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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 28.02.2024, RV/2100159/2022

Aussetzungsanträge können auch nach Einbringung eines Vorlageantrages gestellt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***1***, die Richterin ***2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aussetzung § 212a BAO 2021, Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***5*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert:

Die Aussetzung der Einhebung wird hinsichtlich der Abgabe ZO 5/2019 in Höhe von 4.000 € gewährt. Hinsichtlich der übrigen Abgaben wird der Antrag auf Aussetzung der Einhebung als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine seit eingetragene GmbH und wird vom Geschäftsführer F.R. vertreten.

Da die Bf. nicht entsprechend dem § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) der Registerbehörde Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer meldete, verhängte das Finanzamt mit dem Bescheid vom gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 €. Weiters forderte es die Bf. auf, die bisher unterlassene Handlung nachzuholen und drohte die Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 € an.
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 € wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des , als unbegründet abgewiesen.

Mit dem Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 €, da das Beschwerdeverfahren im oa. Erkenntnis abgeschlossen wurde.

Da die Bf. ihrer Meldeverpflichtung nach § 5 WiEReG weiterhin nicht nachkam, verhängte das Finanzamt mit Bescheid vom die angedrohte weitere Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 €, welche wiederum mit Beschwerde vom bekämpft wurde.

Mit Bescheid vom wurde die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO verfügt und der Betrag von 4.000 € aus der laufenden Abgabengebarung ausgeschieden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde abgewiesen, wogegen die Bf. einen Vorlageantrag vom an das Bundesfinanzgericht stellte.

Am wurde der Ablauf der mit Bescheid vom verfügten Aussetzung der Einhebung verfügt.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Ausbuchung des Betrages von 6.182,76 € und zusätzlich das Ratenzahlungsmodell "COVID-19-Ratenzahlung".
Dabei führte sie Folgendes aus:

" ….. der auf der oben genannten Steuernummer aushaftende Abgabenbetrag ist zur Zeit unberechtigt mit dem Saldo von € 6.182,76 ausgewiesen.
Der Betrag stammt aus einem laufenden Verfahren, welches von unserem Anwalt RA rechtsfreundlich vertreten wird und beeinsprucht ist.
Aus diesem Grund ersuchen wir Sie um Ausbuchung dieses Betrages bis das Verfahren rechtsgültig abgeschlossen ist.

Aus kaufmännischer Vorsicht beantragen wir zusätzlich das Ratenzahlungsmodell "COVID-19-Ratenzahlung" Ratenrückzahlung 36 Monate - Phase I/II, laut beiliegender Ratenberechnung - Finanz-Zahlungserleichterung sollte die Ausbuchung nicht erfolgen. …."

Mit Bescheid vom wurde das Ansuchen auf Bewilligung einer Ratenzahlung für die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten gemäß § 323e Abs. 2 BAO mit der Begründung abgewiesen, der Rückstand bestehe nicht überwiegend aus Abgaben, die zwischen dem und dem fällig geworden sind.

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. mit Schriftsatz vom eine Beschwerde ein, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und mit Vorlageantrag vom beeinsprucht wurde. Das Covid19-Ratenansuchen wurde letztendlich mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts RV/2100691/2021 vom als unbegründet abgewiesen.

In diesem Vorlageantrag vom stellte die Bf. unter anderem den hier anhängigen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO und führte u.a. aus:

"…. Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom bzw. möchte diese ergänzen wie folgt.

(ZO - 01/2019 Zahlungsfrist Fällig am € 1.000,00 Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag )) Bei diesem Betrag handelt es sich um ein laufendes Verfahren, dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.

(ZO - 05/2019 Zahlungsfrist Fällig am € 4.000,00 Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag ))
Bei diesem Betrag handelt es sich um ein laufendes Verfahren, dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.
Zu diesem Betrag wurde erst am eine Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Zudem beantrage ich weitere Beweise in der mündlichen Verhandlung vorzubringen.

Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

Gemäß § 212a BAO beantrage ich die Aussetzung der Einhebung/Einbringungsmaßnahmen in Höhe des strittigen Betrages von € 6.307,76 bis zur Entscheidung über diese Beschwerde."

Der oa. Abgabenrückstand in Höhe von 6.307,76 € gliedert sich wie folgt auf:

Daraus ist ersichtlich, dass sich die beiden Zwangsstrafen ZO 1/19 in Höhe von 1.000 € und ZO 5/19 in Höhe von 4.000 € im Rückstand bzw. in der lfd. Gebarung befinden.

Im angefochtenen Bescheid vom wurde der Aussetzungsantrag in Höhe von 6.307,76 € abgewiesen und Folgendes ausgeführt:
"Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Ansuchens auf Bewilligung einer COVID-19-Ratenzahlung einer rückständigen Abgabenschuld iHv EUR 6.182,76 gem. § 323e BAO als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde am , eingelangt am , ein Vorlageantrag eingebracht und die Aussetzung der Einhebung eines Betrages von EUR 6.307,76 beantragt.
Gemäß
§ 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde auszusetzen, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt. Dies gilt nur insoweit, als mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Beschwerdepunkten angefochten wird, in denen er von einem Anbringen abweicht (bzw. wenn der Bescheid amtswegig ergangen ist).
Zum einen ist lediglich ein Betrag von EUR 6.182,76 Gegenstand der Beschwerde und zum anderen liegt keine Abhängigkeit iSd
§ 212a Abs. 1 BAO vor, wenn sich die Beschwerde gegen eine abweisende Erledigung eines Zahlungserleichterungsansuchens richtet (vgl. )."

In ihrer Beschwerde vom führt die Bf. wie folgt aus:
"Der in Streit stehende Betrag ist unmittelbar von der Erledigung der Beschwerde vom und vom Vorlagenantrag vom abhängig. In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass die Finanzbehörde - verschiedene Beschwerden und Verfahren kombiniert - Verfahrenszahl RV/7106244/2019, Verfahrenszahl RV2100498/2021 - um auf den in Streit stehenden Betrag kommt. Würden die Verfahren RV/7106244/2019 und RV2100498/202(1) im Sinne des Artikel 6 der EMRK geführt, würde (wohl: wäre) das Zahlungserleichterungsansuchen ordnungsgemäß zu bewilligen gewesen. Vielmehr versucht die Finanzbehörde - Dienststelle Graz Stadt - den Eindruck zu erwecken, dass die Verfahren RV/7106244/2019 und RV/2100498/202 bereits ausjudiziert sind.
…"

In ihrer Beschwerdevorentscheidung vom führt das Finanzamt unter anderem Folgendes aus:
" …
Wie bereits in der Begründung im Bescheid über die Abweisung des Aussetzungsantrages vom ausgeführt, liegt - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - keine Abhängigkeit iSd § 212a Abs. 1 BAO vor, wenn sich die Beschwerde gegen eine abweisende Erledigung eines Zahlungserleichterungsansuchens richtet (vgl. ).
Da sich die Beschwerde vom und der Vorlageantrag vom gegen die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens, nämlich eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens richtet, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO nicht vor. Bestand oder Höhe einer Abgabenschuld sind nicht Gegenstand eines derartigen Verfahrens; dieses kann im Ergebnis keinesfalls zu einer Herabsetzung der Abgabenschuld führen. Daher können die Bestimmungen über die Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO bei einem Beschwerdeverfahren gegen einen ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen abweisenden Bescheid keine Anwendung finden, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war (vgl. ).
Wenn sich die Beschwerdeführerin in Bezug auf die Verfahren RV/7106244/2019 und RV2100498/2021 auf eine Verletzung des Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) beruft, so ist der Vollständigkeit halber auszuführen, dass Abgabensachen nach herrschender Rechtsprechung ( , VfSIg 15496/1999; ; ) und Lehre (Berka, Die Grundrechte 1999, 462 Rz 830; Grabenwarter, civil-rights - neuere Entwicklungen in Achatz/Ehrke-Rabel/Heinrich/Leitner/Taucher, FS Ruppe 2007, 157 f) nicht in den Schutzbereich der sogenannten "civil rights" des Art 6 EMRK fallen.
Wenn die Beschwerdeführerin in der Beschwerde ausführt, dass die Dienststelle X. versuche, den Eindruck zu erwecken, dass die zuvor genannten Verfahren bereits ausjudiziert seien, so ist hierzu ausführen, dass das Verfahren mit der Verfahrenszahl RV/7106244/2019 tatsächlich bereits ausjudiziert ist (Hinweis auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom mit Abweisung der Beschwerde), während das Verfahren mit der Verfahrenszahl RV/2100498/2021 noch offen ist."

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und ergänzte ihre Beschwerde wie folgt:

"(ZO - 01/2019 - Zahlungsfrist Fällig am € 1.000,00 Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag )) Bei diesem Betrag handelt es ich um ein laufendes Verfahren, dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.
(ZO - 05/2019 - Zahlungsfrist Fällig am € 4.000,00
Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag ))
Bei diesem Betrag handelt es ich um ein laufendes Verfahren dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.
Zu diesem Betrag wurde erst am eine Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Zudem beantrage ich weitere Beweise in der mündlichen Verhandlung vorzubringen.
Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.
Gemäß § 212 a
BAO beantrage ich die Aussetzung der Einhebung/Einbringungsmaßnahmen in Höhe des strittigen Betrages von € 6.182,76 bis zur Entscheidung über diese Beschwerde."

Der Vorlagebericht des Finanzamtes enthält neben der Darstellung des Sachverhaltes folgende Ergänzungen:
"Hinweis: Über die dem verfahrensgegenständlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO zugrundeliegende Beschwerde gegen die Abweisung des Ansuchens auf Bewilligung einer Ratenzahlung für die Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten iHv EUR 3.182,76 gem. §323e Abs. 2 BAO (COVID-19-Ratenzahlungsmodell) wurde vom Bundesfinanzgericht bereits rechtskräftig entschieden. Die Beschwerde wurde am gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen (RV/2100691/2021).
Beweismittel: siehe Aktenverzeichnis;
Stellungnahme:
Die ho. Dienststelle beantragt, die Beschwerde gem.
§ 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen. Begründend wird hierzu vor allem auf die Ausführungen im Bescheid über die Abweisung des Aussetzungsantrages vom und die Beschwerdevorentscheidung mit Abweisung der Beschwerde vom verwiesen.
Zu den Ergänzungen im Vorlageantrag wird Folgendes begründet ausgeführt:
Das Vorbringen im Vorlageantrag, wonach es sich beim Betrag iHv EUR 1.000 (ZO 01/2019) und EUR 4.000 (ZO 05/2019) jeweils um einen solchen handle, dessen Einhebung in einem laufenden Verfahren ausgesetzt sei, entspricht nicht den Tatsachen und hat das Bundesfinanzgericht darüber bereits mit Erkenntnis vom , RV/2100691/2021 (unter Verweis auf das Erkenntnis vom betr. ZO 01/2019) abgesprochen.
Gemäß
§ 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde auszusetzen, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt.
Das Vorbringen im Vorlageantrag ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung, wonach keine Abhängigkeit iSd
§ 212a BAO vorliegt, wenn sich die Beschwerde gegen eine abweisende Erledigung eines Zahlungserleichterungsansuchens richtet. Dies ist hier der Fall, weswegen die Beschwerde gem. § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen ist."

Mit Erkenntnis vom , RV/2100498/2021 wurde die Beschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe von 4.000 € als unbegründet abgewiesen.

Der Vorlageschriftsatz vom wurde nicht unterfertigt an das Finanzamt gesandt, weshalb der Bf. mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesfinanzgerichts vom unter Setzung einer Frist von 14 Tagen zur Verbesserung mitgeteilt wurde, den Schriftsatz zu bessern, weil dieser keine Unterschrift enthielt.
Der Mängelbehebungsauftrag wurde durch Hinterlegung mit einem Beginn der Abholfrist am zugestellt.
Mit Schreiben vom , zur Post gegeben am , eingelangt am , wurde die Unterschrift nachgereicht.

Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am erfolgte am . Die Zustellung der Ladung wurde durch Hinterlegung ausgewiesen und der Beginn der Abholfrist mit angegeben.

Mit E-Mail vom (OZ. 39) beantragte die Bf. durch ihren Geschäftsführer die Vertagung der mündlichen Verhandlung vom und führte Folgendes aus:

"Aufgrund meiner Ortsabwesenheit bis zum , habe(n) ich Ihre Ladung vom zur mündlichen Verhandlung am erst am erhalten.
Aufgrund eines unaufschiebbaren Termins im Ausland ist es mir nicht mehr möglich, an dieser Verhandlung teilzunehmen. Es ist leider auch so kurzfristig nicht möglich, eine Vertretung für die Verhandlung zu finden.
Ich ersuche Sie höflich um Vertagung dieser Verhandlung.
Danke für Ihr Entgegenkommen!
…"
Nach Aufruf der Sache ist seitens der Bf. niemand erschienen.

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung wurde der Vertagungsantrag verlesen und dem Senat zur Beschlussfassung vorgelegt.
Nach Beratung über den Vertagungsantrag entschied der Senat diesem nicht Folge zu geben und daran schließt sich die mündlichen Verhandlung an. Nach dem Sachvortrag des Vorsitzenden verweist die Vertreterin der belangten Behörde auf die Schriftsätze des bisherigen Verfahrens (Bescheide, Beschwerdevorentscheidung, Vorlagebericht) sowie darauf, dass dem Antrag vom nicht so genau zu entnehmen wäre, dass ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung bestimmter Abgaben gestellt worden sei.

Nach dem Schluss des Beweisverfahren zieht sich der Senat zur Beratung zurück und beschließt dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im streitgegenständlichen Antrag beantragte die Bf. aus Anlass einer Abweisung des Covid-19-Ratenzahlungsmodells den hier streitgegenständlichen Rückstand in Höhe von 6.307,76 € gemäß § 212a BAO auszusetzen. Ausdrücklich wird antragsbezogen auf die Zwangsstrafenfestsetzungen 1/2019 in Höhe von 1.000 € sowie 5/2019 in Höhe von 4.000 € Bezug genommen.

Festzustellen ist, dass das Verfahren betreffend 1/2019 über 1.000 € bereits mit Erkenntnis RV/7106244/2019 vom rechtskräftig entschieden und auch der Ablauf der Aussetzung am vom Finanzamt verfügt wurde. Daher ist das antragsbezogene Vorbringen, dieses Verfahren wäre noch offen, objektiv unrichtig.

Was die Zwangsstrafenfestsetzung vom (ZO 5/2019 in Höhe von 4.000 €) anlangt und deren Ablauf ist auszuführen, dass im erstinstanzlichen Abgabenverfahren eine abweisliche Beschwerdevorentscheidung vom erging. Der Ablauf des Zwangsstrafenbetrages wurde erst am (!, ein halbes Jahr später) verfügt. Offenbar hat sich die Bf. bei Stellung des in Hauptsache (ZO 5/2019) überreichten Vorlageantrages vom noch nicht veranlasst gesehen, einen Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO zu stellen, da der strittige Abgabenbetrag nicht mehr in der laufenden Gebarung aufschien.

Aus Anlass der abweislichen Erledigung des Covid-19-Ratenzahlungsmodells wurde der Rückstand von der Bf. richtig und ausdrücklich mit 6.307,76 € beziffert und weiters hat die Bf. auch die beiden Zwangsstrafenbeträge (1.000 € und 4.000 €) nicht unerwähnt lassen.

Somit war in objektiver Hinsicht festzustellen, dass diese Beträge auch im Abgabenrückstand (d.h. in der lfd. Abgabengebarung) enthalten waren und das im Antrag von Bf. gestellte Ansinnen geht in die Richtung, diesen (vorerst) nicht entrichten zu wollen.
Das Finanzamt ist - wie der Begründung des Bescheides und der erlassenen Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen, dass sich der Aussetzungsantrag ausdrücklich auf den gesamten Rückstand und das abgewiesene Covid-19-Ratenzahlungsgesuch bezog und daher eine Aussetzung (zur Gänze) als nicht rechtens ansah und im Vorlagebericht vom - noch von der gänzlichen Unrichtigkeit des bf. Vorbringens im Vorlageantrag ausgegangen.

Zusammenfassend geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass im gegenständlichen Antrag auch die (nachträgliche) Aussetzung der Einhebung des Zwangsstrafenbetrages 5/2019 in Höhe von 4.000 € beantragt wurde.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung gründet sich auf die Aktenlage und den Daten des Steuerkontos wie der zum Stichtag der Antragstellung angefertigten Rückstandsaufgliederung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

3.1.1. Rechtsquellen

§ 212a BAO
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
(2a) Ungeachtet einer nicht erfolgten oder nicht zu bewilligenden Aussetzung der Einhebung gemäß Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ist auf Antrag des Abgabepflichtigen die Einhebung der Abgabe in der sich aus dem Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 ergebenden Höhe auszusetzen. Dem Antrag ist der Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 beizulegen.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.
(5a) Der Ablauf der nach Abs. 2a bewilligten Aussetzung der Einhebung ist anlässlich des Bescheides gemäß § 48 Abs. 2 oder 3 zu verfügen.
(6) Wurde eine Abgabenschuldigkeit durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4) gänzlich oder teilweise getilgt, so sind, falls dies beantragt wurde, die getilgten Beträge in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen, wenn die Tilgung
a) vor Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit oder
b) vor Ablauf einer sonst für ihre Entrichtung gemäß § 210 Abs. 2 zustehenden Frist oder
c) bei später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzten Abgaben vor Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides oder
d) nach Einbringen des Antrages auf Aussetzung oder
e) innerhalb eines Monats vor Ablauf der Frist des Abs. 7
erfolgte.
(7) Für die Entrichtung einer Abgabe, deren Einhebung ausgesetzt wurde, steht dem Abgabepflichtigen eine Frist bis zum Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung (Abs. 5 oder 5a) oder eines die Aussetzung betreffenden Bescheides gemäß § 294 zu. Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabe­pflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides zu.
(8) Zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, dürfen Zahlungen, sonstige Gutschriften (§ 213 Abs. 1) sowie Guthaben (§ 215 Abs. 4) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden. Hiebei ist § 214 Abs 4 sinngemäß anzuwenden, wenn bei Bekanntgabe des Verwendungszweckes auf den Umstand der Aussetzung der Einhebung der zu entrichtenden oder zu tilgenden Abgabenschuldigkeit ausdrücklich hingewiesen wurde.
(9) Für Abgabenschuldigkeiten sind
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fort­gesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,

Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5 oder 5a) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

§ 85 BAO
(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.
(4) Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.
(5) Der Einschreiter hat auf Verlangen der Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung einem Anbringen (Abs. 1 oder 3) beigelegter Unterlagen beizubringen.

3.1.2. rechtliche Erwägungen

Über den Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung vom entschied der Senat nach Beratung vor der mündlichen Verhandlung, dass diesem nicht Folge zu geben war, weil keine ausreichenden Gründe von der Bf. vorgebracht wurden. Die Zustellung der Ladung ist durch Hinterlegung ausgewiesen. Der Beginn der Hinterlegung war mit angegeben. Der Vertagungsantrag war derart allgemein und unbestimmt (unaufschiebbarer Termin im Ausland) gehalten, die es nicht ermöglichten eine Beurteilung über die Gewichtigkeit der vorgebrachten Gründe zu treffen. Daher war anzunehmen, dass der Vertagungsantrag bloß deshalb gestellt worden ist, um das Verfahren zu verzögern.

Für die Beurteilung von Anbringen kommt es nicht auf die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (; , 2010/15/0195; , Ra 2020/13/0046; , Ra 2020/15/0047; , Ra 2020/13/0099).
Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (zB ; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2019/16/0073, 0074; , Ra 2018/16/0042; , Ra 2020/13/0046).
Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (; , Ra 2018/16/0102; , Ra 2018/15/0036; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2019/16/0073, 0074; , Ra 2018/16/0042; , Ra 2020/13/0046). Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist - im Hinblick auf § 115 - die Absicht der Partei zu erforschen (; , 2010/15/0035; , 2011/13/0082; , Ra 2019/15/0005; , Ra 2020/13/0046).

Wie bereits erwähnt, war aus dem Ansuchen abzuleiten, dass die Bf. die Zwangsstrafen für die Dauer des offenen Verfahrens nicht entrichten wollte und daher war auf Grund der ausdrücklichen Bezugnahme auf die festgesetzten Zwangsstrafen, der Verfahrensstand dieser Verfahren miteinzubeziehen.

Mit ihrem Vorbringen ist daher die Bf. zumindest teilweise im Recht, als das Verfahren betreffend Zwangsstrafe 5/2019 in Höhe von 4.000 € im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht abgeschlossen war und sie daher gemäß § 212 Abs. 3 BAO berechtigt war, auch noch nach der Überreichung des Vorlageantrages vom einen entsprechenden Aussetzungsantrag zu stellen, um allfällige Einhebungsmaßnahmen der Abgabenbehörde hintanzuhalten.

Was die Bezugnahme auf die Zwangsstrafe 1/2019 anlangt, ist die Bf. nicht im Recht, weil der Ablauf der Aussetzung der Einhebung rechtskräftig verfügt wurde und eine weitere Aussetzung nicht mehr zulässig ist.

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhängt. Im gegenständlichen Fall war der Aussetzungsantrag mit einer Beschwerde gegen eine abweisende Erledigung in einem Zahlungserleichterungsverfahren verbunden über das zu hg. GZ. RV/2100691/2021 mit Erkenntnis vom bereits entschieden wurden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen eine - ebenfalls bereits im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - Zahlungserleichterungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig. Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelte, wurde die Bf. durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb in keinem Recht verletzt ().

Daher war die Beschwerde teilweise erfolgreich.

Im Hinblick auf die Beschwerdeerledigung der ZO 5/2019 wird die Abgabenbehörde den Ablauf der Einhebung zur verfügen haben, weil das Bundesfinanzgericht nicht berechtigt ist, einen Erstbescheid (Ablaufverfügung) zu erlassen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die obzitierte VwGH-Judikatur wird verwiesen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100159.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at