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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2024, RV/7200020/2017

Bezug von Bier aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken gemäß § 26 BierStG 1995; Steuerschuldner

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7200020/2017-RS1
Der Tatbestand des § 26 Abs 2 Biersteuergesetz 1995 kann infolge der Spezialität des Tatbestandes des § 26 Abs 1 (Bezug zu gewerblichen Zwecken) durch die bloße Gewahrsame am Bier nicht erfüllt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Naue Steuerberatungsgesellschaft mbH, Wipplingerstraße 25 Tür 31a, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Zollamtes Wien (nun Zollamt Österreich) vom betreffend Biersteuer, Zahlen: ***100000/00000a/2016***, ***100000/00000b/2016***, ***100000/00000c/2016*** und ***100000/00000d/2016***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer amtlichen Verbrauchsteueraufsichtsmaßnahme am beim Praterkai in 1020 Wien wurde vom Zollamt Wien festgestellt, dass Belieferungen von Donauschiffen mit Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Deutschlands erfolgten. Die Firma ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) belieferte verschiedene Donauschiffe, die im Personenverkehr auf der Donau eingesetzt wurden. Bei diesen Lieferungen handelte es sich üblicherweise um zollhängige Waren, die aus einem deutschen Zolllager stammten bzw um verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem deutschen Steuerlager, die sich im Steueraussetzungsverfahren befanden. Für die Verbringungen dieser Waren wurde je nach Lage des Falles ein Zollverfahren bzw ein Steueraussetzungsverfahren in Anspruch genommen.
Zusätzlich wurde die Vorlage eines "Lieferzettels für Schiffs- und Reisebedarf' verlangt, auf dem die Empfangsbestätigung durch den Schiffsführer angebracht werden musste. Der jeweilige Schiffsführer bestätigte die Übernahme der verbrauchsteuerpflichtigen Waren auf das Schiff sowie die Zuführung der Waren zum befreiten Zweck (Abgabe an Reisende und Bordpersonal).

Im Rahmen der Administrativen Kooperation mit der deutschen Zollbehörde wurde in der Folge festgestellt, dass die Bf auch laufend verbrauchsteuerpflichtige Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Deutschlands angeliefert hat.

Da die von der deutschen Zollbehörde übermittelte Aufstellung der Schiffsbelieferungen lediglich die Bezieher (Schiffsnamen), die Warenkategorie, die für die Waren gezahlten Gesamtbeträge und Kundenauftragsnummern, jedoch keine Auskunft über die Art und Menge an verbrauchsteuerpflichtigen Waren beinhaltete, ist die Bf mit Schreiben vom vom Zollamt aufgefordert worden, eine genaue Aufstellung über die Art und Menge der verbrauchsteuerpflichtigen Waren für die Schiffsbelieferungen im betreffenden Zeitraum beizubringen. Sollte eine derartige Aufstellung nicht erstellt werden können, möge die Bf die Lieferscheine für die betreffenden Belieferungen beibringen.
Die Bf kam der Aufforderung innerhalb der ihr auferlegten Frist nicht nach. Mangels Vorliegen der tatsächlichen Daten (Art und Menge der verbrauchsteuerpflichtigen Waren) waren die Bemessungsgrundlagen für die Vorschreibung der Verbrauchsteuern vom Zollamt daher gemäß § 184 Abs 1 BAO zu schätzen.

Mit Bescheiden vom , Zahlen: 100000/***00000a*** bis ***00000d***/2016, hat das Zollamt Wien die für die Bf gemäß § 26 Abs 2 Biersteuergesetz 1995 (BierStG) entstandene Biersteuer für die Verbringungen von März bis Oktober 2012, März bis Oktober 2013, April bis November 2014 und März bis Juli 2015 festgesetzt.
Die Bf habe verschiedene Schiffe, die im Personenverkehr auf der Donau eingesetzt werden, mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Deutschlands beliefert. Da dabei sämtliche Verpflichtungen im Rahmen der Verbringung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren des freien Verkehrs eines anderen Mitgliedstaates wie vorherige Anzeige sowie Mitführen und Vorlage des vereinfachten Verwaltungsdokumentes außer Acht gelassen worden wären, komme eine vereinfachte Verwaltungspraxis (Verzicht auf die Sicherheitsleistung und die Entrichtung der Steuer) nicht zur Anwendung.
Durch die Unterlassung des Verfahrens gemäß § 26 Abs 3 und § 27 BierStG iVm § 7 Abs 1 und 4 Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung (VStBefrV) sei in den genannten Zeiträumen die Biersteuerschuld entstanden und gemäß § 201 Abs 1 und Abs 2 Z 3 BAO festzusetzen.
Ob Selbstberechnungsabgaben von Amts wegen festgesetzt werden, liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Festsetzung erfolgte unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten amtlichen Aufsicht und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung wäre dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteressen an der Beibehaltung der Nichtversteuerung) einzuräumen gewesen. Im Rahmen des Auswahlermessens erfolge die Vorschreibung der Tabaksteuer an die primäre Abgabenschuldnerin.

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter Beschwerde gegen die Abgabenbescheide erhoben und deren ersatzlose Aufhebung beantragt.
Gemäß § 7 Abs 1 VStBefrV seien verbrauchsteuerpflichtige Waren, die im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr auf der Donau zum Verbrauch an Bord eines zu gewerblichen Zwecken eingesetzten Beförderungsmittels bestimmt sind, von den Verbrauchsteuern befreit. Obwohl im vorliegenden Fall das hierfür erforderliche Verfahren nicht eingehalten worden sei, wäre auch von Seiten des Zollamtes unstrittig, dass die eingeführten verbrauchsteuerpflichtigen Waren für einen verbrauchsteuerbefreiten Zweck bestimmt waren. Aufgrund der Verbrauchsteuer als Objektsteuer, stehe hier nicht der Steuerpflichtige bzw dessen Verhalten im Fokus der Steuer, sondern rein die verbrauchsteuerpflichtigen Waren. Gemäß dem Wortlaut der Verordnung seien die Waren von der Verbrauchsteuer zu befreien, da diese unzweifelhaft für einen befreiten Zweck bestimmt seien. Hier wären aber gerade diese Waren einer Verbrauchsteuer unterworfen worden. Dies entspreche nicht dem Wortlaut der Verordnung. Bestimmte Formalvoraussetzungen zum Ausschluss von Missbräuchen und Steuerverkürzungen vorzuschreiben sei zulässig, könne jedoch keine materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung sein, wenn der Sachverhalt unstrittig sei.
Einwände gegen die Schätzung der Bemessungsgrundlagen wurden von der Bf nicht vorgebracht.

Die Beschwerde wurde vom Zollamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom , Zahlen: 100000/***0000a bis ***00000d***/2016-1, als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich der Lieferungen der verfahrensgegenständlichen verbrauchsteuerpflichten Waren sei weder eine vorherige Anzeige iSd § 26 Abs 3 und 4 BierStG erfolgt noch sei die Abgabenbehörde in anderer Weise über die Lieferungen informiert worden (zB durch Vorlage von vereinfachten Begleitdokumenten zur Bestätigung der ordnungsgemäßen steuerlichen Erfassung im Steuergebiet im Anschluss an die Lieferungen). Somit sei zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise der Versuch unternommen worden, die Gelegenheit für einen unversteuerten Bezug iSd § 4 Abs 2 Z 4 BierStG zu erwirken, indem eine steuerbefreiende Zweckbestimmung glaubhaft gemacht worden wäre. Da die Glaubhaftmachung der Zweckbestimmung als Voraussetzung für einen unversteuerten Bezug der verfahrensgegenständlichen Lieferungen daher nicht erfolgte, sei die Steuerschuld dadurch entstanden, dass die Waren aus diesen Lieferungen im Steuergebiet erstmalig durch die Bf zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet wurden.

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Die Bf bringt im Wesentlichen vor, § 7 Abs 4 VStBefrV sehe kein bestimmtes Verfahren vor, sondern es reiche aus, das Vorliegen des Befreiungsgrundes glaubhaft zu machen. Selbst die Behörde gehe davon aus, dass die Lieferungen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren der Bf an Donauschiffahrtsunternehmen erfolgt seien, weshalb der Beweis hierüber eindeutig erbracht sei.
Der Zweck von § 49 AlkStG (stellvertretend für die sinngemäßen Bestimmungen im BierStG und TabStG) sei eine Rückerstattungsmöglichkeit von bereits bezahlter Verbrauchsteuer im Ursprungsland und nicht der Beweis einer Steuerbefreiung gemäß § 7 Abs 4 VStBefrV.
Für Steuerbefreiungen sei jeweils der verwirklichte Sachverhalt maßgeblich und nicht die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens.
Zuletzt könne sich die Bf außerdem auf Vertrauensschutz berufen, weil man sich vorab beim Zollamt Wien erkundigt habe und zwei namentlich genannte Beamte, die man gegebenenfalls als Zeugen benenne, formlos mitgeteilt hätten, das vereinfachte Begleitdokument sei in dieser Konstellation nicht anwendbar.
Auch die jahrelange Praxis, dass die belangte Behörde die EMCS-Meldungen über Waren aus Steuerlagern ohne Vorschreibung einer Steuer oder auch nur einen informellen Hinweis stets zur Kenntnis genommen habe, habe bei der Bf zur berechtigten Annahme geführt, dieses Vorgehen sei aus Sicht des Zollamtes richtig.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist mit Schreiben (Fax) des Vertreters vom zurückgezogen worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchssteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (Systemrichtlinie); ABI. L 9 vom , S. 12, lautet auszugsweise:

"Warenbesitz in einem anderen Mitgliedstaat

Artikel 33

(1) Unbeschadet des Artikels 36 Absatz 1 unterliegen verbrauchsteuerpflichtige Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden sind, sofern sie zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten und dort zur Lieferung oder Verwendung vorgesehen sind, der Verbrauchsteuer, die in diesem anderen Mitgliedstaat erhoben wird.
Als ,Besitz zu gewerblichen Zwecken' im Sinne dieses Artikels gilt der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch eine Person, die keine Privatperson ist, oder durch eine Privatperson, sofern diese die Waren nicht für den Eigenbedarf erworben und, im Einklang mit Artikel 32, selbst befördert hat.

(2) Die Voraussetzungen für das Entstehen des Steueranspruchs und der anzuwendende Verbrauchsteuersatz richten sich nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in diesem anderen Mitgliedstaat gelten.

(3) Steuerschuldner der zu entrichtenden Verbrauchsteuer ist entsprechend der in Absatz 1 genannten Fälle entweder die Person, die die Lieferung vornimmt oder in deren Besitz sich die zur Lieferung vorgesehenen Waren befinden oder an die die Waren im anderen Mitgliedstaat geliefert werden.

(4) Unbeschadet des Artikels 38 gilt der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden und anschließend innerhalb der Gemeinschaft zu gewerblichen Zwecken befördert werden, vor ihrer Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat nicht als solchen Zwecken dienend, wenn die Waren unter Einhaltung der in Artikel 34 festgelegten Formalitäten befördert werden.

(5) Der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die sich an Bord eines zwischen zwei Mitgliedstaaten verkehrenden Wasser oder Luftfahrzeugs befinden, aber nicht zum Verkauf stehen, solange sich das betreffende Fahrzeug im Gebiet eines Mitgliedstaats befindet, gilt in diesem Mitgliedstaat nicht als gewerblichen Zwecken dienend.

(6) Die Verbrauchsteuer wird im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr auf Antrag erstattet oder erlassen, wenn die zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaats feststellen, dass der Steueranspruch in diesem Mitgliedstaat entstanden ist und die Steuerschuld dort auch erhoben wurde.

Artikel 34

(1) In den in Artikel 33 Absatz 1 genannten Fällen werden verbrauchsteuerpflichtige Waren zwischen den Gebieten der verschiedenen Mitgliedstaten unter Mitführung eines Begleitdokuments befördert, das die wichtigsten Angaben des Dokuments nach Artikel 21 Absatz 1 enthält. Die Kommission legt nach dem in Artikel 43 Absatz 2 genannten Verfahren Bestimmungen zu Form und Inhalt dieses Dokuments fest.

(2) Die in Artikel 33 Absatz 3 genannten Personen sind verpflichtet:

a) vor dem Versand der Waren bei den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats eine Anmeldung abzugeben und eine Sicherheit für die Entrichtung der Verbrauchsteuern zu leisten;

b) nach dem vom Bestimmungsmitgliedstaats festgelegten Verfahren die Verbrauchsteuer des Bestimmungsmitgliedstaats zu entrichten;

c) alle Kontrollen zu dulden, die es den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats ermöglichen, sich vom tatsächlichen Eingang der verbrauchsteuerpflichtigen Waren und der Entrichtung der dafür geschuldeten Verbrauchsteuern zu überzeugen.

Der Bestimmungsmitgliedstaat kann in den Fällen und nach den Modalitäten, die er festlegt, die Vorschriften unter Buchstabe a vereinfachen oder eine Abweichung von diesen Vorschriften gestatten. In diesem Fall setzt er die Kommission hiervon in Kenntnis, die ihrerseits die übrigen Mitgliedstaaten informiert."

§ 26 BierStG idmF BGBl I Nr 151/2009, lautet auszugsweise:

"Verbringen außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens

Bezug zu gewerblichen Zwecken

§ 27. (1) Wird Bier aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, entsteht die Steuerschuld dadurch, daß der Bezieher

1. dasBier im Steuergebiet in Empfang nimmt oder

2. das außerhalb des Steuergebietes in Empfang genommene Bier in das Steuergebiet verbringt oder verbringen läßt.

Der Steuerschuldner ist der Bezieher und jede Person, in deren Gewahrsame sich das Bier befindet. Der Bezug durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts steht dem Bezug zu gewerblichen Zwecken gleich.

(2) Wird Bier aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates in anderen als den im Abs. 1 genannten Fällen in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuerschuld dadurch, dass es erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet wird. Steuerschuldner ist, wer das Bier in Gewahrsame hält oder verwendet. Die Steuerschuld entsteht nicht, wenn das im Steuergebiet in Gewahrsame gehaltene Bier

1. für einen anderen Mitgliedstaat bestimmt ist und unter zulässiger Verwendung eines Begleitdokuments nach § 27 durch das Steuergebiet befördert wird oder

2. sich an Bord eines zwischen dem Steuergebiet und einem anderen Mitgliedstaat verkehrenden Wasser- oder Luftfahrzeugs befindet, aber nicht im Steuergebiet zum Verkauf steht.

(2a) § 7 Abs. 4 gilt sinngemäß.

(3) Wer Bier nach Abs. 1 oder nach Abs. 2 erster Satz beziehen, in Gewahrsame halten oder verwenden will, hat dies dem Zollamt, in dessen Bereich er seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, vorher anzuzeigen und für die Steuer Sicherheit zu leisten. Hat der Anzeigepflichtige keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist die Anzeige beim Zollamt Innsbruck zu erstatten.

(4) In der Anzeige sind die Art, die voraussichtlich benötigten Menge des Bieresund der Zweck anzugeben, für den das Bier bezogen, in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden soll; dabei ist auch anzugeben, ob gleichartige Biere des freien Verkehrs gehandelt, gelagert oder verwendet werden.

(5) Der Steuerschuldner hat für das Bier, für das die Steuerschuld entstanden ist, unverzüglich bei dem Zollamt, in dessen Bereich der Steuerschuldner seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung dessen beim Zollamt Innsbruck, eine Steueranmeldung abzugeben, die Steuer zu berechnen und diese spätestens am 25. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats zu entrichten. Wird das Verfahren nach Abs. 3 nicht eingehalten, ist die Steuer unverzüglich zu entrichten. Hat in diesen Fällen der Steuerschuldner keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist das als erstes befasste Zollamt zuständig.

6)Für die Anmeldung und Entrichtungder Steuer gilt § 10 Abs. 6 und 7 sinngemäß"

§ 7 VStBefrV idmF BGBl II Nr 203/1999, lautet auszugsweise:

"(1) Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die im grenzüberschreitenden Luftverkehr oder im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr auf der Donau zum Verbrauch an Bord eines zu gewerblichen Zwecken eingesetzten Beförderungsmittels durch Reisende oder die Besatzung bestimmt sind, sind von den Verbrauchsteuern befreit.

(2) Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die während einer Beförderung, die im Steuergebiet beginnt und in einem Drittland endet,

1. an Bord von Luftfahrzeugen oder Donauschiffen an Reisende abgegeben werden oder abgegeben werden sollen und

2. vom Reisenden, vom Luftfahrtunternehmen oder vom Schifffahrtunternehmen unmittelbar in das Drittland ausgeführt werden,

sind von den Verbrauchsteuern befreit. Die Steuerbefreiung gilt auch für Waren, die von Verkaufsstellen abgegeben und im persönlichen Gepäck von Reisenden mitgeführt werden, die sich im Luftverkehr unmittelbar in ein Drittland begeben.

(3) Verkaufsstellen im Sinne des Abs. 2 sind auf Flughäfen gelegene Geschäfte, deren Inhabern vom Hauptzollamt, in dessen Bereich sich das jeweilige Verkaufslokal befindet, die steuerfreie Abgabe von verbrauchsteuerpflichtigen Waren bewilligt wurde. Die Bewilligung ist nur Betriebsinhabern zu erteilen, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Bewilligte Verkaufsstellen gelten beim Bezug verbrauchsteuerpflichtiger Waren als Steuerlager. Sie haben insbesondere die für Steuerlager geltenden Aufzeichnungs- und Anmeldepflichten zu erfüllen.

(4) Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine steuerfreie Abgabe der Waren nach Abs. 1 und Abs. 2 muss von dem Unternehmen, das die Begünstigung in Anspruch nimmt, nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden."

§ 26 BierStG dient der Umsetzung von Artikel 33 unter Berücksichtigung von Artikel 37 der Systemrichtlinie (vgl ErlRV 479 BlgNr 24. GP, 31). Aus dem Wortlaut des § 26 Abs 1 und 2 BierStG ergibt sich, dass Abs 1 als die speziellere Bestimmung und Abs 2 als Auffangtatbestand (arg "in anderen als den im Abs. 1 genannten Fällen") anzusehen sind. Die Erfüllung des Auffangtatbestandes des § 26 Abs 2 BierStG setzt sohin voraus, dass der speziellere Tatbestand des Bezuges zu gewerblichen Zwecken nach § 26 Abs 1 BierStG nicht erfüllt ist (siehe zum vergleichbaren § 49 Abs 1 und 2 Alkoholsteuergesetz: ).

Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der Bf standen, zum Zweck der Lieferung an die Kunden der Bf, diverse Donauschifffahrtsunternehmen, durch einen beauftragten Warenführer per Lkw von Deutschland nach Österreich gebracht und an die Donauschifffahrtsgesellschaften geliefert. Demnach war der Tatbestand des Bezuges von Bier aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken gemäß § 26 Abs 1 BierStG erfüllt. Bezieher des Bieres waren die belieferten Donauschifffahrtsgesellschaften, weil das Bier zu den gewerblichen Zwecken der Donauschifffahrtsgesellschaften bestimmt war (vgl , wonach der "Bezug" von Tabakwaren im Sinne des § 27 Abs 1 Tabaksteuergesetz eine Nähe zu den Tabakwaren voraussetzt, welche über die bloße Gewahrsame hinausgeht und diese Nähe ist in der Regel dann gegeben ist, wenn die Tabakwaren zu den gewerblichen Zwecken dieser Person bestimmt sind, etwa weil sie damit Handel betreibt).
Laut Aktenlage gibt es keine Hinweise darauf, dass das Bier nicht zu gewerblichen Zwecken bezogen wurde. Die Bf konnte durch die bloße Gewahrsame am Bier infolge der Spezialität des Tatbestandes des § 26 Abs 1 BierStG den Steuertatbestand des § 26 Abs 2 BierStG nicht erfüllen.

Die Steuerschuld entstand demnach dadurch, dass die Donauschifffahrtsgesellschaften als Bezieher das Bier in Empfang nahmen und dadurch gemäß § 26 Abs 1 BierStG Steuerschuldner wurden. Die Bf konnte daher nicht mehr Steuerschuldnerin nach § 26 Abs 2 BierStG werden (vgl VwGH 13.12.3023, Ro 2022/16/0005).

Zu berücksichtigen ist auch, dass § 26 Abs 1 BierStG idF des Abgabenänderungsgesetzes 2009 (BGBl I Nr 151 /2009) vorsah, dass der Steuerschuldner der Bezieher ist und jede Person, in deren Gewahrsame sich das Bier befindet. Die Erläuternden Bemerkungen (ErlRV 479 BlgNR 24. GP, 39) führen dazu aus, dass die Ergänzung der Steuerschuldnerschaft durch jede Person, in deren Gewahrsame sich das Bier befindet, klarstellt, dass diese Personen neben dem ursprünglichen Bezieher des Bieres Steuerschuldner sind. Die Schuldnerschaft jeder Person, in deren Gewahrsame sich das Bier nach § 26 Abs 1 BierStG befindet, setzt somit voraus, dass der Steuertatbestand des Bezuges vorliegt und der Bezieher Steuerschuldner geworden ist.

Das Bier befand sich nach der Empfangnahme durch die Bezieher nicht in der Gewahrsame der Bf. Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 26 Abs. 2 BierStG 1995, Biersteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 701/1994
§ 7 Abs. 1 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 7 Abs. 1 und 4 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 26 Abs. 3 BierStG 1995, Biersteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 701/1994
§ 7 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 4 Abs. 2 Z 4 BierStG 1995, Biersteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 701/1994
Verweise
VwGH 13.12.3023, Ro 2022/16/0005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200020.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at