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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2024, RV/7101025/2022

Keine Geschäftsführerhaftung bei Nichtanpassung der Körperschaftsteuervorauszahlungen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101025/2022-RS1
Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass ein Abgabepflichtiger dem Finanzamt unaufgefordert Umstände mitzuteilen hat, die dieses gem. § 45 Abs. 4 EStG 1988 i.V.m. § 24 Abs. 3 Z. 1 KStG 1988 zu einer Anhebung der Körperschaftsteuervorauszahlungen berechtigen würden. Ein Geschäftsführer einer GmbH begeht daher keine haftungsbegründende Pflichtverletzung i.S.d. § 9 Abs. 1 BAO, wenn er dem Finanzamt derartige Umstände nicht mitteilt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***R1***, den Richter ***R2*** sowie den fachkundigen Laienrichter ***R3*** und die fachkundige Laienrichterin ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch APP Steuerberatung GmbH, Schenkenstraße 4 Tür 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend betreffen Haftung für Abgabenverbindlichkeiten der ***A*** GmbH, Steuernummer ***BfStNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Abgabenkonto der ***A*** GmbH Rückstände i.H.v. € 228.359,68 aushaften, deren Einbringung bislang vergeblich versucht worden sei, und dass er als ehemaliger Geschäftsführer dieser Gesellschaft zu Haftung für diese Verbindlichkeiten herangezogen werden könne, es sei denn er könne beweisen, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Er wurde daher aufgefordert, binnen vier Wochen bekanntzugeben und zu belegen, ob Mittel zur Verfügung standen, um die Abgabenrückstände zu entrichten, sowie ob in jenem Zeitraum, in dem er als Geschäftsführer für die Bezahlung der Abgaben verantwortlich war, andere Zahlungen (z.B. Lieferantenzahlungen, Lohnzahlungen, Krankenkassenzahlungen, etc.) geleistet wurden. Weiters wurde er aufgefordert, binnen selbiger Frist einen gleichzeitig übermittelten Fragebogen ("Feststellungen betreffend die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsführers") betreffend seine wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen und zu retournieren.

Mit Schreiben vom übermittelte der Beschwerdeführer den ausgefüllten Fragebogen. Eine Äußerung zum Vorhalt vom erfolgte nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom nahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen gem. § 9 i.V.m. §§ 80 ff. BAO für die Abgabenverbindlichkeiten der ***A*** GmbH i.H.v. € 228.359,68 (Umsatzsteuer 2017 € 484,68 und Körperschaftssteuer 2016 € 227.875,00) in Anspruch. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***A*** GmbH war und daher verpflichtet gewesen wäre, die Abgabenverbindlichkeiten dieser Gesellschaft aus deren Mitteln zu begleichen. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen, weshalb die Abgaben bei der Gesellschaft, die nach einem Insolvenzverfahren aufgelöst wurde, uneinbringlich seien. Es sei Sache des Geschäftsführers, jene Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung i.S.d. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe. Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu befriedigen, habe der Geschäftsführer mit diesen Mitteln alle Verbindlichkeiten anteilig zu befriedigen, sodass die Abgabenschulden nachweislich im Verhältnis nicht schlechter behandelt werden, als andere Verbindlichkeiten. Dieser Behauptungs- und Beweisobliegenheit sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass er seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt hat, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Der Umsatzsteuerbescheid 2017 und der Körperschaftsteuerbescheid 2016 (beide vom ) waren dem Haftungsbescheid als Beilage angeschlossen.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom . In dieser weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er seit nicht mehr Geschäftsführer der ***A*** GmbH sei, seiner Nachfolgerin sämtliche Geschäftsunterlagen übergeben habe und diese ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht habe, dass die gegenständlichen Abgaben noch zu bezahlen sein werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertreter seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist und ausreichende Mittel hatte, um die Abgabenverbindlichkeiten des Vertretenen zu begleichen, bestimme sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass die Umsatzsteuer 2017 bereits Anfang 2018 fällig wurde, als er noch Geschäftsführer war. Die Körperschaftssteuer 2016 jedoch sei als zu veranlagende Abgabe erst nach Ablauf eines Monats ab Zustellung des diesbezüglichen Bescheides (also im November 2018) und damit nach Beendigung der Geschäftsführungsfunktion des Beschwerdeführers fällig geworden, sodass ihm eine Nichtentrichtung der Körperschaftssteuer 2016 nicht als abgabenrechtliche Pflichtverletzung angelastet werden könne. Bis zum Ende seiner Vertretungstätigkeit habe er seine abgabenrechtlichen Pflichten betreffend die haftungsgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten erfüllt. Die Körperschaftsteuererklärung 2016 sei fristgerecht durch seine Nachfolgerin eingereicht worden. Letztlich bemängelt der Beschwerdeführer, dass der angefochtene Bescheid eine entsprechende Begründung vermissen lasse, da ihm nicht zu entnehmen sei, welchen Sachverhalt die Behörde zugrundegelegt hat, wie sie zur Annahme dieses Sachverhaltes gelangt ist und aus welchen Gründen der Sachverhalt unter einen bestimmten Tatbestand subsumiert wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Haftungsinanspruchnahme wegen der Körperschaftssteuer 2016 führte sie aus, dass die hohe Nachzahlung im Zuge der Geschäftstätigkeit im Jahr 2016 absehbar gewesen sei und dass es verabsäumt worden sei, die Körperschaftssteuer-Vorauszahlung im Laufe des Geschäftsjahres den Einnahmen anzupassen, weshalb von einer schuldhaften Verletzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten ausgegangen werden könne. Zur Umsatzsteuer 2017 führte die Behörde aus, dass es sich um die Veranlagung handle, bei der die vom Pflichtigen am gemeldete Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2017 berücksichtigt wurde, welche am fällig und somit vom Pflichtigen zu zahlen gewesen wäre.

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung hielt er entgegen, dass die Körperschaftssteuernachzahlung 2016 zugrundeliegenden Einkünfte auf einem Veräußerungsvorgang beruhen. Der diesbezügliche Kaufvertrag sei am abgeschlossen worden. Der Kaufpreis sei binnen 14 Tagen danach, nach Verbücherung einer Ranganmerkung der beabsichtigten Veräußerung sowie der Herausgabe der Rangordnung für das Pfandrecht, zur Zahlung auf einem Treuhandkonto fällig geworden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kaufpreis frühestens im Oktober 2016 auf dem Bankkonto der ***A*** GmbH eingelangt ist, sodass es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, bis zum (Frist zur Anpassung zur Körperschaftsteuervorauszahlungen 2016) abzuschätzen, welche Steuerlast sich im Jahr 2016 voraussichtlich ergeben werde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht ergänzte der Beschwerdeführer, dass der Kaufpreis aus dem Veräußerungsvorgang auf dem Treuhandkonto eingelangt sei. Der durch die Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingte Vertrag sei daher erst zu diesem Zeitpunkt zustande gekommen und sei der Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt nicht berechtigt gewesen, eine Anhebung der Körperschaftssteuervorauszahlung zu veranlassen, da er als Geschäftsführer keine Verbindlichkeiten der Gesellschaft bezahlen darf, die noch nicht wirksam entstanden sind. Er habe zudem seiner Nachfolgerin als Geschäftsführer der ***A*** GmbH ausreichend liquide Mittel zur Bezahlung der Körperschaftssteuer hinterlassen, die diese jedoch anderweitig verwendet habe. Die belangte Behörde schloss sich hinsichtlich der Körperschaftssteuer den Ausführungen des Beschwerdeführers an und beantragte, die Haftung auf die Umsatzsteuer einzuschränken.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war vom bis (Einlangen der diesbezüglichen Anmeldung beim Firmenbuchgericht; die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am ) handelsrechtlicher Geschäftsführer der mit Erklärung vom errichteten ***A*** GmbH (FN ***FN-A***). Über deren Vermögen wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , ***GZ-Ins***, ein Konkursverfahren eröffnet und mit weiterem Beschluss vom mangels Kostendeckung aufgehoben.

Im Jahr 2016 hatte die ***A*** GmbH lediglich die Mindest-Körperschaftssteuer gem. § 24 Abs. 4 Z. 3 KStG 1988 (€ 125,00 pro Kalendervierteljahr) zu entrichten. Mit Kaufvertrag vom veräußerte sie die Liegenschaft EZ ***XXX***, KG ***YYYYY***, um € 2.600.000,00 an die ***B*** GmbH. Der Kaufpreis war vereinbarungsgemäß binnen 14 Tagen nach Unterfertigung des Kaufvertrages durch alle Vertragsteile und Verbücherung einer Ranganmerkung der beabsichtigten Veräußerung, sowie Herausgabe der Rangordnung für ein auf der Liegenschaft einverleibtes Pfandrecht auf ein Treuhandkonto des vertragserrichtenden Rechtsanwaltes zu bezahlen und langte am auf dem Treuhandkonto und am auf dem Konto der ***A*** GmbH ein. Die aus diesem Liegenschaftsverkauf resultierenden Einkünfte der ***A*** GmbH führten zur nun gegenständlichen Nachforderung an Körperschaftssteuer i.H.v. € 228.300,00, welche der ***A*** GmbH mit Bescheid des damaligen Finanzamtes Wien 4/5/10 vom vorgeschrieben wurde und im Zeitpunkt der Erlassung des beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheides noch mit einem Betrag von € 227.785,00 aushaftete.

Am reichte die ***A*** GmbH die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste Quartal 2017 ein. Diese wies einen steuerbaren Umsatz von € 0,00 und Vorsteuern i.H.v. € 174,74 aus (daher Überschuss € 174,74). Die am eingereichte Voranmeldung für das zweite Quartal 2017 wies einen steuerbaren Umsatz von € 0,00 und Vorsteuern i.H.v. € 737,26 aus (daher Überschuss € 737,26) und die am eingereichte Voranmeldung für das dritte Quartal 2017 einen steuerbaren Umsatz von € 0,00 und Vorsteuern i.H.v. € 100,93 (daher Überschuss € 100,93). In der am eingereichten Voranmeldung für das vierte Quartal 2017 wurde abermals ein steuerbarer Umsatz von € 0,00 angegeben und eine Berichtigung gemäß § 16 UStG 1994 im Ausmaß von € 528,25 vorgenommen (daher Vorauszahlung € 528,25). In Summe ergeben die Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Jahres 2017 damit eine Gutschrift (Vorsteuerüberhang) i.H.v. € 484,68. Mit war das Abgabenkonto der ***A*** GmbH ausgeglichen. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung vom erklärte die ***A*** GmbH den steuerbaren Umsatz von € 0,00, nicht jedoch den Vorsteuerüberhang von € 484,68. Die Veranlagung erfolgte mit Bescheid vom erklärungsgemäß, sodass die Umsatzsteuer 2017 mit € 0,00 festgesetzt wurde und sich gegenüber dem bisher gebuchten Betrag (Gutschrift € 484,68) eine Nachforderung i.H.v. € 484,68 ergab. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Geschäftsführungsfunktion des Beschwerdeführers gründen sich auf das offene Firmenbuch, jene zum Konkursverfahren der ***A*** GmbH auf die Insolvenzdatei sowie ebenfalls auf das Firmenbuch.

Dass die ***A*** GmbH im Jahr 2016 lediglich die Mindest-Körperschaftssteuer zu entrichten hatte, wurde von der belangten Behörde im Vorlagebericht vom vorgebracht und wird dies auch durch den gleichzeitig vorgelegten Auszug aus dem Abgabenkonto bestätigt. Die Feststellungen zum Liegenschaftsverkauf gründen sich auf den amtswegig aus der Urkundensammlung des Grundbuches abgefragten Kaufvertrag vom . Die Zeitpunkte des Einlangens des Kaufpreises auf dem Konto des Treuhänders bzw. auf dem Konto der ***A*** GmbH ergeben sich aus den vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom vorgelegten Kontoauszügen. Die Feststellungen zu der gegenüber der ***A*** GmbH vorgeschriebenen Körperschaftssteuer gründen sich auf den Bescheid vom .

Die Feststellungen zu den von der ***A*** GmbH eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen, zur Umsatzsteuer-Jahreserklärung sowie zur bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuer 2017 ergeben sich aus den von der belangten Behörde nachgereichten Urkunden (AIS-Auszüge der Voranmeldungen und der Jahreserklärung sowie Bescheid vom ) und dem bereits mit der Beschwerde vorgelegten Abgabenkontoauszug.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen (darunter fallen etwa die Geschäftsführer von GmbHs: § 18 Abs. 1 GmbHG) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

1. Körperschaftssteuer 2016

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertreter seiner Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenverbindlichkeiten des Vertretenen nachkam, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (; , 2007/15/0277). Bei bescheidmäßig festzusetzende Abgaben wie der Körperschaftssteuer ist deren (erstmalige) Festsetzung maßgeblich (), sodass sie gem. § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig werden. Die mit Bescheid vom festgesetzte Körperschaftssteuer 2016 wurde daher mit Ablauf eines Monates nach Zustellung dieses Bescheides (wohl im November 2018) und damit zu einem Zeitpunkt fällig, zu dem der Beschwerdeführer nicht mehr Geschäftsführer der ***A*** GmbH war. Die Frage, ob die Körperschaftssteuer 2016 im November 2018 ganz oder (unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes) teilweise zu begleichen gewesen wäre, stellt sich daher in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht, sodass allfällige im Fälligkeitszeitpunkt begangene Pflichtverletzungen jedenfalls nicht ihm angelastet werden können.

In der Beschwerdevorentscheidung vom erblickt die belangte Behörde eine schuldhafte Verletzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten darin, dass es verabsäumt worden sei, die Körperschaftssteuer-Vorauszahlungen im Hinblick auf die absehbare hohe Nachzahlung noch im Laufe des Geschäftsjahres 2016 entsprechend anzupassen. Hierzu ist festzuhalten, dass gem. § 24 Abs. 3 Z. 1 KStG 1988 für die Veranlagung und Entrichtung der Körperschaftssteuer die Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes 1988 sinngemäß anzuwenden sind. Für die Körperschaftssteuer-Vorauszahlungen ist daher § 45 EStG 1988 maßgeblich. Demnach handelt es sich bei den Vorauszahlungen um keine Selbstbemessungsabgaben, sondern sind diese bescheidmäßig festzusetzen (Brugger in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer [Hrsg], WU-KStG, 3. Aufl. [2022], Rz. 30 zu § 24; Peyerl in Jakom, EStG, 16. Aufl. [2023], Rz. 2 zu § 45; jeweils m.w.N.). Eine Verpflichtung des Beschwerdeführers, von sich aus und ohne bescheidmäßige Festsetzung höhere Vorauszahlungsbeträge zu leisten, bestand daher jedenfalls nicht. Gem. § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlung der Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Eine derartige Anpassung ist geboten, wenn dem Finanzamt Umstände bekannt werden, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit eine relevant höhere oder niedrigere Abschlusszahlung erwarten lassen (). Die Veräußerung der Liegenschaft EZ ***XXX***, KG ***YYYYY***, wäre im Hinblick auf die daraus resultierenden Einnahmen wohl ein solcher Umstand gewesen, der die belangte Behörde berechtigt hätte, gem. § 24 Abs. 3 Z. 1 KStG 1988 i.V.m. § 45 Abs. 4 EStG 1988 höhere Körperschaftssteuer-Vorauszahlungen festzusetzen. Allerdings normiert weder § 45 Abs. 4 EStG 1988 noch eine sonstige Bestimmung (z.B. §§ 119 ff. BAO) eine Verpflichtung, dem Finanzamt unaufgefordert Umstände mitzuteilen, deren Kenntnis die Behörde zu einer Anpassung der Vorauszahlungen berechtigen würde (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 21. Lfg. [Jänner 2020], Rz. 14 zu § 45; Peyerl in Jakom, EStG, 16. Aufl. [2023], Rz. 2 zu § 45; jeweils m.w.N.; so auch BMF RdW 2003/243). Werden daher derartige Umstände nicht unaufgefordert dem für die Erhebung der Einkommensteuer bzw. Körperschaftssteuer zuständigen Finanzamt mitgeteilt, so verletzt dies keine abgabenrechtliche Anzeige- oder Wahrheitspflicht, sodass eine solche Unterlassung auch keine Geschäftsführerhaftung nach § 9 BAO zur Folge haben kann (). Eine Haftung des Beschwerdeführers für Abgabenverbindlichkeiten der ***A*** GmbH kann daher auch nicht darauf gestützt werden, dass er nicht die Erhöhung der Körperschaftssteuer-Vorauszahlungen veranlasst hat. Demnach kann dahingestellt bleiben, ob die Erlassung eines geänderten Vorauszahlungsbescheides (der Kaufvertrag datiert vom ; der Kaufpreis war binnen 14 Tagen ab Zustandekommen des Kaufvertrages und Erfüllung verschiedener grundbuchstechnischer Voraussetzungen zu zahlen und langte am beim Treuhänder bzw. am bei der Verkäuferin ein; ein neuer Vorauszahlungsbescheid hätte gem. § 45 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 EStG 1988 spätestens am zugestellt werden müssen, um für das Jahr 2016 noch Wirksamkeit zu entfalten) überhaupt noch zeitgerecht möglich gewesen wäre.

2. Umsatzsteuer 2017

Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2017 erblickt die belangte Behörde eine Pflichtverletzung darin, dass der Beschwerdeführer die Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2017 am eingereicht, jedoch die Entrichtung der sich daraus ergebenden Vorauszahlung nicht am Fälligkeitstag () veranlasst hat.

Gem. § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Voranmeldungszeitraum (hier: Kalendervierteljahr) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung beim Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallen Überschuss zu berechnen hat. Eine sich demnach ergebende Vorauszahlung hat er spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten, ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben. Gem. § 21 Abs. 5 UStG 1994 wird durch eine Nachforderung aufgrund der Veranlagung keine davon abweichende Fälligkeit begründet. Das UStG 1994 kennt daher nur eine Fälligkeit für Vorauszahlungen, nicht aber auch eine eigene Fälligkeit für Abschlusszahlungen aufgrund eines Jahresbescheides. Demnach ist auch für die Nachforderung aufgrund einer Veranlagung stets nur jene Fälligkeit maßgebend, die für die Vorauszahlung vorgesehen ist (Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON 3.03, Rz. 2798 zu § 21; vgl. auch ), bzw. stellt der Jahresumsatzsteuerbescheid lediglich eine Zusammenfassung der in den Voranmeldungszeiträumen entstandenen Steuerschulden dar ().

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass sich aufgrund der Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Jahres 2017 keine Zahlungsverpflichtung der ***A*** GmbH, sondern eine Gutschrift im Ausmaß von € 484,68 ergeben hat. Nachdem das Abgabenkonto per ausgeglichen war, kann sich eine Zahlungsverpflichtung auch nicht insofern aus der (eine Vorauszahlung ausweisende) Voranmeldung für das vierte Quartal 2017 ergeben haben, als die aus den Voranmeldungen der ersten drei Quartale resultierenden Überschüsse so weit durch die Verrechnung mit anderen Abgabenverbindlichkeiten aufgebraucht wurden, dass sie zur vollständigen Verrechnung mit der Vorauszahlung für das vierte Quartal nicht mehr in ausreichendem Maß zur Verfügung standen. Im Zeitraum als der Beschwerdeführer Geschäftsführer der ***A*** GmbH war, bestand daher keine Verpflichtung, irgendwelche Zahlungen aus dem Titel der Umsatzsteuer 2017 zu leisten. Die im Jahresbescheid vom ausgewiesene Nachforderung von € 484,68 resultiert lediglich daraus, dass die ***A*** GmbH in der Jahreserklärung den Vorsteuerüberhang von € 484,68 nicht angegeben hat. Nachdem dieser Fehler auch der belangten Behörde nicht aufgefallen ist, erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung. Die Umsatzsteuer 2017 wurde daher mit € 0,00 festgesetzt, sodass sich aufgrund der bis dahin bestehenden Gutschrift von € 484,68 eine Nachforderung in eben dieser Höhe ergab. Richtigerweise hätte die Umsatzsteuer 2017 mit € -484,68 festgesetzt werden müssen, sodass sich keine Nachforderung ergeben hätte. Nachdem der Beschwerdeführer am , als die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2017 eingereicht wurde, nicht mehr Geschäftsführer der ***A*** GmbH war, kann dahingestellt bleiben, ob ein in einer Steuererklärung unterlaufener Fehler, der sich zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat, überhaupt eine Haftung für die daraus resultierende, bei richtiger Steuererklärung gar nicht festzusetzende Abgabe zur Folge haben kann. Dem Beschwerdeführer ist in Bezug auf die Umsatzsteuer 2017 jedenfalls keinerlei Pflichtverletzung anzulasten.

Da der Beschwerdeführer sohin weder für die Körperschaftsteuer 2016 noch für die Umsatzsteuer 2017 haftet, war der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Soweit ersichtlich, liegt zur Frage, ob ein Abgabenpflichtiger verpflichtet ist, dem Finanzamt unaufgefordert Umstände mitzuteilen, deren Kenntnis die Behörde gem. § 45 Abs. 4 EStG 1988 zu einer Anpassung der Vorauszahlungen berechtigen würde, lediglich die zitierte Literatur und die Entscheidung des , jedoch noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
Ehgartner in BFGjournal 2024, 182
Fiala in AVR 2024, 186
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101025.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at