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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2024, RV/7100558/2024

Familienbeihilfe - Erwerbsunfähigkeit nicht bescheinigt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Christian Burghardt, Am Hof 13/1/18, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe ab April 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der (im Jänner 2021 bestellte) Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers (Bf.) (vgl. die dem Antrag beigelegte Bestellungsurkunde) stellte für den Bf. am den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung und den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe:
- Ich beantrage den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung
Bei dem Kind besteht folgende erhebliche Behinderung bzw. Erkrankung:
[blank]
ab Monat/Jahr 01/2016
- Für nachstehendes Kind beantrage ich die Familienbeihilfe bzw. gebe ich Änderungen oder den Wegfall bekannt:
Zuerkennung ab [blank]

Das Finanzamt erließ den beschwerdegegenständlichen Bescheid (vom ):
Abweisungsbescheid
Ihre Beschwerde vom wird abgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum von - bis
[Nach- und Vorname des Bf.] … 0302 ab Apr. 2021
Begründung:
Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht, wenn:
• Der festgestellte Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt
• Die Behinderung nicht nur vorübergehend ist, sondern mehr als 3 Jahre andauert
Diese Punkte treffen nicht zu (§ 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Das Sozialministeriumservice gibt mit Erledigungen vom und an, dass (der Bf.) zu den jeweiligen Untersuchungsterminen nicht erschienen ist und daher ein Gutachten nicht erstellt werden konnte.
Da somit eine Behinderung (mindestens 50%) nicht festgestellt werden konnte, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe ab April 2021 nicht mehr vor.
Ihr Antrag wird abgewiesen.

Der Erwachsenenvertreter des Bf. erhob Beschwerde wie folgt:
Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.
Die Behörde stützt die Abweisung darauf, dass der Bf - laut Mitteilung des Sozialministeriumservice - Untersuchungen unentschuldigt ferngeblieben sei. Hier wurde seitens der belangten Behörde das Recht des Bf (z.Hd. dessen gerichtlichen Erwachsenenvertreters), gehört zu werden, gänzlich missachtet. Dieses Recht erstreckt sich nicht nur darauf, einer Partei die Möglichkeit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert eines Beweismittels zu äußern. Es muss ausdrücklich die Gelegenheit geboten werden, eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens abzugeben.
Diese Unterlassung stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Recht auf Parteiengehör dar, wurde doch der Bf bzw. dessen gerichtlicher Erwachsenenvertreter die Information des Sozialministeriumservice, aufgrund der die Abweisung dann erfolgt ist, nicht zur Stellungnahme übermittelt. Ohne diese Möglichkeit konnte der Bf somit keine Tatsachen vorbringen oder Unterlagen vorlegen, die glaubhaft machen, dass der Bf seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte.
Das Verfahren ist somit in diesem Punkt mangelhaft geblieben.
Die belangte Behörde übersieht weiters, dass dem Bf ob seiner psychischen Krankheit kein Verschulden an einer allfälligen Verletzung der Mitwirkungspflicht zur Last gelegt werden kann. Der bekämpfte Bescheid bleibt in dieser Hinsicht auch jedwede Feststellung schuldig.
Der Bf leidet seit vielen Jahren an einer psychischen Krankheit (Diagnose nach ICD 10: F90.1 [Anmerkung des Richters: hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens]; F61), die sich häufig auch in einem instabilen depressiven Zustandsbild manifestiert. Diese Einschränkungen schließen ein vorwerfbares Verhalten im Zusammenhang mit versäumten Untersuchungsterminen aus, da der Bf ob seiner Einschränkungen nicht in der Lage ist, die Konsequenzen sachgerecht zu beurteilen.
Es wird daher beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und dem Bf - allenfalls nach Einholung eines Aktengutachtens - die beantragte Leistung ab 04/2020 zu gewähren.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Sie haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Berufsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Zudem darf der Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen werden.
Dies trifft in Ihrem Fall nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw.
-fortbildung zu.
Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Das Sozialministeriumservice hat mit Gutachten vom eine 50%ige Behinderung ab festgestellt; die erhebliche Behinderung wurde bescheinigt bis - (die Zustellung des Gutachtens durch das Sozialministeriumservice wurde veranlasst).
Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit wurde nicht bestätigt. Diese ist allerdings Grundlage für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe bei volljährigen Personen, die sich nicht in Berufsausbildung befinden.
Da aufgrund des aktuellen Gutachten des Sozialministeriumservice die Voraussetzungen für die Zuerkennung der erhöhten Beihilfe nicht vorliegen, wird Ihre Beschwerde abgewiesen.

Der Vorlageantrag wurde vom Erwachsenenvertreter des Bf. eingebracht wie folgt:
Der Bf beantragt, die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid vom dem BFG zur Entscheidung vorzulegen.
Die Behörde stützt die Abweisung darauf, dass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit des Bf auf Basis eines Gutachtens des Sozialministeriumservice vom nicht vorliegen würde.
Dieses Gutachten wurde dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter nicht zugestellt. Hier wurde seitens der belangten Behörde das Recht des Bf (z.Hd. dessen gerichtlichen Erwachsenenvertreters), gehört zu werden, gänzlich missachtet. Dieses Recht erstreckt sich nicht nur darauf, einer Partei die Möglichkeit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert eines Beweismittels zu äußern. Es muss ausdrücklich die Gelegenheit geboten werden, eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens abzugeben.
Diese Unterlassung stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Recht auf Parteiengehör dar, wurde doch der Bf bzw. dessen gerichtlicher Erwachsenenvertreter die Information des Sozialministeriumservice, aufgrund der die Abweisung dann erfolgt ist, nicht zur Stellungnahme übermittelt. Ohne diese Möglichkeit konnte der Bf somit keine Tatsachen vorbringen oder Unterlagen vorlegen, die glaubhaft machen, dass der Bf seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte.
Das Verfahren ist somit in diesem Punkt mangelhaft geblieben.
Es wird daher beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Am langte ein Antrag auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag beim Finanzamt ein. Das Finanzamt gab ein Gutachten in Auftrag. Das SMS konnte keine Bescheinigung erstellen, da der Beschwerdeführer (Bf.) zum Termin nicht erschienen war. Im Vorgutachten aus 2016 wurde zwar ein Grad der Behinderung von 50% ab , jedoch keine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt, weshalb der Antrag ab 04/2020 (mit Volljährigkeit) abgewiesen wurde. Der Erwachsenenvertreter des Bf. brachte eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom ein. Aufgrund des Zustellmangels (Zustellung an den Bf. direkt und nicht an den Erwachsenenvertreter) wurden am einerseits die Beschwerde wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen, da der zugrunde liegende Bescheid ein Nichtbescheid sei, und ein neuer Abweisungsbescheid ab 04/2021 erlassen, da das Sozialministeriumservice mit Erledigungen vom und angab, dass der Bf. zu den jeweiligen Untersuchungsterminen nicht erschienen sei und daher ein Gutachten nicht erstellt werden könne.
Sowohl gegen die Zurückweisung als auch (neuerliche) Abweisung wurde eine Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid wurde zurückgenommen und mit BVE für gegenstandslos erklärt.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens gegen die Abweisung wurde ein weiteres Gutachten angefordert. Das SMS stellte weder einen Grad der Behinderung noch eine dauernde Erwerbsunfähigkeit fest. Die Beschwerde wurde somit abgewiesen. Gegen die abweisende BVE wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Angemerkt wird, dass bis 03/2021 die Familienbeihilfe zunächst an den Kindesvater, dann an den Bf. ausbezahlt wurde (04/2020-03/2021 aufgrund § 15 FLAG).
Beweismittel:
laut Aktenkonvolut
Stellungnahme:
Zunächst wird dem Bf. zugestimmt, dass die bekämpfte BVE nur über den Abweisungsbescheid, nicht jedoch den Zurückweisungsbescheid abgesprochen haben kann. Es handelt sich dabei nach Ansicht des Finanzamtes um ein minderes Versehen, das die BVE deswegen nicht ungültig macht. Aus der Begründung ist klar erkennbar, dass der Bescheid (BVE) ausschließlich über die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom abspricht.
Das Finanzamt ist an die Feststellungen des Sozialministeriumservice gebunden und hat dabei keinen Ermessensspielraum. Eigenständige Beurteilungen über erhebliche Behinderungen sind nicht zulässig.
Aus dem im Zuge des Verfahrens erstellten amtsärztlichen Sachverständigengutachten geht unzweifelhaft hervor, dass ein Unvermögen des Bf., sich selbst den Unterhalt zu verschaffen nicht vorliegt. Aus den übermittelten Metadaten: "Kein, die Selbsterhaltungsfähigkeit verunmöglichendes körperliches Leiden vorliegend. Vom klinisch-psychologischen Standpunkt wurde die Selbsterhaltungsfähigkeit bei Fehlen anders lautender Befunde mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht."
Das Vorbringen des Erwachsenenvertreters, das Finanzamt hätte das Parteiengehör nicht gewahrt, geht insofern ins Leere, als dass nicht vorgesehen ist, dass die Gutachten vor Erledigung durch das Finanzamt versendet werden und eine Beschwerde beim SMS ohnehin nicht möglich ist. Der Versand der Gutachten wird mit der Erledigung durch das Finanzamt angestoßen. Darüber hinaus ist das Finanzamt an das Ergebnis der Begutachtung durch das SMS gebunden und liegt es in der Mitwirkungspflicht und Sphäre des Antragsstellers zu Begutachtungsterminen beim SMS zu erscheinen und Befunde vorzulegen. Außerdem hat der Erwachsenenvertreter noch keinen einzigen Befund an das Finanzamt übermittelt (sondern offenbar nur an das SMS direkt), womit dem Finanzamt die Hände gebunden sind, die Gutachten genauer hinsichtlich Schlüssigkeit, Widersprüchlichkeit und Vollständigkeit zu würdigen.
Die Anforderung eines weiteren Gutachtens unterblieb, da mit dem Vorlageantrag weder ein neues Vorbringen zur Behinderung erstattet noch Befunde vorgelegt wurden, die eine Änderung der bisherigen Gutachten bewirken könnten.
Das Finanzamt beantragt daher, die Beschwerde abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Fach/Ärztliches Sachverständigengutachten Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde - Untersuchung am: 2012-07-03 [Anmerkung des Richters: der Bf. war 10-jährig]:
Anamnese:
Laut Alleinerziehendem KV unauffällige Perinatalanamnese und Entwicklungsanamnese.
Zirka vom 3. bis 5. Lebensjahr Fremdunterbringung bei Trennung der KE. Rückstellung in die Vorschule, Wiederholen der 1. Kl. VS.
Derzeit 3. Kl. (Förderschule … Bez. … und Hort) beendet. Laut KV immer wieder Lernverweigerung. Psychotherapie seit 09.2010.
Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz):
Regelm. Einzelpsychotherapie bei Frau **G***. (Bestätigung liegt vor).
Untersuchungsbefund:
Intern pädiatr. unauffällig, altersentspr.
Status psychicus / Entwicklungsstand:
Antrieb unauffällig, wenig kooperativ, will nicht antworten; Stimmung o.B.,
Keine Schlafstörungen berichtet.
Relevante vorgelegte Befunde:
2010-08-24 AMT F. JUGEND UND FAMILIE MAG. ***D.*** KLIN. PSYCH.
Durchschnitt. Begabung; Verunsicherter im emotionalen Ausdruck gehemmter
Bub. Anpassungsstörung.
Diagnose(n):
Anpassungsstörung.
Richtsatzposition: 030201 Gdb: 030% ICD: F43.1
[Anmerkung des Richters: posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1]
Rahmensatzbegründung:
Eine Stufe unter ORS, da emotionale Verunsicherung und schwierige soziale Anpassung.
Gesamtgrad der Behinderung: 30 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre
anhaltend.
Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Fach/Ärztliches Sachverständigengutachten, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde - Untersuchung am: 2013-10-28 [Anmerkung des Richters: der Bf. war 11 ½ jährig]
Anamnese:
Letzte Begutachtung 2012-07-03: 30% bei Anpassungsstörung. Neuerliche Einreichung, da wegen schulischer Schwierigkeiten ein Schulwechsel erforderlich war. In der Schule ist (der Bf.) sehr auffällig. Der Unterricht erfolgt nach dem Lehrplan für schwerstbehinderte Kinder (11 Kinder in der Klasse).
Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz):
Sonderbeschulung
Untersuchungsbefund:
Guter AZ, adipöser Habitus, Pulmo frei, Abdomen vorgewölbt, Gangbild oB
Status psychicus / Entwicklungsstand:
besucht Sonderschule für körperbehinderte Kinder, Beurteilung nach dem Lehrplan für schwerstbehinderte Kinder
Relevante vorgelegte Befunde:
2013-10-21 H…-SCHULE BESTÄTIGUNG
Hauptschule für körperbehinderte Kinder
Diagnose(n):
Emotionale Störung, Anpassungsstörung
Richtsatzposition: 030202 Gdb: 050% ICD: F43.1
Rahmensatzbegründung:
URS, da Sonderbeschulung in allen Gegenständen
Gesamtgrad der Behinderung: 50 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.
Eine Nachuntersuchung in 3 Jahren ist erforderlich.
Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d. Behinderung ist ab 2013-10-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich.
Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
im Vergleich zur Vorbegutachtung 2012-07-03 Rückstufung auf Sonderbeschulung

Sachverständigengutachten, Dr.in … ***C.***, Fachgebiet der/des Sachverständigen Neurologie - Begutachtung durchgeführt am 13.09.2016 [Anmerkung des Richters: der Bf. war 14 ½-jährig]:
Anamnese:
Lt. VGA von 10/2013 50% GdB mit Diagnosen emotionale Störung, Anpassungsstörung.
2003-2005 rezidivierende akute Laryngitiden (9/2003 stationär SMZ-Ost).
2.5.-6.Lj. Fremdunterbringung in Kinderheim … bei Trennung der Eltern.
Wiederholte Lernverweigerung in der VS. Psychotherapie seit 9/2010.
Verhaltensauffälligkeiten in der Schule.
Derzeitige Beschwerden:
--
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
keine Medikation, keine FÄ-Betreuung, keine Therapien mehr.
Sozialanamnese:
Ausbildung: Vorschule, VS (1.KI. wiederholt), Sonderschule (ASO-Lehrplan) - derzeit 8.Kl.,
integrative Lehre geplant.
Lebt beim Vater, kein Kontakt zur Mutter (besachwaltet) gegeben.
Kein PG-Bezug.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
, Dr. ***F.***, kinder- und jugendpsychiatrische Praxis: kombinierte Störung des Sozialverhaltens u. der Emotionen. Unterdurchschnittliche kognitive Leistungsfähigkeit.
Deutlich fremd- und autoaggressiv.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Ernährungszustand:
Größe: [blank] cm [blank] Gewicht: [blank] kg Blutdruck [blank]
Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:
unauffällig
Gesamtmobilität - Gangbild:
[blank]
Psycho(patho)logischer Status:
Stimmung dysthym, keine Selbstverletzungen mehr, manchmal fremdaggressive Tendenzen, etwas unterdurchschnittliche Begabung, kleine Einkäufe selten alleine
(opponierendes Verhalten), Benutzen öff. Verkehrsmittel problemlos, Weg zur Schule
mittels Fahrtendienst (da sonst Schulbesuch nicht verlässlich gewährleistet), Heimweg wird
allein zurückgelegt, Freundeskreis gegeben; h.o. wortkarg
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Pos. Nr. GdB%
Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als
sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
kombinierte Störung des Sozialverhaltens 50
Unterer Rahmensatz, da Teilselbständigkeit im Alltag gegeben.
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten
Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: [blank]
Stellungnahme zu Vorgutachten:
keine Änderung gegenüber dem VGA von 10/2013
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:
x ja
□ nein
GdB liegt vor seit: 10/2013
□ Dauerzustand
X Nachuntersuchung: mit Vollendung des 18. LJ.
Anmerkung hins. Nachuntersuchung:
Nachuntersuchung zwecks Kontrolle der Unterhaltsfähigkeit erforderlich da Besserung möglich.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung vom betreffend den Zeitraum ab Apr. 2020 mit folgender Begründung ab:
Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht, wenn:
• Der festgestellte Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt
• Die Behinderung nicht nur vorübergehend ist, sondern mehr als 3 Jahre andauert
Diese Punkte treffen nicht zu (§ 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Das Sozialministeriumservice konnte mit kein Gutachten erstellen, da Sie unentschuldigt nicht zum Untersuchungstermin erschienen sind. Ihr Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe muss daher abgewiesen werden.
Der Bescheid wurde (wegen eines Versehens des Finanzamtes) nicht an den bestellt gewesenen Erwachsenenvertreter, sondern dem Bf. selbst zugestellt.

Am erhob der Erwachsenenvertreter des Bf. Beschwerde gegen den o.a. dem Bf. zugestellten Bescheid:
Gegen den Bescheid vom , zugestellt am , mit dem der Antrag auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe ab 04/2020 abgewiesen wurde, wird fristgerecht Beschwerde erhoben.
Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.
Die Behörde stützt die Abweisung darauf, dass der Bf - laut Mitteilung des Sozialministeriumservice - einer Untersuchung unentschuldigt ferngeblieben sei. Hier wurde seitens der belangten Behörde das Recht des Bf (z.Hd. dessen gerichtlichen Erwachsenenvertreters) gehört zu werden, gänzlich missachtet. Dieses Recht erstreckt sich nicht nur darauf, einer Partei die Möglichkeit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert eines Beweismittels zu äußern. Es muss ausdrücklich die Gelegenheit geboten werden, eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens des abzugeben.
Diese Unterlassung stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Recht auf Parteiengehör dar, wurde doch der Bf bzw. dessen gerichtlicher Erwachsenenvertreter die Information des Sozialministeriumservice, aufgrund der die Abweisung dann erfolgt ist, nicht zur Stellungnähme übermittelt. Ohne diese Möglichkeit konnte der Bf somit keine Tatsachen Vorbringen oder Unterlagen vorlegen, die glaubhaft machen, dass der Bf seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte.
Das Verfahren ist somit in diesem Punkt mangelhaft geblieben.
Die belangte Behörde übersieht weiters, dass dem Bf ob seiner psychischen Krankheit kein Verschulden an einer allfälligen Verletzung der Mitwirkungspflicht zur Last gelegt werden kann. Der bekämpfte Bescheid bleibt in dieser Hinsicht auch jedwede Feststellung schuldig.
Der Bf leidet seit vielen Jahren an einer psychischen Krankheit (Diagnose nach ICD 10: F90.1; F61), die sich häufig auch in einem instabilen depressiven Zustandsbild manifestiert. Diese Einschränkungen schließen ein vorwerfbares Verhalten im Zusammenhang mit einem versäumten Untersuchungstermin aus.
Es wird daher beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und dem Bf - allenfalls nach Einholung eines Aktengutachtens - die beantragte Leistung ab 04/2020 zu gewähren.

Am übermittelte der Erwachsenenvertreter des Bf. dem Sozialministeriumservice die Unterlagen (Beilage zum Finanzamtsschreiben vom )
- 20220406_1126_0005.pdf; 20150701 Befund ***H***.pdf; 20181009
Befund ***E.***.pdf; 20201019 SV-GA.pdf; 20210113 BD.pdf

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die vom Erwachsenenvertreter des Bf. erhobene Beschwerde vom als unzulässig zurück, "da es sich bei dem der Eingabe zu Grunde liegenden Bescheid um einen Nichtbescheid handelt. Begründung: Es erfolgte keine ordnungsgemäße Zustellung, da die Sendung an den Antragsteller und nicht an die ausgewiesene Erwachsenenvertretung zugestellt worden ist."

Die Beschwerde vom richtete sich auch gegen den Zurückweisungsbescheid vom , mit dem die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom. zurückgewiesen wurde:
I.
Die Behörde führt in der Begründung aus, dass es sich dem der Eingabe zugrunde liegenden Bescheid um einen *Nichtbescheid* handeln würde, da die Sendung an den Antragsteller und nicht an dessen gerichtlichen Erwachsenenvertreter zugestellt worden ist. Tatsächlich wurde der Bescheid dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter am zugestellt und ist demgemäß die dagegen erhobene Beschwerde vom fristgerecht erhoben. In diesem Zusammenhang darf weiters auf die Bestimmung des § 98 (1) BAO iVm § 7 ZustG verwiesen werden: (Heilung von Zustellmängeln). Es wird daher beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und der Behörde die Entscheidung über die Beschwerde vom aufzutragen.

Am richtete das Finanzamt ein E-Mail an den Erwachsenenvertreter des Bf.:
Seitens des Finanzamtes habe ich nunmehr folgendes Anliegen.
Das Finanzamt Österreich wird eine neuerliche Anforderung eines Gutachtens erstellen. Es wäre allerdings für die zielgerichtete Erledigung Ihrerseits erforderlich, noch vor der neuen Anforderung, sich mit dem Sozialministeriumservice in Verbindung zu setzen und die Erwachsenenvertretung auch dort zu deponieren. Erst dann wird seitens der Finanzverwaltung die Anforderung erfolgen.
Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn dies geklärt ist.

Am
- zog der Erwachsenenvertreter des Bf. die Beschwerde vom (Pkt. I.) gegen den Zurückweisungsbescheid vom zurück und
- teilte er dem Finanzamt mit:
Ich beziehe mich auf Ihre Nachricht vom und teile dazu mit, dass ich dem Sozialministeriumservice aufgrund einer Ladung für den am nicht nur das Bestellungsdekret, sondern auch ein psychiatrisches Gutachten sowie Befunde übermittelt habe (siehe Anhang) und der Eingang auch bestätigt wurde (siehe Anhang).
Wenngleich (der Bf.) den Termin - krankheitsbedingt - nicht wahrgenommen haben sollte, wäre es dennoch möglich gewesen, aufgrund der vorgelegten medizinischen Unterlagen ein Aktengutachten zu erstellen.
Das Sozialministeriumservice hat somit nicht nur von der Erwachsenenvertretung gewusst, sondern wurden auch fachärztliche Befunde und Gutachten vorgelegt, sodass einer neuerlichen Anforderung eines (allenfalls Akten) Gutachtens nichts im Wege steht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom , soweit sie sich gegen den Zurückweisungsbescheid vom richtet, gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Sachverständigengutachten, Dr.in ***A.***, Fachgebiet der/des Sachverständigen Allgemeinmediziner -Begutachtung durchgeführt am 19.07.2023 [Anmerkung des Richters: der Bf. war 21- jährig]:
Anamnese:
Seit dem Vorgutachten (FLAG, 09/2016, Dr. B…, Beurteilung mit 50% Gesamtgrad der Behinderung, befristet bis Vollendung des 18. Lebensjahres) ist keine Verlaufskontrolle
erfolgt.
Der Befund einer psychologischen Diagnostik 09/2018 wird mitgebracht.
"Seit vielen Jahren" wird keine Behandlung durchgeführt.
Von 2016 (?) bis 2018 Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft.
(Der Bf.) habe seit Vollendung des 18. Lebensjahres 2020 in Herrn B… eine Erwachsenenvertretung (die auch seinen 27jährigen Bruder betreut) zugesprochen bekommen.
Derzeitige Beschwerden:
Aktuell ist (der Bf.) an einem Infekt erkrankt. (Otitis media beidseits und Laryngitis,
subfebril-?, laufende Antibiotikatherapie).
Andere körperliche Beschwerden werden negiert.
Er lebe mit dem Bruder "seit ca. zwei Jahren" in einer gemeinsamen Wohnung, das Zusammenleben gestalte sich "nicht immer harmonisch".
Die Schule habe er "mit 16 Jahren verlassen", er habe die letzte Klasse wiederholen
müssen. (Zeugnisse wurden nicht vorgelegt).
Er sei mit 18 Jahren aus der WG in ein Krisenzentrum und dann zu seinem Vater gezogen,
nach einem Jahr sei er dann mit seinem älteren Bruder zusammengezogen.
Seit 2020 habe (sein Erwachsenenvertreter) auch für ihn die Erwachsenenvertretung übernommen.
Mit den, ihm von diesem zugewiesenen Geldbeträgen sei (der Bf.) "immer sehr
knapp". Er habe deshalb auch sämtliche Vorladungstermine versäumt, da er "kein Fahrgeld bekommen" habe.
Er interessiere sich "nicht so für einen Beruf".
Einen Berufswunsch habe er "auch nicht", er habe "einige Kurse und ein Praktikum (in
einem Tierheim, die Mitarbeit wurde am ersten Tag bereits verweigert) am AMS"
absolviert, morgen habe er "dort wieder einen Gesprächstermin".
Mit einer assistierten Lehrstelle habe es "bisher halt noch nicht geklappt".
(Der Bf.) kann/will die Fragen nach der Art seiner Freizeitgestaltung und seiner Alltagstätigkeiten, sowie seinen Sozialkontakten nicht beantworten.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
keine
Sozialanamnese:
beschäftigungslos, NMS Abschluß (ASO), ledig, gemeinsam mit dem älteren Bruder in einer Wohnung lebend, beide werden (vom Erwachsenenvertreter des Bf.) als Erwachsenenvertreter betreut
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Klinisch-psychologische Diagnostik Dr ***E.***, 17.9.,18.9., [Anmerkung des Richters: der Bf. war 16 1/2 - jährig]: ...kommt zum zweiten Untersuchungstermin bei fehlender Mitarbeit bei Kollegin am ersten Termin 01/2018... die vierte Klasse Hauptschule habe er wiederholt, da er im ersten Semester die Schulbesuche verweigert habe, er wolle eine Produktionsschule (AMS Projekt) besuchen., er treffe sich
mit Freunden, vormittags helfe er in der Wohngemeinschaft mit, nachmittags habe er frei,
er habe in der WG wenig Kontakt zu den Mitbewohnern., er fühle sich oft lustlos, früher
habe er sich geritzt, derzeit nicht, er zocke gerne am Computer, er gehe gerne
Schwimmen, er rauche Zigaretten (10/d), Alkohol trinke er selten, Drogen nehme er nicht..
Ergebnis: stark unterdurchschnittliche numerische Intelligenzfunktionen und
Konzentration, unterdurchschnittliche verbale Intelligenzfunktionen, Wiedererkennen und
Langzeitgedächtnis, Kompetenz,.. durchschnittliche Raumvorstellung,
überdurchschnittliche Unaufmerksamkeit, Gesamtsymptomatik, aggressiv-dissoziales
Verhalten, agitiertes Verhalten., schätzt sich auch selbst als grenzwertig sozial kompetent
ein, ..gibt überdurchschnittlich aggressives Verhalten an.. Dg: hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, eine depressive Symptomatik, soziale Ängste sind vorhanden..
Empfehlung: Fortsetzung der kinderpsychiatrischen fachärztlichen Behandlung,
Psychotherapie oder klinisch-psychologische Behandlung.. Aufnahme in ein Nachreifungsprojekt für Jugendliche...
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: [blank] cm Gewicht: [blank] kg [blank] Blutdruck
Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:
kommt alleine und frei gehend in der Jahreszeit nicht entsprechender (Kapuzenpulli)
Kleidung, die Kapuze über den Kopf gezogen zur Untersuchung, nasal gefärbte Stimme bei Infekt im Hals-Nasen-Ohrenbereich (akute Rhinitis, Laryngitis, Otitis media),
kardiopulmonal kompensiert, alterstypische Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken,
eine körperliche Untersuchung entfällt
Gesamtmobilität-Gangbild:
unauffällig
Psycho(patho)logischer Status:
wach, ausreichend kooperativ, imponiert nervös, psychomotorisch unruhig, wetzt am
Sessel, zieht sich immer wieder die Kapuze ins Gesicht, beantwortet die an ihn gerichteten Fragen äußerst kurz und wenig motiviert, betont, sein Verhalten entschuldigend, er sei
"heute krank, fühle mich nicht so gut"
Es ist kein Grad der Behinderung zu ermitteln.
Begründung:
Es liegen keine aktuellen Befunde und/oder Behandlungsbestätigungen vor, die Beurteilung ist daher nicht möglich.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: --
Akuter Infekt der oberen Atemwege, sowie der Mittelohren beidseits.
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Bei derzeit unzureichender Befundlage sind weder eine aktuelle Einschätzung des vorbekannten Leidens noch eine Stellungnahme zum Vorgutachten möglich.
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 6 Monate andauern:
X ja □ nein
GdB liegt vor seit: 07/2023
GdB 50 liegt vor seit: 10/2013
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
(Der Bf.) ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu
verschaffen: NEIN
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit ist aufgrund fehlender, aktueller Befunde derzeit allgemeinmedizinisch nicht zu beantworten; hierfür wird eine klinisch-psychologische Untersuchung vorgeschlagen.
X Dauerzustand

Sachverständigengutachten, Fachgebiet der/des Sachverständigen Psychologie
- Begutachtung durchgeführt am 18.10.2023 [Letztgutachten]:
Anamnese:
Fragestellung: Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit. Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit? Psychische Beeinträchtigung?
Derzeitige Beschwerden:
Keine subjektiven Beschwerden. (Für früher lassen sich Selbstverletzungen und depressive Verstimmungen mit Suizidgedanken explorieren.)
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung.
Sozialanamnese:
Daten zur Person:
Schulbesuch: VS und NMS (frag!, in VS tlw. ASO-Lehrp!an), 4. Kl. NMS wiederholt, 8.
Schulstufe pos. 2017/2018 (16a)
Berufstätigkeit: keine, auch keine Versuche
Private Lebensumstände: mit Bruder in einer Wohnung, vom 14. bis 18. Lj. in betreuter WG
Soziale Integration: eingeschränkt
Körperliche Beschwerden: keine, keine Dauermedikation; keine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung
Verhalten in der Untersuchungssituation: ausreichend orientiert und auskunftsfähig, desinteressiert, wortkarg, kooperativ
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
VGA Dr. ***A.*** aus 07/2023: kein GdB zu ermitteln; klin-psycholog. Befund Dr. ***E.*** aus 09/2018 vorgelegt: Diagnose Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens; depressive Symptomatik.
VGA Dr. ***C.*** aus 09/2016: Pos 030402 mit GdB 50% (Komb. Störung des
Sozialverhaltens).
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
unauffällig
Ernährungszustand:
unauffällig
Größe: [blank] cm Gewicht: [blank] kg [blank] Blutdruck
Status (Kopf / Fußschema} - Fachstatus:
psychol.seits nicht relevant
Gesamtmobilität- Gangbild:
psychol.seits nicht relevant
Psycho(patho)logischer Status:
Untersuchungs-Verfahren:
Klinisch-psychologische Exploration
Standard Progressive Matrices (SPM)
Subtests aus IST
Interpretation relevanter Dokumente
Untersuchungsergebnisse und Interpretation:
Im SPM werden bei gegebenem Aufgabenverständnis und tlw. Neigung zu unreflektiertem Handeln 44 Aufgaben richtig gelöst; das Ergebnis entspricht einem IQ von 88.
Im Versuch mit dem IST-Subtest RA (praktisch-rechnerische Aufgaben) wird ein SW von 94
= IQ 91.
Im Versuch mit dem IST-Subtest SE (verbale Aufgaben) erfolgt Lesen korrekt mit
gegebenem Sinnverständnis, es wird ein SW um 80 (entsprechend IQ 70) erreicht.
In der Exploration berichtet der A. keine subjektiven Beschwerden. Für früher lassen sich Selbstverletzungen und depressive Verstimmungen mit Suizidgedanken explorieren. Er ist
tlw. in Kinderheimen und betreuten WGs aufgewachsen. Fachärztliche/medikamentöse Behandlung wird abgelehnt, in den letzten Jahren kam es zu keinerlei psychiatrischen oder psychologischen Konsultationen.
Für das BH war er untauglich, Führerschein wurde nicht versucht, Behindertenpass wurde
nicht beantragt.
Er habe einen Erwachsenenvertreter, den er jedoch nicht persönlich kennt.
Die einzige psychologische Diagnostik erfolgte 2018 (siehe VGA Dr. ***A.***), der Befund wird heute nicht vorgelegt. Der Diagnose "Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens"
folgten keinerlei weitere Schritte oder Behandlungen.
Im Anschluss an die persönliche Untersuchung wurde versucht, mit dem Erwachsenenvertreter telefonisch Kontakt aufzunehmen, dies war jedoch nicht möglich.
Zusammenfassendes Gutachten:
Bei intellektuellen Leistungen, welche im nonverbalen, bildungsunabhängigen Testverfahren einem IQ um 88 entsprechen und in bildungsabhängigen Subtests im Durchschnitt einem IQ um 80 entspricht, sowie unter Mitberücksichtigung des Bildungsverlaufs (Hauptschulabschluss nach Klassenwiederholung), besteht klinisch- psychologischerseits eine knapp durchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit mit Bildungsdefiziten.
Im psychischen Bereich besteht der Hinweis auf subdepressives Zustandsbild mit Interessens-und Perspektivlosigkeit ohne wesentlichen Leidensdruck. Weder Unterstützungsmaßnahmen aus dem Behindertenbereich noch Behandlungen werden in Anspruch genommen.
Es ist kein Grad der Behinderung zu ermitteln.
Begründung:
- - -
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
- - -
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Im Vergleich zum VGA Dr. ***C.*** aus 09/2016 (Pos 030402 mit GdB 50% - Komb. Störung des Sozialverhaltens) wird um 5 Stufen herabgesetzt, da keine aktuelle Diagnose und/oder Behandlung vorliegt und eine wesentliche intellektuelle Beeinträchtigung testmäßig nicht nachweisbar ist.
Es besteht Hinweis auf subdepressives Zustandsbild, das ohne aktuellen fachärztlichen Befund keinen GdB erreicht.
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 6 Monate andauern:
□ ja X nein
Begründung: Kein GdB zu ermitteln.
GdB liegt vor seit: 07/2023
GdB 50 liegt vor seit: 10/2013
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
Anhand VGA
(Der Bf.) ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu
verschaffen: NEIN
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Vom klinisch-psychologischen Standpunkt wurde die Selbsterhaltungsfähigkeit bei Fehlen anders lautender Befunde mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht.
X Dauerzustand

Zusammenfassung der Sachverständigengutachten - Gesamtbeurteilung durchgeführt am :
Name der/des SV Gutachten vom
Dr.in V… ***A.***
Dr.in E… ***B.***
Es ist kein Grad der Behinderung zu ermitteln.
Begründung:
Es liegen keine aktuellen Befunde und/oder Behandlungsbestätigungen vor, die Beurteilung ist daher nicht möglich.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Es besteht Hinweis auf subdepressives Zustandsbild, das ohne aktuellen fachärztlichen Befund keinen GdB erreicht.
Ein, zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegender, akuter Infekt der oberen Atemwege, sowie der Mittelohren beidseits erreicht keinen GdB.
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Im Vergleich zum VGA Dr. ***C.*** aus 09/2016 (Pos 030402 mit GdB 50% - Komb. Störung des Sozialverhaltens) wird um 5 Stufen herabgesetzt, da keine aktuelle Diagnose und/oder Behandlung vorliegt und eine wesentliche intellektuelle Beeinträchtigung testmäßig nicht nachweisbar ist.
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 6 Monate andauern:
X ja □ nein
GdB liegt vor seit: 07/2023
GdB 50 liegt vor seit: 10/2013
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
(Der Bf.) ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt z
verschaffen: NEIN
Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Kein, die Selbsterhaltungsfähigkeit verunmöglichendes körperliches Leiden vorliegend.
Vom klinisch-psychologischen Standpunkt wurde die Selbsterhaltungsfähigkeit bei Fehlen anders lautender Befunde mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht.
X Dauerzustand
□ Nachuntersuchung:

Ab erhielt der Bf. vom Arbeitsmarktservice Bezüge wie folgt
(dem Finanzamt gemeldete Beträge; Abgabeninformationssystemabfragen):
3(1) 1311-3011 ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERRE AMFG 363,06
3(1) 1311-3011 ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERRE 40,86
3(1) 0212-3112 ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERRE AMFG 605,10
3(1) 0212-3112 ARBEITSMARKTSERVICE ÖSTERRE 68,10

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Detailfeststellungen beruhen auf den jeweils angeführten Grundlagen und sind unstrittig. Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG normiert die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Vollwaisen und ihnen gleichgestellte Kinder entsprechend der Regelung des § 2 Abs. 1 lit. c leg. cit.

§ 8 FLAG bestimmt:
Abs. 5:
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
Abs. 6:
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrensnach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO).

Die Feststellung, ob auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit vorliegt, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, hat nach den Bestimmungen des zitierten § 8 Abs. 6 FLAG auf dem Wege der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten zu erfolgen (ohne dass bloßen Bekundungen des anspruchswerbenden Elternteiles oder der untersuchten Person dabei entscheidende Bedeutsamkeit zukäme; vgl. ).

Was ein ärztliches Zeugnis betreffend das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des FLAG anlangt, so hat ein solches - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Feststellungen über Art und Ausmaß des Leidens sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten ().

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bf. voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist (§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967), ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Fall mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend sind (vgl. ; ; ; , vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Rz 29 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Der Eintrittszeitpunkt einer Krankheit führt nicht automatisch dazu, dass mit Beginn einer Krankheit eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit einhergeht ().

Liegen keine Befunde vor einem bestimmten Zeitraum vor, ist es einem Gutachter nicht möglich, bereits davor eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen, sofern kein Leidenszustand vorliegt, der eindeutig eine Erwerbsfähigkeit bereits von vorneherein ausschließt (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 8 Rz 20 unter Hinweis auf ).

Das Bundesfinanzgericht erwog im Erkenntnis vom , RV/6100100/2021:
Dass die Krankheit der Tochter des Bf angeboren ist, erstmals mit etwa 14 Jahren ausbrach und schleichend verlauft, steht ohne Zweifel fest. Krankheiten können seit der Geburt vorliegen, auch wenn sie sich erst später manifestieren. Maßgebend ist aber der Zeitpunkt, zu dem Behinderungen (als Folge der bestehenden Krankheit) jenes Ausmaß erreichen, das eine Erwerbsunfähigkeit bewirkt. Dieser Zeitpunkt wurde im schlüssigen und vollständigen Letztgutachten (welches auch nicht im Widerspruch zu den Vorgutachten steht) mit Beginn des Monats Februar 2012 festgelegt.

Im Erkenntnis vom , RV/7106245/2019, erwog das Bundesfinanzgericht:
Liegen keine Befunde vor einem bestimmten Zeitraum vor, ist es einem Gutachter nicht möglich, bereits davor eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen, sofern kein Leidenszustand vorliegt, der eindeutig eine Erwerbsfähigkeit bereits von vorneherein ausschließt (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 8 Rz 20 unter Hinweis auf ).
Kann eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice, dass eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, nicht vorgelegt werden und kann daher der Eintritt einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres nicht festgestellt werden, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde:
Das Finanzamt hat die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die einem Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag entgegenstehen oder einschränken, der Antragsteller für Tatsachen, die den Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag begründen oder ausweiten bzw. eine (ihn treffende) gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. mutatis mutandis Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, II7, Tz. 1301).
Bescheinigt das Sozialministeriumservice lege artis das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit im Beschwerdezeitraum nicht, geht dies zu Lasten des Antragstellers (vgl. ).
Der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Bf eingetretenen voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit konnte von der Bf nicht erbracht werden.

Im Erkenntnis vom , RV/7100679/2020, führt das Bundesfinanzgericht (iZm paranoider Schizophrenie) aus:
Diagnoseerstellung durch die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice
Die sachverständigen Ärzte des Sozialministeriumservice ziehen für ihre zu treffenden Feststellungen, wie hoch der Grad der Behinderung bzw. wann die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, neben der durchgeführten Anamnese und Untersuchung des Antragstellers die Kenntnisse der Medizin und ihr eigenes Fachwissen heran. Unerlässlich für die Feststellungen sind auch Befunde und besonders hilfreich "alte" Befunde und Arztbriefe oder sonstige Unterlagen, die darauf schließen lassen, dass die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund der Erkrankung (Behinderung bereits vor dem 21. Lebensjahr (bzw. wenn sich der Antragsteller noch in schulischer Ausbildung befand, das 25. Lebensjahr) eingetreten ist (vgl. , , , Ro 2017/16/0009).
Die Feststellungen, zu welchem Zeitpunkt eine Erkrankung bzw. Behinderung zu einer Erwerbsunfähigkeit geführt hat, können naturgemäß immer nur mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, aber nie mit Sicherheit getroffen werden, da die Gutachter bei ihrer Untersuchung nur das Ausmaß der Erkrankung zum Untersuchungszeitpunkt feststellen können. Die vom Gesetzgeber geforderte Feststellung des tatsächlichen Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit eines Antragstellers kann naturgemäß immer nur mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprechen ().
Der Antragsteller hat die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. ).
Bindung an die Gutachten des Sozialministeriumservice
Die Beihilfenbehörden (Finanzamt), und auch das Gericht, haben bei ihrer Entscheidung von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und sind an die Gutachten des SMS gebunden. Ein Abweichen ist nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung möglich (, ).

Die Beihilfenbehörden und das Gericht dürfen die Gutachten nur insoweit prüfen, ob diese vollständig, nachvollziehbar und schlüssig sind und im Fall mehrerer Gutachten oder einer Gutachtensergänzung nicht einander widersprechen (vgl. ; ; Erkenntnisse VwGH jeweils vom , 2009/16/0307 und 2009/16/0310). Erforderlichenfalls ist für deren Ergänzung zu sorgen (; ; ).

Im Erkenntnis vom , RV/3100776/2020, führt das Bundesfinanzgericht aus:
Nach der Judikatur des VwGH bestehen ua bei Begünstigungsvorschriften und in Fällen, in denen die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde eingeschränkt sind, erhöhte Mitwirkungspflichten der Partei. Die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde sind dann massiv eingeschränkt, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die teilweise Jahrzehnte zurückliegen. Auch der Sachverständige kann aufgrund seines medizinischen Fachwissens ohne Probleme grundsätzlich nur den aktuellen Gesundheitszustand des Erkrankten beurteilen. Hierauf kommt es aber nur an, wenn der derzeitige Behinderungsgrad oder eine dauernde Erwerbsunfähigkeit zeitnah zum relevanten Zeitpunkt festzustellen ist. In allen übrigen Fällen kann der Sachverständige nur aufgrund von Indizien, insbesondere anhand von vorliegenden Befunden, Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchem Zeitpunkt eine Behinderung oder dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Dies ist insbesondere zB bei psychischen Krankheiten problematisch, da diese häufig einen schleichenden Verlauf nehmen. Somit ist es primär an den Berufungswerbern, allenfalls den vertretenden Sachwaltern, gelegen, den behaupteten Sachverhalt, nämlich ihre bereits vor der Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, klar und ohne Möglichkeit eines Zweifels nachzuweisen (zB ; siehe in: Lenneis/Wanke,
FLAG-Kommentar, Rz 32 zu § 8 mit weiterer UFS-Judikatur).

Andere als behinderungskausale Gründe (wie zB mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitswilligkeit oÄ - siehe zu einer vergleichbaren Rechtslage im Bereich der Invaliditätspension ) dürfen für die Beurteilung ebensowenig herangezogen werden, wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa auch durch eine Verschlimmerung des Leidens oder durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 aaO).

Gemäß § 2 lit. a BAO (Bundesabgabenordnung) ist die Bundesabgabenordnung sinngemäß in Angelegenheiten der Familienbeihilfe anzuwenden.

§ 167 BAO lautet:
Abs. 1: Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
Abs. 2: Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 die Kompetenz für die Beurteilung des Grades der Behinderung und der Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ausdrücklich an eine dafür qualifizierte Institution übertragen. Daraus folgt, dass der Entscheidungsfindung durch die Behörde weder Bekundungen der Eltern über den Gesundheitszustand ihres Kindes noch anderer Personen, mögen sie auch über fachärztliche Kenntnisse verfügen, zu Grunde zu legen sind ().

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden (vgl. , ) und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und - im Falle mehrerer Gutachten - nicht einander widersprechen (vgl. , , , Erkenntnisse VwGH jeweils vom , 2009/16/0307 und 2009/16/0310, , vgl. auch die bei Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung).

Eine andere Form der Beweisführung ist nicht zugelassen (vgl. ).

Der Verfassungsgerichtshof äußerte in seinem Erkenntnis vom , keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einschränkung der Beweisführung des Grades der Behinderung oder der voraussichtlichen dauerhaften Unfähigkeit, sich selbst den Erwerb zu verschaffen. Von Gutachten könne nur nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" abgegangen werden, wenn diese nicht schlüssig seien (vgl. hierzu auch auch ; , ).

Für die Abgabenbehörden und auch das Bundesfinanzgericht besteht - wie bereits vorstehend ausgeführt - eine Bindung an die im vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erstellten Gutachten, sofern sie schlüssig sind.

Ein Gutachten ist
- vollständig, wenn es die von der Behörde oder dem Gericht gestellten Fragen beantwortet (sofern diese zulässig waren)
- nachvollziehbar, wenn das Gutachten von der Beihilfenstelle und vom Gericht verstanden werden kann und diese die Gedankengänge des Gutachters, die vom Befund zum Gutachten führten, prüfen und beurteilen kann und
- schlüssig, wenn es nach der Prüfung auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit immer noch überzeugend und widerspruchsfrei erscheint.

Die Sachverständigen im Sozialministeriumservice ziehen bei ihrer Diagnoseerstellung bzw. um den Zeitpunkt des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit feststellen zu können, neben den Untersuchungsergebnissen und ihrem Fachwissen regelmäßig die von den Antragstellern vorgelegten Befunde heran ( mit Verweis auf ).

Bei der Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe handelt es sich um eine Begünstigungsbestimmung.

Der Grundsatz der Amtswegigkeit tritt bei Begünstigungsbestimmungen in den Hintergrund ().

Der Antragsteller hat, wie im oben angeführten Erkenntnis vom bereits angeführt, die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes bedeutet eine Intelligenzminderung (Mangel an intellektuellen Fähigkeiten), die zweifelsfrei seit Geburt besteht oder durch andere Umstände verursacht wird, nicht, dass eine Person niemals imstande war, einer für sie adäquaten Arbeit nachzugehen oder dass eine Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 21. Lebensjahr bestanden hat (vgl bspw. , , ).

Im Erkenntnis vom , RV/5100729/2020 (das einen 23-jährigen Steuerpflichtigen, mit der Behinderung kombinierte Persönlichkeitsstörung, Position , betraf) erwog das Bundesfinanzgericht:
In der Stellungnahme vom … wird auch vorgebracht, dass der Bf. seit dem Abschluss seiner Lehre im August 2014 bis zum heutigen Tage - somit in den letzten über 6 Jahren - insgesamt nur wenige Monate erwerbstätig gewesen sei und seit Ende 2017, aufgrund seiner psychischen Erkrankung, keiner Erwerbstätigkeit mehr habe nachgehen können und seitdem auch nicht in der Lage gewesen sei, sich selbst seinen Unterhalt zu verschaffen.
Hinsichtlich der Frage, ob eine in einem Zeitraum von mehreren Jahren insgesamt nur wenige Monate dauernde Erwerbstätigkeit für die Annahme einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr spricht, ist darauf hinzuweisen, dass - ebenso wie der Grad der Behinderung - auch die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ausschließlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen ist.
So hat auch die Judikatur, wonach eine (mehrjährige) berufliche Tätigkeit die für den Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme, eine Person sei infolge einer Behinderung nicht in der Lage gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, widerlege, im Rahmen der durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 2002/105, geschaffenen Rechtslage (ab ) keinen Anwendungsbereich mehr (vgl. etwa ).
Aus den dargestellten Erwägungen liegen demnach im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, nämlich der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, für einen zeitlich unbegrenzten Familienbeihilfenanspruch nicht vor.

Im Erkenntnis vom , RV/7102222/2021, erwog das Bundesfinanzgericht:
Kann eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice, dass ein Grad der Behinderung (Gesamtgrad der Behinderung) von wenigstens 50% oder eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit besteht, nicht vorgelegt werden und kann daher ein solcher (Gesamt)Grad der Behinderung bzw. eine Erwerbsunfähigkeit nicht festgestellt werden, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Das Finanzamt hat die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die einem Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag entgegenstehen oder einschränken, der Antragsteller für Tatsachen, die den Anspruch auf Familienbeihilfe und/oder den Erhöhungsbetrag begründen oder ausweiten bzw. eine (ihn treffende) gesetzliche Vermutung widerlegen. Bescheinigt das Sozialministeriumservice lege artis einen (Gesamt)Grad der Behinderung von wenigstens 50% (eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit) nicht, geht dies zu Lasten des Antragstellers (vgl. u.v.a.).
Die Bf konnte den Nachweis eines (Gesamt)Grads der Behinderung von wenigstens 50% (einer voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit) nicht erbringen. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Erhöhungsbetrages liegen daher ab Dezember 2019 nicht vor.

Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, wenn der Antragsteller arbeitsfähig ist und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht (vgl. bspw. ).

Arbeitslose haben grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld (www.ams.at), wenn sie diese Bedingungen erfüllen:
- sie sind arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos.
- sie haben sich bei ihrem AMS arbeitslos gemeldet.
sie sind am Arbeitsmarkt vermittelbar.
- sie sind bereit, eine Arbeit von mindestens 20 Stunden pro Woche aufzunehmen. Ausnahme:
Sie haben Betreuungspflichten für ein Kind unter 10 Jahren oder für ein Kind mit Behinderung
und es gibt nachweislich keine Betreuung, die es Ihnen ermöglicht, mindestens 20 Stunden
pro Woche zu arbeiten: Dann reicht es, wenn Sie bereit sind, eine Arbeit von mindestens
16 Stunden pro Woche aufzunehmen.
- sie haben für eine gewisse Zeit arbeitslosenversicherungspflichtig gearbeitet (Anwartschaft).
- Und: Die maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ist noch nicht abgelaufen.

Der Sachverständige der letzten Begutachtung im Oktober 2023 geht ausgehend von der Fragestellung: "Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit. Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit? Psychische Beeinträchtigung?" und den anschließenden Hinweisen:
- "Derzeitige Beschwerden: Keine subjektiven Beschwerden." sowie
- "Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Keine psychiatrische oder
psychotherapeutische Behandlung."
in der Sozialanamnese u.a. darauf ein, dass der Bf. keine Berufstätigkeit ausübt/e und diesbezüglich auch keine Versuche unternahm und seine soziale Integration eingeschränkt ist. Damit in Einklang zu bringend weist er darauf hin, dass das Verhalten in der Untersuchungssituation (zwar) ausreichend orientiert, auskunftsfähig und kooperativ ist, jedoch "desinteressiert, wortkarg".
Die Zusammenfassung der relevanten Befunde erstreckt sich auf das Vorgutachten Dr. ***A.*** (kein GdB zu ermitteln), den vorgelegten klin-psycholog. Befund Dr. ***E.*** (aus 09/2018: Diagnose Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens; depressive Symptomatik) und das weitere Vorgutachten Dr. ***C.*** (aus 09/2016: Pos 030402 mit GdB 50% (Komb. Störung des Sozialverhaltens). Das vorangegangene Sachverständigengutachten beinhaltet den Dr. ***E.***- Befund.
Im Rahmen der Untersuchungsergebnisse und Interpretation stellt der Sachverständige die erzielten unterdurchschnittlichen Ergebnisse dar und weist darauf hin, dass der Bf. für "das BH … untauglich (war), Führerschein wurde nicht versucht, Behindertenpass wurde nicht beantragt."

Der Sachverständige hält fest, dass die einzige psychologische Diagnostik 2018 erfolgte (siehe VGA Dr. ***A.***), der Befund wird heute nicht vorgelegt. Der Diagnose "Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens" folgten keinerlei weitere Schritte oder Behandlungen. Hierzu ist festzuhalten, dass der es sich um die Klinisch-psychologische Diagnostik Dr ***E.*** handelt. Dessen Inhalt wurde im ***A.***- Gutachten auszugsweise, wie oben (auf den Seiten 11 bis 12 Mitte) ersichtlich, wiedergegeben.

Unter der Überschrift "Zusammenfassendes Gutachten:" legte der Sachverständige im Einzelnen und nachvollziehbar dar, warum/dass ein Grad der Behinderung nicht zu ermitteln ist.
Im psychischen Bereich besteht der Hinweis auf subdepressives Zustandsbild mit Interessens-und Perspektivlosigkeit ohne wesentlichen Leidensdruck. Weder Unterstützungsmaßnahmen aus dem Behindertenbereich noch Behandlungen werden in Anspruch genommen.
Es ist kein Grad der Behinderung zu ermitteln.

Unter der Überschrift "Stellungnahme zu Vorgutachten:" führt der Sachverständige, wiederum nachvollziehbar, an, warum im Vergleich zum - 7 Jahre zurückliegenden - Vorgutachten Dr. ***C.*** (aus 09/2016 Pos 030402 mit GdB 50% - Komb. Störung des Sozialverhaltens) die Herabsetzung um 5 Stufen vorzunehmen ist: "da keine aktuelle Diagnose und/oder Behandlung vorliegt und eine wesentliche intellektuelle Beeinträchtigung testmäßig nicht nachweisbar ist.
Es besteht Hinweis auf subdepressives Zustandsbild, das ohne aktuellen fachärztlichen Befund keinen GdB erreicht."

Die Beurteilung, dass der Bf. nicht voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, begründet der Sachverständige damit, dass vom klinisch-psychologischen Standpunkt die Selbsterhaltungsfähigkeit bei Fehlen anders lautender Befunde mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht wurde.

Das Gutachten der am durchgeführten Begutachtung stellt eine Ergänzung des oben erörterten Letztgutachten dar:

Vorweg wird im Gutachten festgehalten,
- dass seit dem knapp 7 Jahre davor erstellten Vorgutachten (FLAG, 09/2016, befristet bis
Vollendung des 18. Lebensjahres) keine Verlaufskontrolle erfolgt ist,
- dass "Seit vielen Jahren" keine Behandlung durchgeführt wird und
- dass betreffend die Frage nach den derzeitigen Beschwerden, die aktuelle Erkrankung an
einem Infekt (Otitis media beidseits und Laryngitis, subfebril-?, laufende Antibiotikatherapie)
genannt und andere körperliche Beschwerden negiert wurden.

Die Angaben des Bf., er interessiere sich "nicht so für einen Beruf", einen Berufswunsch habe er auch nicht, er habe "einige Kurse und ein Praktikum (in einem Tierheim, die Mitarbeit wurde am ersten Tag bereits verweigert) am AMS absolviert, morgen habe er "dort wieder einen Gesprächstermin", deuten in Verbindung mit dem augenfälligen Umstand, dass er die Fragen nach der Art seiner Freizeitgestaltung und seiner Alltagstätigkeiten, sowie seinen Sozialkontakten nicht beantworten konnte/wollte, auf eine nicht ausreichende Arbeitswilligkeit hin (vgl. diesbezüglich die obigen Rechtsausführungen).

Der Allgemeinmediziner- Sachverständige beurteilte Allgemeinzustand und Ernährungszustand je mit gut, stellte eine alterstypische Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken und die Gesamtmobilität-Gangbild mit unauffällig fest.
Auf Grund des Psycho(patho)logischen Status:
"wach, ausreichend kooperativ, imponiert nervös, psychomotorisch unruhig, wetzt am
Sessel, zieht sich immer wieder die Kapuze ins Gesicht, beantwortet die an ihn gerichteten Fragen äußerst kurz und wenig motiviert, betont, sein Verhalten entschuldigend, er sei
"heute krank, fühle mich nicht so gut"
in Verbindung mit dem Umstand: "Es liegen keine aktuellen Befunde und/oder Behandlungsbestätigungen vor", gelangte der Gutachter aus allgemeinmedizinischer Sicht nachvollziehbar zur Schlussfolgerung, dass kein Grad der Behinderung zu ermitteln bzw. die Beurteilung daher nicht möglich ist. Das Gutachten ist in sich widerspruchsfrei und besteht auch kein Widerspruch mit dem Gutachten vom Oktober 2023.

Die zugrundeliegenden Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes erfüllen somit die in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit.

Die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG für einen Anspruch auf Familienbeihilfe (bescheinigte eingetretene Erwerbsunfähigkeit) waren damit nicht erfüllt.
Da Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag der Familienbeihilfe zusteht, besteht auch kein Anspruch auf einen Erhöhungsbetrag.

Das Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem unentschuldigten Fernbleiben hinsichtlich Untersuchungen ist mittlerweile auf Grund der nachfolgend durchgeführten Untersuchungen überholt.
Im Übrigen hielt das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung fest, dass "die Zustellung des Gutachtens durch das Sozialministeriumservice veranlasst (wurde)".

Der oben im Einzelnen wiedergegebene Verfahrensablauf - an dieser Stelle sei bspw. auf das Schreiben des Finanzamtes vom bzw. das Antwortschreiben des Erwachsenenvertreters des Bf. vom hingewiesen - zeigt, dass der Bf. bzw. der Erwachsenenvertreter des Bf. ausreichend Gelegenheit hatten, alles zweckdienlich Erscheinende beizusteuern, insb. Beibringung eines eigenen Gutachtens auf gleicher fachlicher Ebene (vgl. oben).

Abschließend wird noch bemerkt, dass das Beziehen von Arbeitslosengeld (ab November 2023) nach den obigen Rechtsausführungen gegen einen Anspruch auf Familienbeihilfe spricht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, das Erkenntnis folgt der umfangreichen oben angeführten Rechtsprechung und Literatur.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100558.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at