Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.01.2024, RV/7500586/2023

Mangelhafte Beschwerde gegen einen Zurückweisungsbescheid, Verbesserungsauftrag nicht vollständig und rechtzeitig erfüllt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500586/2023-RS1
Die von § 9 Abs. 1 Z 1 VwGVG als notwendiger Bestandteil einer Beschwerde geforderte Bezeichnung des angefochtenen Bescheides hat grundsätzlich durch Datum und Geschäftszahl zu erfolgen. Ausnahmen: Es ist unschädlich, wenn in der Beschwerde der angefochtene Bescheid zwar falsch bezeichnet ist, aber der Beschwerde eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides beigelegt wird, oder wenn sich aus dem gesamten Kontext der Beschwerde zweifelsfrei ergibt, welcher Bescheid angefochten wird.
RV/7500586/2023-RS2
Die von § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG als notwendiger Bestandteil einer Beschwerde geforderte Angabe von Gründen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stützt, ist zu unterscheiden von der Stichhaltigkeit der Gründe. Auch inhaltlich verfehlte Gründe erfüllen das Erfordernis des § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG. Abstrakte Behauptungen, wie zB der Bescheid sei rechtswidrig, sind keine Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit. Vielmehr sind konkrete Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit vorzubringen.
RV/7500586/2023-RS3
Das von § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG als notwendiger Bestandteil einer Beschwerde geforderte Begehren muss nicht ausdrücklich formuliert sein; das Begehren kann auch aus der Beschwerde insgesamt oder der Natur der Sache erschließbar sein.
RV/7500586/2023-RS4
Wenn die beschwerdeführende Partei nach der Erteilung eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG wegen mehrerer Mängel ihrer Beschwerde nur einen Teil der Mängel behebt, bleibt die Beschwerde mangelhaft und die zwingende Konsequenz der Zurückweisung der Beschwerde tritt ein.
RV/7500586/2023-RS5
Die von § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG als notwendiger Bestandteil einer Beschwerde geforderten Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde erforderlich sind, bestehen bei einem schriftlichen Bescheid in der Regel in der Angabe des Tages der Bescheidzustellung. Nicht „erforderlich“ iSd § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG ist die Angabe des Zustellungstages, wenn für das Verwaltungsgericht auch ohne Angabe in der Beschwerde der Beginn der Beschwerdefrist ohne weiteres eindeutig aus dem Verwaltungsakt ersichtlich ist, zB durch einen Rückschein mit ausreichenden Angaben, oder wenn sich bereits aus der Datierung des Bescheides in Verbindung mit dem Einbringungsdatum der Beschwerde ergibt, dass dieser Zeitraum die vierwöchige Beschwerdefrist denkunmöglich übersteigen kann.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.) über die Beschwerde des Bf. vom im Rahmen des vom Magistrat der Stadt Wien unter der Geschäftszahl MA67/Zahl/2022 gegen den Bf. geführten Verwaltungsstrafverfahrens betreffend Parkometerabgabe beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit (iVm) § 9 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1, § 50 Abs. 1 und § 38 VwGVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zurückgewiesen.

Der Bf. hat im Sinne des § 52 Abs. 1 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG (durch die belangte Behörde) nicht zulässig.

Hinweis: Eine Revision durch den Bf. an den VwGH wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Begründung

Am um 9:05 Uhr beanstandete ein Überwachungsorgan das mehrspurige Kraftfahrzeug (Volkswagen) mit dem deutschen Kennzeichen M-kennzeichen, welches in abstellort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt und nicht mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gekennzeichnet war.

Der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) forderte mit Schreiben (Lenkererhebung) vom die A GmbH, gmbHadresse München, als Zulassungsbesitzerin zur Auskunft darüber auf, wem sie das mehrspurige Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen M-kennzeichen überlassen gehabt habe, sodass es am um 09:05 in Abstellort gestanden sei. Der Magistrat der Stadt Wien versandte das Lenkererhebungsschreiben zuerst per Post mit internationalem Rückschein an die A GmbH; die Sendung mit dem Lenkererhebungsschreiben wurde mit dem Postvermerk "Nicht abgeholt" an die belangte Behörde zurückgeschickt. Dann ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom die Regierung der Oberpfalz als hierfür zuständige Stelle für Bayern gemäß Art. 10-13 des Amts- und Rechtshilfevertrages, das Lenkererhebungsschreiben an die A GmbH zuzustellen. Mit Schreiben der Regierung der Oberpfalz vom samt Beilage (Zustellungsurkunde) wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war und das Schriftstück am in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Einrichtung eingelegt wurde.

Im Akt des Magistrates der Stadt Wien befinden sich Strafverfügungen vom und vom (bzw. Zweitschriften davon), welche der nachstehend dargestellten Strafverfügung vom gleichen und zu welchen es keine Zustellnachweise gibt.

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 67, vom , Zahl: MA67/Zahl/2022, wurde der Bf. per Adresse A GmbH, gmbHadresse München, als für die A GmbH zur Vertretung nach außen berufene Person, wegen der Unterlassung der Beantwortung der Lenkererhebung (Tatzeit: , d.h. Ende der Beantwortungsfrist nach Ansicht der belangten Behörde) einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt. In der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung wurde auf das Recht hingewiesen, dass der Bestrafte innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung bei der belangten Behörde einen Einspruch einbringen könne.

Die belangte Behörde sandte eine Ausfertigung der Strafverfügung vom zuerst per Post mit internationalem Rückschein an (Kuvertadressierung) bf, gmbHadresse München. Die Sendung mit der Strafverfügung wurde mit dem Postvermerk "Nicht abgeholt" an die belangte Behörde zurückgesandt. [Anmerkung des BFG: Die Nichtabholung einer bei der Post hinterlegten Sendung (Kuvert mit einem zuzustellenden Dokument) bewirkt für sich allein betrachtet nicht unbedingt eine rechtlich unwirksame Zustellung.] Dann ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom die Regierung der Oberpfalz als hierfür zuständige Stelle für Bayern gemäß Art. 10-13 des Amts- und Rechtshilfevertrages, die Strafverfügung an bf, p.A. A GmbH, gmbHadresse München, zuzustellen. Mit Schreiben der Regierung der Oberpfalz vom samt Beilage (Zustellungsurkunde) wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war und das Schriftstück am in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Einrichtung eingelegt wurde.

Der Bf. richtete mit E-Mail vom (Subject: Strafverfügung) folgendes Anbringen an die belangte Behörde:
"Ihre Strafverfügung MA67/Zahl/2022
Kennzeichen: M-
Ziffernsturz
Wir haben dieses Auto schon vor mehreren Jahren verkauft, sie haben uns schon einmal eine solch falsche Strafverfügung gesendet.
BITTE ÄNDERN SIE IN IHREM SYSTEM, dass wir nicht mehr der Halter dieses Fahrzeuges sind."

Die belangte Behörde wertete dieses Anbringen als Einspruch im Sinne des § 49 VStG, welcher nach der Aktenlage verspätet sei.

[Zwischenzeitig richtete der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde), für den eine andere Magistratsabteilung (MA 6 Buchhaltungsabteilung 32) als im restlichen Verfahren (MA 67) tätig wurde, an den Bf. mit der Adresse seines österreichischer Hauptwohnsitzes ***Bf1-Adr*** eine mit datierte Mahnung zur Geschäftszahl MA67/Zahl/2022 wegen der nach Ansicht der belangten Behörde ausständigen 60,00 € (+5,00 € Mahngebühr).]

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, richtete an den Bf. p.A. A GmbH, gmbHadresse München, einen mit datierten Verspätungsvorhalt zur Geschäftszahl MA67/Zahl/2022, laut welchem das am mit E-Mail eingebrachte Rechtsmittel (Einspruch) nach Aktenlage verspätet erscheine, weil die zweiwöchige Rechtsmittelfrist am abgelaufen sei. Wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Der Bf. möge unter Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel bekannt geben, ob er von der Abgabestelle nicht nur vorübergehend abwesend gewesen sei.

Der Bf. richtete mit E-Mail vom folgendes Anbringen an die belangte Behörde: "Ich war mit meinem Auto noch nie in Wien. Bitte teilen Sie mir mit, welches Kennzeichen dieses Delikt begangen haben soll. Das geht aus Ihrem Schreiben nicht hervor."

Der Magistrat der Stadt Wien wies mit Bescheid (Zurückweisungsbescheid) vom , GZ. MA67/Zahl/2022, den Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , GZ. MA67/Zahl/2022 gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurück. Der Zurückweisungsbescheid wurde an Herrn ***Bf1***, pA. A GmbH, gmbHadresse München, gerichtet und folgendermaßen begründet:
"Laut Zustellnachweis wurde erfolglos versucht, die Strafverfügung am zuzustellen. Daraufhin wurde das Schriftstück am bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten.
Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gilt gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz eine hinterlegte Sendung als zugestellt. Die im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am .
Dass ein Zustellmangel unterlaufen ist und Sie nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnten, war nicht anzunehmen, haben Sie doch zum Vorhalt der Verspätung vom lediglich vorgebracht niemals mit dem Auto in Wien gewesen zu sein und des Weiteren angefragt, um welches Fahrzeug es sich bei der Abstellung handle.
Bemerkt wird, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handelt, die von der Behörde nicht erstreckt werden darf.
Der Einspruch wurde trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am mittels E-Mail, somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist, eingebracht.
Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen und kann aus diesem Grund auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden."

Die belangte Behörde versandte den Zurückweisungsbescheid am an den Bf. mit der Adresse gmbHadresse München. Diesbezüglich ist kein Zustellnachweis ersichtlich.

Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom die Regierung der Oberpfalz als hierfür zuständige Stelle für Bayern gemäß Art. 10-13 des Amts- und Rechtshilfevertrages, den mit datierten Zurückweisungsbescheid an ***Bf1***, p.A. A GmbH, gmbHadresse München, zuzustellen.

Die Regierung der Oberpfalz teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom samt Beilagen mit, dass eine rechtswirksame Zustellung per Zustellungsurkunde nicht vorgenommen werden konnte, da der Empfänger laut Mitteilung der Post unbekannt verzogen sei. Auf der ersten Seite der Zustellungsurkunde ist angekreuzt: Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln.

Daraufhin sandte die belangte Behörde den Zurückweisungsbescheid samt einem Begleitschreiben vom an den Bf., und zwar an die Adresse seines österreichischen Hauptwohnsitzes ***Bf1-Adr*** per Post. Diesbezüglich ist kein Zustellnachweis ersichtlich.

Mit E-Mail vom (mit Betreff/Subject: MA67/Zahl/2022) brachte der Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf.) beim Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde), MA 67, Rechtsmittelverfahren, folgendes Anbringen ein:
"BESCHWERDE und Aufforderung nach DSVGO
Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen M-
kennzeichen wurde am abgemeldet bei der zuständigen Zulassungsbehörde in München.
Insofern kann ich bzw. die
A GmbH für den Strafzettel überhaupt nicht haftbar gemacht werden.
Wieso haben Sie nicht geprüft, wer der Halter des Fahrzeugs ist? Das wäre doch Ihre Aufgabe.
In diesem Zusammenhang erwarte ich eine Stellungnahme: Woher haben Sie meine Adressdaten? Haben Sie diese gespeichert? Auf welcher Rechtsgrundlage haben Sie meine Daten gespeichert?
Ich gehe davon aus, dass Sie meine Daten rechtswidrig gespeichert haben und verlange daher eine Löschung meiner Daten. Und eine Bestätigung darüber, gemäß DSVGO. Eine Halterabfrage haben Sie nachweislich nicht gemacht, sonst wüssten Sie, dass das Fahrzeug seit dem abgemeldet wurde.
Ich erwarte eine Stellungnahme bis zum , ansonsten werde ich rechtliche Schritte einleiten und die Presse informieren. Sie scheinen massenhaft rechtswidrig Daten zu speichern."

Die belangte Behörde fasste dieses Anbringen dahingehend auf, dass es eine Beschwerde gegen den an den Bf. gerichteten Bescheid (Zurückweisungsbescheid) der belangten Behörde vom , mit welchem der Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom , GZ. MA67/Zahl/2022 als verspätet zurückgewiesen wurde, enthalte. In diesem Sinne legte die belangte Behörde die Beschwerde vom samt einem Vorlagebericht vom und dem Akt an das hierfür zuständige Bundesfinanzgericht (BFG) vor (Eingangsdatum ).

Das BFG erfuhr am durch eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister, dass der Bf. seit durchgehend mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr*** gemeldet ist und von bis mit einem Nebenwohnsitz an der Adresse WienInDerNäheDesAbstellungsortesAm8.11.2021 gemeldet war.

Das BFG richtete an den Bf. (mit der Adresse seines Hauptwohnsitzes) einen mit datierten und als Verbesserungsauftrag bezeichneten verfahrensleitenden Beschluss mit folgendem Spruch:

"Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit (iVm) § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 9 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, folgende Mängel der Beschwerde vom zu beheben:

Der Beschwerde vom fehlen:

die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides (§ 9 Abs. 1 Z 1 VwGVG),

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG),

das Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG) und

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Die Behebung der angeführten Mängel wird innerhalb einer Frist von

2 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses aufgetragen.

Die Behebung der angefochtenen Mängel kann schriftlich beim BFG unter Angabe der Geschäftszahl RV/7500586/2023 auf Papier (per Brief), per Telefax oder per E-Mail […] erfolgen.

Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die Beschwerde zurückgewiesen; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht (§ 13 Abs. 3 AVG)."

Dieser Beschluss (Verbesserungsauftrag) wurde laut Rückschein am von einer Person übernommen, zu deren Eigenschaft in Bezug auf den Bf. angekreuzt ist: "Arbeitgeber/in bzw. Arbeitnehmer/in". Der Beschluss war zunächst folgendermaßen begründet worden:

"Der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) hat die per E-Mail am bei der belangten Behörde (MA 67, Rechtsmittelverfahren) eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers (abgekürzt: Bf.) dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt (Eingangsdatum ). Nach Ansicht der belangten Behörde solle sich die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom , Geschäftszahl MA67/Zahl/2022 richten. Nach Ansicht des BFG ist dies nicht so klar, weil laut dem von der belangten Behörde an das BFG vorgelegten Akt unter dieser Geschäftszahl nicht nur dieser eine Bescheid ergangen ist. Klar erkennbar ist aus der E-Mail vom :

  1. Aus dem Wort "BESCHWERDE" ist erkennbar, dass es sich um eine Beschwerde handelt.

  2. Aus der Geschäftszahl "MA67/Zahl/2022" ist in Verbindung mit der Aktenlage erkennbar, dass es sich um eine Angelegenheit betreffend Verwaltungsübertretung hinsichtlich Parkometerabgabe handelt, weshalb das BFG für die Erledigung der Beschwerde zuständig ist.

Mit Ausnahme dieser beiden Begriffe enthält die E-Mail vom :

  1. Fragen und Aufforderungen an die belangte Behörde, für welche das BFG wegen des mangelnden Zusammenhanges mit dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht zuständig sein kann.

  2. Ausführungen, deren Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid nicht erkennbar ist, weil nicht klar ist, welcher Bescheid angefochten wird."

Nach der Zitierung des § 9 Abs. 1 VwGVG wurde der Verbesserungsauftrag folgendermaßen weiter begründet:

"Da aus der Aktenlage erkennbar ist, dass der Magistrat der Stadt Wien die belangte Behörde ist, fehlt die Angabe gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 VwGVG nicht.

Hingegen fehlen die Angaben gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 und Z 3 und Z 4 und Z 5 VwGVG.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen u.a. die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teils sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus dem VStG selbst nicht anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Seit (Einlangen der von der belangten Behörde vorgelegten Beschwerde beim BFG) ist das BFG zur Erlassung eines Verbesserungsauftrages (Mängelbehebungsauftrages) im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG in Form eines verfahrensleitenden Beschlusses zuständig."

Der Bf. reagierte mit einer E-Mail, die am beim BFG einlangte, auf den Verbesserungsauftrag inhaltlich wie folgt:

"Es geht um folgendes GZ: MA67/Zahl/2022

Am 14.03.023 habe ich Einspruch eingelegt gegen eine Strafverfügung vom . Dieser Einspruch wurde zurückgewiesen und daher reiche ich Beschwerde ein.

Hier die Gründe:

Es geht um ein angebliches Parkvergehen in Wien. mit dem Firmenfahrzeug M-kennzeichen (deutsches Kennzeichen, München). Der Halter des Fahrzeugs ist die A GmbH, GmbHAdresse München.

1) Der Zurückweisungsbescheid vom wurde an meine Privatadresse in österreichischerOrt gesendet und NICHT an die Fahrzeughalter die GmbH. Es handelt sich um ein vermeintliches Vergehen eines Firmenfahrzeugs aus München. Zudem erfolgte die Zustellung nicht an den Firmennamen "A Gmbh". Insofern gilt dieser als nicht zugestellt.

2) Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen M-kennzeichen wurde bereits am bei der zuständigen Zulassungsstelle in München abgemeldet. Der angebliche Verstoß erfolgte jedich nach diesem Zeitpunkt. Insofern kann die A GmbH hierfür nicht verantwortlich sein. Das Magistrat hat hier also KEINE Überprüfung/Feststellung des Halters vorgenommen. Warum nicht?

3) Es liegt hier vielmehr ein Vergehen des Magistrats vor: Normalerweise hätte im Rahmen eines Rechthilfersuchens in Deutschland die dortige Zulassungsstelle in München kontaktiert werden müssen. Dies erfolgte nachweislich (!) nicht, siehe Punk 2). Anscheindend hat das Magistrat meine Daten in Verbindung mit dem Firmenfahrzeug widerrechtlich gespeichert und dann auf "kurzem Wege" mir das Schreiben für die GMBH
(!!) zugesendet. Auf welcher rechtlichen Basis wurden hier meine Privatdaten und nicht die relevanten Halterdaten gespeichert?

Lieber Richter …, setzen Sie dieser Posse und Unvermögen des Magistrats bitte endlich ein Ende."

Das BFG hat erwogen:

§ 9 Abs. 1 VwGVG bestimmt: "Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist."

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen u.a. die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, mit Ausnahme des 5. Abschnittes ("Sonstige Abänderung von Bescheiden") des II. Teils ("Verwaltungsstrafverfahren") sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus dem VStG selbst nicht anderes ergibt, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) auch im Verwaltungsstrafverfahren. Von der Geltung im Verwaltungsstrafverfahren ist § 13 Abs. 8 AVG ausgenommen. § 13 Abs. 1 bis 7 AVG gelten im Verwaltungsstrafverfahren und gemäß § 38 VwGVG auch im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Wie im Verbesserungsauftrag vom ausgeführt, fehlten der Beschwerde vom folgende, gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG notwendige Bestandteile einer Beschwerde:
-die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides (Z 1),
-die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3),
- das Begehren (Z 4) und
- die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (Z 5).

Nun ist die Beschwerde vom mitsamt den Ergänzungen durch die Eingabe des Bf. vom auf die Erfüllung der vorgenannten notwendigen Beschwerdebestandteile sowie auf die Rechtzeitigkeit der Ergänzungen vom zu untersuchen:

Zur Anforderung des § 9 Abs. 1 Z 1 VwGVG:
Die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides hat grundsätzlich durch Datum und Geschäftszahl zu erfolgen (Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht2, § 9 VwGVG K 6; Winkler in Götzl et al., Verfahrensrecht2, § 9 VwGVG Rz 3; Larcher in Raschauer/Wessely, VwGVG, § 9 Rz 3; Bumberger in Bumberger et al., VwGVG, § 9 Rz 24). Ausnahme: Es ist unschädlich, wenn in der Beschwerde der angefochtene Bescheid zwar falsch bezeichnet ist, aber der Beschwerde eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides beigelegt wird (Eder/Martschin/Schmid, aaO K 7; Winkler in Götzl et al., aaO Rz 4; Larcher in Raschauer/Wessely, aaO Rz 3). Gleiches habe laut Eder/Martschin/Schmid, aaO K 7 dann zu gelten, wenn sich aus dem gesamten Kontext der Beschwerde zweifelsfrei ergebe, welcher Bescheid angefochten werden solle. Laut Bumberger, aaO Rz 24 ist dann, wenn das Verwaltungsgericht ohne (mehr als geringfügige) Ermittlungen eindeutig und ohne Verwechslungsgefahr den angefochtenen Bescheid erkennen kann (z.B. anhand des beigelegten Bescheides), das Fehlen der Angabe von Datum und/oder Zahl des angefochtenen Bescheides unschädlich. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 9 VwGVG Rz 15: "Aus der geforderten Rechtsmittelerklärung muss klar und eindeutig hervorgehen, welche Entscheidung der Behörde mit dem Rechtsmittel bekämpft wird. …
… ist das Erfordernis der Rechtsmittelerklärung nicht "streng formal" auszulegen …"

Anwendung auf die Beschwerde vom , welche um das am Eingebrachte ergänzt ist: Nunmehr ist aus dem Kontext der ergänzten Beschwerde zweifelsfrei zu erkennen, dass der Bf. den Zurückweisungsbescheid vom , GZ. MA67/Zahl/2022 anficht. Jedoch hängt die sanierende Wirkung der Mängelbehebung auch von ihrer Rechtzeitigkeit ab, wie noch dargestellt werden wird.

Zur Anforderung des § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG:
Das Erfordernis der Angabe von Gründen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, ist zu unterscheiden von der Stichhaltigkeit der Gründe; auch inhaltlich verfehlte Gründe erfüllen das Erfordernis des § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG (Bumberger in Bumberger et al., VwGVG, § 9 Rz 36; Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 9 VwGVG Rz 32). Abstrakte Behauptungen, wie z.B. dass der Bescheid rechtswidrig sei, sind keine Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit; vielmehr sind konkrete Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit vorzubringen (Leeb in Hengstschläger/Leeb, aaO Rz 27).
Anwendung auf die Beschwerde vom , welche um das am Eingebrachte ergänzt ist: Nunmehr wird Konkretes vorgebracht; es werden nicht - wie ursprünglich - nur Fragen gestellt. Jedoch hängt die sanierende Wirkung der Mängelbehebung auch von ihrer Rechtzeitigkeit ab, wie noch dargestellt werden wird.

Zur Anforderung des § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG:
Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG, § 9 VwGVG Rz 40 (ohne die zahlreichen Zitate, insb. von Entscheidungen des VwGH: "Zwar darf demnach auch dieses Erfordernis, das sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet (…), nicht formalistisch ausgelegt werden (…). § 9 Abs 1 (Z 4) VwGVG verlangt vom Beschwerdeführer keine formell und inhaltlich vollendete Darstellung (…). Es bedarf also weder eines "ausdrücklich formulierten" (…) bzw "formellen" Rechtsmittelantrags (…) noch einer audrücklichen Bezeichnung oder Trennung von den Beschwerdegründen (…). Vielmehr ist den gesetzlichen Erfordernissen schon entsprochen, wenn die Beschwerdeschrift insgesamt mit hinreichender Klarheit (…) erkennen lässt, was die Partei anstrebt (…), dh welcher Erfolg durch das Rechtsmittel erreicht werden soll (…). Im gegenständlichen Fall einer Bescheidbeschwerde muss also daraus hervorgehen, ob (bzw dass) der Beschwerdeführerentweder die Behebung odereine bestimmte "Abänderung" des angefochtenen "Bescheides" bzw eine bestimmte anderslautende Entscheidung "in der Sache selbst" (…)begehrt. …"
Das Begehren muss nicht ausdrücklich formuliert sein; es kann auch aus der Beschwerde insgesamt oder der Natur der Sache erschließbar sein (Bumberger in Bumberger et al., VwGVG, § 9 Tz 39). Bei einem Zurückweisungsbescheid kann die Anfechtung nur die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bezwecken, sodass diesfalls die Inhaltserfordernisse an eine Beschwerde gemäß § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO (Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; Erklärung, welche Änderungen beantragt werden) inhaltsleer sind (Ritz/Koran, BAO7, § 250 Rz 10).
Anwendung auf die Beschwerde vom , welche um das am Eingebrachte ergänzt ist: Das Beschwerdebegehren ist erkennbar das Ende des gesamten gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ohne Bestrafung, was das Inhaltserfordernis des § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG erfüllt. (Jedoch hängt die sanierende Wirkung der Mängelbehebung auch von ihrer Rechtzeitigkeit ab, wie noch dargestellt werden wird.) Das nunmehr erkennbare Beschwerdebegehren passt kurzfristig auch damit zusammen, dass die Anfechtung des Zurückweisungsbescheides vom ohnehin nur dessen Aufhebung bezwecken kann, sodass bei der Übertragung der zitierten Sichtweise zur Bundesabgabenordnung (BAO) auf das VwGVG-Verfahren das Inhaltserfordernis des § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG inhaltsleer wäre, d.h. dass es diesbezüglich keinen Mangel geben könne. Die Aufhebung des Zurückweisungsbescheides vom , welche freilich die Rechtzeitigkeit des Einspruchs gegen die Strafverfügung voraussetzen würde, hätte zur Folge, dass die (in einem sogenannten verkürzten Verfahren gemäß § 47 VStG ergangene) Strafverfügung außer Kraft träte; allerdings könnte der Magistrat der Stadt Wien dann innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG (gerechnet ab dem , d.h. dem Ende der Beantwortungsfrist nach Ansicht des Magistrates) wegen der Unterlassung der Beantwortung der Lenkererhebung das sogenannte ordentliche Verfahren gemäß § 40 ff VStG durchführen.

Zur Anforderung des § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG (erforderliche Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde):
Ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, hängt vom Tag des Beginns der Beschwerdefrist ab, welcher in § 7 Abs. 4 VwGVG geregelt ist (Bumberger in Bumberger, VwGVG, § 9 Rz 45) und bei schriftlichen Bescheiden der Tag der Zustellung ist. Daher ist das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides anzugeben (Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht2, § 9 K 16). Nicht "erforderlich" im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG ist die Angabe des Zustellungstages, wenn für das Verwaltungsgericht auch ohne Angabe in der Beschwerde der Beginn der Beschwerdefrist ohne weiteres eindeutig aus dem Verwaltungsakt ersichtlich ist (Bumberger in Bumberger et al., aaO), z.B. durch einen Rückschein mit ausreichenden Angaben, oder wenn sich bereits aus der Datierung des Bescheides in Verbindung mit dem Einbringungsdatum der Beschwerde ergibt, dass dieser Zeitraum die vierwöchige Beschwerdefrist denkunmöglich übersteigen kann (vgl. Larcher in Raschauer/Wessely, VwGVG, § 9 Rz 5).

§ 2 Z 3 und 4 Zustellgesetz definieren die allgemein für eine Zustellung geeigneten Zustelladressen bzw. Abgabestellen folgendermaßen:
"3."Zustelladresse": eine Abgabestelle (Z4) oder elektronische Zustelladresse (Z5);
4.
"Abgabestelle": die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;"
Im allgemeinen ist Voraussetzung für das Vorliegen einer Zustelladresse auch ein zeitliches Momentum im Sinne eines regelmäßigen Aufenthalts an dieser (Riesz in Frauenberger-Pfeiler et al., Zustellrecht3, § 2 Rz 16).
Die Abgabestellen stehen in keiner Rangordnung (Rangfolge); die Behörde sollte aber bei der in ihrem Ermessen stehenden Auswahl unter mehreren Abgabestellen eine zweckmäßige taugliche Abgabestelle auswählen und gegebenenfalls auch geäußerte Wünsche des Empfängers berücksichtigen; der Empfänger hat aber kein subjektives Recht auf zweckmäßige Auswahl (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 2 ZustellG Rz 9 und Riesz in Frauenberger-Preiler et al., Zustellrecht3, § 2 Rz 18 und 20; Anm.: Es geht hier nicht um die Zustellung an einen berufsmäßigen Parteienvertreter.).
Der Arbeitsplatz des Empfängers ist jener Ort, an dem jemand tatsächlich seine selbständige oder unselbständige Arbeit faktisch leistet (Stumvoll in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3, § 2 Zustellgesetz Rz 34)

§ 6 Zustellgesetz mit der Überschrift "Mehrmalige Zustellung" bestimmt: "Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus."

§ 7 Zustellgesetz mit der Überschrift "Heilung von Zustellmängeln" bestimmt: "Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."

Anwendung auf die Beschwerde vom , welche durch die Eingabe des Bf. vom hinsichtlich der Rechtzeitigkeit nicht ergänzt worden ist:

Der Geschäftsraum der A GmbH in gmbHadresse München, konnte im Juni 2023 für den Bf. als Geschäftsführer dieser GmbH eine taugliche Zustelladresse sein.

Der angefochtene Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien ist mit datiert, sodass die Rechtzeitigkeit der Beschwerde vom nicht unmittelbar aus der Datierung geschlossen werden kann. Der Magistrat der Stadt Wien sandte dreimal eine Ausfertigung des Bescheides an den Bf. ab:

  1. am ohne Rückschein an die zuvor genannte Adresse der A GmbH, wobei das dortige Einlangen - angesichts der erfahrungsgemäß doch noch immer gegebenen Zuverlässigkeit der Post - wahrscheinlich wäre, sodass gegebenenfalls von der Heilung eines allfälligen Zustellmangels an den Bf. auszugehen wäre;

  2. am an die Regierung der Oberpfalz, von wo die Ausfertigung jedenfalls ohne Zustellerfolg an den Magistrat der Stadt Wien zurückgelangte;

  3. am mit einem Begleitschreiben an die Adresse des Hauptwohnsitzes des Bf.

Die Rechtzeitigkeit der Beschwerde vom ist jedenfalls nicht unmittelbar erkennbar.

Der Mangel der Beschwerde vom , dass sie die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (§ 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG), nicht enthielt, wurde durch die Eingabe des Bf. vom nicht behoben. Die Beschwerde ist daher weiterhin mangelhaft, auch wenn die Mängel hinsichtlich § 9 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 VwGVG behoben sein mögen.

Zur Rechtzeitigkeit der Eingabe vom mit ihren Verbesserungen hinsichtlich § 9 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 VwGVG:
Der Verbesserungsauftrag des wurde laut Rückschein am von einem Ersatzempfänger im Sinne des § 16 Zustellgesetz übernommen, welcher Arbeitgeber oder Arbeitnehmer des Bf. sei. Nach Aktenlage ist die Zustellung daher am (Mittwoch) erfolgt. Die an diesem Tag begonnene, mit zwei Wochen ab Zustellung festgesetzte Frist zur Behebung der Mängel endete gemäß § 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf des Mittwochs, , womit auch die Behebung der Mängel hinsichtlich § 9 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 VwGVG nicht rechtzeitig erfolgt wäre. Allerdings sieht § 16 Abs. 5 Zustellgesetz vor, dass die Zustellung als nicht bewirkt gilt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen; doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Ein diesbezüglicher Verspätungsvorhalt ist aber entbehrlich, weil die Beschwerde vom schon wegen des nichtbehobenen Mangels hinsichtlich § 9 Abs. 1 Z 5 VwGVG gemäß § 13 Abs. 3 AVG zwingend zurückgewiesen werden muss.

Dem Bf. wurde eine angemessene Frist von zwei Wochen zur Behebung der Mängel eingeräumt. Da der Mangel der fehlenden Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, nicht behoben worden ist, muss die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden.

Für das Vorbringen des Bf. hinsichtlich DSGVO betreffend beim Magistrat der Stadt Wien gespeicherter Daten ist das Bundesfinanzgericht nicht zuständig. Der Bf. ist diesbezüglich zu verweise auf: https://www.wien.gv.at/info/datenschutz/auskunft.html

Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung

Die öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, weil die Beschwerde zurückzuweisen ist, und weil eine Durchführung der Verhandlung nicht beantragt worden ist.

Zur Nichtvorschreibung von Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens

Die Vorschreibung von Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens setzt gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG die Bestätigung eines angefochtenen Straferkenntnisses (bestrafender Bescheid am Ende eines ordentlichen, verwaltungsbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens) durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes voraus. Bei der Beschwerde gegen einen Bescheid, der kein Straferkenntnis ist, kommt keine Kostenvorschreibung in Betracht. Auch bei einem Beschluss des Verwaltungsgerichtes kommt keine Kostenvorschreibung in Betracht.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Die belangte Behörde (Magistrat der Stadt Wien) kann gegen den vorliegenden Beschluss aus folgenden Gründen keine (ordentliche) Revision erheben (wenngleich ihr die Erhebung einer außerordentlichen Revision möglich ist):

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Satz 1 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

  1. Die rechtliche Beurteilung im Falle von gänzlich fehlenden Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, sowie die Vorgangsweise bei der Entscheidung über eine mangelhafte Beschwerde, deren Mangel nicht im Sinne des erteilten Verbesserungsauftrages innerhalb der gesetzten Frist behoben wurde, ergeben sich unmittelbar aus § 9 Abs. 1 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG sowie aus § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 und § 50 Abs. 1 VwGVG.

  2. Angesichts der eindeutigen Rechtslage ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist, selbst wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ; ; ; ; , RNr. 10).

Für den Bf. geht die speziellere Regelung durch Art. 133 Abs. 4 Satz 2 iVm Abs. 9 B-VG iVm § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) vor, nach welcher für ihn eine Revision an den VwGH aus folgenden Gründen kraft Gesetzes (absolut) unzulässig ist:

  1. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes an den VwGH wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine - primäre (vgl. ) - Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Unter solchen Umständen ist auch die Revision gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes nicht zulässig (, Rn 8).

  2. Dies alles trifft im vorliegenden Fall zu: Gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wäre die maximale Geldstrafe 365 Euro gewesen und keine primäre Freiheitsstrafe vorgesehen gewesen. Hierbei stellt eine gemäß § 16 Abs. 1 VStG festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe keine primäre Freiheitsstrafe dar (vgl. ). Die verhängte Geldstrafe (60 Euro) überschreitet die 400-Euro-Grenze nicht.

Wien, am

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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500586.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at