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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2024, RV/7200002/2024

Bezug eines Erzeugnisses aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken gemäß § 49 Abs 1 AlkStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Naue Steuerberatungsgesellschaft mbH, Wipplingerstraße 25 Tür 31a, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Wien (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***100000/00000/2016***, betreffend Alkoholsteuer und Säumniszuschlag zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer amtlichen Verbrauchsteueraufsichtsmaßnahme am beim Praterkai in 1020 Wien wurde vom Zollamt Wien festgestellt, dass Belieferungen von Donauschiffen mit Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Deutschlands erfolgten. Die Firma ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) belieferte verschiedene Donauschiffe, die im Personenverkehr auf der Donau eingesetzt wurden. Bei diesen Lieferungen handelte es sich üblicherweise um zollhängige Waren, die aus einem deutschen Zolllager stammten bzw um verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem deutschen Steuerlager, die sich im Steueraussetzungsverfahren befanden. Für die Verbringungen dieser Waren wurde je nach Lage des Falles ein Zollverfahren bzw ein Steueraussetzungsverfahren in Anspruch genommen.
Zusätzlich wurde die Vorlage eines "Lieferzettels für Schiffs- und Reisebedarf" verlangt, auf dem die Empfangsbestätigung durch den Schiffsführer angebracht werden musste. Der jeweilige Schiffsführer bestätigte die Übernahme der verbrauchsteuerpflichtigen Waren auf das Schiff sowie die Zuführung der Waren zum befreiten Zweck (Abgabe an Reisende und Bordpersonal).

Im Rahmen der Administrativen Kooperation mit der deutschen Zollbehörde wurde in der Folge festgestellt, dass die Bf auch laufend verbrauchsteuerpflichtige Waren aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Deutschlands angeliefert hat.

Da die von der deutschen Zollbehörde übermittelte Aufstellung der Schiffsbelieferungen lediglich die Bezieher (Schiffsnamen), die Warenkategorie, die für die Waren gezahlten Gesamtbeträge und Kundenauftragsnummern, jedoch keine Auskunft über die Art und Menge an verbrauchsteuerpflichtigen Waren beinhaltete, ist die Bf mit Schreiben vom vom Zollamt aufgefordert worden, eine genaue Aufstellung über die Art und Menge der verbrauchsteuerpflichtigen Waren für die Schiffsbelieferungen im betreffenden Zeitraum beizubringen. Sollte eine derartige Aufstellung nicht erstellt werden können, möge die Bf die Lieferscheine für die betreffenden Belieferungen beibringen.
Die Bf kam der Aufforderung innerhalb der ihr auferlegten Frist nicht nach. Mangels Vorliegen der tatsächlichen Daten (Art und Menge der verbrauchsteuerpflichtigen Waren) waren die Bemessungsgrundlagen für die Vorschreibung der Verbrauchsteuern vom Zollamt daher gemäß § 184 Abs 1 BAO zu schätzen.

Mit Bescheid vom , Zahl: ***100000/00000/2016***, hat das Zollamt Wien die für die Bf gemäß § 49 Abs 2 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) entstandene Alkoholsteuer für die Verbringungen von März bis Juli 2015 sowie einen Säumniszuschlag festgesetzt.
Die Bf habe die Erzeugnisse aus dem freien Verkehr Deutschlands erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet, jedoch keine entsprechende Anzeige an das Zollamt erstattet und auch keine Steueranmeldung abgegeben. Auch ein vereinfachtes Verwaltungsdokument sei bei der Beförderung der Erzeugnisse nicht mitgeführt worden.
Durch die Unterlassung des Verfahrens gemäß § 49 Abs 3 und § 50 AlkStG iVm § 7 Abs 1 und 4 Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung (VStBefrV) sei im genannten Zeitraum die Alkoholsteuerschuld entstanden und gemäß § 201 Abs 1 und Abs 2 Z 3 BAO festzusetzen.
Zusätzlich sei ein Säumniszuschlag in Höhe von 2% festzusetzen, weil die wegen Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens sofort fällige Abgabe bisher nicht entrichtet worden sei.
Ob Selbstberechnungsabgaben von Amts wegen festgesetzt werden, liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Festsetzung erfolgte unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten amtlichen Aufsicht und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung wäre dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteressen an der Beibehaltung der Nichtversteuerung) einzuräumen gewesen. Im Rahmen des Auswahlermessens erfolge die Vorschreibung der Alkoholsteuer und des Säumniszuschlages an die primäre Abgabenschuldnerin.

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter Beschwerde gegen den Abgabenbescheid erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.
Gemäß § 7 Abs 1 VStBefrV seien verbrauchsteuerpflichtige Waren, die im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr auf der Donau zum Verbrauch an Bord eines zu gewerblichen Zwecken eingesetzten Beförderungsmittels bestimmt sind, von den Verbrauchsteuern befreit. Obwohl im vorliegenden Fall das hierfür erforderliche Verfahren nicht eingehalten worden sei, wäre auch von Seiten des Zollamtes unstrittig, dass die eingeführten verbrauchsteuerpflichtigen Waren für einen verbrauchsteuerbefreiten Zweck bestimmt waren. Aufgrund der Verbrauchsteuer als Objektsteuer, stehe hier nicht der Steuerpflichtige bzw dessen Verhalten im Fokus der Steuer, sondern rein die verbrauchsteuerpflichtigen Waren. Gemäß dem Wortlaut der Verordnung seien die Waren von der Verbrauchsteuer zu befreien, da diese unzweifelhaft für einen befreiten Zweck bestimmt seien. Hier wären aber gerade diese Waren einer Verbrauchsteuer unterworfen worden. Dies entspreche nicht dem Wortlaut der Verordnung. Bestimmte Formalvoraussetzungen zum Ausschluss von Missbräuchen und Steuerverkürzungen vorzuschreiben sei zulässig, könne jedoch keine materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung sein, wenn der Sachverhalt unstrittig sei.
Einwände gegen die Schätzung der Bemessungsgrundlagen wurden von der Bf nicht vorgebracht.

Die Beschwerde wurde vom Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***100000/00000/2016-1***, als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich der Lieferungen der verfahrensgegenständlichen verbrauchsteuerpflichten Waren sei weder eine vorherige Anzeige iSd § 49 Abs 3 AlkStG erfolgt noch sei die Abgabenbehörde in anderer Weise über die Lieferungen informiert worden (zB durch Vorlage von vereinfachten Begleitdokumenten zur Bestätigung der ordnungsgemäßen steuerlichen Erfassung im Steuergebiet im Anschluss an die Lieferungen). Somit sei zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise der Versuch unternommen worden, die Gelegenheit für einen unversteuerten Bezug iSd § 4 Abs 4 Z 7 AlkStG zu erwirken, indem eine steuerbefreiende Zweckbestimmung glaubhaft gemacht worden wäre. Da die Glaubhaftmachung der Zweckbestimmung als Voraussetzung für einen unversteuerten Bezug der verfahrensgegenständlichen Lieferungen daher nicht erfolgte, sei die Steuerschuld dadurch entstanden, dass die Waren aus diesen Lieferungen im Steuergebiet erstmalig durch die Bf zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet wurden.

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Die Bf bringt im Wesentlichen vor, § 7 Abs 4 VStBefrV sehe kein bestimmtes Verfahren vor, sondern es reiche aus, das Vorliegen des Befreiungsgrundes glaubhaft zu machen. Selbst die Behörde gehe davon aus, dass die Lieferungen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren der Bf an Donauschiffahrtsunternehmen erfolgt seien, weshalb der Beweis hierüber eindeutig erbracht sei.
Der Zweck von § 49 AlkStG sei eine Rückerstattungsmöglichkeit von bereits bezahlter Verbrauchsteuer im Ursprungsland und nicht der Beweis einer Steuerbefreiung gemäß § 7 Abs 4 VStBefrV.
Für Steuerbefreiungen sei jeweils der verwirklichte Sachverhalt maßgeblich und nicht die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens.
Zuletzt könne sich die Bf außerdem auf Vertrauensschutz berufen, weil man sich vorab beim Zollamt Wien erkundigt habe und zwei namentlich genannte Beamte, die man gegebenenfalls als Zeugen benenne, formlos mitgeteilt hätten, das vereinfachte Begleitdokument sei in dieser Konstellation nicht anwendbar.
Auch die jahrelange Praxis, dass die belangte Behörde die EMCS-Meldungen über Waren aus Steuerlagern ohne Vorschreibung einer Steuer oder auch nur einen informellen Hinweis stets zur Kenntnis genommen habe, habe bei der Bf zur berechtigten Annahme geführt, dieses Vorgehen sei aus Sicht des Zollamtes richtig.

Nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung hat das Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Erkenntnis vom , RV/7200016/2017, als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG für zulässig erklärt.
In der Folge hat die Bf Revision erhoben und hat der Verwaltungsgerichtshof die ho Entscheidung mit Erkenntnis vom , Ro 2022/16/0005, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchssteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (Systemrichtlinie); ABI. L 9 vom , S. 12, lautet auszugsweise:

"Warenbesitz in einem anderen Mitgliedstaat

Artikel 33

(1) Unbeschadet des Artikels 36 Absatz 1 unterliegen verbrauchsteuerpflichtige Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden sind, sofern sie zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten und dort zur Lieferung oder Verwendung vorgesehen sind, der Verbrauchsteuer, die in diesem anderen Mitgliedstaat erhoben wird.
Als ,Besitz zu gewerblichen Zwecken' im Sinne dieses Artikels gilt der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch eine Person, die keine Privatperson ist, oder durch eine Privatperson, sofern diese die Waren nicht für den Eigenbedarf erworben und, im Einklang mit Artikel 32, selbst befördert hat.

(2) Die Voraussetzungen für das Entstehen des Steueranspruchs und der anzuwendende Verbrauchsteuersatz richten sich nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in diesem anderen Mitgliedstaat gelten.

(3) Steuerschuldner der zu entrichtenden Verbrauchsteuer ist entsprechend der in Absatz 1 genannten Fälle entweder die Person, die die Lieferung vornimmt oder in deren Besitz sich die zur Lieferung vorgesehenen Waren befinden oder an die die Waren im anderen Mitgliedstaat geliefert werden.

(4) Unbeschadet des Artikels 38 gilt der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden und anschließend innerhalb der Gemeinschaft zu gewerblichen Zwecken befördert werden, vor ihrer Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat nicht als solchen Zwecken dienend, wenn die Waren unter Einhaltung der in Artikel 34 festgelegten Formalitäten befördert werden.

(5) Der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die sich an Bord eines zwischen zwei Mitgliedstaaten verkehrenden Wasser oder Luftfahrzeugs befinden, aber nicht zum Verkauf stehen, solange sich das betreffende Fahrzeug im Gebiet eines Mitgliedstaats befindet, gilt in diesem Mitgliedstaat nicht als gewerblichen Zwecken dienend.

(6) Die Verbrauchsteuer wird im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr auf Antrag erstattet oder erlassen, wenn die zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaats feststellen, dass der Steueranspruch in diesem Mitgliedstaat entstanden ist und die Steuerschuld dort auch erhoben wurde.

Artikel 34

(1) In den in Artikel 33 Absatz 1 genannten Fällen werden verbrauchsteuerpflichtige Waren zwischen den Gebieten der verschiedenen Mitgliedstaten unter Mitführung eines Begleitdokuments befördert, das die wichtigsten Angaben des Dokuments nach Artikel 21 Absatz 1 enthält. Die Kommission legt nach dem in Artikel 43 Absatz 2 genannten Verfahren Bestimmungen zu Form und Inhalt dieses Dokuments fest.

(2) Die in Artikel 33 Absatz 3 genannten Personen sind verpflichtet:

a) vor dem Versand der Waren bei den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats eine Anmeldung abzugeben und eine Sicherheit für die Entrichtung der Verbrauchsteuern zu leisten;

b) nach dem vom Bestimmungsmitgliedstaats festgelegten Verfahren die Verbrauchsteuer des Bestimmungsmitgliedstaats zu entrichten;

c) alle Kontrollen zu dulden, die es den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats ermöglichen, sich vom tatsächlichen Eingang der verbrauchsteuerpflichtigen Waren und der Entrichtung der dafür geschuldeten Verbrauchsteuern zu überzeugen.

Der Bestimmungsmitgliedstaat kann in den Fällen und nach den Modalitäten, die er festlegt, die Vorschriften unter Buchstabe a vereinfachen oder eine Abweichung von diesen Vorschriften gestatten. In diesem Fall setzt er die Kommission hiervon in Kenntnis, die ihrerseits die übrigen Mitgliedstaaten informiert."

§ 49 AlkStG idmF BGBl I Nr 151/2009, lautet auszugsweise:

"Verbringen außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens

Bezug zu gewerblichen Zwecken

§ 49. (1) Wird ein Erzeugnis aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, entsteht die Steuerschuld dadurch, daß der Bezieher

1. das Erzeugnis im Steuergebiet in Empfang nimmt oder

2. das außerhalb des Steuergebietes in Empfang genommene Erzeugnis in das Steuergebiet verbringt oder verbringen läßt.

Der Steuerschuldner ist der Bezieher und jede Person, in deren Gewahrsame sich das Erzeugnis befindet. Der Bezug durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts steht dem Bezug zu gewerblichen Zwecken gleich.

(2) Wird ein Erzeugnis aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuerschuld dadurch, dass es erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet wird. Steuerschuldner ist, wer das Erzeugnis in Gewahrsame hält oder verwendet. Die Steuerschuld entsteht nicht, wenn der im Steuergebiet in Gewahrsame gehaltene Alkohol

1. für einen anderen Mitgliedstaat bestimmt ist und unter zulässiger Verwendung eines Begleitdokuments nach § 50 durch das Steuergebiet befördert wird oder

2. sich an Bord eines zwischen dem Steuergebiet und einem anderen Mitgliedstaat verkehrenden Wasser- oder Luftfahrzeugs befindet, aber nicht im Steuergebiet zum Verkauf steht.

(2a) § 8 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(3) Wer ein Erzeugnis nach Abs. 1 oder nach Abs. 2 erster Satz beziehen, in Gewahrsame halten oder verwenden will, hat dies dem Zollamt, in dessen Bereich er seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, vorher anzuzeigen und für die Steuer Sicherheit zu leisten. Hat der Anzeigepflichtige keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist die Anzeige beim Zollamt Innsbruck zu erstatten.

(4) In der Anzeige sind die Art des Erzeugnisses, die voraussichtlich benötigte Menge und der Zweck anzugeben, für den das Erzeugnis bezogen, in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden soll; dabei ist auch anzugeben, ob gleichartige Erzeugnisse des freien Verkehrs gehandelt, gelagert oder verwendet werden.

(5) Der Steuerschuldner hat für das Erzeugnis, für das die Steuerschuld entstanden ist, unverzüglich bei dem Zollamt, in dessen Bereich der Steuerschuldner seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung dessen beim Zollamt Innsbruck, eine Steueranmeldung abzugeben, die Steuer zu berechnen und diese spätestens am 25. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats zu entrichten. Wird das Verfahren nach Abs. 3 nicht eingehalten, ist die Steuer unverzüglich zu entrichten. Hat in diesen Fällen der Steuerschuldner keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist das als erstes befasste Zollamt zuständig.

(6) Für die Anmeldung und Entrichtung gilt § 10 Abs. 4 und 6 sinngemäß."

§ 7 VStBefrV idmF BGBl II Nr 203/1999, lautet auszugsweise:

"(1) Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die im grenzüberschreitenden Luftverkehr oder im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr auf der Donau zum Verbrauch an Bord eines zu gewerblichen Zwecken eingesetzten Beförderungsmittels durch Reisende oder die Besatzung bestimmt sind, sind von den Verbrauchsteuern befreit.

(2) Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die während einer Beförderung, die im Steuergebiet beginnt und in einem Drittland endet,

1. an Bord von Luftfahrzeugen oder Donauschiffen an Reisende abgegeben werden oder abgegeben werden sollen und

2. vom Reisenden, vom Luftfahrtunternehmen oder vom Schifffahrtunternehmen unmittelbar in das Drittland ausgeführt werden,

sind von den Verbrauchsteuern befreit. Die Steuerbefreiung gilt auch für Waren, die von Verkaufsstellen abgegeben und im persönlichen Gepäck von Reisenden mitgeführt werden, die sich im Luftverkehr unmittelbar in ein Drittland begeben.

(3) Verkaufsstellen im Sinne des Abs. 2 sind auf Flughäfen gelegene Geschäfte, deren Inhabern vom Hauptzollamt, in dessen Bereich sich das jeweilige Verkaufslokal befindet, die steuerfreie Abgabe von verbrauchsteuerpflichtigen Waren bewilligt wurde. Die Bewilligung ist nur Betriebsinhabern zu erteilen, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Bewilligte Verkaufsstellen gelten beim Bezug verbrauchsteuerpflichtiger Waren als Steuerlager. Sie haben insbesondere die für Steuerlager geltenden Aufzeichnungs- und Anmeldepflichten zu erfüllen.

(4) Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine steuerfreie Abgabe der Waren nach Abs. 1 und Abs. 2 muss von dem Unternehmen, das die Begünstigung in Anspruch nimmt, nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden."

§ 49 AlkStG dient der Umsetzung von Artikel 33 unter Berücksichtigung von Artikel 37 der Systemrichtlinie (vgl ErlRV 479 BlgNr 24. GP, 10 und 31). Aus dem Wortlaut des § 49 Abs 1 und 2 AlkStG ergibt sich, dass Abs 1 als die speziellere Bestimmung und Abs 2 als Auffangtatbestand (arg "in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen") anzusehen sind. Die Erfüllung des Auffangtatbestandes des § 49 Abs 2 AlkStG setzt sohin voraus, dass der speziellere Tatbestand des Bezuges zu gewerblichen Zwecken nach § 49 Abs 1 AlkStG nicht erfüllt ist ().

Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der Bf standen, zum Zweck der Lieferung an die Kunden der Bf, diverse Donauschifffahrtsunternehmen, durch einen beauftragten Warenführer per Lkw von Deutschland nach Österreich gebracht und an die Donauschifffahrtsgesellschaften geliefert. Demnach war der Tatbestand des Bezuges eines Erzeugnisses aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken gemäß § 49 Abs 1 AlkStG erfüllt. Bezieher der Erzeugnisse waren die belieferten Donauschifffahrtsgesellschaften, weil die Erzeugnisse zu den gewerblichen Zwecken der Donauschifffahrtsgesellschaften bestimmt waren (vgl , wonach der "Bezug" von Tabakwaren im Sinne des § 27 Abs 1 Tabaksteuergesetz eine Nähe zu den Tabakwaren voraussetzt, welche über die bloße Gewahrsame hinausgeht und diese Nähe in der Regel dann gegeben ist, wenn die Tabakwaren zu den gewerblichen Zwecken dieser Person bestimmt sind, etwa weil sie damit Handel betreibt).
Laut Aktenlage gibt es keine Hinweise darauf, dass die Erzeugnisse nicht zu gewerblichen Zwecken bezogen wurden. Die Bf konnte durch die bloße Gewahrsame an den Erzeugnissen infolge der Spezialität des Tatbestandes des § 49 Abs 1 AlkStG den Steuertatbestand des § 49 Abs 2 AlkStG nicht erfüllen.

Die Steuerschuld entstand demnach dadurch, dass die Donauschifffahrtsgesellschaften als Bezieher die Erzeugnisse in Empfang nahmen und dadurch gemäß § 49 Abs 1 AlkStG Steuerschuldner wurden. Die Bf konnte daher nicht mehr Steuerschuldnerin nach § 49 Abs 2 AlkStG werden (VwGH 13.12.3023, Ro 2022/16/0005).

Zu berücksichtigen ist auch, dass § 49 Abs 1 AlkStG idF des Abgabenänderungsgesetzes 2009 (BGBl I Nr 151 /2009) vorsah, dass der Steuerschuldner der Bezieher ist und jede Person, in deren Gewahrsame sich das Erzeugnis befindet. Die Erläuternden Bemerkungen (ErlRV 479 BlgNR 24. GP, 10) führen dazu aus, dass die Ergänzung der Steuerschuldnerschaft durch jede Person, in deren Gewahrsame sich das Erzeugnis befindet, klarstellt, dass diese Personen neben dem ursprünglichen Bezieher des Erzeugnisses Steuerschuldner sind. Die Schuldnerschaft jeder Person, in deren Gewahrsame sich das Erzeugnis nach § 49 Abs 1 AlkStG befindet, setzt somit voraus, dass der Steuertatbestand des Bezuges vorliegt und der Bezieher Steuerschuldner geworden ist.

Die Erzeugnisse befanden sich nach der Empfangnahme durch die Bezieher nicht in der Gewahrsame der Bf. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen im fortgesetzten Verfahren im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung nicht mehr vor

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 7 Abs. 1 und 4 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 49 Abs. 2 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
§ 7 Abs. 1 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 7 VStBefrV, Verbrauchsteuerbefreiungsverordnung, BGBl. Nr. 3/1995
§ 49 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
RL 2008/118/EG, ABl. Nr. L 9 vom S. 12
Verweise
VwGH 13.12.3023, Ro 2022/16/0005

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200002.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at