TU Wien, Studium UE 033 240 Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung), die in den folgenden Erwägungsteil eingearbeitet sind, vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
In den Monaten April / Mai 2015 - der Sohn der Bf. war 14- jährig und besuchte die 4. Klasse eines Gymnasiums - erbrachte Mag. K., Psychologin, dem Sohn der Bf. Leistungen einer psychologischen Beratung, 4 Einheiten (und stellte ein Gesamthonorar von € 180,- in Rechnung) (Rechnung vom ).
Am bestätigte Herr B. der Bf., dass er ihr "in Folge meines tätig Seins als Kinderbeistand Ihres Sohnes …, geb. … .10.2000 im Einvernehmen mit (dem Sohn) empfohlen habe, weiterführend psychotherapeutische Unterstützung für ihren Sohn in Erwägung zu ziehen." (Bestätigung vom ).
Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom , Zl. … wurde der Sohn der Bf. der Einrichtung … für den Zeitraum vom bis zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen.
Mit Schreiben vom teilte der Amtsarzt … mit, dass der Sohn der Bf. derzeit und für einen Zeitraum von 2 Jahren für die Leistung des ordentlichen Zivildienstes nicht geeignet sei. Diesbezüglich wurde im April 2021 eine weitere Überprüfung der Dienstfähigkeit veranlasst.
Für die Zivildienstserviceagentur stand fest, dass der Sohn der Bf. derzeit zu jedem Zivildienst unfähig ist.
Weiter stand fest, dass ihm aus dem Bescheid vom kein Recht erwachsen ist.
Aus diesem Grund war der Zuweisungsbescheid vom , ZI... aufzuheben.
Am wurde der Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom , ZL… gemäß § 68 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) ersatzlos aufgehoben. (Bescheid vom ).
Ende Juni/Anfang Juli 2019 legte der Sohn der Bf. die Reifeprüfung ab (vgl. unten Sachverständigengutachten).
Wintersemester 2019/20:
Im Wintersemester 2019/20 inskribierte der Sohn der Bf. das Bachelorstudium Politikwissenschaft UG2002 (Beilage Ergänzungsersuchen 2 Antwort, Beschwerdevorlage).
Am [Wintersemester 2019/20] trat der Sohn der Bf. im Bachelorstudium Politikwissenschaft (UG2002 von bis ) zur Prüfung Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie (BA SOWI), 6 ECTS- Punkte, an und erfolgte die Beurteilung mit der Note 5 (Beilage Ergänzungsersuchen 2 Antwort).
Sommersemester 2020:
Betreffend das Sommersemester 2020 wurde kein Nachweis erbracht, dass der Sohn der Bf. eine Prüfung positiv ablegte und auch kein Nachweis, dass er zu einer Prüfung bzw. Prüfungen antrat.
Unter der Überschrift "Studienjahr 2019/20" gab die Bf. an:
Ein Studienerfolgsnachweis Stj 2019/20 der Politikwissenschaften kann aufgrund der außergewöhnlichen Bedingungen durch die zusätzliche Belastung Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie leider nicht erbracht werden (Antwort der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom ).
Wintersemester 2020/21:
Im Wintersemester 2020/21 begann der Sohn der Bf. das Bachelorstudium der Studienrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Studienblatt, Studienbestätigung vom , Antwort der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom ).
Am erhielt der Sohn der Bf. die WU- Benachrichtigung (Beilage Ergänzungsersuchen 2 Antwort):
… für folgende Prüfung liegt Ihre Beurteilung vor:
Einführung in die Betriebswirtschaftslehre / S…
Note: gut (vorläufig)
Am erhielt der Sohn der Bf. die WU- Benachrichtigung (Beilage Ergänzungsersuchen 2 Antwort):
… für folgende Prüfung liegt Ihre Beurteilung vor:
Grundlagen der Volkswirtschaftslehre / S…
Note: nicht genügend (vorläufig)
Sommersemester 2021:
Im Sommersemester 2021 war der Sohn der Bf. als ordentlicher Studierender im Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften rückgemeldet (Studienbestätigung vom ).
Am erhielt der Sohn der Bf. die WU- Benachrichtigung (Beilage Ergänzungsersuchen 2 Antwort):
… für folgende Prüfung liegt Ihre Beurteilung vor:
Wirtschaft im rechtlichen Kontext - Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I / K…
Note: nicht genügend (vorläufig)
Wintersemester 2021/22:
Am bestätigte Dr. F., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, dem Sohn der Bf.:
[Name und Anschrift des Arztes]
(Nach- und Vorname des Sohnes der Bf.)
Dg.: fragl. Zyklothymie * sozialphobe Aspekte **
Th.: - dzt 0 Med. - klinisch psychol. Testung - Psychologische - / psychotherapeutische Beratung empfohlen (z.B. Studienberatungsstelle)
Am selben Tag erbat Dr. F. mittels Überweisung um eine klinisch- psychologische Untersuchung (Überweisung Wahlarzt). Für diese am erbrachten ärztlichen Leistungen psychiatrische Diagnose + Intervention stellte der Arzt € 150,-- in Rechnung (Honorarnote).
* Zyklothymie
Kennzeichen der Zyklothymie sind einige Tage lang anhaltende hypomane und minimal depressive Phasen mit unregelmäßigem Verlauf und geringerem Schweregrad als bei der bipolaren Störung. Diese symptomatischen Perioden müssen für mehr als die Hälfte des Tages während einer Periode von ≥ 2 Jahren auftreten. Die Diagnose wird klinisch und anhand der Anamnese gestellt. Die Behandlung besteht vorwiegend aus Psychoedukation; bei Patienten mit starker Funktionseinschränkung ist allerdings eine medikamentöse Therapie angezeigt.
Zyklothymie geht häufig einer Bipolar-II-Störung voraus. Sie kann sich jedoch auch als extreme Stimmungslabilität äußern, ohne dass sich daraus eine schwere affektive Störung entwickelt.
Bei chronischer Hypomanie einer klinisch selten beobachteten Variante, herrschen Episoden mit gehobener Stimmungslage und eine gewohnheitsmäßig reduzierte Schlafdauer von < 6 h vor. Die Betroffenen sind ständig übertrieben heiter, selbstbewusst, energiegeladen, voller Pläne, leichtsinnig, übermäßig engagiert und aufdringlich; sie eilen mit rastlosen Impulsen davon und können anderen Menschen gegenüber distanzlos sein.
Bei manchen Menschen kann eine zyklothyme und chronisch hypomane Disposition zum Erfolg im Geschäftsleben und in Führungspositionen, zur Leistungsfähigkeit und künstlerischen Kreativität beitragen; sie hat jedoch häufiger ernsthafte negative Auswirkungen auf zwischenmenschliche und soziale Beziehungen. Die Folgen zeigen sich oftmals als Instabilität mit unregelmäßiger beruflicher und schulischer Vorgeschichte, impulsivem und häufigem Wohnortwechsel, wiederholtem Scheitern ehelicher und nichtehelicher Beziehungen sowie episodischem Alkohol- oder Drogenmissbrauch.
Die Diagnose einer zyklothymen Störung wird klinisch und anhand der Anamnese
gestellt.
** ww…netdoktor: Die soziale Phobie gehört zu den Angststörungen. Die Betroffenen haben Angst, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren oder unangenehm aufzufallen. Sie leiden unter der ständigen Angst, von ihren Mitmenschen negativ bewertet zu werden. Die Behandlung einer sozialen Phobie erfolgt durch Psychotherapie und Medikamente. Erfahren Sie hier mehr zur Definition, Diagnostik und Behandlung der sozialen Phobie.
ICD-Codes für diese Krankheit: ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.F40
Seit Dezember 2021 ist der Sohn der Bf. Dr. F. als Patient seiner Ordination bekannt.
Von diagnostischer Seite bestand zu diesem Zeitpunkt ein ängstlich - depressives Zustandsbild, was einen ausgeprägten sozialen Rückzug und eine deutlich reduzierte Leistungsfähigkeit zur Folge hatte. Anamnestisch gesehen hat sich diese Symptomatik seit Beginn WS 2019 zunehmend zugespitzt. Der fehlende Studienerfolg ist in direktem Zusammenhang mit der psychiatrischen Symptomatik zu sehen.
Mit psychotherapeutischer Begleitung und Beginn einer antidepressiven Medikation im Juni 2022 konnte eine allmähliche Verbesserung der affektiven Symptome erzielt werden, sodass dem Patienten ein schrittweiser Wiedereinstieg ins Studium im WS 2022 gelang. Von einer vollen Leistungsfähigkeit ist ab SS 2023 auszugehen.
Aus psychiatrischer Sicht bestand eine volle Studienbehinderung von WS 2019 bis Beginn SS 2023 (Bestätigung vom ).
Sommersemester 2022:
Am wurde seitens des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen eine Begutachtung des Sohnes der Bf. durchgeführt (Sachverständigengutachten):
Fachgebiet der/des Sachverständigen: Psychologie
Anamnese:
Fragestellung: Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit. Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit? Psychische Beeinträchtigung?
Derzeitige Beschwerden:
Ängste und Vermeidungsverhalten betreffend Sozialkontakt; fragliche depressive oder
bipolare Störung.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Keine. 12/2021 psychiatrische Konsultation (siehe unten), keine Medikation, klinisch psychologische Untersuchung empfohlen.
Sozialanamnese:
Daten zur Person:
Schulbesuch: VS, Gymnasium, Matura 2019; 2 x Studium begonnen und im 2. Semester abgebrochen, zuletzt im WS 2021.
Berufstätigkeit: noch keine.
Private Lebensumstände: lebt bei der Mutter, zum Vater dzt. kein Kontakt.
Soziale Integration: eingeschränkt
Körperliche Beschwerden: Skoliose, früher Physiotherapie, derzeit nicht in Behandlung;
keine psychiatrische Medikation.
Verhalten in der Untersuchungssituation: gut orientiert und auskunftsfähig, kooperativ.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befund Dr. ***F.*** (Gemeinde): 12/2021 psychiatrische Konsultation; Zyklothymie?,
sozial-phobische Aspekte; klinisch psychologische Untersuchung (Mag. Zornig) empfohlen.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
unauffällig
Ernährungszustand:
unauffällig
Größe: [blank] cm Gewicht: [blank] kg Blutdruck: [blank]
Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:
psychol.seits nicht relevant
Gesamtmobilität - Gangbild:
psychol.seits nicht relevant
Psycho(patho)logischer Status:
Untersuchungs-Verfahren:
Klinisch-psychologische Exploration
Standard Progressive Matrices (SPM)
Diagnost. Interview mit Begleitperson
Interpretation relevanter Dokumente
Untersuchungsergebnisse und Interpretation:
Im SPM werden bei gutem Aufgabenverständnis, angemessenem Arbeitstempo und guter Anstrengungsbereitschaft 57 Aufgaben richtig gelöst; das Ergebnis entspricht einem IQ von
approx. 122.
Auf den Versuch mit IST-Subtests wird im Hinblick auf die positiv abgelegte Matura
verzichtet.
In der Exploration berichtet der Pb. an subjektiven Beschwerden soziale Ängste mit Vermeidungsverhalten bezüglich diverser sozialer Situationen, darüber hinaus eine depressive Verstimmung mit Einschränkung des Antriebs und der Lebensfreude sowie gelegentlichen Schlafstörungen, im Vordergrund steht eine Perspektivenlosigkeit bezüglich der Berufs-und Studienwahl [Hervorhebung durch Richter].
Während der Schulzeit wurden mehrmals einige wenige Einheiten an Psychotherapie in belastenden Situationen konsumiert; nochmalige fachärztliche Konsultation mit geg. falls antidepressiver Medikation sowie Psychotherapie werden angeraten.
Im diagnostischen Kurzinterview berichtet die begleitende Mutter, dass der Pb. zu Arztterminen bzw. Behandlungen nicht zu motivieren sei, auch nicht zu der h.o. Untersuchung betreffend Familienbeihilfe.
Zusammenfassendes Gutachten:
Bei intellektuellen Leistungen, welche im nonverbalen, bildungsunabhängigen Testverfahren einem IQ um 122 entsprechen besteht eine überdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit. (Auf die Durchführung bildungsabhängiger Subtests wurde im Hinblick auf die positiv abgelegte Matura verzichtet.) Es findet sich kein Hinweis auf Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörung.
Im psychischen Bereich besteht eine leichtgradige depressive Verstimmung mit Perspektivlosigkeit betreffend Studien- und Berufswahl sowie eine leichtgradige Soziophobie mit Vermeidungsverhalten.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Pos.Nr. GdB %
Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als
sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Depressive Störung - Dysthymie - leichten leichten Grades mit 30
soziophoben Anteilen und Vermeidungsverhalten
eine Stufe unter oberem Rahmensatz, da aufgrund des geringen
Leidensdrucks noch keine zielführenden Behandlungen in Anspruch
genommen wurden.
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Erstmalige klin.-psychol. Begutachtung.
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:
□ ja X nein
Begründung: Besserung ist psychologischerseits bei entsprechender Unterstützung (psychiatrisch-medikamentöse Behandlung, Psychotherapie) wahrscheinlich.
GdB liegt vor seit: 05/2022
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
GdB ab heutiger Begutachtung.- (der Sohn der Bf.) ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Die Selbsterhaltungsfähigkeit wurde mit positivem Ablegen der Matura erreicht.
□ Dauerzustand
X Nachuntersuchung: 06/2023
Anmerkung hins. Nachuntersuchung:
Bei entsprechender psychiatrisch-medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung ist Besserung zu erwarten.
Am legte Mag. B. dem Sohn der Bf. für 1 Einheit klinisch-psychologische Behandlung eine Honorarnote über den Betrag von € 70,- (Honorarnote).
Am schrieb Mag. B., Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin, Biofeedbacktherapeutin, Entspannungstrainerin Dr. F. (Schreiben Mag. B.):
Es erfolgt eine psychologische Therapie (klinisch-psychologische Behandlung) mit den Schwerpunkten:
• Vorrangig Behandlung der Angstdynamik und deren Auswirkungen auf die
Alltagsbewältigung
• Behandlung der vegetativen Symptomatik mit Hilfe von Biofeedback
• Behandlung der beteiligten sozialen Probleme, Stichwort Studium
Am erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- Ordination Pos.nr. 12
- psychiatr. Exploration Pos.nr. 682
Diagnose: Angstst. gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 70,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Am legte Mag. B. dem Sohn der Bf. für 1 Einheit klinisch-psychologische Behandlung eine Honorarnote über den Betrag von € 70,- (Honorarnote).
Am wurde betreffend den Sohn der Bf. eine BioTrace- Sitzung: Erstassessment plus Atmung durchgeführt (BioTrace+ Physiologischer Bericht und Statistische Daten).
Am legte Mag. B. dem Sohn der Bf. für 1 Einheit klinisch-psychologische Behandlung eine Honorarnote über den Betrag von € 70,- (Honorarnote).
Am erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- Ordination Pos.nr. 12
- psychiatr. Exploration Pos.nr. 682
Diagnose: Angst + Depr., gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 70,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Anfang August 2022 bestätigte Dr. F., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, betreffend den Sohn der Bf. (Ärztlicher Untersuchungsbefund vom ):
Anamnese:
a) Überstandene Krankheiten: --
b) Beginn der Symptome des derzeitigen Leidens: 2019
c) Verlauf des derzeitigen Leidens: Schrittweise Zunahme der Beschwerden
d) Behandlung und Behandlungserfolge: Seit Beginn der Med. mit Sertralin dtl Besserung
[Anmerkung - Internetabfrage: Mittel gegen Depressionen, Angststörungen, Panikstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen]
Befund:
a) Somatisch, mit besonderer Berücksichtigung der
vorhandenen Defekte und ihrer --
leistungsmindernden Auswirkungen:
b) Psychisch, mit besonderer Berücksichtigung der psychischen Leistungsfähigkeit: [blank]
Diagnose: Angst (Sozialphobie), Depressionen, gemischt F 41.2
Ist der vorliegende Zustand als dauernd oder vorübergehend anzusehen? Vorübergehend
Ist der Zustand behandlungsbedürftig? (Ärztliche Behandlung, Anstaltspflege, Heilbehelfe)
ärztliche+ psychotherapeutische / psycholog. Behandlung erforderlich
Ist die Patientin bzw. der Patient zu einer Berufstätigkeit geeignet?
Welche? 0 prinzipielle Einschränkung
Ist die Erwerbsfähigkeit ganz oder teilweise, dauernd oder vorübergehend eingeschränkt? vorübergehend
Ist nach entsprechender Umschulung oder Behandlung die Erlangung der
Erwerbsfähigkeit zu erwarten? Ja
Am legte Mag. B. dem Sohn der Bf. für 1 Einheit klinisch-psychologische Behandlung eine Honorarnote über den Betrag von € 70,- (Honorarnote).
Am wurde betreffend den Sohn der Bf. eine BioTrace- Sitzung: 2. EH Autogenes Training und Atmung durchgeführt (BioTrace+ Physiologischer Bericht und Statistische Daten).
Am 2022 erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- Ordination Pos.nr. 12
- verbale Intervention Pos.nr. 690
Diagnose: Angst + Depr., gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 70,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Wintersemester 2022/23:
Im Wintersemester 2022/23 war der Sohn der Bf. im Bachelorsludium Raumplanung und Raumordnung als ordentlicher Studierender gemeldet (Studienbestätigung vom ).
Am erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- psychiatr. Diagn. und Intervention Pos.nr. 45c
Diagnose: Angst + Depr., gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 70,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Am 14. und absolvierte der Sohn der Bf. psychotherapeutische Sitzungen á 50 min (Einzeltherapie) (Honorarnote H. BA pth Psychotherapeutin integrative Gestalttherapie vom ).
Anfang Dezember 2022 legte der Sohn der Bf. im Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung die Prüfung Orientierungsphase Raumplanung, 2 ECTS- Punkte, erfolgreich ab (Note: sehr gut; Bestätigung des Studienerfolges - Nachweiszeitraum: - ).
Im Februar 2023 legte der Sohn der Bf. im Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung die Prüfung Computergestütztes Entwerfen, 3 ECTS- Punkte, erfolgreich ab (Note: befriedigend; Bestätigung des Studienerfolges - Nachweiszeitraum: - ).
Im Februar 2023 legte der Sohn der Bf. im Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung die Prüfung Wissenschaftliches Arbeiten in der Raumplanung, 3 ECTS- Punkte, erfolgreich ab (Note: sehr gut; Bestätigung des Studienerfolges - Nachweiszeitraum: -
Zeitraum nach der Bescheiderlassung vom :
Am absolvierte der Sohn der Bf. eine psychotherapeutische Sitzung á 50 min (Einzeltherapie) (Honorarnote H. BA pth Psychotherapeutin integrative Gestalttherapie vom ).
Am erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- psychiatr. Diagnostik und Intervention Pos.nr. 45c
Diagnose: Angst + Depr., gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 70,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Am erbrachte Dr. F. dem Sohn der Bf. die ärztlichen Leistungen
- psychiatr. Diagnostik + Intervention Pos.nr. 45c
Diagnose: Angst + Depr., gemischt F 41.2
und stellte insgesamt € 80,- in Rechnung (Honorarnote Dr. F.).
Am erstellte Dr. W. mit dem Sohn der Bf. einen Fragebogen:
1. Anamnese:
a) Überstandene Krankheiten: --
b) Beginn der Symptome des derzeitigen Leidens: 2019
c) Verlauf des derzeitigen Leidens: schrittweise Zunahme der Beschwerden
d) Behandlung und Behandlungserfolge: seit Med. mit Sertralin dtl. Besserung
2. Befund:
a) Somatisch, mit besonderer Berücksichtigung der vorhandenen Defekte und ihrer
leistungsmindernden Auswirkungen: --
b) Psychisch, mit besonderer Berücksichtigung der psychischen Leistungsfähigkeit:
[blank]
3. Diagnose: Angst (sozialphob.) + Depression gemischt F 41.2
4. Ist der vorliegende Zustand als dauernd oder vorübergehend anzusehen? vorübergehend
5. Ist der Zustand behandlungsbedürftig?
(Ärztliche Behandlung, Anstaltspflege, Heilbehelfe) ja ärztliche + psychotherapeutische / psycholog. Behandlung erforderlich
6. Ist die Patientin bzw. der Patient zu einer Berufstätigkeit geeignet? Welche 0 prinzipielle Einschränkung
7. Ist die Erwerbsfähigkeit ganz oder teilweise, dauernd oder vorübergehend eingeschränkt? vorübergehend
8. Ist nach entsprechender Umschulung oder Behandlung die Erlangung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten? ja
Bezogen auf den beschwerdegegenständlichen Zeitraum ab April 2021 ergibt sich somit folgendes Bild:
Vom Sohn der Bf. waren per Ende März 2021
- das Wintersemester 2019/20 - Studium der Politikwissenschaften
- das Sommersemester 2020 - Studium der Politikwissenschaften und
- das Wintersemester 2020/21 - Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
zurückgelegt.
In dieser Zeit, zwei Semester Studium der Politikwissenschaften und ein Semester Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, trat der Sohn der Bf. zu Prüfungen
- am : Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie - Note 5,
- am : Einführung in die Betriebswirtschaftslehre - Note 2 und
- am : Grundlagen der Volkswirtschaftslehre - Note 5
an.
Ab April 2021 setzte der Sohn der Bf.
- im Sommersemester 2021 das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,
- im Wintersemester 2021/22 das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und
- im Sommersemester 2022 das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
fort.
In dieser Zeit, drei Semester Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, trat der Sohn der Bf. zu einer (1) Prüfung
- am Wirtschaft im rechtlichen Kontext - Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I - Note 5
an.
Ab Oktober 2022 begann der Sohn der Bf.
- im Wintersemester 2022/23 das Studium Raumplanung und Raumordnung.
Im Wintersemester 2022/23 trat der Sohn der Bf. zu Prüfungen
- im Dezember 2022 Orientierungsphase Raumplanung - Note 1,
- im Februar 2023 Computergestütztes Entwerfen - Note 3 und
- im Februar 2023 Wissenschaftliches Arbeiten in der Raumplanung - Note 1
an.
Der o.a. Dr. F. erstellte am einen Befundbericht:
Nachdem es sich hier um sensible Daten handelt (und im Zusammenhang mit psychiatrischen Fragestellungen umso mehr), wurden von meiner Seite im Befundbericht vom die Details der fachärztlichen Diagnostik nicht in extenso dargelegt.
Die prinzipielle Methodik der psychiatrischen Diagnostik, der Verlauf von psychiatrischen Krisen oder Krankheiten und die Beurteilung der damit im Zusammenhang stehenden Einschränkungen sind zu berücksichtigen, da die Fragestellung so nicht fachlich seriös beantwortet werden kann, wie es vom Finanzamt gefordert wird:
Psychiatrische Krisen und Krankheiten können in den allerseltensten Fällen auf eine singuläre Ursache oder eine Beginnzeit mit genauem Datum und Uhrzeit zurückgeführt werden! Es ist eben nicht wie bei einem Unfall, den ich genau datieren kann und unmittelbar erhobene, technische Befunde (z.B. Röntgen Bilder) zur Beschreibung des Schadens heranziehen
kann.
Bei psychischen Krankheiten sind viele, nur anamnestisch erhebbare Bedingungen mitzuberücksichtigen, die der Krise / Krankheit vorangegangen waren (Prodromalphasen, prämorbide Persönlichkeitsvariablen, soziale Situation, biologische Variablen etc.). Psychiatrische Diagnosen müssen prozesshaft gedacht werden, da die Entwicklung von psychischen Symptomen ein genauere diagnostische Einschätzung (bzw. Ausschluss von Differentialdiagnosen) oft erst nach Jahren möglich macht (deswegen auch der Begriff der Prodomalphase). Gerade in der Adoleszenz ist diese diagnostische Eingrenzung sehr schwierig, wird fachlich deswegen auch absichtlich offen gehalten (alles andere wäre unseriös). Das bedeutet aber nicht, dass es keine psychiatrischen Symptome und daraus resultierende Einschränkungen gibt!
Eine psychiatrische Diagnose (und auch die Beurteilung von Einschränkungen) muss deswegen immer auch eine retrospektive Beurteilung sein. Zusätzlich ist es bei psychischen Themen praktisch regelhaft, dass Patentinnen nicht unmittelbar bei Auftreten erster Symptome professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, sondern oft deutlich zeitlich verzögert (auch hier anders als bei einem Unfall). Auch benötigt es oft längere Zeit, bis sich Patentinnen für Medikation oder Psychotherapie entscheiden können (was bei Angsterkrankung z.B. inhaltlich oft in einem direkten Bezug zu den Ängsten steht, wie Angst vor einer Medikation etc).
Der Verlauf von psychiatrischen Krankheiten, aber auch der therapeutischen Prozesse, ist kein linearer! Das heißt, dass Phasen mit vermehrten Symptomen sich mit Phasen therapeutischer Fortschritte abwechseln (gerade bei Angsterkrankung ist dies regelhaft der Fall, vor allem wenn eine Konfrontation mit den zentralen Themen der Angst, z.B. Prüfungsangst, erfolgt).
Deswegen kann hier nur über einen größeren zeitlichen Bereich eine Aussage getätigt werden. Die fachliche Aufgabe des Facharztes für Psychiatrie ist, aus Anamnese und dem aktuellen Zustandsbild eine Diagnose abzuleiten, eine Prognose zu erstellen, aber auch retrospektiv die Situation vor der Erstkonsultation zu beurteilen Deswegen wurden von meiner Seite auch Aussagen über die Leistungsfähigkeit im Wintersemester 2019 gemacht.
2) Bezugnehmend auf (den Sohn der Bf.):
Von psychopathologischer Seite stand zum Zeitpunkt der Erstkonsultation () eine Angstthematik im Vordergrund -im Zusammenhang mit der schon seit längerem bestehenden Prüfungsangst und dem sozialen Rückzug von diagnostischer Seite zu einer Sozialen Phobie (ICD 10: F 40.1) passend. Zusätzlich stellte sich der hochgradige Verdacht auf eine affektive Störung, zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung ein depressives Zustandsbild bei Verdacht auf eine Zyklothymia (F 34.0) diagnostiziert (ob es sich hier um die Prodromalphase einer depressiven Störung oder einer bipolaren Erkrankung handelt, oder um Ausdruck einer Adoleszenzkrise handelt, wird - wie oben dargelegt - erst aus dem Verlauf heraus beurteilbar sein. Deswegen die Formulierung "Verdacht auf").
Die Soziale Phobie (in diesem Fall weniger die affektive Störung steht in einem direkten Zusammenhang mit dem reduzierten Studienerfolg. Leitsymptom ist die Prüfungsangst, das "Exponiert Sein", die reduzierte kognitive Leistungsfunktion in Prüfungssituationen und konsekutiv das für Angsterkrankungen typische Vermeidungsverhalten. Häufig gelingt noch die Matura (da in bekannterem und geschützterem Rahmen), die Konfrontation mit den Anforderungen an der Universität fuhren häufig zu einer Dekompensation einer Sozialphobie. Deswegen war es aus meiner Sicht glaubhaft und nachvollziehbar, dass mit Beginn des universitären Studiums im Wintersemester 2019 durch die zugrundeliegende Sozialphobie die Leistungsfähigkeit so reduziert war, dass eine volle Studienbehinderung bestand.
Nach dem Beginn einer antidepressiven Medikation Ende Juni 2022 (die sowohl bei Angsterkrankungen, als auch bei affektiven Störungen wie der Zyklothymia zur Anwendung kommt und eine schrittweise Aufdosierung erfordert) und der Auseinandersetzung mit der Angsterkrankung über Psychotherapie kam es zu einer allmählichen Verbesserung. Das bedeutet, dass keine prompte Symptomfreiheit eintrat, sondern sich der Patient schrittweise seinen Ängsten stellen konnte. Es benötigt aber häufig Monate, bis soweit eine Stabilisierung erfolgt, dass Symptome weniger werden. Im konkreten Fall ist gerade die Leistungsfähigkeit bei Prüfungen eines der hartnäckigsten Symptome (Die Bedingungen der Pandemie machten es für Menschen mit Angstthematiken in dieser Zeit zusätzlich noch schwerer.).
Dem Patienten gelang aus meiner Sicht im Wintersemester 2022 als erster Schritt die Teilnahme am universitären Geschehen (erste Versuche, sich Prüfungen zu stellen, etc.).
Aber erst mit Beginn Sommersemester 2023 war aus meiner Sicht die Angst vor Prüfungen etc. so weit unter Kontrolle, dass eine volle Leistungsfähigkeit bestand (Für mich ist der "Semesterbeginn" hier ein entscheidender Zeitpunkt im therapeutischen Prozess einer Angsterkrankung wie der Sozialphobie, wo sich herausstellt, ob nach den Ferien der Wiedereinstieg gelingt. Deswegen wurde von meiner Seite die volle Leistungsfähigkeit auf diesen Zeitpunkt datiert).
Der therapeutische Prozess und das Ansprechen auf Therapie waren für mich - auch im Vergleich zu anderen Fällen - eigentlich eine rasche und positive Entwicklung!
Beweiswürdigung
Die obigen Detailfeststellungen beruhen auf den im Einzelnen angeführten Grundlagen bzw. den von der Bf. vorgelegten Unterlagen, sind unbedenklich und werden dem Erkenntnis zugrunde gelegt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Aus § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).
Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl etwa oder ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
§ 17 StudFG in der anzuwendenden Fassung bestimmt:
Abs. 1:
Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
Abs. 2:
Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
Abs. 3:
Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
Abs. 4:
Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Rechtssatz RV/1807-W/02:
Einen Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 2 StudFG 1982 ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeiführen kann nur ein das Vorstudium spezifisch behindernder Grund. Dem Vorbringen, aus Mangel an Ausbildungsplätzen in jenem Studium, das der Studierende nach dem Studienwechsel betrieben hat, sei ein sinnvoller Studienwechsel früher nicht möglich gewesen, kommt somit keine Bedeutung zu. Relevant ist nur der Zeitpunkt des Studienwechsels, welcher durch die "Aufnahme" der neuen Studienrichtung erfolgt.
Im Erkenntnis vom , RV/7100153/2020, erwog das Bundesfinanzgericht:
Ein durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführtes Ereignis liegt dann vor, wenn dieses eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. ; ).
Nun lag zwar eine psychische Erkrankung der Tochter vor.
Diese psychische Erkrankung kann aber nicht Ursache für den Wechsel vom Studium der Politikwissenschaften zum Studium der Rechtswissenschaften gewesen sein.
Gehen körperliche Voraussetzungen für ein Studium verloren, ist etwa die Fortsetzung eines Sportwissenschaftsstudiums nach einem Unfall, der zu einer längeren oder dauernden körperlichen Beeinträchtigung führt, nicht möglich, wird ein Wechsel zu einem Studium, bei dem diese körperliche Beeinträchtigung keine Rolle spielt, i. S. § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG zwangsläufig sein.
Ein derartiger Unterschied besteht jedoch nicht zwischen dem Studium der Politikwissenschaften und dem Studium der Rechtswissenschaften. Auch wenn ***9*** ***4*** an einer Depression gelitten hat, beeinträchtige diese Erkrankung beide Studien gleichermaßen.
Selbst wenn die Tochter geglaubt haben sollte, mit dem Studium der Rechtswissenschaften einen Neuanfang setzen zu wollen, ist damit eine Zwangsläufigkeit des Studienwechsels i.S.v. § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG nicht gegeben.
Der Umstand, dass ein Studierender einen Studienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, bedeutet nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre (vgl. ; ).
Im Erkenntnis vom , RV/7105998/2015, erwog das Bundesfinanzgericht:
Wenn die Tochter der Bf. jedoch erst im April erkannt hätte, dass sie ein falsches Studium gewählt hat, … .
Auf eine mangelnde Zielstrebigkeit im Rückforderungszeitraum weist der Umstand hin, dass die Tochter der Bf. gleichzeitig zwei Studien belegt und beide Studien in der Folge abgebrochen hat. … Dass die Tochter der Bf. zu einem zielgerichteten Studium in der Lage ist, ist daraus ersichtlich, dass sie in der Folge ein neues Studium gewählt und in diesem regelmäßig und erfolgreich Prüfungen ablegt hat.
Die Berufungsentscheidung des -K/09, betraf eine Studentin, der bewusst worden sei, dass sie sich für die falsche Studienrichtung entschieden habe.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird die Studienzeit durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
Im Erkenntnis vom , 90/14/0108, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. Feber 1983, 82/14/0148). Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt hingegen der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen, weil die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist (vgl. nochmals hg. Erkenntnis 89/14/0070).
Wäre der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom November 1982 bis Oktober 1984 aufgrund seiner Krankheit durchgehend gehindert gewesen, für die Ausbildung erforderliche Prüfungen abzulegen, könnte Ausbildung in diesem Zeitraum nicht angenommen werden.
In der angeführten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof eine Zeitspanne von 24 Monaten als beihilfenschädlich angenommen.
In einer weiteren Entscheidung zu dieser Problemstellung lag nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der für 11 Monate dauernden krankheitsbedingten Unterbrechung der Ausbildung eine mehrjährige krankheitsbedingte Unterbrechung nicht vor (). Weiters hat der Verwaltungsgerichthof in weiteren Entscheidungen eine Unterbrechung für die Dauer von einem Semester () und eine zweimalige Unterbrechung für die Dauer von jeweils einem Semester () als für den Beihilfenanspruch nicht schädlich angesehen.
In der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1540-W/10, wurde eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Berufsausbildung bei einer Dauer von 20 Monaten als beihilfenschädlich angesehen.
Im Erkenntnis vom , RV/3100835/2019, erwog das Bundesfinanzgericht:
Aus einer Gesamtschau dieser Rechtsprechung ist ableitbar, dass besonders begründete Unterbrechungen einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren sich grundsätzlich nicht schädlich auf einen bereits vorher bestehenden Familienbeihilfenanspruch auswirken müssen, obwohl in dieser Zeit die Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 nicht erfüllt ist.
Allen diesen Fällen ist jedoch gemein, dass "lediglich" eine Unterbrechung der (konkreten) Ausbildung, nicht aber ein Abbruch dieser vorliegen darf. Eine Unterbrechung liegt dann vor, wenn die Ausbildung, die zum Beihilfenanspruch geführt hat, nach Wegfall des Hinderungsgrundes wieder aufgenommen wird.
Das bloße Aufrechterhalten eines Ausbildungs- oder Berufswunsches über die oben genannte Frist hinaus ohne die Ausbildung (frühestmöglich) wieder aufzunehmen, reicht hingegen für das Fortbestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe iSd oben angeführten Rechtsprechung nicht aus (idS vgl mwN).
Gemäß
- dem vorgelegten Befundbericht lag beim Sohn der Bf. ab Beginn des universitären Studiums im Wintersemester 2019, in dem bereits eine volle Studienbehinderung bestand, biszumindest dem Wintersemester 2022 [in dem als erster Schritt die Teilnahme am universitären Geschehen (erste Versuche, sich Prüfungen zu stellen, etc.) gelang, aber erst mit Beginn Sommersemester 2023 die Angst vor Prüfungen etc. so weit unter Kontrolle, dass eine volle Leistungsfähigkeit bestand], und
- den mit dem Befundbericht im Einklang stehenden - oben im Einzelnen wiedergegebenen - Studienerfolgsnachweisenbis zumindest Spätherbst 2022 (in dem er, im Dezember 2022, zur Prüfung Orientierungsphase Raumplanung antrat und die Note 1 erhielt),
eine über 3- jährige, für den Familienbeihilfenanspruch schädliche krankheitsbedingte Ausbildungsunterbrechung vor (Wintersemester 2019/20, Sommersemester 2020, Wintersemester 2020/21, Sommersemester 2021, Wintersemester 2021/22, Sommersemester 2022, im Wintersemester 2022/23 bis zum Lernen für die o.a. Prüfung im Dezember).
Hiermit stimmt im Übrigen die Feststellung (im März 2019) überein, dass der Sohn der Bf., wie oben ausgeführt, zu jedem Zivildienst unfähig war (,derzeit und für einen Zeitraum von 2 Jahren').
Hinzu tritt, dass das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften nach der krankheitsbedingten Ausbildungsunterbrechung nicht fortgesetzt, sondern abgebrochen und ein anderes (drittes) Studium, Raumplanung und Raumordnung, begonnen wurde.
Dahingestellt bleiben kann, dass sowohl der Befundbericht (,Leitsymptom ist die Prüfungsangst') als auch das Sachverständigengutachten (,im Vordergrund steht eine Perspektivenlosigkeit bezüglich der Berufs- und Studienwahl'), welches jedoch im Gegensatz zum Befundbericht lediglich einen punktuellen (weniger schweren) Erkrankungszustand Ende Mai 2022 beinhaltet, und die Prüfungsergebnisse des dritten Studiums darauf hindeuten, dass dem Sohn der Bf. zwei Mal eine falsche Studienwahl mit entsprechend negativen Auswirkungen unterlaufen war und ihm zu schaffen gemacht hatten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösendem Fall nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100492.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at