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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2024, RV/7102066/2022

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung - Bindung an den Wert des Reinnachlasses?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102066/2022-RS1
Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war (§ 116 Abs. 2 BAO).
RV/7102066/2022-RS2
Eine Ausnahme von der grundsätzlich gegebenen Bindungswirkung normiert § 116 Abs. 2 BAO für Entscheidungen der Gerichte über privatrechtliche Fragen somit dann, wenn das Gericht bei Ermittlung des Sachverhaltes nicht von Amts wegen vorzugehen hat. Die Bindung besteht hingegen an im Außerstreitverfahren getroffene Entscheidungen über privatrechtliche Fragen (zB über die Erbenqualität, ; , über die Bindung an die im Abhandlungsverfahren abgegebenen, vom Gericht angenommenen und den rechtskräftigen Einantwortungsurkunden zugrunde gelegten Erbserklärungen).
RV/7102066/2022-RS3
Eine Bindung an den Beschluss des (Verlassenschafts-)Gerichtes hinsichtlich des Wertes des Reinnachlasses (=Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) besteht nicht. Vielmehr hat die Abgabenbehörde den Wert des Reinnachlasses aus dem Gesichtswinkel des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung unter eigener Verantwortung zu beurteilen ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***StNr Bf1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind Punkt II.3.1.7. der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. In der Arbeitnehmerveranlagung 2020 vom beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Begräbniskosten i.H.v. € 7.357,76 als außergewöhnliche Belastung.

2. Nach einem Vorhalteverfahren erließ das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid 2020 und erkannte an außergewöhnlichen Belastungen u.a. € 2.678,10 an, welche jedoch unter dem Selbstbehalt von € 5.443,84 lagen. Bezüglich der Begräbniskosten führte es aus, es seien € 4.679,66 nicht berücksichtigt worden, dieser Betrag sei aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen.

3. Am langte eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, aufgrund der genauer dargelegten Kontobewegungen auf dem Giro-Konto der Verstorbenen seien keine Aktiva i.H.v. € 4.679,66 vorhanden gewesen, die für die Begräbniskosten herangezogen hätten werden können. Er ersuche um Berücksichtigung sämtlicher Begräbniskosten i.H.v. € 7.793,23.

Der Beschwerde beigelegt wurden Kontoauszüge des erwähnten Kontos für den Zeitraum bis .

4. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom erkannte das Finanzamt an außergewöhnlichen Belastungen u.a. € 3.113,57 an. Begründend führte es aus, Begräbniskosten inkl. Grabstein seien primär aus dem Nachlass (Aktiva) zu bestreiten und stellten nur im übersteigenden Teil eine außergewöhnliche Belastung dar. Die laut Beschluss vom Bezirksgericht ***1*** vom festgestellten Aktiva i.H.v. € 4.679,66 seien daher vorrangig zur Bestreitung der angefallenen Begräbniskosten zu verwenden. Der restliche Betrag i.H.v. € 3.113,57 stelle somit eine außergewöhnliche Belastung dar und werde in dieser Höhe gewährt. Von den Begräbniskosten seien somit € 4.679,66 nicht berücksichtigt und lägen die Aufwendungen unter dem für den Beschwerdeführer gültigen Selbstbehalt vom € 5.443,84.

5. Im Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer um Vorlage der Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Darin bringt er vor, das Konto seiner verstorbenen Mutter habe ein Guthaben von € 4.679,66 aufgewiesen, dazu sei jedoch zu bemerken, dass es sich bei diesem Betrag um Pensionsvorauszahlungen für den Monat Jänner gehandelt habe. Diese Pensionsvorauszahlungen seien in der Folge zur Gänze an die auszahlenden Stellen zurück überwiesen worden. Tatsächlich habe seine Mutter über kein Vermögen verfügt, welches für eine teilweise Abdeckung der Begräbniskosten hätte herangezogen werden können. Vielmehr habe er sämtliche Begräbniskosten selbst getragen.

6. Nach einem weiteren Vorhalteverfahren beantragte das Finanzamt im Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde, da die beantragten Begräbniskosten im Nachlass Deckung fänden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer bezog im Streitzeitraum Pensionseinkünfte i.H.v. € 48.135,02 (siehe Lohnzettel des BVAEB Pensionsservice).

2. Die Mutter des Beschwerdeführers verstarb am xx. Dezember 2019 (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ).

3. Die Aktiva aus der Verlassenschaft seiner Mutter wurden dem Beschwerdeführer als Sohn der Verstorbenen gegen Bezahlung der angeführten Passiva gemäß § 154 AußStG an Zahlungs statt überlassen (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ).

Dem Beschwerdeführer stand aus der Verlassenschaft seiner Mutter insgesamt ein Vermögen i.H.v. € 326,48 zur Begleichung der auf der Verlassenschaft haftenden Lasten und der Gebühren des Gerichtskommissärs zur Verfügung.

4. Die Gebühren des Gerichtskommissärs für die Verlassenschaft nach der Mutter des Beschwerdeführers betrugen € 205,13 (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ).

5. Dem Beschwerdeführer fielen für seine verstorbene Mutter Kosten für ein angemessenes Begräbnis i.H.v. insgesamt € 7.357,76 an (siehe Rechnung Nr. 20011 des Bestattungsunternehmens ***2*** i.H.v. € 4.997,46, Auftrag Nr. 2020003 des ***3*** i.H.v. € 1.568,40 und Rechnung 18848 des Landgasthofes ***4*** i.H.v. € 791,90).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten unstrittigen Unterlagen und aufgrund folgender Überlegungen:

1. Strittig ist im gegenständlichen Verfahren die Höhe der Aktiva aus der Verlassenschaft der Mutter des Beschwerdeführers.

Laut Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom in der Verlassenschaftssache der Mutter des Beschwerdeführers bestand die Verlassenschaft aus Aktiva i.H.v. insgesamt € 4.679,66 und Passiva i.H.v. insgesamt € 7.357,76. Die Aktiva setzten sich zusammen aus Guthaben bei der Raiffeisenbezirksbank ***1*** eGen bestehend aus dem Girokonto ***5*** mit einem Kontostand per Todestag i.H.v. € 319,21 und per i.H.v. € 4.672,39 sowie einem Geschäftsanteil i.H.v. € 7,27. Die Passiva setzten sich zusammen aus Begräbniskosten und Begräbnisnebenkosten i.H.v. € 5.789,36 sowie Steinmetzkosten i.H.v. € 1.586,40.

2. Eine Bindung an den Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** hinsichtlich des Wertes des Reinnachlasses (= Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) besteht nicht. Vielmehr hat die Abgabenbehörde bzw. das Bundesfinanzgericht den Wert des Reinnachlasses aus dem Gesichtswinkel des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung unter eigener Verantwortung zu beurteilen (; vgl. auch ).

3. Am wurden dem Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6***, lautend auf die Mutter des Beschwerdeführers, € 2.418,01 gutgeschrieben. Auftraggeber war das Land ***10***. Der Verwendungszweck lautete: "Pension 01/2020 ***8*** lfd.Bez.2624,00 gesetzl. Abz. 205,99" (siehe Kontoauszug zu Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6***).

Am wurden dem Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6*** € 2.418,01 gutgeschrieben. Auftraggeber war das Land ***10***. Der Verwendungszweck lautete: "Pension 02/2020 ***8*** lfd.Bez.2624,00 gesetzl. Abz. 205,99" (siehe Kontoauszug zu Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6***).

4. Am wurden am Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6*** € 4.836,02 abgebucht. Empfänger der Zahlung war das Amt der ***9*** Landesregierung. Der Verwendungszweck lautete: "***7*** geb. ***11*** Bezugswiderruf € 2.418,01 - € 2.418,01 " (siehe Kontoauszug zu Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6***).

5. Fest steht, dass das Girokonto der verstorbenen Mutter zum Todestag ein Guthaben i.H.v. € 319,21 aufgewiesen hat. Hinzu kommt noch der Geschäftsanteil i.H.v. € 7,27. Insofern ist den Ausführungen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag nicht zuzustimmen, dass seine verstorbene Mutter über gar kein Vermögen verfügt hat, das zur Abdeckung der Begräbniskosten hätte herangezogen werden können.

Fest steht auch, dass auf diesem Girokonto nach dem Tod der Mutter noch Pensionszahlungen vom Land ***10*** für die Monate Jänner und Februar 2020 eingegangen sind, welche Anfang April 2020 von der auszahlenden Stelle in gleicher Höhe wieder rückgefordert wurden. Unstrittig sind diese Pensionszahlungen in den Aktiva des Beschlusses des Bezirksgerichtes ***1*** enthalten (siehe Kontoauszug zu Konto ***5*** bei der Raiffeisenbezirksbank ***6*** und Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ). Der Beschwerdeführer konnte diesen Betrag aber zu keinem Zeitpunkt zur Bezahlung der auf der Verlassenschaft haftenden Lasten, bestehend aus den Begräbniskosten und den Begräbnisnebenkosten sowie Steinmetzkosten, deren Höhe der Beschwerdeführer nachgewiesen hat, heranziehen. Über die Aktiva konnte er nämlich erst mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom verfügen (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ). Vielmehr musste er die Kosten für das Begräbnis zu einem weit überwiegenden Teil selbst bezahlen, da die Pensionszahlungen zum Zeitpunkt des Beschlusses des Bezirksgerichtes ***1*** am Girokonto der verstorbenen Mutter bereits wieder an die auszahlende Stelle rücküberwiesen waren. Somit können die Pensionszahlungen nicht der Verlassenschaft der Mutter des Beschwerdeführers zugerechnet werden und sind diese aus den im Beschluss angeführten Aktiva auszuscheiden.

Dem Beschwerdeführer wurden aus der Verlassenschaft seiner Mutter daher das Guthaben auf dem Girokonto i.H.v. € 319,21 und der Geschäftsanteil i.H.v. € 7,27 zur Begleichung der auf der Verlassenschaft haftenden Lasten überlassen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1. § 34 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019 lautet auszugsweise:

§ 34.(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. […]

2. Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist eine Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen nach § 34 EStG 1988 setzt einen tatsächlichen aus dem Einkommen des betroffenen Jahres geleisteten Aufwand und dessen Zwangsläufigkeit voraus (). Die Zwangsläufigkeit des Aufwands ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (vgl. und ). Es kommt auf die wesentliche Ursache für das Entstehen der Aufwendungen an ().

3. Gemäß § 549 ABGB gehören die Kosten für ein ortsübliches und den Lebensverhältnissen sowie dem Vermögen des Verstorbenen angemessenes Begräbnis zu den auf einer Verlassenschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. hiezu Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB3, § 549 Rz 3). Die Begräbniskosten werden vom Gesetz daher so behandelt, als ob sie vom Erblasser bzw. von der Erblasserin selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten; dh. die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen (vgl. ), der Besteller der Leistung hat ein Regressrecht (§ 1042 ABGB) gegen die Verlassenschaft (Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 549 Anm 1 und 5). Die Begräbniskosten müssen die Nachlassaktiva, von denen die Verfahrenskosten abgezogen wurden, übersteigen (Jakom/Peyerl, EStG 2022, § 34 Rz 90 "Begräbniskosten").

Subsidiär haften die Unterhaltspflichtigen für die Begräbniskosten. Ist also überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen. Gemäß § 143 Abs. 1 ABGB schuldet ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat. Auf Grund der Anordnung des § 143 ABGB wird der angemessene Unterhalt geschuldet ().

4. Eine außergewöhnliche "Belastung" nach § 34 Abs 1 EStG 1988 muss sich auf das Einkommen beziehen, zumal nur dann eine Auswirkung auf die (einkommensbezogene) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteht. Sie ist zu verneinen, wenn dem Steuerpflichten die zwangsläufigen Aufwendungen nur deshalb erwachsen, weil ihm das zu ihrer Deckung dienende Vermögen zugekommen ist ( 13/1696/80). Der Beurteilung der Frage, ob für den Erben durch Bezahlung von Begräbniskosten (und Kosten eines Grabmals) eine "Belastung" überhaupt eingetreten ist, müssen, wenn im Nachlass etwa Liegenschaften enthalten sind, deren wirtschaftliche Werte (Verkehrswerte) und nicht die für die Bemessung der Erbschaftssteuer maßgebenden Einheitswerte zugrundegelegt werden (vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Anm 78 Stichwort "Begräbniskosten").

5. Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden gemäß § 116 Abs. 2 BAO berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war (§ 116 Abs. 2 BAO).

Eine Ausnahme von der grundsätzlich gegebenen Bindungswirkung normiert § 116 Abs. 2 BAO für Entscheidungen der Gerichte über privatrechtliche Fragen somit dann, wenn das Gericht bei Ermittlung des Sachverhaltes nicht von Amts wegen vorzugehen hat. Die Bindung besteht hingegen an im Außerstreitverfahren getroffene Entscheidungen über privatrechtliche Fragen (zB über die Erbenqualität, ; , über die Bindung an die im Abhandlungsverfahren abgegebenen, vom Gericht angenommenen und den rechtskräftigen Einantwortungsurkunden zugrunde gelegten Erbserklärungen; vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 116, Rz 6; Stoll, BAO, 1331).

6. Eine Bindung an den Beschluss des Gerichtes hinsichtlich des Wertes des Reinnachlasses (=Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) besteht nicht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 116, Rz 6). Vielmehr hat die Abgabenbehörde den Wert des Reinnachlasses aus dem Gesichtswinkel des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung unter eigener Verantwortung zu beurteilen ().

7. Unbestritten ist, dass für den Beschwerdeführer die Übernahme der Kosten im Zusammenhang mit dem Begräbnis seiner Mutter außergewöhnlich und zwangsläufig war. Im gegenständlichen Fall ergibt sich eine gesetzliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Tragung der (im Nachlass nicht gedeckten) Kosten des Begräbnisses seiner Mutter aus § 143 ABGB.

Grundsätzlich besteht eine Bindung des Bundesfinanzgerichtes an den Beschluss des Bezirksgerichtes ***1***, jedoch nicht hinsichtlich der Werte des Reinnachlasses.

Dem Beschwerdeführer wurde aus der Verlassenschaft seiner Mutter ein Vermögen i.H.v. € 326,48 zur Begleichung der Gebühren des Gerichtskommissärs und der Kosten eines angemessenen Begräbnisses an Zahlungs statt überlassen.

Die außergewöhnlichen Belastungen errechnen sich daher wie folgt:


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Übertragenes Vermögen aus der Verlassenschaft der Mutter
€ 326,48
minus Gebühren für Gerichtskommissär (Verfahrenskosten)
€ 205,13
minus Kosten für Begräbnis und Grabstein
€ 7.357,76
ergibt außergewöhnliche Belastung vor Selbstbehalt
€ 7.236,41

Nach Abzug dieser außergewöhnlichen Belastungen und der Berücksichtigung des Selbstbehaltes i.H.v. € 5.443,84 beträgt das Einkommen € 44.623,35. Daraus errechnet sich eine Steuer vor Abzug der Absetzbeträge von € 11.671,81 sowie nach Abzug der Absetzbeträge von € 10.677,65. Mit der Steuer für die sonstigen Bezüge ergibt sich somit im streitgegenständlichen Kalenderjahr insgesamt eine Einkommensteuer i.H.v. € 11.121,80. Nach Berücksichtigung der anrechenbaren Lohnsteuer i.H.v. € 13.565,69 und einer Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988 i.H.v. € 0,11 wird die Einkommensteuer mit - € 2.444,00 festgesetzt.

8. Wenn das Finanzamt im Vorhalt vom vermeint, die Pensionsrückzahlung müsse in einer Nachtragsabhandlung geltend gemacht werden, so ist dem entgegenzuhalten, dass die irrtümliche Einbeziehung von nicht zum Verlassenschaftsvermögen gehörigen Gegenständen in das Abhandlungsverfahren kein Fall einer nachträglichen Änderung der Abhandlungsgrundlagen iSd § 183 AußStrG ist (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 183 (Stand , rdb.at) Rz 5). Dies gilt auch für den Fall, dass nicht dem Verstorbenen gehörendes Vermögen irrtümlich in die Verlassenschaftsabhandlung einbezogen wurde (vgl. Verweijen in Schneider/Verweijen, AußStrG § 183 (Stand , rdb.at) Rz 9).

9. In der Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Begräbniskosten i.H.v. € 7.793,23. Nachgewiesen wurden von Beschwerdeführer Kosten für das Begräbnis und den Steinmetz i.H.v. € 7.357,76. Bei den Kosten für ein halbes Jahr Kontoführung, Buchungsentgelt und Überschreitungszinsen betreffend das Girokonto der Mutter i.H.v. € 200,34 sowie Kosten i.Z.m. Verlassenschaftsauskunft i.H.v. € 30,00 handelt es sich nicht um Kosten für ein angemessenes Begräbnis und sind diese nicht vorrangig aus der Verlassenschaft zu tragen. Außerdem haften die Unterhaltspflichtigen nicht für diese Kosten iSd § 143 ABGB. Somit fehlt es diesen Kosten aber an der Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102066.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at