Pokercasino mit gewerberechtlicher Bewilligung für bankhalterloses Spiel, die Abgabenschuld nach dem GSpG entsteht unabhängig davon, ob der Veranstalter die Einsätze eingenommen hat oder nicht, eine exzessive Besteuerung liegt nicht vor.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF-MV***, ***MV-Adr***, über Beschwerden gegen Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, Steuernummer ***BF-StNr***, zu Recht erkannt:
1. Beschwerde vom gegen 21 Bescheide gemäß § 201 BAO vom betreffend Festsetzung von Glücksspielabgaben für die Anmeldungszeiträume August bis Dezember 2016, Jänner bis Dezember 2017 und Jänner bis April 2018
2. Beschwerde vom gegen 14 Bescheide gemäß § 201 BAO vom betreffend Festsetzung von Glücksspielabgaben für die Anmeldungszeiträume Mai bis Dezember 2018 und Jänner bis Juni 2019
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Parteienvorbringen
Die ***BF***, im Folgenden kurz auch ***BF*** genannt, hat aufgrund einer gewerberechtlichen Bewilligung Pokerturniere und Poker Cashgames veranstaltet, für die sie betreffend die Zeiträume August 2016 bis Juni 2019 mögliche Bemessungsgrundlagen nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) bekannt gegeben hat. Die monatlich dafür anfallenden Glücksspielabgaben hat die ***BF*** jedoch jeweils mit 0 € berechnet und angemeldet, da auf sie das GSpG nicht anwendbar sei.
Gleichzeitig hat die ***BF*** an die Abgabenbehörde für alle Anmeldungszeiträume jeweils einen Antrag gemäß § 201 BAO auf bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgaben gestellt. Hinsichtlich der Begründung verweist sie auf vergleichbare Anträge des konzernverbundenen Unternehmens ***GmbH***.
Glücksspielabgabe-Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO
Entgegen der Ansicht der ***BF*** hat das damals zuständige Finanzamt mit Bescheiden je vom (für die Anmeldungszeiträume 8/2016 bis 4/2018) und vom (für die Anmeldungszeiträume 5/2018 bis 6/2019) gemäß § 57 Abs. 1 GSpG die Glücksspielabgaben in Höhe von insgesamt 11,236.573,72 € festgesetzt.
In der gesonderten Bescheidbegründung stellt das Finanzamt zunächst fest, dass die von der ***BF*** mit der Selbstberechnung bekannt gegebenen Bemessungsgrundlagen aufgrund der bereits erfolgten Überprüfung von konzernverbundenen Unternehmen als richtig angenommen werden.
Sodann verweist das Finanzamt unter Anführung von zahlreichen Judikaten auf die ständige Rechtsprechung und führt aus, Pokerspiel auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung sei zwar während der Übergangsfrist bis keine verbotene Ausspielung, der Bestimmung des § 2 Abs. 4 GSpG, sei aber nicht zu entnehmen, dass das gesamte GSpG nicht anwendbar sei oder dass überhaupt keine Ausspielung vorliege. § 57 Abs. 6 GSpG enthalte keine Befreiung für Pokersalons und die Neufassung des § 2 Abs. 2 GSpG verdeutliche überdies, dass auch dem bloßen Veranstalter der Ausspielung Unternehmereigenschaft zukomme. Nicht zuletzt sei nach der Gesetzessystematik eine Gewerbeberechtigung keine Berechtigung im Sinne des § 59 Abs. 2 GSpG.
Beschwerden
Gegen diese Festsetzungsbescheide hat die ***BF*** die gegenständlichen Beschwerden, datiert vom und vom , erhoben, weil sie das bankhalterlose Pokerspiel rechtmäßig auf Basis ihrer gewerberechtlichen Bewilligung und der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum relevanten Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 36 GSpG betreibe.
Zur Begründung führt die ***BF*** im Wesentlichen aus:
1. Bankhalterloses Pokerspiel
Die Besteuerung von bankhalterlosem Pokerspiel mit Glücksspielabgabe in Höhe von 16 % vom Einsatz sei nicht rechtmäßig, da der Veranstalter die Einsätze nicht entgegennehme und ein Vielfaches seiner Einnahmen als Abgaben zu entrichten habe. Erst jüngst habe der VwGH (zu Vorarlberger Landesgesetzen) mit der Entscheidung eines verstärkten Senates ausgesprochen, dass die Spieleinsätze bei Pokerspielen kein Eintrittsgeld darstellten (), weil die Einsätze vom Veranstalter nicht entgegengenommen würden. Diese Entscheidung sei auch für die Besteuerung nach dem GSpG relevant. Die Eigenart des bankhalterlosen Pokerspiels bestehe nämlich darin, dass der veranstaltende Unternehmer keine Einsätze und Gewinne, sondern lediglich ein geringfügiges Entgelt (das sogenannte "Tischgeld" in Höhe von im Durchschnitt 3,5 % der Einsätze) vereinnahme. In seiner oben zitierten Entscheidung vom habe der VwGH unmissverständlich ausgesprochen, dass Zahlungen, die sich Spieler untereinander leisten würden und auf die der Unternehmer keinerlei Zugriff habe, keinesfalls die Bemessungsgrundlage für die Abgabe sein könnten. Andernfalls würde der Unternehmer einer Abgabe in exzessiver Höhe unterworfen, die seine Umsätze (!) um ein Vielfaches übersteige.
Es müsse zwischen erlaubten und verbotenen Ausspielungen differenziert werden, andernfalls wäre verbotenes Glücksspiel im Ergebnis günstiger besteuert als erlaubtes Glücksspiel.
2. Besteuerung von erlaubten Ausspielungen
Nach dem GSpG würden erlaubte Ausspielungen fast durchgehend auf Basis der Jahresbruttospieleinnahmen besteuert. Sofern eine erlaubte Ausspielung ausnahmsweise auf Basis der Einsätze besteuert werde (zB Lotto), würden diese vom Unternehmer auch vereinnahmt.
3. Besteuerung von verbotenen Ausspielungen
Nach dem Willen des Gesetzgebers und nach seinem Wortlaut erfasse § 57 Abs. 1 GSpG sowohl erlaubte als auch verbotene Ausspielungen. Dass der Gesetzgeber verbotene Pokerturniere und auch verbotene Online-Ausspielungen wesentlich niedriger - von den Gewinnen bzw. den Jahresbruttospieleinnahmen - besteuern wollte als erlaubte Pokerspiele, könne ihm nicht unterstellt werden.
4. Besteuerung von bankhalterlosem Pokerspiel
-- Unsachlichkeit der Besteuerung
Sofern bei einer erlaubten Ausspielung - wie dem bankhalterlosen Pokerspiel - nicht vereinnahmte Einsätze der Glücksspielabgabe unterworfen würden, müsse die Steuer von der Substanz des Unternehmens getragen werden, sodass der Unternehmer seine Tätigkeit auf Dauer nicht ausüben könne. Daraus ergäbe sich ein Wertungswiderspruch. Nur bei verbotenen Ausspielungen könne eine derartig exzessive Besteuerung sachlich gerechtfertigt sein.
-- Gewerberechtliche Schranken
Nach der Entscheidung des , habe ein Unternehmer Kartenspiele so zu organisieren, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden könne. Wenn die Glücksspielabgabe von den Einsätzen der Spieler zu entrichten wäre, müsste die Beschwerdeführerin diese folglich entgegennehmen, um die Entrichtung der Glücksspielabgabe sicherstellen zu können. Dies gestatte aber ihre Gewerbeberechtigung nicht; sie dürfe keine Einsätze, sondern lediglich das Tischgeld entgegennehmen, widrigenfalls sie den Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwirkliche.
-- Teleologische Interpretation
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei der Begriff der Einsätze also teleologisch auf den Begriff der "vereinnahmten Einsätze" zu reduzieren, sodass nur die tatsächlich vereinnahmten Tischgelder die steuerliche Bemessungsgrundlage darstellen würden. Diese Auslegung sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin vom Gesetzgeber auch so beabsichtigt.
5. Glücksspielrechtlicher Unternehmerbegriff
Gemäß § 2 Abs. 2 GSpG sei Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübe, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Eine erlaubte Tätigkeit, die nach wenigen Monaten zur Insolvenz führen würde, könne der Gesetzgeber nicht als nachhaltige unternehmerische Tätigkeit angesehen haben.
6. Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit (nach Art. 56 AEUV)
Die Vorschreibung der Glücksspielabgabe in exzessiver Höhe sei zweifellos geeignet, den Betrieb von frei gewerblichen Pokersalons zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Damit werde auch kein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt, sondern solle ausschließlich dem wichtigsten Wettbewerber des Konzessionärs geschadet werden. Selbst wenn ein legitimes Ziel, wie beispielsweise der Spielerschutz verfolgt werde, wäre der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt und würde das Ziel des Spielerschutzes durch expansive Werbung der Konzessionärin konterkariert werden.
7. Verstoß gegen das Beihilfenverbot (des Art. 107 AEUV)
Die bedeutendste Mitbewerberin der Beschwerdeführerin sei von der Glücksspielabgabe befreit und unterliege der Spielbankabgabe nach § 28 GSpG (bemessen von den Jahresbruttospieleinnahmen). Während die Beschwerdeführerin im Beschwerdezeitraum rund 25 Mio. € an Glücksspielabgabe entrichten müsse, könne Letztere dieselbe Dienstleistung anbieten, ohne diese Abgabe einbehalten und abführen zu müssen. Die Nicht-Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 57 Abs. 6 GSpG auf die Beschwerdeführerin erfülle folglich eindeutig den Tatbestand einer Beihilfe.
ZUSAMMENFASSUNG
Die angefochtenen Bescheide sind aus den folgenden Gründen rechtswidrig:
-- Eine historische, teleologische und systematische Interpretation der maßgeblichen Bestimmungen ergibt, dass nur vereinnahmte Einsätze nach § 57 Abs. 1 GSpG der GSpA in Höhe von 16 % unterliegen können. Andernfalls würden sich eine Reihe von Wertungswidersprüchen, unsachlichen Unterscheidungen sowie unsachlichen Gleichbehandlungen ergeben. Würden erlaubte Pokerspiele mit 16 % vom Einsatz der Spieler besteuert werden, ungeachtet dessen ob dieser vom Unternehmer vereinnahmt wird oder nicht, so würden verbotene Spiele (zB Onlinepoker, verbotene Pokerturniere) niedriger als erlaubte Spiele besteuert werden. Eine neue Entscheidung des VwGH zur Besteuerung von erlaubten Pokerspielen bestätigt diese Auslegung (vgl. ). Daraus ist abzuleiten, dass auch im Bereich der Glücksspielabgabe nur tatsächlich vereinnahmte Einsätze die Bemessungsgrundlage darstellen können. Wenn der Anbieter daher kein Bankhalter ist, und er daher die Einsätze nicht entgegennimmt, können nicht die gesamten Einsätze, sondern nur die vereinnahmten Teile der Einsätze der Besteuerung unterzogen werden. Nur bei verbotenem Poker mit Bankhalter macht es Sinn, den Unternehmer anhand sämtlicher Einsätze (die von ihm nämlich verbotenerweise entgegengenommen werden) zu besteuern (vgl. Punkt 5.1).
-- Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden eine Tätigkeit, die erlaubt ist, so hoch besteuert haben zu wollen, und gleichzeitig aber als nachhaltige unternehmerische Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 2 GSpG angesehen zu haben. Der Unternehmerbegriff des GSpG ist dem umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff nachempfunden, und setzt daher eine regelmäßige über mehrere Monate oder sogar Jahre ausgeübte Tätigkeit voraus. Wenn der Gesetzgeber diese erlaubte Tätigkeit so prohibitiv besteuern hätte wollen, dass sie nicht regelmäßig und wiederholt ausgeübt werden kann, stünde dies im Widerspruch zum Unternehmerbegriff, der eine nachhaltige Tätigkeit voraussetzt (vgl. Punkt 5.5).
-- Die Festsetzung der Glücksspielabgabe stellt in der von der Abgabenbehörde angenommenen Höhe eine erhebliche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV dar, welche durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses nicht gerechtfertigt werden kann (vgl. Punkt 5.6).
-- Darüber hinaus unterstellt die Abgabenbehörde dem Gesetz aufgrund der gewählten Auslegung eine verbotene Beihilfe, weil die Beschwerdeführerin auf ihre erlaubte Tätigkeit ein Vielfaches ihrer Einnahmen an Abgaben zu entrichten hätte, während Konzessionäre auf dieselbe erlaubte Tätigkeit keine derartige Abgabe zahlen. Dies verstößt gegen Art. 107 AEUV (vgl. Punkt 5.7).
Beschwerdevorentscheidungen
Das Finanzamt hat die Beschwerden der ***BF*** unter Anführung der ständigen Rechtsprechung von VfGH, VwGH und BFG mit Beschwerdevorentscheidungen vom und vom als unbegründet abgewiesen.
Zu den Punkten 1.-5. der Beschwerde entgegnet das Finanzamt, das von der Beschwerdeführerin herangezogene Judikat des , sei zu Vorarlberger Landesgesetzen ergangen und habe keine Auswirkung auf die Judikatur zur Glücksspielabgabe. Im Sinne von § 57 Abs. 1 in Zusammenschau mit § 2 GSpG seien Bemessungsgrundlage die geleisteten und nicht die vereinnahmten Einsätze. Eine teleologische Reduktion des Begriffes Einsätze sei aufgrund des Gesetzwortlautes und der Rechtsprechung nicht zulässig. VfGH und VwGH hätten die Besteuerung von Pokerspielen sowohl nach § 33 TP 17 GebG als auch nach § 57 Abs. 1 GSpG als rechtens erachtet.
Zur Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV (Punkt 5.6. der Beschwerde) verweist das Finanzamt auf die Ausführungen des VfGH in seinem Ablehnungsbeschluss, , E 1756/2016. Betreffend verbotene Beihilfen (Punkt 5.7. der Beschwerde) beruft sich das Finanzamt auf die Ausführungen in dem Erkenntnis des .
Vorlageanträge
Die ***BF*** hat in der Folge am und am jeweils einen Antrag auf Entscheidung über ihre Beschwerden vom und vom durch das Bundesfinanzgericht gestellt. Die Entscheidung sollte durch den Senat und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgen.
Den zugrundeliegenden Sachverhalt schildert die Beschwerdeführerin zunächst so, dass sich in ihrem Betrieb Spieler zum Kartenspielen treffen; ihre Tätigkeit beschränke sich auf die Zurverfügungstellung von Spieltischen und unselbständigen Hilfsdiensten mit gastronomischer Betreuung. Die Beschwerdeführerin nehme an den Spielen nicht teil, die Spieler organisierten ihre Spiele selbst, sie spielten ausschließlich untereinander und miteinander; die Beschwerdeführerin dürfe auch nicht an den Spielen teilnehmen, andernfalls würde sie ihre Gewerbebefugnis überschreiten.
In der folgenden Ergänzung der Beschwerdebegründung hält die Beschwerdeführerin dem Finanzamt unter anderem entgegen, eine teleologische Reduktion sei gerade dann erforderlich, wenn der Gesetzeswortlaut eindeutig zu weit sei, Zurückweisungsbeschlüssen des VwGH komme keine Bindungswirkung zu und nicht zuletzt behauptet sie Begründungsmängel, weil die Bescheide keine Ausführungen zum festgestellten Sachverhalt enthielten. Im Übrigen behält die Beschwerdeführerin in ihren ausführlich begründeten Vorlageanträgen ihre bisherige Argumentation im Wesentlichen bei.
Die abschließende ZUSAMMENFASSUNG führt an neuen Argumenten lediglich Folgendes an:
"-- Eine neue Entscheidung des VwGH zur Besteuerung von erlaubten Pokerspielen bestätigt die Auslegung, dass nur vereinnahmte Einsätze der Besteuerung zu unterziehen sind (vgl. ). Aus den sechs Tage nach dieser Entscheidung ergangenen Entscheidungen des und VwGH Ro 2017/17/0029, kann nicht abgeleitet werden, dass die Entscheidung vom keine Relevanz für die Glücksspielabgabe aufweist.
-- Der durch die Entscheidung des , zuerkannte Schutz des Vertrauens in das Betreiben der rechtmäßigen Tätigkeit des bankhalterlosen Pokerspiels auf Basis einer gewerberechtlichen Bewilligung darf nicht durch die Erhebung einer Abgabe in exzessiver Höhe konterkariert werden."
Am und am hat das Finanzamt die Beschwerden der ***BF*** jeweils dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt, wobei es in seiner umfassenden Stellungnahme im Vorlagebericht der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin entgegenhält, dass die Rolle der ***BF*** keinesfalls untergeordnet sei. Vielmehr sei die Beschwerdeführerin als Veranstalterin für den gesamten Spielbetrieb verantwortlich und würde dieser ohne sie nicht stattfinden. Die Beschwerdeführerin lege sämtliche Spielregeln fest, bestimme welche Spiele gespielt werden, stelle sämtliches Personal, den Spielort und die Spielutensilien zur Verfügung und bewerbe die Gelegenheit zum Spiel.
Lt. Firmenbuch wurde am xx.3.2020 über das Vermögen der ***BF*** der Konkurs eröffnet und ***MV*** als Masseverwalter bestellt.
Verfahren beim Bundesfinanzgericht
Nach einer ersten Einsicht in den Finanzamtsakt und das Firmenbuch hat sich herausgestellt, dass die ***BF*** Teil eines größeren Firmengeflechtes war und konzernverbundene Unternehmen bei gleichem Sachverhalt und gleichlautenden Begründungen bereits Beschwerden gegen die Festsetzung der Glücksspielabgaben erhoben hatten und in einem Fall gegen das zwischenzeitig ergangene, abweisende Erkenntnis des , auch Revision an den VwGH erhoben wurde.
Daraufhin hat das Bundesfinanzgericht die Aussetzung gemäß § 271 Abs. 1 BAO der Entscheidung bis zur Beendigung des beim VwGH anhängigen Verfahrens verfügt, da der Ausgang des Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob für bankhalterloses Pokerspiel bei Vorliegen einer gewerberechtlichen Bewilligung die Besteuerung mit 16 % vom Einsatz rechtmäßig ist, von wesentlicher Bedeutung sei.
Das Höchstgericht hat die Revision mit Beschluss, Ra 2020/17/0009, zurückgewiesen.
Am hat ***MV*** als Masseverwalter im Konkurs der ***BF*** die Anträge auf Entscheidung im Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die ***BF*** hat aufgrund einer gewerberechtlichen Bewilligung vom Pokerturniere und Poker Cashgames am Standort ***Ort*** angeboten. Lt. Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) lautet die Gewerbeberechtigung der ***BF*** auf "Halten von wegen des ausschließlich oder überwiegend nicht vom Zufall abhängigen Spielerfolgs erlaubten Kartenspielen (Rommé, Schnapsen, Tarock, Bridge, Solitär udgl.) von Brettspielen …". Durch Bereitstellen von Spielort, Spieltischen und Personal, Mischen und Teilen der Karten, Festlegung der Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen und Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel hat die ***BF*** einem Interessentenkreis eine Spielgelegenheit verschafft hat, wobei sie sich selbst weder an den Spielen beteiligt noch als Bankhalter fungiert hat, und dadurch Ausspielungen gemäß § 2 GSpG veranstaltet. Für die Anmeldungszeiträume August 2016 bis Juni 2019 hat die ***BF*** monatlich Abrechnungen über die Glücksspielabgabe (amtliches Formular GSp 50 samt Buchungsnachweis) jeweils rechtzeitig abgegeben und darin "aus Vorsichtsgründen" allfällige Bemessungsgrundlagen nach dem GSpG bekannt gegeben. Die dafür anfallende 16 %-ige Glücksspielabgabe hat die ***BF*** im GSp 50 jedoch mit 0,00 € berechnet und angemeldet, da sie die Rechtsansicht vertreten hat, dass Ausspielungen auf gewerberechtlicher Basis nicht der Steuerpflicht nach dem GSpG unterliegen. Die unstrittigen Bemessungsgrundlagen gemäß § 57 Abs. 1 GSpG hat die ***BF*** anhand ihres Abrechnungssystems und der Buchhaltungsunterlagen im Schätzungsweg ermittelt:
Für Poker Cashgames waren in der Buchhaltung die von der ***BF*** einbehaltenen Tischgelder mit 3,5 % des Pots erfasst; eine Hochrechnung (Tischgelder : 3,5 x 100) hat die für Ausspielungen zu versteuernden Einsätze ergeben.
Für die Poker Turniere wurde unter anderem jeweils ein Turnierdatenblatt erstellt, welches die Teilnehmerzahl, Entry Fees, Buy-Ins und Gewinnausschüttungen beinhaltete. Im Wesentlichen haben sich die für turnierförmige Ausspielungen steuerpflichtigen Gewinne aus den von den Spielern einbezahlten Buy-Ins (Teilnahmegelder) ergeben.
Gleichzeitig mit den monatlichen Abrechnungen über die Glücksspielabgabe hat die ***BF*** an das Finanzamt jeweils Anträge gemäß § 201 BAO auf bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgaben mit 0,00 € gestellt.
Daraufhin hat das Finanzamt zwar Glücksspielabgabe-Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO erlassen, die Glücksspielabgaben allerdings entgegen der Rechtsansicht der ***BF*** nach § 57 Abs. 1 GSpG im Ausmaß von 16 % festgesetzt und zwar ausgehend von den als richtig anerkannten und von der ***BF*** selbst bekannt gegebenen Bemessungsgrundlagen (für Pokerturniere von den Gewinnen und für Poker Cashgames von den Einsätzen).
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Glücksspielabgaben sind der als Beilage angeschlossenen Tabelle zu entnehmen und bilden einen Bestandteil der Begründung dieses Erkenntnisses.
Mit Beschluss vom xx.3.2020 hat das Landesgericht über das Vermögen der ***BF*** den Konkurs eröffnet. Als Masseverwalter und damit gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin iSd. § 80 BAO wurde Rechtsanwalt ***MV***, ***MV-Adr***, bestellt.
2. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 1 GSpG ist ein Glücksspiel ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (Abs. 1). Glücksspiele sind insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten (Abs. 2).
Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
Nach § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Nach § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verbotene Ausspielungen.
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
Für Ausspielungen gemäß § 12a (elektronische Lotterien) beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen (Abs. 2)
Für Ausspielungen mit Glückspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 30 vH der Jahresbruttospieleinnahmen (Abs. 3).
Für Ausspielungen mit Glückspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung oder einer Konzession beträgt die Glücksspielabgabe 10 v H der Jahresbruttospieleinnahmen (Abs. 4).
Nach § 57 Abs. 5 GSpG sind die Jahresbruttospieleinnahmen die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.
Nach § 57 Abs. 6 GSpG sind von der GSpA befreit
1. Ausspielungen in konzessionierten Spielbanken im Sinne des § 21,
2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung,
3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs. 3 bis 6.
[§ 4 GSpG umfasst:
(3) Warenausspielungen mit Glücksspielautomaten
(4) Lebensversicherungsverträge
(5) Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspiele
(6) Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib.]
§ 5 GSpG regelt Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten.
§§ 6 bis 20 GSpG regeln bestimmte Lotterien.
Gemäß § 59 Abs. 1 GSpG entsteht die Steuerschuld
1. in Fällen des § 58 … [ermäßigte GSpA]
2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht.
Nach § 59 Abs. 2 GSpG sind Schuldner der Abgaben
bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57
- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5)
- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) …
Nach § 201 Abs. 1 BAO kann - sofern die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung durch einen Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten - … und muss auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
3. Beweiswürdigung
Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile zu Steuernummer ***BF-StNr*** sowie Erhebungen im Firmenbuch. Vor allem die Bemessungsgrundlagen hat die ***BF*** selbst bekannt gegeben und können daher als zutreffend erachtet werden.
Aufgrund der erfolgten Überprüfungen von konzernverbundenen Unternehmen hat sich das Finanzamt Einblick in die Spielabläufe in den dortigen Pokercasinos verschafft und kann davon ausgegangen werden, dass der Spielbetrieb bei der ***BF*** damit vergleichbar ist. Die Darstellung des Finanzamtes betreffend die Rolle der ***BF*** in ihrem Pokerspielbetrieb entspricht auch der Lebenserfahrung und gibt es daher für das Bundesfinanzgericht keinen Grund an den diesbezüglichen Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung zu zweifeln.
4. Rechtliche Beurteilung
Die ***BF*** hat von 8/2016 bis 4/2018 auf Basis einer gewerberechtlichen Bewilligung einen Pokersalon, in welchem sie bankhalterloses Pokerspiel in Form von Cashgames und Turnieren ermöglicht hat, betrieben.
Poker ist im hier maßgeblichen Zeitraum aufgrund der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 GSpG jedenfalls ein Glücksspiel.
Ausspielung - Glücksspielabgabe - Abgabenschuldner
Glücksspiele die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler einen Einsatz erbringen und ihnen im Gegenzug ein Gewinn in Aussicht gestellt wird, sind Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG.
Nach § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt.
Jede nur denkbare unternehmerische (veranstaltende, organisierende, anbietende) Mitwirkung an einem Glücksspiel begründet eine Ausspielung gemäß § 2 GSpG. Unerheblich ist, ob die Leistung des Spielers an den Veranstalter der Ausspielung oder an einen Dritten erfolgt. Die vermögenswerte Leistung, der Einsatz, muss lediglich im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht werden. Es ist auch gleichgültig, wem gegenüber der Spielteilnehmer seine vermögenswerte Leistung zu erbringen hat bzw. wem die Leistung des Spielers rechtlich oder wirtschaftlich zufließt. Wirkt ein Unternehmer auf die in § 2 GSpG genannte Art und Weise am Glücksspiel mit, liegt jedenfalls eine Ausspielung vor.
"Unter "Veranstalten" ist etwa das Bereitstellen von Spielort, Spieltischen und Spielpersonal, Mischen und Teilen der Karten, Festlegung von Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen und Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel zu verstehen" (vgl. ).
Die ***BF*** hat nachhaltig (von August 2016 bis Juni 2019) Einnahmen aus der Organisation von Pokerspielen in Form von Cashgames und Turnieren erzielt, indem sie interessierten Personen in dem von ihr betriebenen Pokercasino (in Anspruch genommene) Poker Spielgelegenheiten verschafft hat und für das Bereitstellen der Pokertische, des geschulten Personals, der Spielutensilien etc. "Tischgelder" vereinnahmt hat. Das Finanzamt hat daher zweifelsfrei zu Recht angenommen, dass die ***BF*** glücksspielrechtlich Unternehmerin und Veranstalterin von Ausspielungen iSd. § 2 GSpG gewesen ist.
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe von 16 % vom Einsatz bzw. bei Turnieren vom Gewinn. Ausgehend vom reinen Gesetzestext erfasst die Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG sowohl erlaubte als auch verbotene Ausspielungen. Jeder, der Karten Pokerspiel anbietet und veranstaltet, löst die Glücksspielabgabepflicht aus (soweit kann auch auf die Ausführungen des VwGH zum Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung in dem untenstehenden , verwiesen werden).
Gemäß § 59 Abs. 2 GSpG ist Schuldner der Glücksspielabgabe der "Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5)" (erster Teilstrich) oder bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses unter anderem der Veranstalter (zweiter Teilstrich). Nach Ansicht des VwGH wird in § 57 nur geregelt, welche Ausspielungen einer Glücksspielabgabe unterliegen, wohingegen § 59 ausschließlich den Steuerschuldner benennt; systemkonform muss folglich das "Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses" lt. dem zweiten Teilstrich im Sinn der unter dem ersten Teilstrich genannten Berechtigungsverhältnisse (in Zusammenhang mit Glücksspielautomaten und Lotterien) verstanden werden. Eine gewerberechtliche Bewilligung erfüllt somit nicht die Voraussetzungen für ein Berechtigungsverhältnis ("Konzession" bzw. "Bewilligungsinhaber") iSd. GSpG (vgl. , ).
Daraus folgt, dass die ***BF***, welche im maßgeblichen Zeitraum weder Konzessionärin bestimmter Lotterien noch Bewilligungsinhaberin für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gewesen ist, aufgrund des Fehlens eines Berechtigungsverhältnisses gemäß § 59 Abs. 2 GSpG als Veranstalterin im Sinne des § 2 GSpG jedenfalls Abgabenschuldnerin der Glücksspielabgabe gewesen ist, unabhängig davon, ob sie eine Gewerbeberechtigung zum "Halten erlaubter Kartenspiele" besessen hat oder nicht.
Das Finanzamt ist daher in seinen Bescheiden zu Recht davon ausgegangen, dass die ***BF*** als Unternehmerin im Zeitraum 8/2016 bis 6/2019 in ihrem gewerberechtlich bewilligten Pokersalon Glücksspiele veranstaltet und dadurch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 Abs. 1 GSpG erfüllt hat. Damit ist aber die Glücksspielabgabepflicht in Höhe von 16 % vom Einsatz bzw. bei Turnieren vom in Aussicht gestellten Gewinn entstanden.
Bemessungsgrundlage
Daneben geht das Beschwerdevorbringen in seinem Kern aber vor allem auch dahin, dass bei bankhalterlosem Spiel nur durch den Veranstalter tatsächlich vereinnahmte Einsätze die Bemessungsgrundlage darstellen könnten; andernfalls käme es zu einer exzessiven Abgabenbelastung und Wertungswidersprüchen. Außerdem vermutet die Beschwerdeführerin Verstöße gegen die Dienstleistungsfreiheit und das Beihilfenverbot.
Mit eben dieser Rechtsfrage hatte sich das Bundesfinanzgericht bereits mehrfach zu befassen, da die ***BF*** Teil eines größeren Firmengeflechtes war und mehrere konzernverbundene Unternehmen bei gleichem Sachverhalt und gleichlautenden Beschwerdegründen ebenfalls Beschwerden gegen die Festsetzung der Glücksspielabgaben erhoben haben. Das Bundesfinanzgericht hat diese Beschwerden (der mittlerweile ebenfalls insolventen Gesellschaften) jeweils als unbegründet abgewiesen.
Vor allem der Vergleichsfall, , kann gegenständlich zur Begründung herangezogen werden.
Das Konzernunternehmen hat wie die ***BF*** in seinem Kartencasino auf Basis einer Gewerbeberechtigung Pokerspiele veranstaltet, ohne sich selbst an den Spielen zu beteiligen. Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde gegen die Festsetzung von Glücksspielabgaben mit einer umfassenden Begründung abgewiesen und dabei auch die maßgebliche Judikatur angeführt. Dagegen hat das Unternehmen Revision an den VwGH erhoben.
Das Höchstgericht hat die außerordentliche Revision mit Beschluss zurückgewiesen und zur Begründung auch für den Gegenstandsfall maßgebliche, wesentliche Aussagen getroffen:
Zum Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung
Rz 21 --- In diesem Zusammenhang wird zunächst auf das - auch in der Revision angeführte Erkenntnis des , verwiesen, welches sich bereits ausführlich mit der Frage der Abgabenpflicht gemäß § 57 GSpG und der anzuwendenden Bemessungsgrundlagen für in Pokersalons abgehaltene Pokerspiele beschäftigt und die gemäß § 57 Abs. 1 GSpG iVm. § 59 GSpG festgesetzten Glücksspielabgaben als rechtmäßig erkannt hat. Dieses Erkenntnis betraf die Vorschreibung von Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG unter Zugrundelegung eines gleichgelagerten Sachverhaltes, wie er auch dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegt, nämlich für die Veranstaltung organisierter Kartenspiele in Pokersalons, vorwiegend in Form von Pokerturnieren und Cashgames.
Betreffend Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit
Rz 26 --- Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung unter Durchführung der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung erkannt, dass die im GSpG vorgesehenen Beschränkungen der Dienstleitungsfreiheit etwa durch Statuierung eines Monopols zugunsten des Bundes in Verbindung mit der Vergabe von Konzessionen, durch die Verfolgung legitimer Ziele in kohärenter und systematischer Weise gerechtfertigt sind (vgl. ausführlich ).
Betreffend Benachteiligung eines gewerberechtlichen gegenüber einem konzessionierten Pokersalon
Rz 28 --- In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der bloße Vergleich der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG lediglich mit der Konzessionsabgabe nach § 28 GSpG bereits deswegen ausscheidet, weil den genannten Regelungen keine vergleichbaren Sachverhalte zugrunde liegen (.
Rz 29 --- Nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg 9.750/1983, 18.183/2007) darf der Gesetzgeber überdies die Steuerpflicht bestmöglich erschließen und dabei auch andere als fiskalische Zwecke mitverfolgen. Selbst eine allfällige abgabenrechtliche Bevorzugung der dem GSpG unterliegenden Spielbanken könnte in diesem Sinne gerechtfertigt sein, um die Ausübung der Spielleidenschaft in einem einer speziellen Gesetzgebung unterliegenden Bereich zu konzentrieren.
Betreffend fehlende Vereinnahmung der Einsätze
Rz 31 --- Nach dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 GSpG kommt es bei der Verwirklichung des Abgabentatbestandes auf eine Vereinnahmung der Spieleinsätze durch den Veranstalter nicht an. … Auch entsteht die Abgabenschuld für den Veranstalter solcher Glücksspiele (§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG) unabhängig davon, ob dieser die Abgabenbeträge eingenommen hat oder nicht. Es liegt an dem Veranstalter, durch die Einrichtung entsprechender Abläufe in seinem Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass er seinen abgaberechtlichen Verpflichtungen nachkommen kann. Schließlich hat er es in der Hand, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die Abgabenschuld bei den Spielern einheben zu können (vgl. dazu , mwN betreffend das Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetz).
Betreffend exzessive Abgabenbelastung
Rz 33 --- Dazu ist anzumerken, dass sich der VwGH schon mehrmals mit dieser Frage beschäftigt und dabei stets das Vorliegen einer exzessiven Besteuerung verneint hat (vgl. beispielsweise , mit Hinweis auf ). In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, der zur Belastung von Pokercasinos mit Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG etwa in seinem ua. ausgesprochen hat:
Die Regelungen der §§ 57 ff. GSpG verletzen auch nicht die Erwerbsausübungsfreiheit und Eigentumsfreiheit. Nach der Rechtsprechung des VfGH ist dem Abgabengesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er die im öffentlichen Interesse liegenden Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte. Dass damit eine Verminderung der Rentabilität für den Veranstalter der Ausspielungen einhergehen kann und einige Standorte nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, führt - wie der VfGH schon in seiner Vorjudikatur ausgesprochen hat - nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen.
Rz 34 --- Der Abgabengesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Rentabilität der belasteten Tätigkeit zu garantieren, solange er nicht eine Erwerbstätigkeit vollkommen unterbindet.
Betreffend Beihilfenverbot
Rz 36 --- aus : Ein Abgabenschuldner könnte sich nur dann ausnahmsweise auf der Grundlage des Beihilfenverbotes seiner Zahlungspflicht entziehen, wenn eine Regelung vorläge, nach welcher der Abgabenertrag unmittelbar einer Verwendung zugeführt werden müsste, die ihrerseits die Beihilfenmaßnahme darstellte (vgl. das hg. Erkenntnis , mwN).
Rzn. 38-40 --- Der VwGH kommt in Bezug auf die Urteile des EuGH ein ( Altmark Trans GmbH, C-280/00, und Laboratoires Boiron SA, C-526/04) zu dem Schluss, dass keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen.
Rz 41 --- Auch die Zielsetzungen des GSpG sind anders:
Diese sind nur Bestandteil eines Konzessionssystems, das in erster Linie die Lenkung des Spielbedürfnisses der Bevölkerung, den größtmöglichen Spielerschutz sowie die Hintanhaltung von Kriminalität bzw. Geldwäsche und schließlich die Terrorismusbekämpfung zum Ziel hat, nicht aber die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen. In diesem Sinne gibt es von diesem Konzessionssystem auch nur wenige, sehr eng gefasste und mitunter zeitlich begrenzte Ausnahmen. (vgl. etwa § 4 GSpG), die in der Regel historische Gründe haben, beispielsweise die im Revisionsfall relevante Übergangsregelung des § 60 Abs. 36 GSpG, wonach Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung bis zulässig gewesen sind, sofern diese Bewilligung bereits zum aufrecht gewesen war.
Rz 42 --- Angemerkt wird, dass der EuGH in seiner weiteren Rechtsprechung ausdrücklich an seiner Aussage, wonach Abgaben nicht den Regeln für staatliche Beihilfen unterliegen, sofern kein zwingender Verwendungszusammenhang besteht, festgehalten hat (vgl. etwa DTS Distribuidora Television Digital SA, C-449/14 P). Rz 43 --- In diesem Sinne auch Tesco-Global Aruhazak Zrt., C-323/18.
Mit diesen rechtlichen Ausführungen hat der VwGH das Beschwerdevorbringen und die darin enthaltenen Argumente der ***BF*** bereits weitgehend entkräftet.
Entgegen der Ansicht der ***BF***, nur tatsächlich vereinnahmte Einsätze könnten der Glücksspielabgabe unterliegen, ist es nach der Rechtslage und der bisherigen Judikatur des VwGH unerheblich, ob die Leistung des Spielers (Einsatz) an den Veranstalter der Ausspielung oder an einen Dritten erfolgt. Der Einsatz muss lediglich in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht werden. Folglich kommt das Höchstgericht in Rz 31 wiederum zu dem eindeutigen Schluss, dass die Abgabenschuld für den Veranstalter von Glücksspielen (§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG) unabhängig davon entsteht, ob dieser die Abgabenbeträge eingenommen hat oder nicht. Eine teleologische Reduktion des Gesetzesbegriffes Einsatz auf "vereinnahmte Einsätze" zieht das Höchstgericht nicht in Betracht.
Dem Einwand der ***BF***, eine erlaubte Tätigkeit dürfe nicht durch exzessive Besteuerung (von nicht vereinnahmten Einsätzen) unmöglich gemacht werden, sind die obigen Rzn. 33 und 34 entgegenzuhalten, in denen der VwGH bekräftigt, dass er in seiner Rechtsprechung stets das von der ***BF*** behauptete Vorliegen einer exzessiven Besteuerung verneint hat und auch der VfGH immer wieder festgestellt hat, dass der Gesetzgeber im öffentlichen Interesse eine Erhöhung der Abgabenbelastung vorsehen kann, auch wenn damit eine Verminderung der Rentabilität einhergehen sollte. Dies führt nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen. Nicht zuletzt hat es der Abgabepflichtige in der Hand, Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen.
"Dementsprechend haben sich die Höchstgerichte bislang in Zusammenhang mit dem Vorbringen einer "Erdrosselungssteuer" des § 57 Abs. 1 GSpG auch nicht veranlasst gesehen, diesbezüglich ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Vielmehr hat der VfGH ausgeführt: Durch eine derartige Regelung werde nicht die Ausübung eines ganzen Erwerbszweiges unmöglich gemacht. Zwar könnten - wie bei jeder Besteuerung - die Rentabilität von Pokerstätten herabgesetzt und Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werden, der Wesensgehalt der Grundrechte werde dadurch aber nicht berührt". (vgl. )
Mit der Frage, ob die Glücksspielabgabe in Widerspruch zum Beihilfenverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV steht, hat sich der VwGH ausführlich unter Hinweis auf , befasst und kommt darin zu dem Ergebnis, dass kein zwingender Zusammenhang zwischen der Glücksspielabgabe und einer allfälligen beihilfenrelevanten Verwendung des Steuerertrages besteht. In diesem Sinn stellt der VwGH auch in Rz 36 fest, ein Abgabenschuldner könnte sich auf der Grundlage des Beihilfenverbotes nur dann ausnahmsweise seiner Zahlungspflicht entziehen, wenn ein zwingender Zusammenhang zwischen der Glücksspielabgabe und der Verwendung des Steuerertrages bestünde.
Nicht zuletzt bekräftigt der VwGH in Rz 26 seine ständige Rechtsprechung, dass die im GSpG vorgesehenen Beschränkungen der Dienstleitungsfreiheit etwa durch Statuierung eines Monopols zugunsten des Bundes, durch die Verfolgung legitimer Ziele in kohärenter und systematischer Weise gerechtfertigt sind.
Des Weiteren ist dem Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass das Kriegsopferabgabegesetz gemäß dem von der ***BF*** zitierten Erkenntnis, , in seiner Pauschalierungsvorschrift des § 4 Abs. 2 - zur Vermeidung einer Umgehungsmöglichkeit der Abgabepflicht - von "erzielbaren oder erzielten Eintrittsgeldern" ausgeht, was keinen Vergleich mit den unmissverständlich gemäß § 57 Abs. 1 GSpG zur Bemessung heranzuziehenden Einsätzen zulässt.
Das zuletzt von der ***BF*** zitierte Erkenntnis des , hat die Frage des Vertrauensschutzes ausschließlich im Kontext mit der damaligen Übergangsbestimmung gemäß § 60 Abs. 24 GSpG, nach deren Ablauf der Betrieb bestehender gewerberechtlicher Pokersalons unzulässig werden sollte, behandelt.
Soweit die ***BF*** Begründungsmängel darin ortet, dass das Finanzamt in seiner Bescheidbegründung keine Ausführungen zum festgestellten Sachverhalt macht, sondern lediglich auf die erstatteten Selbstberechnungen und erfolgten Überprüfungen der konzernverbundenen Unternehmen verweist, ist anzumerken, dass Begründungsmängel im Abgabeverfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden können. Im Übrigen besteht Uneinigkeit ausschließlich in der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes. Diese hat das Finanzamt ausreichend dargelegt.
Die angefochtenen Bescheide erweisen sich daher sowohl der Höhe nach, als auch insgesamt als rechtskonform und war die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
5. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Vielmehr folgt das vorliegende Erkenntnis der in der rechtlichen Beurteilung zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB , , , , , ).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 2 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 2 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 Abs. 6 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 59 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 59 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100076.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at