Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.02.2024, RV/7103863/2019

Beschwerde eines ehemaligen Geschäftsführers gegen den Haftungsbescheid und den Grundlagenbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerberatung Ko GmbH, Bauvereinsgasse 15, 2620 Neunkirchen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom nach der am am Bundesfinanzgericht in Wien über Antrag der Partei (§ 78 BAO i. V. m. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO) in Anwesenheit des Beschwerdeführers, Mag. Wolfgang Apfler und Herbert Scherleitner für die Steuerberatung Ko GmbH und von Mag. Thomas Moisi BSc für das Finanzamt Österreich abgehaltenen mündlichen Verhandlung betreffend Haftung nach §§ 9, 80 BAO zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Bei der Primärschuldnerin (***AB***) fand im Jahr 2010 eine Außenprüfung statt. Am wurde ein Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid erlassen, der eine Nachforderung von € 58.976,94 ergab. In der Begründung wurde auf Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen wären, verwiesen. Dagegen hat die Primärschuldnerin ein Rechtsmittel erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde (damals: Berufung) als unbegründet abgewiesen. Ein Vorlageantrag wurde eingebracht.

Mit Beschluss vom wurde das Rechtsmittel gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid als verspätet zurückgewiesen ().

Am richtete die belangte Behörde folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:
"Betreff: Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger
gem. § 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung

Die Firma ***AB***, Firmenbuchnummer ***AB_FN***, deren Geschäftsführer Sie im Zeitraum von bis waren, hat einen Abgabenrückstand in der Höhe von € 50.950,07 aus der Umsatzsteuer 05-12/2009 fällig am dessen Einbringung bei der GmbH nicht mehr gegeben ist, da diese im Zuge des Konkursverfahrens beim Landesgericht Wr. Neustadt GZ ***AB_GZ*** vom tt.05.2014 mit Beschluss vom tt.11.2018 "Konkursaufhebung mangels Kostendeckung" aufgelöst wurde.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO waren Sie als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mittel entrichtet werden. Auf Grund des § 9 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 1298 ABGB haften Sie für die Abgabenschulden der Gesellschaft, wenn Sie nicht beweisen, dass Sie ohne Ihr Verschulden gehindert waren, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen.

Das Finanzamt erwägt, Ihre Haftung für die erwähnten Abgabenschulden geltend zu machen. Für die Erbringung dieses Beweises wird Ihnen eine Frist von 14 Tagen eingeräumt. Sie werden ersucht, im Zuge Ihrer Beweisführung insbesondere folgende Fragen zu beantworten und die zum Nachweis der Richtigkeit Ihrer Angaben erforderlichen Unterlagen (z.B. Bankkontoauszug oder Kassabuch) vorzulegen.

Was hinderte Sie daran, für die Entrichtung der Abgaben der Gesellschaft aus deren Vermögen und laufenden Einnahmen zu sorgen? Wie wurden die Einnahmen verwendet? Welche Mittel standen zu den angeführten Fälligkeiten zur Begleichung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung und wie wurden diese Mittel verwendet?
Sollten die entsprechenden Unterlagen bzw. Auskünfte ungerechtfertigt nicht binnen obiger Frist erteilt werden, wird die Abgabenbehörde über die Heranziehung zur Haftung aufgrund der Aktenlage entscheiden
."

Am langte das mit datierte Schreiben des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein. Das Schreiben lautet:
"Sehr geehrte Damen und Herrn !

Im Namen und im Auftrag unseres Mandanten, Herrn ***Bf1***, nehmen wir zu Ihrem Schreiben betr. Haftungsprüfungsverfahren wie folgt Stellung:
1) Die offenen Beträge gründen sich auf eine Umsatzsteuersonderprüfung 5-12/2009. Gegen den daraufhin erlassenen Umsatzsteuerbescheid wurde am fristgerecht Berufung eingelegt. Bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens als Geschäftsführer () war noch kein Bescheid ergangen bzw. noch kein Betrag fällig gestellt. Der ehemalige Geschäftsführer, Herr
***Bf1***, wurde nie über den Ausgang des Berufungsverfahrens informiert.
2) Die Unterlagen des Betriebes (auch die Buchhaltung) wurde mit dem Wechsel der Geschäftsführung übergeben bzw. befinden sich die Unterlagen wahrscheinlich noch beim Masseverwalter oder nachfolgenden Geschäftsführer (?). Da Herr
***Bf1*** seit (!!) nicht mehr Geschäftsführer ist, kann er keine Unterlagen mehr vorlegen.
3) Da zum Zahlungszeitpunkt der Umsatzsteuer 5-12/2009 eine unerledigte Beschwerde (damals Berufung) und Stundung vorlag, erfolgte keine Entrichtung der Umsatzsteuer. Für Zeiträume nach dem kann Herr
***Bf1*** keine Auskünfte geben, insbesondere was Vermögensstände, liquide Mittel u.ä. betrifft."

Bescheid

Mit Bescheid vom zog die belangte Behörde (Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt als Vorgänger des Finanzamtes Österreich) den Beschwerdeführer zur Haftung als Geschäftsführer für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***AB*** im Ausmaß von 50.950,07 Euro (wegen Umsatzsteuer 5-12/2009) heran. Die Begründung lautet:
"-) Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
-) Gemäß § 9 Abs 1 Ieg.cit. haften die in § 80 Abs 1 Ieg.cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
-) Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
-) Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
-) Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der GesmbH also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
-) Der angeführte Rückstand besteht infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum Ihrer Geschäftsführertätigkeit fällig gewordenen Abgaben.
-) Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs 1 UstG 1994 hat der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit., selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
-) Die Festsetzung der Umsatzsteuer 05-12/2009 erfolgte aufgrund der Feststellungen im Zuge der Betriebsprüfung, deren Ergebnis durch das abgeschlossene Beschwerdeverfahren bestätigt wurde.
-) Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft, die Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid angeführten Abgabe eingetreten ist.
Ihr pflichtwidriges Verhalten begründet sich auf den Feststellungen bei der Betriebsprüfung, laut beiliegender Niederschrift über die Schlussbesprechung vom .
-) Die im Schreiben vom , durch die
***CD_Steuerberatung*** in Ihrem Namen und Auftrag, vorgebrachte Stellungnahme ist für die Beurteilung der Haftung nach § 9 BAO nicht relevant.
Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen
wäre (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrerFälligkeit ()."

Beschwerde

Gegen den Haftungsbescheid brachte der Beschwerdeführer am (nach Fristverlängerung) folgende Beschwerde ein:
"Betreff: ***Bf1***
als zur Haftung herangezogener ehemaliger Geschäftsführer in Sachen
***AB***, FN ***AB_FN***

Beschwerde gem. § 243 BAO betreffend Haftungsbescheid vom
Beschwerde betreffend Umsatzsteuerbescheid 2009 vom gem. § 243 BAO in Verbindung mit § 248 BAO und § 249 (2) BAO.

Antrag auf mündliche Verhandlung gem. § 274 (1) BAO
Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO betreffend Rückstand aufgrund des Haftungsbetrages.

Sehr geehrte Damen und Herrn!

Im Namen und im Auftrag unseres obgenannten Mandanten, Herrn ***Bf1***, erheben wir gegen die oben angeführte Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde.

A) Beschwerde gegen den Haftungsbescheid

Der Haftungsbescheid ist rechtswidrig, da der zugrundeliegendeUmsatzsteuerbescheid nicht den Tatsachen entspricht und mit unten stehenderBegründung ebenfalls bekämpft wird.

Weiters ist unserer Meinung nach eine Inanspruchnahme der Haftung von Herrn ***Bf1*** grundsätzlich nicht zulässsig, da ihm keine Pflichtverletzung angelastetwerden kann. Mit Beschluss vom wurde ein Sanierungsverfahren eröffnet.Zu diesem Zeitpunkt war Herr ***Bf1*** nicht mehr Geschäftsführer der GmbH.Der den Rückstand verursachende Umsatzsteuerbescheid 2009 wurde mittelsBerufung bekämpft und war zu diesem Zeitpunkt diese noch nicht erledigt!

Der Kausalzusammenhang zwischen der (behaupteten) Pflichtverletzung und derspäter eingetretenen Uneinbringlichkeit (auf die unser Mandant keinerlei Einflussmehr hatte) ist daher unserer Meinung nach nicht gegeben.

Herr ***Bf1*** hat sich als Geschäftsführer korrekt verhalten, da der Grundlagenbescheid bzgl. Umsatzsteuer 2009 nicht den Tatsachen entsprach und auch die Finanzbehörde im Zeitpunkt der Beschwerdestellung keine Gefährdung der Einbringung gesehen hat (Antrag gem. § 212a BAO wurde stattgegeben).

Eine Ungleichbehandlung von Gläubigern hat daher seitens unseres Mandanten als Geschäftsführer der Fa***AB*** bis zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer am nicht stattgefunden.

Die Nichtentrichtung der, im Sinne unseres Mandanten, fälschlich vorgeschriebenen Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit ist daher keinesfalls als Pflichtverletzung in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer zu werten.

In diesen Zusammenhang verweisen wir auch auf einen Artikel in der Steuer-und Wirtschaftskartei vom , Seite 976 ff, wo die Haftung bei Gewährung eines Zahlungserleichterungsansuchens verneint wird!

B) Beschwerde gegen den Grundlagenbescheid

Grundsätzlich weisen wir darauf hin, dass der Haftungsbetrag sich nicht mit dem Nachforderungsbetrag lt. Umsatzsteuerbescheid 5 - 12/2009 deckt und die Differenz nicht nachvollziehbar ist.

Im Grundlagenbescheid (Umsatzsteuerbescheid 5 - 12/2009 vom ) ergibt sich der Nachforderungsbetrag in Höhe von € 58.976,94 durch drei, in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , (die Niederschrift wird in der Begründung zum Umsatzsteuerbescheid 2009 angeführt, auf den Umsatzsteuerbescheid wird wiederum im Haftungsbescheid verwiesen) festgehaltenen Punkte:
1) Die Zurechnung der Zahlungen per in Höhe von € 29.682.- an die Fa.
***AB*** als Leistungserlöse ist nicht korrekt.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Fa. ***AB*** zum Zeitpunkt der fraglichen Rechnungslegung noch gar nicht existiert hat, auch die Rechnungen nicht ausgestellt hat und auch keine diesbezüglichen Leistungen erbracht hat!!

Die Darstellung in der Niederschrift (welche übrigens nicht unterschrieben ist ) ist nicht korrekt.

Die Rechnungserstellung erfolgte durch die Fa. "***EF***" selbst. Es gab, wie bei einem Telefonat während der Prüfungshandlung mit der Buchhaltungsabteilung der "***EF***" durch das PrüfungsorganAD ***GH*** (anwesend Hr. ***Bf1***, Herr AD ***GH***, Hr. ***IJ***) angegeben wurde, Probleme mit dem leistenden Unternehmer (irgendeiner ARGE bzw.einer ***KL*** aus Feldkirch bei Graz, welche aber NICHT mit der ***AB*** ident ist), daher wurden die Fakturen vom"***EF*** "rückdatiert ( nachdem erst später eine FNNummer und die UID Nummer der Fa. ***AB*** vorgelegen hat-was natürlich ist,da die Firma erst NACH diesem Vorgang gegründet wurde).

Wie auch in der Niederschrift festgehalten, wurden die fraglichen Leistungen NICHT von derFa. ***AB*** erbracht.Es wurden auch (It. Tel.) die Rechnungen vom LEISTUNGSEMPFÄNGER rückdatiert und erstellt.

Da weder die Leistung von der Fa. ***AB*** erbracht wurde, noch die (rückdatierten) Rechnungen von ihr erstellt wurden, kann die ins Treffen gebrachteSteuerschuld gem. § 11 (14) UStG nicht greifen!Da es ursprünglich keinen Leistungsaustausch gab , gab und gibt es auch keineUmsatzsteuerpflicht.

Die Verbuchung als a.o. Ertrag im Zuge der Bilanzerstellung 2011 erfolgte aus folgendem Grund:
Im Zuge der vor Bilanzerstellung 2011 eingetretenen Insolvenz der Fa.
***AB*** wurden die offenen Verbindlichkeiten bewertet. Nachdem es im Zuge des Sanierungsverfahrens zu keiner Rückforderung der irrtümlich erhaltenen Zahlungen gekommen ist, wurden diese nach Rücksprache mit dem Sanierungsverwalter als a.o. Ertrag ergebniswirksam ausgebucht!

Die Hinzurechnung zu den 20% igen Umsätzen in Höhe von € 24.735.- netto ist daher zu stornieren.

2) Der Vorsteuerabzug wurde in Höhe von € 54.029,94 verweigert, da eine reine Scheinadresse in ***Ort1*** vorgelegen hätte und daher die Eingangsrechnungen mit Empfängeradresse ***Ort1*** nicht ordnungsgemäß im Sinne des UStG gewesen wären.

Dieses Argument einer Scheinadresse geht ins Leere. Laut Umsatzsteuergesetz ist der Vorsteuerabzug gem. § 12 UStG an das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung gem. § 11 UStG geknüpft. Bei einer Rechnung It. § 11 UStG dient der Name und die Anschrift des Leistungsempfängers dazu, festzustellen ob der Rechnungsempfänger auch der Leistungsempfänger ist.

Die Firma ***AB*** war im Firmenbuch unter dieser Adresse eingetragen (nachzulesen im Firmenbuch), war an dieser Adresse präsent, wie auch die Forderung der Gemeinde ***Ort1*** betr. Abgaben beweist (siehe beiliegende Kopie), und es besteht daher kein Grund zur Versagung des Vorsteuerabzuges.

Ergänzend dazu wird außerdem angemerkt, dass ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren für diesen Standort (***Ort1***) durchgeführt wurde und bei der Behörde die notwendigen Unterlagen vorgelegt werden mussten, aus denen ebenfalls der Standort der Fa. ***AB*** in ***Ort1*** hervorgeht. Die für die Genehmigung notwendigen Unterlagen wurden z.T. von Herrn ***MN*** (Vermieter) zur Verfügung gestellt.

Auch wurde vom Sachverständigen ein Augenschein vor Ort (***Ort1***) vorgenommen und ist der Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung an die Adresse in ***Ort1*** adressiert!
Das von der Behörde vorgebrachte Argument einer Scheinadresse geht daher ins Leere.

3) Dem Argument, dass von den beantragten Vorsteuern ein Gutteil (€ 35.550.-) auf Fakturen einer Fa. ***OP*** entfallen ist und die Grundlagen, nämlich die Monatsmieten für Sattelfahrzeugen incl. Auflieger überhöht (€ 7.000.- statt € 4.000.- ) verrechnet worden wären, kann seitens unserer Mandantschaft nicht gefolgt werden, da die Behauptung der "branchenüblichen " 4.000/Monat aufgrund der Niederschrift bzw. It. Bescheid nicht nachvollziehbar ist. Die beanstandeten Rechnungen entsprechen den damaligen tatsächlichen Verhältnissen.

Die Vorsteuern in Höhe von € 54.029,94 sind daher zu Recht geltend gemacht worden und wir beantragen die dementsprechende Änderung des Umsatzsteuerbescheides 5-12/2009.

Anträge:
Wir beantragen im Auftrag unseres Mandanten die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides und sollte dies nicht erfolgen, die Änderung des zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheides 2009 im Sinne unserer Beschwerde.
"

Beschwerdevorentscheidung

Die belangte Behörde hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß §18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit verpflichtet die Abgaben, welche in diesem Zeitraum fällig waren, aus den Mitteln der GmbH zu bezahlen. Die im Haftungsbescheid angeführte Umsatzsteuer 05-12/2009 in Höhe von € 50.950,07 fällig am war eindeutig im Zeitraum Ihrer Geschäftsführertätigkeit fällig.

Wie bereits im Haftungsbescheid dargelegt wurde, ist bei Selbstbemessungsabgabenausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, das heißt jener Zeitpunkt, zu welchem dieAbgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung, abzuführen gewesen wäre, für dieBeurteilung der Haftung nach § 9 der Bundesabgabenordnung maßgeblich.( und )

Das Vorbringen in Ihrer Beschwerde, dass, zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens alsGeschäftsführer der GesmbH, das Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer05-12/2009 noch nicht erledigt war und die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAOaufrecht war, begründet keine Rechtswidrigkeit der Heranziehung zur Haftung, da dieUmsatzsteuer 05-12/2009 bereits längst vor Einbringung der Beschwerde und Aussetzungder Einhebung fällig war.
Der kausale Zusammenhang begründet sich daraus, dass ein Abgabenausfall keinesfalls eingetreten wäre, wenn die Abgabe bereits pflichtgerecht bei ihrer Fälligkeit entrichtet worden wäre. Es besteht somit in jedem Fall ein Verursachungszusammenhang zwischen der Uneinbringlichkeit der Abgabe und einer derartigen Pflichtverletzung.

Betreffend Ihrer Beanstandung der Feststellungen in der Betriebsprüfung wird darauf hingewiesen, dass die über die Haftung zu entscheidende Abgabenbehörde an die Feststellungen der abgabenfestsetzenden Stelle gebunden ist (, vom , 2003/14/0095 und vom , 99/14/0142.

Daraus folgt, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden können. Es wird jedoch auf die Bestimmungen des § 248 Bundesabgabenordnung verwiesen, nach welcher der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung, innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist, auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde einbringen kann. Einwendungen gegen die Höhe des Abgabenanspruches sind daher nicht im Haftungsverfahren zu klären.

Hinweis: Ihre Beschwerde wurde an die abgabenfestsetzende Stelle (FA33-BV24) zur weiteren Veranlassung weitergeleitet.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren der I. Instanz nicht vorgesehen. Ihrem Ansuchen um Anberaumung einer mündlichen Verhandlung kann nicht entsprochen werden."

Vorlageantrag

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Vorlagebericht

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin war; demzufolge sei für die Beurteilung der Haftung nach § 9 BAO jener Zeitpunkt maßgeblich, zu welchem die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre. Darüber hinaus hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass die über die Haftung zu entscheidende Abgabenbehörde an die Feststellungen der abgabenfestsetzenden Stelle gebunden ist, woraus zu folgen ist, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden können.

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht wandte sich wie folgt an den Beschwerdeführer:
"Auf Grund der derzeit vorliegenden Unterlagen geht das Bundesfinanzgericht derzeit von folgendem Sachverhalt aus:

Im Jahr 2010 führte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart bei der ***AB*** eine Außenprüfung durch. Am erließ das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 5-12/2009, der eine Abgabennachforderung in Höhe von € 58.976,94 auswies. Gegen diesen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid hat die ***AB*** ein Rechtsmittel (damals: Berufung) erhoben, das mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom (GZ RV/7102360/2011) als verspätet zurückgewiesen wurde.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer zur Haftung in Höhe von € 50.950,07 für Umsatzsteuer 5-12/2009 herangezogen. Dem Haftungsbescheid war eine nicht unterschriebene Niederschrift vom sowie der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 5-12/2009 vom beigelegt.

Mit Schreiben vom (nach Fristverlängerung) wurde sowohl gegen den Haftungsbescheid vom als auch gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom jeweils eine Beschwerde erhoben.

>> Der Beschwerdeführer wird eingeladen, dazu Stellung zu nehmen.

II. In der Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde (damals: Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt; heute: Finanzamt Österreich) darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde an einen Abgabenbescheid, der einem Haftungsbescheid vorangeht, gebunden ist. Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich jedoch auch, dass bei einer Beschwerde sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Abgabenbescheid zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden ist, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt.

>> Der Beschwerdeführer wird - insbesondere im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, wonach der Haftungsbescheid rechtswidrig wäre, da der zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid nicht den Tatsachen entsprechen würde - aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen.
[…]
"

Am langte folgende Antwort beim Bundesfinanzgericht ein:
"Bezugnehmend auf oben angeführten Beschluss dürfen wir wie folgt Stellung nehmen:
Der Sachverhalt betreffend zeitlichen Ablauf ist korrekt dargestellt, ebenso unsere Rechtsmeinung dass, unabhängig vom Haftungsbescheid, der zugrunde Tatsachenbescheid sachlich unrichtig ist.

Wir möchten nochmals auf unserer Argumente hinweisen, dass die Inanspruchnahme der Haftung von Herrn ***Bf1*** nicht korrekt ist, da ihm grundsätzlich keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist (siehe unsere Beschwerde).

Betreffend der Zurückweisung der ursprünglichen Berufung möchten wir der guten Ordnung halber den Sachverhalt korrekt darstellen:
Die ursprüngliche Berufung gegen den Umsetzsteuerbescheid 5 -12/2009 vom 6.5.20210 wurde am FRISTGERECHT eingebracht, da ein Fristverlängerungsantrag vorlag. Dies wird dokumentiert durch einen Vermerk am Finanzamtsexemplar (welches im Wege der Akteneinsicht angefordert wurde) und durch die Tatsache, dass die Finanzbehörde am eine Berufungsvorentscheidung erlassen hat, wo von einer verspäteten Abgabe keine Rede ist !( Kopie Berufung Finanzamtsexemplar mit handschriftlichem Vermerk liegt bei).

Warum der damals zuständige Masseverwalter auf den Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom nicht geantwortet her, entzieht sich der Kenntnis von Herrn ***Bf1***.

Im übrigen möchten wir nochmals auf unsere Argumente in der Beschwerde verweisen.
Für allfällige Rückfragen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.
"

Mündliche Verhandlung

Der Vertreter der belangten Behörde erläuterte, dass im Jahr 2010 zunächst ein Betrag in Höhe von € 51.100,80 ausgesetzt wurde und es im Jahr 2018 zu einer Zahlung in Höhe von € 150,73 kam. Als Haftungsbetrag verblieb am Abgabenkonto somit die im Bescheid angeführte Summe.

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte aus, dass die ursprüngliche Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid nicht verspätet sei, aber gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts, mit dem die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wurde, keine Revision erhoben wurde. Weitere Unterlagen - etwa zur Gläubigergleichbehandlung - können nicht vorgelegt werden.

Der Vertreter der belangten Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die Vertreter des Beschwerdeführers beantragten die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Jahr 2010 führte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart bei der ***AB*** (Primärschuldnerin) eine Außenprüfung durch und erließ am einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 5-12/2009, der eine Abgabennachforderung in Höhe von € 58.976,94 auswies. Gegen diesen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid hat die ***AB*** ein Rechtsmittel (damals: Berufung) erhoben, das mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom (GZ RV/7102360/2011) als verspätet zurückgewiesen wurde. Dieser Beschluss gehört nach wie vor dem Rechtsbestand an.

Der Beschwerdeführer war von der Gründung der Gesellschaft im März 2009 bis Mai 2010 Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Im April 2019 erfolgte die amtswegige Löschung der Primärschuldnerin, nachdem im November 2018 der Konkurs mangels Kostendeckung wieder aufgehoben wurde. Die Abgabenforderungen sind uneinbringlich.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer zur Haftung in Höhe von € 50.950,07 für Umsatzsteuer 5-12/2009 herangezogen.

Beweiswürdigung

Grundsätzlich gründen sich die Feststellungen auf die Unterlagen im vorgelegten Verwaltungsakt. Darüber hinaus sind sie unstrittig, wie dem Schreiben des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom zu entnehmen ist.

Aus dem Firmenbuchauszug der ***AB*** geht hervor, dass mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom das Konkursverfahren, das mit eröffnet wurde, mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Ebenfalls aus dem Firmenbuch ist ersichtlich, dass die Primärschuldnerin im Jahr 2019 amtswegig gelöscht wurde. Genauso ist aus dem Firmenbuch ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer von bis Mai 2010 die Primärschuldnerin als alleiniger Geschäftsführer vertat.

Rechtsgrundlagen

§ 9 BAO lautet:

§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden.

§ 80 BAO lautet:

2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 224 BAO lautet:

2. Geltendmachung von Haftungen.

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.

(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

§ 9 IO lautet:

Verjährung

§ 9. (1) Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluß über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

(2) Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach den §§ 9 und 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (). Die Haftung nach § 9 BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet ().
Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (). Die Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin wurde bereits durch das Insolvenzgericht festgestellt, zumal die Aufhebung des Konkursverfahrens mangels Kostendeckung erfolgte.

Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen. Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (zB ; ).

Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung iSd § 9 Abs 1 BAO angenommen werden darf (zB ). Er hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Abgabenentrichtung nachzuweisen.

Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind - wenn der Haftungsinanspruchnahme ein Bindungswirkung auslösender Bescheid an die Gesellschaft vorangegangen ist - in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (vgl. ). Der Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für Mai bis Dezember 2009 vom gehört immer noch dem Rechtsbestand an; ein Umsatzsteuerjahresbescheid 2009 wurde nicht erlassen. Dementsprechend können Einwendungen gegen den Umsatzsteuerbescheid vom nicht mit Erfolg im Haftungsverfahren geltend gemacht werden.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer besteht darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen (spätestens am ) unterlassen wurden.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten. Die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (; ).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter die Pflicht zur Abgabenentrichtung getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung (Steuererklärung) einzureichen. Eine sich ergebende Vorauszahlung ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt (; ; ).

Mit einem Vorbringen, dass die Festsetzungsbescheide aus einer Betriebsprüfung resultieren würden und die Abgabenschuldigkeiten nicht entrichtet worden seien, da deren Einhebung zunächst gemäß § 212a BAO ausgesetzt worden sei, zeigt der Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides auf, zumal die Verpflichtung zur Entrichtung der Umsatzsteuer im gegenständlichen Fall bereits längst vor der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung ex lege eingetreten ist. Die Wirkung der Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) besteht lediglich in einem Zahlungsaufschub. Die Fälligkeit der Abgabenschuld bleibt dadurch aber ebenso unberührt wie die bereits erfolgte Verletzung der Pflicht zur Abgabenentrichtung, die zu den früheren Fälligkeitszeitpunkten bestanden hat (). Wenn für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe vor deren Fälligkeit tatsächlich zu Recht eine Zahlungserleichterung in Anspruch genommen wurde, mag dies allenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO ausschließen. Ein solcher Antrag ist jedoch nicht aktenkundig. Eine bewilligte Zahlungserleichterung (die Gegenstand eines in der Beschwerde erwähnten Artikels in einer Fachzeitschrift ist) lag nie vor.

Die Haftung ist subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann als Haftende in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität). Die Haftungsschuld ist weiters ihrem bloß sichernden Charakter zufolge in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig. Ist die Hauptschuld nicht (gültig) entstanden oder ist sie erloschen oder hat nur mehr den Charakter einer Naturalobligation (), ist auch eine Haftung für diese nicht denkbar (). Bei der Umsatzsteuer entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 19 Abs 2 bis 4 UStG 1994 jeweils mit Ablauf des Kalendermonats.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erhebt, hat die Behörde zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen. Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung entfaltender Abgabenbescheid vorangegangen ist ().

Die in § 248 BAO ausgedrückte Bindungswirkung erfordert lediglich wirksame, nicht jedoch rechtskräftige Abgabenbescheide ().

Sollte der Beschwerdeführer mit seiner gemäß § 248 BAO eingebrachten Beschwerde gegen den zugrunde liegenden Abgabenbescheid in der Folge erfolgreich sein, so würde aufgrund der Akzessorietät der Haftung ohnehin die Haftungsschuld entsprechend der Minderung der Abgabenschuld wegfallen (vgl ).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten.

Der Vertreter haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters in der Höhe des Quotenschadens setzt den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Diesen Nachweis hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (; ). Ein solcher Nachweis wurde nicht erbracht. Die pauschale Behauptung, dass eine Ungleichbehandlung von Gläubigern durch den Beschwerdeführer nicht stattgefunden hätte, stellt keinen geeigneten Nachweis dar. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Solche Unterlagen wären bereits bei Entstehung der Zahlungspflicht und nicht vollständiger Entrichtung zu sichern gewesen wären (vgl. ). Kommt der Geschäftsführer der Aufforderung zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht nach und erbringt er nicht den ihm obliegenden Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er dann für die in Rede stehenden Abgabenschulden zur Gänze (vgl. ; ).

Ermessen:

Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO). Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht als Folge des Insolvenzverfahrens fest. Bei der Ermessensübung ist zudem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin und war für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich. Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits kann ein Umstand sein, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf (). Allerdings ist zu bedenken, dass das Konkursverfahren erst im November 2018 aufgehoben wurde und die belangte Behörde bereits im Dezember 2018 den Beschwerdeführer über eine mögliche Haftung in Kenntnis gesetzt hatte und den Haftungsbescheid sodann zeitnah im Februar 2019 erlassen hatte.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103863.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at