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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.02.2024, RV/5100332/2023

1. Rückforderung von Familienbeihilfe 2. Keine Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 07.2021-10.2021 (Ordnungsbegriff: ***OB***) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der am tt.mm.2003 geborene Sohn ***1*** des Beschwerdeführers (Bf) hat im Juni 2021 die Handelsschule abgeschlossen. Ab September 2021 wollte er ursprünglich den Aufbaulehrgang an der HAK ***A*** beginnen. Dazu kam es aber nicht, weil er ab November 2021 bis Juli 2022 den Zivildienst absolvierte.

Mit Bescheid vom wurde nach Beendigung der Schule ab Juli 2021 die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag (€ 799,60) zurückgefordert, weil mit der beabsichtigten Berufsausbildung nach dem Schulabschluss nicht begonnen und eine solche auch nach der Ableistung des Zivildienstes nicht ausgeübt wurde.

Dagegen brachte der Bf am Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid abgewiesen.

Am stellte der Bf einen Antrag auf Familienbeihilfe ab 08/2022, weil der Sohn neuerlich im Aufbaulehrgang der HAK ***A*** (ab September 2022) aufgenommen wurde.

Am brachte der Bf ein - von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertetes - Schriftstück ein. Er wendete ein, dass auch ein 3-wöchiges Ferialpraktikum beim Stadtamt ***B*** sowie der Einsatz beim Zivildienst hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung sehr wohl auch als "Ausbildung" angesehen werden könnten.

Bezüglich des Antrages auf Familienbeihilfe ab wurde die Entscheidung der belangten Behörde vom Bf akzeptiert. Beschwerdegegenständlich ist demnach nur die Rückforderung der Familienbeihilfe 07 bis 10/2021.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dem Erkenntnis wird nachstehender - aus dem Akteninhalt und dem Parteivorbringen ableitbarer - Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der am tt.mm.2003 geborene Sohn ***1*** des Beschwerdeführers (Bf) hat im Juni 2021 die Handelsschule abgeschlossen. Ab September 2021 wollte er ursprünglich den Aufbaulehrgang an der HAK ***A*** beginnen. Dazu kam es aber nicht, weil er ab November 2021 bis Juli 2022 den Zivildienst absolvierte.

Mit Bescheid vom wurde die Familienbeihilfe zurückgefordert, weil mit der beabsichtigten Berufsausbildung weder nach dem Schulabschluss, noch nach Ableistung des Zivildienstes begonnen wurde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom erläuterte der Bf insb. die Umstände hinsichtlich der noch nicht begonnenen, aber beabsichtigten Berufsausbildung. Die Rückforderung der Familienbeihilfe bekämpfte er insbesondere mit dem Argument, dass eine Berufsausbildung ohnehin geplant, aber aufgrund unbeeinflussbarer Umstände nicht begonnen werden konnte.

Mit Schreiben vom teilte der Bf dem Finanzamt mit, dass sich die Situation geändert hätte und der Sohn ab bis zum voraussichtlich am Projekt "New Skills Fachkurs Büro und Verwaltung" des AMS ***C*** teilnehmen werde.

In einem weiteren Schreiben vom gab der Bf bekannt, dass sich die Umstände neuerlich geändert hätten und der Sohn ab beim Amt der oö. Landesregierung eine befristete Stelle als Sachbearbeiter in der Sozialabteilung antreten kann. Es wurde vom Bf zunächst Familienbeihilfe für die Monate August und September 2022 Familienbeihilfe beantragt, wobei im Vorlageantrag die Ansicht der belangten Behörde akzeptiert wurde, wonach für diesen Zeitraum keine Familienbeihilfe zusteht.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen. Der festgestellte Sachverhalt, der sich aus dem elektronisch vorgelegten Akt, dem Beschwerdevorbringen sowie den erteilten Auskünften und Stellungnahmen des Bf samt den eingereichten Unterlagen ergibt, kann gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden. Das Bundesfinanzgericht sah es demnach als erwiesen an, dass vom Kind ***1***, VNR ***SV***, im beschwerdegegenständlichen Zeitraum eine im FLAG normierte Berufsausbildung nicht ausgeübt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 93/2022 lautet:

(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule weitergebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ….

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichenZeitpunktnach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird.

§ 10 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. normiert, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablaufdes Monats erlischt, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gem. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gem.§ 33 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Werden nach dem letzten Satz leg. cit. Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Der Bf begründete den Antrag auf eine stattgebende Erledigung der Beschwerde insbesondere damit, dass die geplante Berufsausbildung nur an nicht beeinflussbaren Umständen scheiterte.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der Judikatur des VwGH (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (). Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungsfortgang an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (). Diese Kriterien treffen im vorliegenden Fall aber nicht zu, weil zwar in der Beschwerde die Gründe für die noch nicht begonnene Berufsausbildung vom Bf sehr detailliert und auch nachvollziehbar dargestellt wurden, diese aber tatsächlich nicht zustande kam.

Sohn ***1a*** hat die Handelsschule am abgeschlossen und den Zivildienst im Zeitraum bis abgeleistet. Er absolvierte weder zwischen Abschluss der Handelsschule und dem Beginn des Zivildienstes eine in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 normierte Berufsausbildung, noch wurde nach Ableistung des Zivildienstes eine solche ausgeübt. Dies wurde vom Bf im Vorlageantrag mit der Maßgabe bestätigt, dass aber sehr wohl eine Berufsausbildung ernsthaft geplant gewesen sei. Diesbezüglich wies der Bf in einem an das Finanzamt adressierten Schreiben vom darauf hin, dass sein Sohn ab bis zum voraussichtlich am Projekt "New Skills Fachkurs Büro und Verwaltung" des AMS ***C*** teilnehmen werde. Da dieses Projekt jedoch nicht zustande kam, trat er ab beim Amt der oö Landesregierung eine befristete Stelle als Sachbearbeiter in der Sozialabteilung an. Vom Bf wurde nicht schlüssig begründet, ob bei dieser - kurz nach Beendigung des Zivildienstes ausgeübten - Sachbearbeitertätigkeit auch eine "Ausbildungskomponente" enthalten war. Für den erkennenden Richter ist diese (befristete) Tätigkeit eher als Überbrückungsmaßnahme anzusehen, um während dieser Zeit Berufspraxis zu sammeln, die für eine spätere Berufsausbildung durchaus förderlich sein kann.

Es ist aus Sicht eines Vaters zwar verständlich, dass bereits das Bemühen um die optimale Berufsausbildung für das Kind als ausreichend empfunden wird. Diese Sichtweise findet aber im Gesetz keine Deckung und kann demnach im vorliegenden Fall auch keine Berücksichtigung finden.

Nach der Judikatur ist neben dem Ablegen der vorgesehenen Prüfungen auch erforderlich, dass im jeweiligen Kalendermonat in quantitativer Hinsicht die volle Arbeitskraft eingesetzt wird (). Unter diesem Aspekt kann bei einer bloß geplanten bzw. beabsichtigten Ausbildung nicht von einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, die einen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet, gesprochen werden.

Mangels Vorliegen einer Berufsausbildung ist auch § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 im konkreten Fall nicht anwendbar. Somit erübrigt sich eine Klärung der Frage, ob mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Zivildienstes begonnen wurde. Zudem wurde der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum ab 08/2022 zurückgezogen und ist somit gar nicht beschwerdegegenständlich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen des FLAG 1967 ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und sind auch durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100332.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at